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Der Kanton Wallis Struktur und Perspektiven - RW Oberwallis

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Swiss Issues Regionen<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

<strong>Struktur</strong> <strong>und</strong> <strong>Perspektiven</strong><br />

Oktober 2009<br />

Economic Research


Impressum<br />

Herausgeber<br />

Credit Suisse Economic Research<br />

Uetlibergstrasse 231, CH-8070 Zürich<br />

Kontakt<br />

regionen.economicresearch@credit-suisse.com<br />

Telefon +41 (0)44 334 74 19<br />

Autoren<br />

Dr. Sara Carnazzi Weber, Telefon +41 (0)44 333 58 82<br />

sara.carnazzi@credit-suisse.com<br />

Nicole Brändle (Industry Analysis)<br />

Frédéric Junod (Industry Analysis)<br />

Dr. Christian Kraft (Real Estate Analysis)<br />

Damian Künzi (Industry Analysis)<br />

Raphael Schönbächler (Regional Analysis)<br />

Nora Sydow (Regional Analysis)<br />

Titelbild<br />

Kultur- <strong>und</strong> Kongresszentrum La Poste, Visp<br />

Bild: Thomas Andenmatten, Brig<br />

Redaktionsschluss<br />

5. Oktober 2009<br />

Bestellungen<br />

regionen.economicresearch@credit-suisse.com<br />

Telefon +41 (0)44 334 74 19<br />

Besuchen Sie uns auf dem Internet<br />

www.credit-suisse.com/research<br />

Disclaimer<br />

Dieses Dokument wurde vom Economic Research der Credit Suisse hergestellt <strong>und</strong><br />

ist nicht das Ergebnis einer/unserer Finanzanalyse. Daher finden die "Richtlinien zur<br />

Sicherstellung der Unabhängigkeit der Finanzanalyse" der Schweizerischen Bankiervereinigung<br />

auf vorliegendes Dokument keine Anwendung.<br />

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten<br />

sind diejenigen des Economic Research der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Drucklegung<br />

(Änderungen bleiben vorbehalten).<br />

Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden.<br />

Copyright © 2009 Credit Suisse Group AG <strong>und</strong>/oder mit ihr verb<strong>und</strong>ene Unternehmen.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Economic Research<br />

Swiss Issues Regionen


Inhalt<br />

Economic Research<br />

Zusammenfassung 4<br />

1 Regionaler Kontext 6<br />

2 Konjunktur 9<br />

2.1 Regionale Konjunktur 10<br />

3 Standortqualität 13<br />

3.1 Standortqualität der Schweizer <strong>Kanton</strong>e 13<br />

3.2 Standortqualität im regionalen Vergleich 14<br />

3.3 Verkehrstechnische Erreichbarkeit 17<br />

3.4 Frei verfügbares Einkommen als Parameter der<br />

finanziellen Wohnattraktivität 21<br />

4 Bevölkerung <strong>und</strong> Einkommen 25<br />

4.1 Bevölkerungsentwicklung 25<br />

4.2 Altersstruktur <strong>und</strong> Kohortenwachstum 27<br />

4.3 Migrationsbewegungen 28<br />

4.4 Einkommen 30<br />

5 Branchenstruktur <strong>und</strong> Wertschöpfung 33<br />

5.1 Branchenstruktur <strong>und</strong> -spezialisierung 33<br />

5.2 Wandel der Wirtschaftsstruktur 38<br />

5.3 Branchenbewertung 40<br />

5.4 Wachstumspotential der Wertschöpfung 47<br />

6 Bauwirtschaft <strong>und</strong> Immobilienmarkt 51<br />

6.1 Regionale Bauwirtschaft 51<br />

6.2 Regionale Immobilienmärkte im <strong>Wallis</strong> 54<br />

Swiss Issues Regionen 3


Zusammenfassung<br />

Economic Research<br />

Die geographischen <strong>und</strong> topographischen Rahmenbedingungen stellen keine günstige Ausgangslage<br />

für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> dar. Die sich über den ganzen <strong>Kanton</strong> ziehenden Alpen<br />

schränken die Entwicklungsmöglichkeiten zahlreicher Gebiete ein <strong>und</strong> führen zu einer Konzentration<br />

der wirtschaftlichen Aktivität auf dem Talboden. Gleichzeitig bildet die naturräumliche<br />

Ausstattung des <strong>Kanton</strong>s mit der grandiosen Berglandschaft die Gr<strong>und</strong>lage für die führende<br />

Stellung zahlreicher <strong>Wallis</strong>er Destinationen im nationalen <strong>und</strong> internationalen Tourismus.<br />

<strong>Der</strong> Gegensatz zwischen Tal- <strong>und</strong> Berggemeinden, gut erschlossenen <strong>und</strong> peripheren Lagen<br />

zeigt sich in den meisten demographischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Indikatoren <strong>und</strong> bestätigt das<br />

Bild eines <strong>Kanton</strong>s mit zwei Geschwindigkeiten. Die Nähe <strong>und</strong> gute Anbindung zum Metropolitanraum<br />

Genf-Lausanne verschaffen insbesondere den Unterwalliser Regionen Monthey/St.<br />

Maurice <strong>und</strong> Martigny eine bessere Ausgangslage, um von der Dynamik dieses Ballungsgebiets<br />

zu profitieren. <strong>Der</strong> Trend zur fortschreitenden Periurbanisierung <strong>und</strong> der zunehmende Siedlungsdruck<br />

in Form von hohen Immobilienpreisen <strong>und</strong> Verkehrsüberlastung im Genferseeraum<br />

lösen gewisse Ausweichbewegungen aus. Nach der Region Aigle profitieren mittlerweile auch<br />

die Unterwalliser Standorte von dieser Entwicklung, was sich in diesen Gebieten in einem überdurchschnittlich<br />

starken Bevölkerungswachstum bemerkbar macht, das, wenn auch in etwas<br />

geringerem Ausmass, bis zu den Regionen Sion <strong>und</strong> Sierre reicht. Das demographische Bild der<br />

<strong>Oberwallis</strong>er Gebiete ist hingegen durch Bevölkerungsstagnation oder sogar -rückgang geprägt.<br />

Die Unterwalliser Regionen positionieren sich auch hinsichtlich ihrer Standortqualität insgesamt<br />

besser als die <strong>Oberwallis</strong>er Gebiete. Einzige Ausnahme stellt die Region Brig dar, die von ihrer<br />

Funktion als Dienstleistungszentrum für das <strong>Oberwallis</strong> profitiert. Allen <strong>Wallis</strong>er Regionen gemeinsam<br />

ist allerdings eine unterdurchschnittliche Bewertung der Standortqualität. Prägend sind<br />

insbesondere tiefe Bewertungen bezüglich verkehrstechnischer Erreichbarkeit <strong>und</strong> Verfügbarkeit<br />

von gut- <strong>und</strong> hochqualifizierten Arbeitskräften, wobei diese Standortnachteile je nach geographisch-topographischer<br />

Ausgangslage der einzelnen Gebiete unterschiedlich stark ausfallen.<br />

Während zum Beispiel die Regionen Goms <strong>und</strong> Leuk besonders stark mit Braindrain zu kämpfen<br />

haben, liegen die Regionen Sion <strong>und</strong> Sierre bei der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten im<br />

guten Schweizer Durchschnitt.<br />

Als weiterer Standortnachteil erweist sich für alle <strong>Wallis</strong>er Regionen die überdurchschnittlich hohe<br />

Steuerbelastung der natürlichen Personen. Die <strong>Wallis</strong>er Gemeinden können sich zwar dank<br />

erschwinglichen Immobilienpreisen <strong>und</strong> tiefen Krankenkassenprämien attraktiv positionieren,<br />

wenn man sich auf das frei verfügbare Einkommen der Haushalte als Parameter der finanziellen<br />

Wohnattraktivität abstützt. Die hohe Steuerlast für Privatpersonen schmälert jedoch einen potentiellen<br />

Trumpf im Standortwettbewerb. Gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> zahlreicher nicht beeinflussbarer<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> eines an Intensität zunehmenden Steuerwettbewerbs gewinnt<br />

eine aktive Steuerpolitik für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> an Bedeutung, zumal finanzpolitischer<br />

Spielraum vorhanden ist. Bei den juristischen Personen hat der <strong>Kanton</strong> bereits Schritte unternommen<br />

<strong>und</strong> erreicht eine bessere Bewertung als im Schweizer Mittel.<br />

Prägende Merkmale der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaftsstruktur sind Spezialisierungen in den Bereichen<br />

Tourismus, Bau <strong>und</strong> Energie, welche je nach Region eine unterschiedliche Relevanz haben. Bei<br />

einer detaillierten Betrachtung erkennt man aber auch weitere Schwerpunkte. Die Regionen<br />

Visp, Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Sierre weisen mit der chemisch-pharmazeutischen <strong>und</strong> der Metallindustrie<br />

eine lange industrielle Tradition auf. Die Region Sion stellt das administrative Zentrum<br />

des <strong>Kanton</strong>s dar <strong>und</strong> übernimmt mit einer starken Vertretung von Basis- <strong>und</strong> Zentrumsdienstleistungen<br />

die Funktion eines Dienstleistungspols für das Unterwallis. Im <strong>Oberwallis</strong><br />

kommt der Region Brig neben der Rolle als Verkehrsknotenpunkt diese Funktion zu. Die kantonale<br />

Wertschöpfung verteilt sich entsprechend den unterschiedlichen regionalen Wirtschaftsprofilen.<br />

Mit einem Wertschöpfungsanteil von r<strong>und</strong> 70% leistet das Unterwallis den Hauptbeitrag<br />

zur Wirtschaftsleistung des <strong>Kanton</strong>s.<br />

Die Beschäftigungsbilanz der letzten zehn Jahre fiel im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> eher schwach aus. Einzig<br />

die Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Martigny konnten Arbeitsplätze schaffen. <strong>Der</strong> Wandel<br />

Swiss Issues Regionen 4


Economic Research<br />

von der traditionellen hin zur wertschöpfungsintensiven Spitzenindustrie ist nur ansatzweise erkennbar,<br />

<strong>und</strong> der Industriesektor baute insgesamt Beschäftigung ab. Gleichwohl sind es vor allem<br />

die Branchen dieses Sektors, welche positive Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit der<br />

<strong>Wallis</strong>er Branchenstruktur generieren. Dabei hebt sich insbesondere die chemischpharmazeutische<br />

Industrie ab, welche sowohl hinsichtlich Wertschöpfung als auch was die Exporttätigkeit<br />

betrifft eine wichtige Stütze der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft darstellt. Im tertiären Sektor<br />

bleibt der Beitrag der wertschöpfungsintensiven Dienstleistungen aufgr<strong>und</strong> der geringen Branchengrösse<br />

beschränkt, <strong>und</strong> die positive Beschäftigungsbilanz der letzten zehn Jahre wurde<br />

hauptsächlich durch neue Arbeitsplätze bei den administrativen <strong>und</strong> sozialen Diensten getragen.<br />

Die Aussichten in der Tourismusbranche, welche im weitesten Sinne r<strong>und</strong> ein Viertel der <strong>Wallis</strong>er<br />

Wertschöpfung ausmacht, sind im nationalen Vergleich hingegen positiv. Die Branche leidet<br />

zwar im Allgemeinen unter strukturellen Problemen, von erheblichen Überkapazitäten bis zum<br />

hohen Wettbewerbsdruck. Zahlreiche <strong>Wallis</strong>er Destinationen sind jedoch strategisch gut positioniert<br />

<strong>und</strong> verfügen dank der relativ hohen Schneesicherheit langfristig über einen wichtigen<br />

Standorttrumpf. Dank dem Lötschberg-Basistunnel haben sich zudem für die <strong>Wallis</strong>er Tourismuswirtschaft<br />

neue Marktpotentiale eröffnet.<br />

Swiss Issues Regionen 5


1 Regionaler Kontext<br />

Geographische <strong>und</strong><br />

topographische Rahmenbedingungen<br />

Abbildung 1<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> im regionalen Kontext<br />

Gros-de-Vaud<br />

La Broye<br />

Glâne/Veveyse<br />

Lausanne<br />

La Sarine<br />

Bulle<br />

Aigle Aigle<br />

Monthey<br />

Monthey/St-Maurice<br />

La Gruyère<br />

Vevey/Lavaux<br />

Saanen/Obersimmental<br />

Vevey<br />

Pays d'Enhaut<br />

Montreux<br />

Saint-Gingolph<br />

Martigny<br />

Economic Research<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> erstreckt sich über das Rhonetal mit seinen Seitentälern vom Rhonegletscher<br />

bis hin zum Genfersee (Abbildung 1). Er wird im Norden von den Berner <strong>und</strong> Waadtländer Alpen<br />

begrenzt, im Süden von den <strong>Wallis</strong>er Alpen mit den höchsten Bergen der Schweiz. <strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong><br />

umfasst zudem die drei grössten Gletscher der Schweiz. Mit einer Fläche von 5'224 km 2 deckt<br />

der <strong>Kanton</strong> r<strong>und</strong> 13% der gesamten Fläche der Schweiz ab, beherbergt allerdings mit seinen<br />

303'241 Einwohnern nur 4% der schweizerischen Bevölkerung. Östlich von Sierre verläuft die<br />

Sprachgrenze, die das Ober- vom Unterwallis trennt. Das Hauptzentrum für das Unterwallis ist<br />

der <strong>Kanton</strong>shauptort Sion, im <strong>Oberwallis</strong> übernimmt Brig diese Funktion. <strong>Der</strong> Zugang zum <strong>Kanton</strong><br />

wird lediglich durch wenige Zufahrten ermöglicht: im Westen aus der Waadt über die A9,<br />

aus Frankreich über den Col de la Forclaz <strong>und</strong> den Pas de Morgins, im Norden über den<br />

Lötschberg, im Osten über die Furka (Pass <strong>und</strong> Autoverlad), den Nufenen- <strong>und</strong> den Grimselpass,<br />

im Südosten über die Simplonpassstrasse, im Südwesten über den Grossen St. Bernhard<br />

(Pass <strong>und</strong> Tunnel). Aufgr<strong>und</strong> der topographischen Grenzen konzentrieren sich die meisten Aktivitäten<br />

mit Ausnahme des Tourismus im Haupttal.<br />

Martigny<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Regionalsymbole:<br />

Matterhorn, Wein, Safran<br />

<strong>und</strong> Eringerkühe<br />

Sense<br />

ContheySion<br />

Verbier<br />

Bagnes<br />

Sion<br />

Thun<br />

BernerOberland-Ost<br />

Uri<br />

Kandertal<br />

Kandersteg<br />

Montana Leuk Raron<br />

Sierre Leuk<br />

Visp<br />

Sierre<br />

Anniviers<br />

Evolène<br />

Spiez<br />

Ferden<br />

Leukerbad<br />

Zermatt<br />

Interlaken<br />

Grächen<br />

Visp<br />

Brig-Glis<br />

Brig<br />

Saas-Fee<br />

Riederalp<br />

Simplon<br />

Oberwald<br />

Münster-GeschinenTre<br />

Valli<br />

Goms<br />

Fiesch<br />

Locarno<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

Agglomerationen<br />

Zentren<br />

<strong>Wallis</strong><br />

0 4.5 9 18km<br />

Grandiose Berge sind das vielleicht prägendste Merkmal des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong>. Im Herzen der<br />

Alpen befinden sich nicht weniger als 47 Berggipfel, die höher als 4'000 Meter sind. Als Blickfang<br />

dient unbestritten das Matterhorn. Aber auch der Aletschgletscher ist mittlerweile zum ersten<br />

UNESCO-Weltnaturerbe der Alpen avanciert. Dank seinem trockenen <strong>und</strong> heissen Klima ist<br />

Swiss Issues Regionen 6


Ein <strong>Kanton</strong> mit<br />

bewegter Geschichte<br />

Abbildung 2<br />

Demographische <strong>und</strong> wirtschaftliche Indikatoren<br />

Wirtschaftsregionen<br />

Bevölkerung<br />

2008<br />

Economic Research<br />

der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> für den Anbau von Wein prädestiniert. Mehr als ein Drittel der Schweizer Produktion<br />

stammen aus diesem Gebiet, <strong>und</strong> der <strong>Kanton</strong> stellt das grösste zusammenhängende<br />

Anbaugebiet in der Schweiz. Das <strong>Wallis</strong> ist zudem das einzige Gebiet der Schweiz, in welchem<br />

Safran angebaut wird. Ein weiteres Symbol des <strong>Kanton</strong>s ist die aus dem Eringertal stammende<br />

gleichnamige Rinderrasse, die an Topographie <strong>und</strong> Klima bestens angepasst ist <strong>und</strong> für ihr<br />

kampflustiges Temperament bekannt ist. Diese Eigenschaft gipfelt in organisierten Kuhkämpfen,<br />

die zu touristischen Attraktionen geworden sind.<br />

Ausgrabungen bezeugen dem Alpenkanton bereits Besiedlungen in der Steinzeit. Im Jahr 2008<br />

wurde in Sion eine der grössten Nekropolen der Eisenzeit in den Schweizer Alpen freigelegt, die<br />

als keltische Grabungsstätte von grosser Qualität bezeichnet wird. Die spätere Eroberung durch<br />

Römer, Burg<strong>und</strong>er <strong>und</strong> Allemannen hat den <strong>Kanton</strong> ebenfalls geprägt. Ausgehend vom <strong>Oberwallis</strong><br />

führten Walserwanderungen im 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert zur Eroberung des übrigen östlichen<br />

Alpenraumes. Auch in der Neuzeit war die Geschichte des <strong>Kanton</strong>s sehr bewegt <strong>und</strong><br />

reicht vom unabhängigen Verbündeten der Alten Eidgenossenschaft zur degradierten Verwaltungseinheit<br />

unter Napoleon bis hin zum heutigen <strong>Kanton</strong> der Eidgenossenschaft. Zusammen<br />

mit Genf <strong>und</strong> Neuenburg gehört das <strong>Wallis</strong> zu den letzten <strong>Kanton</strong>en, die der schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft beigetreten sind.<br />

Wachstum<br />

Bevölkerung<br />

1998–2008<br />

Jährliches Wachstum<br />

in Prozent<br />

Beschäftigung<br />

2005<br />

Sektor I Sektor II Sektor III Anteil am<br />

CH-Total<br />

Wertschöpfung<br />

2007<br />

Pro Beschäftigten,<br />

in CHF<br />

Haushaltseinkommen<br />

2005<br />

Nominal pro<br />

Kopf, in CHF<br />

Goms 5'189 -1.1% 268 442 1'306 0.0% 105'802 28'589<br />

Brig 26'453 0.3% 328 1'970 6'906 0.2% 128'618 36'788<br />

Visp 35'638 0.0% 649 7'037 10'437 0.5% 147'545 37'774<br />

Leuk 12'173 -0.1% 563 852 2'508 0.1% 107'529 34'542<br />

Sierre 43'231 1.2% 772 4'297 8'920 0.4% 126'121 34'585<br />

Sion 76'257 1.1% 2'182 6'910 19'972 0.8% 132'577 34'805<br />

Martigny 57'428 1.5% 2'204 5'176 11'847 0.5% 124'552 34'277<br />

Monthey/St. Maurice 46'872 1.8% 546 6'261 8'143 0.5% 159'351 34'024<br />

Aigle 38'260 1.2% 1'159 3'429 8'019 0.3% 123'920 33'834<br />

Vevey/Lavaux 85'639 1.1% 1'121 4'279 21'906 0.8% 136'295 43'246<br />

Berner Oberland-Ost 46'157 0.1% 1'253 4'089 14'334 0.5% 117'851 37'590<br />

Bündner Rheintal 71'182 0.7% 1'021 9'149 21'762 0.9% 145'676 46'250<br />

Oberengadin<br />

<strong>Kanton</strong>e<br />

23'035 0.2% 527 3'404 9'724 0.3% 118'466 51'813<br />

<strong>Wallis</strong> 303'241 1.0% 7'512 32'945 70'040 3.0% 134'733 34'972<br />

Bern 969'299 0.3% 29'906 115'747 278'582 12.0% 139'387 43'853<br />

Waadt 688'245 1.2% 12'625 58'317 191'958 7.8% 146'743 44'688<br />

Graubünden 190'459 0.2% 5'425 22'746 55'617 2.2% 127'687 43'349<br />

Uri 35'162 -0.1% 968 4'837 6'876 0.3% 126'538 40'756<br />

Schweiz 7'701'856 0.8% 142'734 937'893 2'185'293 100.0% 150'626 45'337<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

Unterschiedliche<br />

Tourismusstrategien<br />

Im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> begegnen sich Fremdenverkehr mit Tradition <strong>und</strong> Massentourismus in den<br />

r<strong>und</strong> 120 Winter- <strong>und</strong> Sommerdestinationen. Während einige Feriendestinationen auf ihre alten<br />

römischen Bäder oder einmalige Berglandschaft stolz sind, versuchen jüngere Urlaubsorte durch<br />

intensiven Massentourismus Umsätze zu generieren. Ende 2008 hat der Staatsrat des <strong>Kanton</strong>s<br />

<strong>Wallis</strong> die Umsetzung der Agenda 21 beschlossen. Es wurden sechzehn Verpflichtungen zur<br />

nachhaltigen Entwicklung gutgeheissen. Darunter fallen unter anderem die Förderung eines<br />

nachhaltigen Tourismus, eine multifunktionale Landwirtschaft, eine leistungsfähige Wirtschafts-<br />

Swiss Issues Regionen 7


Starke regionale<br />

Unterschiede<br />

Economic Research<br />

struktur, eine nachhaltige Raumentwicklung, die Förderung von Naturschutzgebieten 1 sowie<br />

weitere Massnahmen, die durch das Gleichgewicht der drei Dimensionen Wirtschaftlichkeit,<br />

Umwelt <strong>und</strong> Soziales eine nachhaltige Entwicklung des <strong>Kanton</strong>s sichern sollen. Diese Massnahmen<br />

stellen sowohl eine organisatorische als auch eine politische Voraussetzung für die Erarbeitung<br />

<strong>und</strong> Umsetzung einer gemeinsamen Strategie zur Entwicklung des <strong>Kanton</strong>s dar.<br />

Abbildung 2 veranschaulicht die wichtigsten demographischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Indikatoren<br />

für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> <strong>und</strong> die umliegenden <strong>Kanton</strong>e sowie für Regionen des Untersuchungsraums<br />

<strong>und</strong> entsprechende Vergleichsgebiete. Regionale <strong>Struktur</strong>en <strong>und</strong> <strong>Perspektiven</strong> lassen<br />

sich am besten auf der Ebene sogenannter Wirtschaftsregionen analysieren, die wir auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von ökonomischen Zusammenhängen in Anlehnung an die Mobilité-Spatiale-<br />

Regionen (MS-Regionen) des B<strong>und</strong>esamts für Statistik definiert haben. Gemäss dieser Abgrenzung<br />

unterscheidet man im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> acht Wirtschaftsregionen (Goms, Brig, Visp, Leuk,<br />

Sierre, Sion, Martigny <strong>und</strong> Monthey/St. Maurice), die sich flussabwärts entlang der Rhone<br />

aneinanderreihen, von der Quelle am Rhonegletscher im Goms bis zur Mündung im Genfersee<br />

in der Region Monthey/St. Maurice.<br />

Prägende Aspekte für die Situation im <strong>Wallis</strong> sind ein unterdurchschnittliches Einkommensniveau,<br />

eine weitgehend unterdurchschnittliche Wertschöpfung pro Beschäftigten <strong>und</strong> eine hohe<br />

Bevölkerungsdynamik. Innerhalb des <strong>Kanton</strong>s bestehen jedoch grosse regionale Unterschiede.<br />

Ein überdurchschnittlich hohes Bevölkerungswachstum lässt sich lediglich im Unterwallis beobachten,<br />

insbesondere in den Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Martigny. Diese Regionen<br />

konnten sich in den letzten Jahren als Ausweichgebiete zu den von Bevölkerungs- <strong>und</strong> Immobilienpreisdruck<br />

gekennzeichneten Wohnlagen am Genfersee etablieren. Selbst in den Regionen<br />

mit hoher Bevölkerungsdynamik bleibt das Haushaltseinkommen pro Kopf jedoch unterdurchschnittlich.<br />

Die Tertiarisierung hat auch im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> zu einem Wandel der Wirtschaftsstruktur geführt.<br />

<strong>Der</strong> Anteil von Landwirtschaft, Industrie <strong>und</strong> Dienstleistungen im <strong>Kanton</strong> unterscheidet sich<br />

nicht stark von der nationalen Verteilung, allerdings mit regionalen Unterschieden. Weit überdurchschnittlich<br />

hohe Landwirtschaftsanteile bestehen lediglich noch in den Regionen Goms,<br />

Leuk <strong>und</strong> Martigny. Brig <strong>und</strong> Sion haben aufgr<strong>und</strong> ihrer Zentrumsfunktionen einen überdurchschnittlich<br />

hohen Anteil an Dienstleistungsbranchen, während Visp, Sierre <strong>und</strong> Monthey/St.<br />

Maurice industriell geprägte Wirtschaftsregionen sind. Diese Unterschiede in der Branchenstruktur<br />

spiegeln sich in einer grossen Bandbreite der Wertschöpfungsintensität wider. Die<br />

durchschnittliche Wirtschaftsleistung pro Beschäftigten reicht von 105'802 CHF im Goms bis<br />

zu 159'351 CHF in der Region Monthey/St. Maurice, die sich als Standort der Spitzenindustrie<br />

positioniert.<br />

1 Die in den letzten Jahren vom <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> eingereichten Gesuche für die Errichtung von Naturpärken wurden durch das B<strong>und</strong>esamt für Umwelt gutgeheissen: im Jahr<br />

2008 der Landschaftspark Binntal, im Jahr 2009 der regionale Naturpark Pfyn-Finges <strong>und</strong> die Biosphäre Val d'Hérens.<br />

Swiss Issues Regionen 8


2 Konjunktur<br />

Die Weltwirtschaft zwischen<br />

tiefem Fall <strong>und</strong> steigender<br />

Zuversicht<br />

Schweizer Wirtschaft<br />

konnte sich dem Abwärtssog<br />

nicht entziehen<br />

Anzeichen einer Bodenbildung<br />

mehren sich<br />

Arbeitsmarkt spürt<br />

Konjunkturschwäche<br />

Economic Research<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz steht ganz im Zeichen der globalen Konjunkturschwäche.<br />

Weltweit kam es zu einem Einbruch von Wertschöpfung, Welthandel <strong>und</strong> Arbeitsmärkten.<br />

Sinkende Preise auf den wichtigsten Immobilienmärkten der Welt, ein Rückgang des<br />

Bruttoinlandproduktes (BIP) in über der Hälfte aller Länder, tief notierte Aktienmärkte, eine anhaltende<br />

Kreditklemme insbesondere in den USA <strong>und</strong> in der EU sowie Abschreibungen der globalen<br />

Finanzindustrie wirkten als verstärkende Faktoren. Bei aller Sorge zeigen sich jedoch mittlerweile<br />

Anzeichen, die mit aller Vorsicht eine beginnende Besserung vermuten lassen. Während<br />

sich die globale Rezession in den ersten Monaten 2009 weiter verschärft hat, sind nun zarte<br />

Knospen eines konjunkturellen Frühlings auszumachen. Steigende Frühindikatoren deuten darauf<br />

hin, dass der freie Fall beendet <strong>und</strong> die Talsohle erreicht ist. Markant erholt haben sich seit<br />

März die Aktienmärkte, wenn auch von sehr tiefen Ständen aus <strong>und</strong> immer noch mit sehr hohem<br />

Unsicherheitspotential. Auch der Interbankenmarkt hat sich stabilisiert, was sich an den<br />

weltweit gesunkenen Risikoprämien ablesen lässt. Wenn 2009 höchstwahrscheinlich als das<br />

wirtschaftlich schlechteste Jahr seit den dreissiger Jahren in die Weltwirtschaftsgeschichte eingehen<br />

wird, so hat sich aber gleichzeitig das Risiko einer Depression verringert. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

weiterhin grossen Unsicherheiten ist jedoch eher mit einem längeren Auf <strong>und</strong> Ab der Weltwirtschaft<br />

zu rechnen.<br />

Auch die Schweiz konnte sich dem Abwärtssog der Weltwirtschaft nicht entziehen. Nachdem<br />

sie in den letzten Jahren von starkem Wachstum geprägt war <strong>und</strong> auch das Jahr 2008 noch<br />

vergleichsweise positiv begann, brach das BIP im 4. Quartal 2008 ein. <strong>Der</strong> Trend beschleunigte<br />

sich im 1. Quartal 2009 weiter. Insbesondere Investitionen <strong>und</strong> Exporte sind rückläufig. Ursache<br />

für die Verlangsamung der Investitionstätigkeit war der schnell einsetzende Abschwung, auf den<br />

nicht unmittelbar reagiert werden konnte. So kam es zum Aufbau von Überkapazitäten. Vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> leerer Auftragsbücher <strong>und</strong> aus dem Ruder laufender Kosten-Ertrag-Relationen sind<br />

die meisten Investitionspläne auf Eis gelegt oder stark gekürzt worden. Die Exportwirtschaft<br />

wurde vom drastischen Rückgang der Nachfrage in den meisten Ländern der Welt in Mitleidenschaft<br />

gezogen – ungeachtet der hohen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsbereichs in der<br />

Schweiz. Exporte in weiterhin wachsende Länder wie beispielsweise China haben zwar den<br />

Rückgang gedämpft, deren geringe Exportanteile konnten die Abnahmen der Ausfuhren nach<br />

Europa jedoch nicht kompensieren. Zum Rückgang der Güterexporte kam die durch die Finanzkrise<br />

bedingte Beeinträchtigung der Ausfuhren von Finanzdienstleistungen hinzu. Insgesamt<br />

wird das reale BIP dieses Jahr um 2% schrumpfen, so stark wie seit der Erdölkrise 1975 nicht<br />

mehr.<br />

Mit aller Vorsicht zeichnet sich für die Schweiz jedoch langsam eine gewisse Bodenbildung ab.<br />

Das BIP schrumpfte im 2. Quartal 2009 zwar zum vierten Mal in Folge im Quartalsvergleich, der<br />

Abschwung hat aber spürbar an Momentum verloren. Dies zeigt sich auch im vorausschauenden<br />

Konjunkturindikator Purchasing Managers' Index (PMI), einem Gemeinschaftswerk des Schweizerischen<br />

Verbandes für Materialwirtschaft <strong>und</strong> Einkauf (SVME) <strong>und</strong> der Credit Suisse. <strong>Der</strong> Indikator<br />

basiert auf einer monatlichen Umfrage bei Einkaufsmanagern in Industriefirmen <strong>und</strong><br />

zeigt ein unmittelbares <strong>und</strong> repräsentatives Bild der Industriekonjunktur. Im August ist der PMI<br />

erneut angestiegen. Dank der jüngsten Zunahme ist der Index erstmals seit einem Jahr wieder<br />

in die Wachstumszone zurückgekehrt, welche bei der 50-Punkte-Marke beginnt. Mit 50.2<br />

Punkten liegt der PMI zwar nur marginal über der Wachstumsschwelle, die Talsohle scheint<br />

aber damit erreicht worden zu sein.<br />

Genau wie die Rezession muss auch der Funke zum Aufschwung aus dem Ausland kommen.<br />

Die jüngsten Zahlen zu den Schweizer Warenexporten zeigen eine Stabilisierung nach dem tiefen<br />

Einbruch im Dezember 2008. Das von der Credit Suisse entwickelte Exportbarometer, das<br />

die Veränderungen des Industrieklimas in den 28 wichtigsten Exportdestinationen der Schweiz<br />

misst <strong>und</strong> daraus die Exportentwicklung in den nächsten Monaten ableitet, deutet ausserdem<br />

auf ein vorsichtiges Wiedererwachen der internationalen Nachfrage hin.<br />

<strong>Der</strong> Konjunkturabschwung ist mittlerweile auf dem Schweizer Arbeitsmarkt angekommen. Das<br />

in den letzten Jahren starke Beschäftigungswachstum ist im 1. Quartal 2009 quasi zum Still-<br />

Swiss Issues Regionen 9


Widersprüchliche<br />

Inflationsszenarien<br />

Schweizer Wirtschaft<br />

wächst 2010 wieder<br />

Ein Barometer zur<br />

Beurteilung der<br />

regionalen Konjunktur<br />

Economic Research<br />

stand gekommen, <strong>und</strong> im 2. Quartal wurde erstmals seit dem 3. Quartal 2003 ein leichter<br />

Rückgang verzeichnet. Die Beschäftigung ging vor allem im zweiten Sektor zurück, während sie<br />

im tertiären Sektor praktisch unverändert blieb. Im August betrug die Arbeitslosenquote 3.8%,<br />

<strong>und</strong> in den kommenden Monaten ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Damit wird die Krise<br />

in der Schweiz breiter spürbar werden, was Konsequenzen für den bisher als Stütze wirkenden<br />

Binnenkonsum haben wird.<br />

Hinsichtlich Preisentwicklung waren die Diskussionen selten derart kontrovers wie in den letzten<br />

Monaten. Während manche Experten von einer möglichen Deflation warnen, meinen andere,<br />

dass schon bald wieder ein Anstieg der Inflation droht. Die Furcht vor einer Deflation kam angesichts<br />

negativer Teuerungsraten zum Vorschein. Diese Entwicklungen waren aber hauptsächlich<br />

das Resultat der Korrektur an den Erdölmärkten sowie des <strong>Struktur</strong>wandels in einigen Branchen.<br />

Auf der anderen Seite besteht zurzeit auch kein Inflationsdruck. Die tiefe Auslastung der<br />

Kapazitäten mindert die Preissetzungsmacht der Unternehmen, <strong>und</strong> Rohstoffe sowie Vorleistungsgüter<br />

sind deutlich billiger als vor einem Jahr. Zudem hält die steigende Arbeitslosigkeit die<br />

Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer in Grenzen <strong>und</strong> unterbricht damit einen weiteren möglichen<br />

Teuerungskanal. Mittelfristig bestehen aber durchaus Inflationsgefahren. Anlass dafür sind<br />

der massive Anstieg der Geldmenge <strong>und</strong> die expansive Fiskalpolitik. Sollte die überschüssige<br />

Liquidität in einer Konjunkturerholung nicht rechtzeitig verringert werden, besteht ein grosses Inflationsrisiko.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des Konsenses, dass Inflation wohlfahrtsschädigend ist, des klaren Auftrags<br />

der Schweizerischen Nationalbank zur Sicherung der Preisstabilität, der technischen<br />

Machbarkeit sowie struktureller Gründe sind die Voraussetzungen gegeben, dass der Schweiz<br />

das seit Mitte der neunziger Jahre milde Teuerungsklima erhalten bleibt.<br />

Für das kommende Jahr gehen wir davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft wieder wachsen<br />

wird. Dank wiedererwachenden Impulsen aus den Exportmärkten <strong>und</strong> einem stützenden inländischen<br />

Konsum dürfte das reale BIP um 0.6% zunehmen. Dieses positive Wachstum stellt allerdings<br />

noch nicht den Anfang eines sich fortsetzenden Aufschwungs dar; 2010 werden sich die<br />

globalen Volkswirtschaften lediglich etwas vom tiefen Fall des Vorjahres erholen. Entsprechend<br />

werden die Impulse in der Schweiz vorerst noch zu schwach sein, um eine weitere Zunahme der<br />

Arbeitslosigkeit verhindern zu können.<br />

2.1 Regionale Konjunktur<br />

Da keine offiziellen Daten über das kantonale BIP vorliegen, muss die Beurteilung der regionalen<br />

Konjunktur auf indirektem Weg erfolgen. Dazu haben wir für die Schweizer <strong>Kanton</strong>e ein<br />

vierteljährliches Konjunkturbarometer entwickelt. Es handelt sich um einen synthetischen Indikator,<br />

der auf folgenden Grössen beruht: gemeldete offene Stellen, Importe, Exporte, Logiernächte,<br />

Neuzulassungen von Fahrzeugen sowie Baubewilligungen <strong>und</strong> Baugesuche im Hochbau.<br />

Dieses Konjunkturbarometer spiegelt Tendenz <strong>und</strong> Wendepunkte der wirtschaftlichen Aktivität<br />

wider. Es ermöglicht jedoch nicht, Schlüsse über das Niveau der Wirtschaftstätigkeit zu ziehen<br />

oder genaue Prognosen zu erstellen. Demnach signalisiert eine Abnahme des Indikators eine<br />

Wachstumsverlangsamung, aber nicht zwangsläufig eine Rezession. Den aktuellen Rand des<br />

Konjunkturbarometers bildet das 2. Quartal 2009. Da dieses Barometer einen Vorlauf von einem<br />

Quartal besitzt, sind Prognosen bis zum 3. Quartal 2009 möglich, was einer aktuellen Beurteilung<br />

der konjunkturellen Situation in einer Region entspricht.<br />

Das Konjunkturbarometer für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> folgt gr<strong>und</strong>sätzlich der Tendenz der Konjunkturentwicklung<br />

in der Schweiz (Abbildung 3). Auch im aktuellen Abschwung setzte die Verlangsamung<br />

der wirtschaftlichen Aktivität in etwa zur gleichen Zeit ein wie auf nationaler Ebene <strong>und</strong><br />

die sich im 2. Quartal 2009 abzeichnende Bodenbildung lässt sich auch für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft<br />

beobachten. Die Geschwindigkeit des Abschwungs fiel im <strong>Wallis</strong> in den letzten Quartalen<br />

jedoch etwas tiefer aus.<br />

Swiss Issues Regionen 10


Frühzykliker belasten<br />

<strong>Wallis</strong>er Exportwirtschaft<br />

Abbildung 3<br />

Regionales Konjunkturbarometer<br />

Synthetischer Indikator<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

-1.0<br />

-2.0<br />

-3.0<br />

-4.0<br />

-5.0<br />

-6.0<br />

VS CH<br />

1996 I 1998 I 2000 I 2002 I 2004 I 2006 I 2008 I<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Economic Research<br />

Aus der Entwicklung der Datenreihen des Konjunkturbarometers lässt sich erkennen, welchen<br />

Teil die einzelnen Komponenten zur Wirtschaftsentwicklung beitragen (Abbildung 4). Die aktuelle<br />

konjunkturelle Eintrübung zeigt sich nahezu in allen Komponenten des Konjunkturbarometers.<br />

Die <strong>Wallis</strong>er Exportwirtschaft bekam der Einbruch der Nachfrage früher <strong>und</strong> härter zu spüren als<br />

im nationalen Mittel. Dies lässt sich mit Unterschieden in der Branchenzyklizität erklären. So gehören<br />

zwei für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft wichtige Industriebranchen wie die Metallindustrie <strong>und</strong> die<br />

Herstellung von chemischen Gr<strong>und</strong>stoffen zu denjenigen Bereichen, welche bereits früh die<br />

Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu spüren bekommen haben.<br />

Die Schwierigkeiten der exportierenden Firmen spiegeln sich auch in einer rascheren Verschlechterung<br />

der Beschäftigungsaussichten wider, wie aus der Entwicklung der offenen Stellen<br />

hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Arbeitslosigkeit in den letzten Monaten in<br />

den meisten Bereichen der Industrie mehr als verdoppelt. Positive Impulse für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft<br />

gehen hingegen immer noch von der Bauwirtschaft aus. Die Entwicklung der Baugesuche,<br />

welche seit Jahresbeginn negativ ist, zeigt jedoch die bevorstehende Trendwende.<br />

<strong>Kanton</strong>ale Massnahmen zur Unterstützung der <strong>Wallis</strong>er Konjunktur<br />

Dank der merklichen Verbesserung der finanziellen Lage nahm der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> bereits im<br />

Jahr 2008 Massnahmen zur Unterstützung der Konjunktur im Umfang von mehr als 172 Mio.<br />

CHF in Angriff. Durch einen Ausgleich der kalten Progression rückwirkend auf den 1. Januar<br />

2008 sowie ein Paket von gezielten Steuererleichterungen wurde eine Stärkung der Kaufkraft<br />

der Haushalte angestrebt. Um das Auftragsvolumen der <strong>Wallis</strong>er Unternehmen zu stützen,<br />

wurde zudem für die Mehrjahresplanung 2009–2012 ein erhöhter Nettoinvestitionsbetrag<br />

vorgesehen.<br />

Um einer Verschlechterung der Konjunkturlage vorzubeugen, hat der Staatsrat im April 2009<br />

ein weiteres Konjunkturprogramm vorgeschlagen, das im Juni angenommen wurde. Dieses<br />

Programm wird in einer ersten Phase mit r<strong>und</strong> 30 Mio. CHF eine Reihe von gezielten Massnahmen<br />

finanzieren: Förder- <strong>und</strong> Sanierungsprojekte im Energiebereich, Innovationsförderung,<br />

Massnahmen zugunsten des Tourismus, erleichterter Zugang zu Krediten für KMU<br />

sowie die Modernisierung der Infrastruktur.<br />

Swiss Issues Regionen 11


Abbildung 4<br />

Regionale Konjunkturindikatoren<br />

Economic Research<br />

Durchschnitt der letzten vier Quartale, Wachstum gegenüber Vorjahresperiode in Prozent; Arbeitslosenquote in Prozent<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> Schweiz<br />

2008 II 2008 III 2008 IV 2009 I 2009 II 2008 II 2008 III 2008 IV 2009 I 2009 II<br />

Offene Stellen 17.6% 6.5% 4.8% -5.0% -10.5% 16.0% 13.2% 5.5% -1.8% -9.4%<br />

Arbeitslosenquote 2.8% 2.4% 3.6% 4.4% 3.6% 2.4% 2.4% 2.7% 3.4% 3.5%<br />

Exporte von Waren 4.5% -0.1% -3.0% -9.1% -19.7% 5.6% 4.8% 2.5% -1.2% -7.4%<br />

Importe von Waren 2.1% -2.1% -2.6% -6.4% -9.4% 1.9% -0.6% -2.8% -2.4% -5.6%<br />

Baubewilligungen Hochbau 1.9% 5.6% 8.3% 8.4% 5.8% -5.3% -5.0% -2.5% -0.9% -0.7%<br />

Baugesuche Hochbau 18.1% 14.9% 4.8% -7.3% -15.0% -1.6% 0.0% 0.2% 0.3% -0.9%<br />

Logiernächte in der Hotellerie 5.0% 5.3% 4.5% -3.3% -1.8% 4.9% 4.5% 2.6% -2.1% -2.8%<br />

Neuzulassungen Fahrzeuge 13.2% 8.5% 2.6% -3.3% -5.7% 6.4% 4.4% 2.0% -2.2% -6.6%<br />

Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Eidgenössische Zollverwaltung, B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Schweizer Baublatt<br />

Regionale Unterschiede<br />

bei der Arbeitslosigkeit<br />

<strong>Der</strong> <strong>Wallis</strong>er Arbeitsmarkt spürt die schlechtere Konjunkturlage in unterschiedlichem Ausmass.<br />

Zwar sind mittlerweile alle Berufsgruppen von der Krise erfasst worden, die regionalen Unterschiede<br />

innerhalb des <strong>Kanton</strong>s bleiben aber beträchtlich. So betrug die Arbeitslosenquote im<br />

<strong>Oberwallis</strong> im August 2009 1.3%, im Mittel- <strong>und</strong> Unterwallis verzeichnete man mit 4.2 bzw.<br />

5.0% eine deutlich höhere Quote von Stellensuchenden. Darüber hinaus ist die Zunahme der<br />

Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich im <strong>Oberwallis</strong> weniger als halb so hoch ausgefallen als in<br />

den anderen Regionen. Die Region Monthey/St. Maurice ist dabei am stärksten von der<br />

schlechteren Wirtschaftslage betroffen. Unterschiede in der Branchenstruktur <strong>und</strong> in der Konzentration<br />

von wirtschaftlicher Tätigkeit liegen diesen Disparitäten zugr<strong>und</strong>e.<br />

Swiss Issues Regionen 12


3 Standortqualität<br />

Fünf Faktoren zur Beurteilung<br />

der Standortqualität<br />

Economic Research<br />

Länder, Regionen oder Kommunen konkurrieren in einem an Intensität zunehmenden Standortwettbewerb<br />

um Investoren, Arbeitsplätze <strong>und</strong> vor allem um das entsprechende Steueraufkommen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines ausgeprägten <strong>Struktur</strong>wandels <strong>und</strong> einer spürbaren Verschärfung<br />

des globalen Wettbewerbs sind es zunehmend die regionalen Standortfaktoren, welche<br />

nachhaltige Wettbewerbsvorteile verschaffen. <strong>Der</strong> Pflege dieser Standortfaktoren ist daher aufgr<strong>und</strong><br />

der gestiegenen Substitutionskonkurrenz zwischen den Regionen Aufmerksamkeit zu<br />

schenken.<br />

3.1 Standortqualität der Schweizer <strong>Kanton</strong>e<br />

Um die Standortqualität von Schweizer <strong>Kanton</strong>en <strong>und</strong> Regionen zu messen <strong>und</strong> miteinander zu<br />

vergleichen, haben wir einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser Indikator beruht<br />

auf folgenden fünf Standortfaktoren: der Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen<br />

Personen, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung, der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten<br />

sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Qualitative Standortfaktoren sind zwar von<br />

Bedeutung, sind aber nicht oder nur schwer zu quantifizieren <strong>und</strong> unterliegen zumeist einem<br />

Werturteil, was deren Vergleichbarkeit erschwert. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden sie in diesem Indikator<br />

bewusst nicht berücksichtigt. Im Fall von Standorten mit ausgeprägter touristischer Ausrichtung<br />

ist jedoch festzuhalten, dass solche qualitativen Faktoren einen nicht unwesentlichen<br />

Teil deren Attraktivität ausmachen. Die <strong>Wallis</strong>er Tourismuszentren stehen dabei nicht nur mit<br />

den umliegenden Regionen, sondern darüber hinaus mit den grossen Schweizer Feriendestinationen<br />

im Wettbewerb um Touristen.<br />

Abbildung 5<br />

Standortqualität der Schweizer <strong>Kanton</strong>e 2009<br />

Synthetischer Indikator, CH = 0<br />

2.5<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-1.5<br />

ZG<br />

ZH<br />

BS GE NW<br />

AG SZ OW<br />

SH TG BL AR<br />

SO<br />

VD<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

AI LU SG<br />

BE<br />

GR<br />

FR TI GL<br />

VS NE UR<br />

Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden sowohl das Niveau wie auch die Progression<br />

der Einkommens- <strong>und</strong> Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuerbelastung von juristischen<br />

Personen beruht auf einer Auswertung der Reingewinn- <strong>und</strong> Kapitalsteuern. <strong>Der</strong> Ausbildungsstand<br />

der Bevölkerung wird durch den Anteil der Personen an der Bevölkerung im Alter<br />

zwischen 19 <strong>und</strong> 69 Jahren gemessen, welche mindestens eine abgeschlossene Berufslehre<br />

aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften wird der Anteil der Bevölkerung<br />

zwischen 25 <strong>und</strong> 69 Jahren berücksichtigt, der über eine Ausbildung auf Tertiärstufe<br />

JU<br />

Swiss Issues Regionen 13


Unterdurchschnittliche<br />

Standortqualität im <strong>Kanton</strong><br />

<strong>Wallis</strong><br />

Hohe Heterogenität<br />

erfordert eine<br />

differenzierte Betrachtung<br />

Economic Research<br />

verfügt. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr <strong>und</strong><br />

für den öffentlichen Verkehr berechnet. Neben den Fahrzeiten zwischen den einzelnen Gemeinden<br />

bzw. Verkehrsknoten wird dabei auch das zugehörige Potential an Einwohnern <strong>und</strong> Arbeitsplätzen<br />

berücksichtigt. Beim Standortqualitätsindikator handelt es sich um einen relativen Index,<br />

bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt. Positive Werte des Indikators weisen<br />

auf eine höhere, negative Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum gesamtschweizerischen<br />

Durchschnitt hin.<br />

In Abbildung 5 sind die Werte des Standortqualitätsindikators der Schweizer <strong>Kanton</strong>e für das<br />

Jahr 2009 aufgetragen. Ein Wert in der Bandbreite zwischen +0.3 <strong>und</strong> –0.3 kann als im<br />

Schweizer Mittel liegend interpretiert werden. Mit einem Wert von –0.92 rangiert der <strong>Kanton</strong><br />

<strong>Wallis</strong> unter dem Schweizer Mittel <strong>und</strong> liegt auf dem 23. Rang. Gegenüber der ersten Berechnung<br />

des Standortqualitätsindikators in der heutigen Form im Jahr 2004 hat das <strong>Wallis</strong> eine Position<br />

gutgemacht. Für das unterdurchschnittliche Abschneiden verantwortlich sind die Schwächen<br />

bei der Steuerbelastung für natürliche Personen, beim allgemeinen Ausbildungsstand <strong>und</strong><br />

insbesondere bei der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Die unterdurchschnittliche Steuerbelastung<br />

der juristischen Personen stellt hingegen einen Standortvorteil dar.<br />

3.2 Standortqualität im regionalen Vergleich<br />

Die kantonale Ebene stellt eine suboptimale Einheit dar, um die Standortqualität <strong>und</strong> ihre Komponenten<br />

zu bemessen. Für kleinere, homogene <strong>Kanton</strong>e mag diese Gliederung ein gutes Abbild<br />

geben, in grösseren <strong>und</strong> durch Vielseitigkeit geprägten <strong>Kanton</strong>en entsteht durch die Aggregation<br />

der Werte stärkerer <strong>und</strong> schwächerer Gebiete hingegen ein Informationsverlust. Gerade<br />

das <strong>Wallis</strong> stellt einen jener Schweizer <strong>Kanton</strong>e dar, bei welchen die kantonale Betrachtung viel<br />

an Information verbirgt. Alleine schon die Sprachgrenze trennt diesen <strong>Kanton</strong> mit dem Unter-<br />

<strong>und</strong> <strong>Oberwallis</strong> in zwei Teile, welche sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer <strong>und</strong> kultureller<br />

Hinsicht als funktional getrennt betrachtet werden müssen. Aber auch innerhalb der beiden<br />

<strong>Kanton</strong>steile sind in sich relativ homogene <strong>und</strong> als funktionale Einheit auftretende Kleinarbeitsmarktgebiete<br />

vorhanden. Für die Analyse der Standortqualität vermag somit die Betrachtung der<br />

Schweizer Wirtschaftsregionen diese innerkantonalen Unterschiede besser zu veranschaulichen.<br />

Abbildung 6<br />

Standortqualität ausgewählter Regionen 2009<br />

Synthetischer Indikator, CH = 0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-1.5<br />

Nyon<br />

Bern<br />

Genève<br />

Lausanne<br />

Vevey/Lavaux<br />

Morges/Rolle<br />

Bündner Rheintal<br />

Davos<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Oberengadin<br />

La Sarine<br />

Neuchâtel<br />

Sierre<br />

Aigle<br />

Thun<br />

Sion<br />

Monthey/St. Maurice<br />

Brig<br />

Glarner Hinterland<br />

Glâne/Veveyse<br />

Martigny<br />

Uri<br />

Berner Oberland-Ost<br />

La Gruyère<br />

Saanen/Obersimmental<br />

Leuk<br />

Goms<br />

Visp<br />

Abbildung 6 stellt die Standortqualität der <strong>Wallis</strong>er Regionen sowie von ausgewählten Vergleichsgebieten<br />

dar. Sämtliche Regionen des <strong>Wallis</strong> weisen eine Positionierung unter dem<br />

Schweizer Durchschnitt auf. Auch wenn es keiner <strong>Wallis</strong>er Region gelingt, sich deutlich abzuhe-<br />

Swiss Issues Regionen 14


Unterdurchschnittliche<br />

Ausbildungswerte infolge<br />

Braindrain<br />

Abbildung 7<br />

Komponenten der Standortqualität für die<br />

<strong>Oberwallis</strong>er Regionen 2009<br />

Synthetische Indikatoren, CH = 0<br />

Verkehrstechnische<br />

Erreichbarkeit<br />

Schweiz<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

Goms<br />

Brig<br />

Visp<br />

Leuk<br />

Berner Oberland-Ost<br />

Oberengadin<br />

Bern<br />

Steuerattraktivität für natürliche Personen<br />

Verfügbarkeit von<br />

Hochqualifizierten<br />

1.0<br />

0.0<br />

-1.0<br />

-2.0<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Economic Research<br />

ben, sind die Unterschiede zwischen ihnen bedeutend. So landet die Region Sierre im schweizweiten<br />

Vergleich der 110 Wirtschaftsregionen immerhin auf dem 75. Rang, während das Goms<br />

den zweitletzten Platz innehat. Von den <strong>Oberwallis</strong>er Regionen gelingt es einzig Brig, sich vor<br />

ein Unterwalliser Gebiet zu positionieren. Die übrigen <strong>Oberwallis</strong>er Gebiete rangieren nicht nur<br />

im Vergleich der in Abbildung 6 dargestellten Regionen am hinteren Ende, sondern auch<br />

schweizweit. Lediglich der Jura <strong>und</strong> die ländlichen Neuenburger Regionen weisen eine ähnlich<br />

tief bewertete Standortqualität auf. <strong>Der</strong> Vergleich mit den Top-Tourismusregionen offenbart,<br />

dass die Bündner Gebiete Davos <strong>und</strong> Oberengadin mit St. Moritz höhere Werte der Standortqualität<br />

erzielen, während sich die Berner Tourismusregionen Berner Oberland-Ost <strong>und</strong> Saanen/Obersimmental<br />

zwischen den <strong>Wallis</strong>er Regionen Sierre, Martigny <strong>und</strong> Visp mit den jeweiligen<br />

Tourismusmagneten Crans-Montana, Verbier bzw. Zermatt positionieren.<br />

Abbildung 7 <strong>und</strong> Abbildung 8 stellen die einzelnen Komponenten des Standortqualitätsindikators<br />

für die betrachteten Regionen dar. Die grössten Unterschiede zwischen den <strong>Wallis</strong>er Regionen<br />

zeigen sich bei den Bildungsfaktoren. Sowohl Sierre als auch Sion liegen bei der Verfügbarkeit<br />

von Hochqualifizierten im Schweizer Mittel; die Region Sierre rangiert hierbei schweizweit auf<br />

einem guten 31. Rang. Dies ist mit ein Gr<strong>und</strong>, dass diese Region alles in allem die höchste<br />

Standortqualität im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> erreicht. Hingegen weisen sämtliche <strong>Oberwallis</strong>er Regionen,<br />

aber auch Martigny <strong>und</strong> Monthey/St. Maurice unterdurchschnittliche Werte bezüglich tertiär<br />

Ausgebildeten auf. Insgesamt unterscheidet sich das Unter- vom <strong>Oberwallis</strong> hinsichtlich Bildungssituation<br />

der Bevölkerung deutlich. Gibt es mit den Unterwalliser Regionen Sierre <strong>und</strong><br />

Sion Lichtblicke, welche den <strong>Kanton</strong> insgesamt im Vergleich der Schweizer Berggebiete relativ<br />

gut dastehen lassen, leidet das <strong>Oberwallis</strong> besonders an einem Mangel an Hochqualifizierten;<br />

einzig die Region Brig liegt beim durchschnittlichen Bildungsstand im Schweizer Mittel <strong>und</strong> bei<br />

der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten nur leicht hinter Sion <strong>und</strong> Sierre.<br />

Steuerattraktivität für<br />

juristische Personen<br />

Ausbildungsstand<br />

der Bevölkerung<br />

Abbildung 8<br />

Komponenten der Standortqualität für die<br />

Unterwalliser Regionen 2009<br />

Synthetische Indikatoren, CH = 0<br />

Verkehrstechnische<br />

Erreichbarkeit<br />

Schweiz<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

Monthey/St. Maurice<br />

Martigny<br />

Sion<br />

Sierre<br />

Aigle<br />

La Gruyère<br />

Vevey/Lavaux<br />

Steuerattraktivität für natürliche Personen<br />

1.0<br />

Verfügbarkeit von<br />

Hochqualifizierten<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-1.5<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Steuerattraktivität für<br />

juristische Personen<br />

Ausbildungsstand<br />

der Bevölkerung<br />

<strong>Der</strong> geringe Anteil an Hochqualifizierten im <strong>Oberwallis</strong> lässt sich durch die gebirgige <strong>und</strong> periphere<br />

Lage erklären, welche schweizweit mit einem tieferen durchschnittlichen Bildungsstand<br />

<strong>und</strong> einer Nettoabwanderung von gut Ausgebildeten einhergeht. Aufgr<strong>und</strong> der beschränkten<br />

Möglichkeiten von Randgebieten, genügend attraktive Arbeitsplätze für Hochqualifizierte anzubieten,<br />

verlagern diese ihren Wohnort oft in die Nähe ihrer Arbeitsstelle. Mit zunehmender Distanz<br />

zu potentiellen Arbeitsplätzen sinkt die Pendlertoleranz <strong>und</strong> der Abwanderungsdruck steigt.<br />

Swiss Issues Regionen 15


Braindrain im <strong>Wallis</strong>: Analyse <strong>und</strong> Lösungen<br />

Economic Research<br />

Zum Zweck der Quantifizierung der Abwanderung, der Ermittlung der Abwanderungsgründe<br />

<strong>und</strong> der Erarbeitung von Empfehlungen zuhanden der Entscheidungsträger wurde eine<br />

empirische Untersuchung der Arbeitsmarktbeobachtung <strong>Wallis</strong> zur Abwanderung von<br />

Kompetenzen von <strong>Wallis</strong>er <strong>und</strong> <strong>Wallis</strong>erinnen durchgeführt. Mittels Erhebungen per Fragebogen<br />

<strong>und</strong> Interviews wurden von r<strong>und</strong> 1'000 Maturanden (1996, 1997) <strong>und</strong> Absolventen<br />

von Universitäten <strong>und</strong> Fachhochschulen (2000, 2001) unter anderem die Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsorte,<br />

die Motivationen hinter den vergangenen <strong>und</strong> zukünftigen Migrationsentscheiden<br />

sowie die persönlichen Einschätzungen über die <strong>Wallis</strong>er Standortqualität evaluiert. Anhand<br />

von unterschiedlichen Methoden wurde der Braindrain geschätzt <strong>und</strong> mit Analysen der<br />

Volkszählung verglichen. Selbst mit der Volkszählung lässt sich die tatsächliche Nettoabwanderung<br />

von Hochqualifizierten aber nur schätzen.<br />

Aus der Betrachtung der Fragebögen ergibt sich, dass zwischen 54% <strong>und</strong> 63% der <strong>Wallis</strong>er<br />

mit einem tertiären Diplom aus dem <strong>Wallis</strong> weggezogen sind. Dies entspricht der Bruttoabwanderung,<br />

da die Zuwanderung von Hochqualifizierten nicht betrachtet wird. Die Universitätsabgänger,<br />

wovon 27% an der Universität Lausanne studiert haben, ziehen dabei<br />

häufiger weg als Fachhochschulabgänger, <strong>und</strong> die Wahrscheinlichkeit eines Wegzugs erhöht<br />

sich, falls die Ausbildung ausserkantonal stattfindet. So wanderten 70% der Personen,<br />

die ausserkantonal studierten ab, hingegen nur 53% jener, die im <strong>Wallis</strong> studierten.<br />

Eine Analyse der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) anhand<br />

der Volkszählungsdaten von 1990 kommt zum Schluss, dass die Nettoabwanderung von<br />

Hochqualifizierten bzw. der Netto-Braindrain im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> ungefähr bei 40% liegt.<br />

Dieser Prozentanteil wird als Vergleich zwischen dem Anteil der Hochschulabschlüsse in<br />

einer Zeitperiode <strong>und</strong> dem Anteil der <strong>Wallis</strong>er Bevölkerung mit Hochschulabschluss zum<br />

Zeitpunkt der Volkszählung ermittelt. <strong>Der</strong> Anteil der Bevölkerung mit einem Hochschulabschluss<br />

ist im Fall von Braindrain deutlich kleiner, als er aufgr<strong>und</strong> der eigenen Ausbildungsabschlüsse<br />

bei keiner Zu- oder Abwanderung sein würde. Aus dem Vergleich mit<br />

den übrigen Bergkantonen lässt sich abschätzen, dass der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> zusammen mit<br />

Uri am stärksten von Braindrain betroffen ist; so zum Beispiel liegt die Quote deutlich höher<br />

als in den <strong>Kanton</strong>en Graubünden oder Glarus. Das <strong>Wallis</strong> verliert somit einen beträchtlichen<br />

Anteil seiner im <strong>Kanton</strong> oder an den ausserkantonalen Universitäten ausgebildeten<br />

Personen.<br />

Neben den finanziellen Einbussen der Abwanderung, welche auf jährlich r<strong>und</strong> 90 Mio. CHF<br />

beziffert werden, erleidet der <strong>Kanton</strong> einen Verlust für die wirtschaftliche Entwicklung, die<br />

Innovationsfähigkeit sowie für das soziale <strong>und</strong> kulturelle Engagement. Als Hauptgründe für<br />

den Wegzug zeigen sich bei den Befragungen die fehlenden Arbeitsstellen <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote,<br />

die mangelnden Karrieremöglichkeiten sowie die Nähe zu einem urbanen<br />

Zentrum. Als sek<strong>und</strong>är geben die <strong>Wallis</strong>er Mentalitäten vor Ort <strong>und</strong> die höheren Einkommen<br />

als Gr<strong>und</strong> an. Laut den Antworten spielen Lebensqualität <strong>und</strong> Steuern hingegen eine<br />

geringere Rolle. Insgesamt scheinen die Befragten mit der Infrastruktur, den Dienstleistungen<br />

<strong>und</strong> den Rahmenbedingungen im <strong>Wallis</strong> zufrieden zu sein, wenn auch beim öffentlichen<br />

Verkehr Schwächen ausgemacht werden. Insgesamt wird die wirtschaftliche Dynamik<br />

von den <strong>Oberwallis</strong>ern deutlich negativer beurteilt als von den Unterwallisern. Ein gewisses<br />

Potential für eine Rückkehr von Hochqualifizierten scheint aber laut Studie vorhanden zu<br />

sein, da viele Weggezogene sich eine Rückkehr prinzipiell vorstellen könnten, welche aber<br />

häufig an mangelnden Arbeitsstellen scheitert.<br />

Nicht zuletzt an diesem Punkt setzt die Gründung des Netzwerks VS-Link an. Als Reaktion<br />

auf die Abwanderung von Kompetenzen hat der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> mit der Unterstützung des<br />

Staatssekretariats für Wirtschaft <strong>und</strong> in Zusammenarbeit mit der <strong>Wallis</strong>er Industrie- <strong>und</strong><br />

Handelskammer 2005 ein Netzwerk lanciert, das eine Brücke zwischen <strong>Wallis</strong>er Unternehmen<br />

<strong>und</strong> hochqualifizierten <strong>Wallis</strong>erinnen <strong>und</strong> <strong>Wallis</strong>ern schlagen soll. Die Ziele lauten:<br />

Schaffen von Stellen <strong>und</strong> einer Praktikabörse; Porträts von <strong>Wallis</strong>er Firmen, Veranstaltungen<br />

mit <strong>Wallis</strong>er Unternehmen <strong>und</strong> Hochqualifizierten.<br />

Swiss Issues Regionen 16


Standortnachteil bei der<br />

Besteuerung der<br />

natürlichen Personen<br />

Erreichbarkeit als Schlüsselfaktor,<br />

um Standortvorteile<br />

auszuspielen<br />

Economic Research<br />

Laut eigener Analyse der letzten Volkszählung erlitten die Regionen Goms, Leuk <strong>und</strong> Visp zwischen<br />

1995 <strong>und</strong> 2000 eine deutliche Nettoabwanderung von tertiär Ausgebildeten, während die<br />

Region Brig eine leichte Nettozuwanderung verzeichnete. Die Unterwalliser Regionen konnten in<br />

dieser Periode sogar eine Nettozuwanderung aus den übrigen Schweizer Regionen verzeichnen.<br />

In diesem Zusammenhang profitieren speziell die Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Martigny<br />

von der Nähe zum Metropolitanraum Genf-Lausanne <strong>und</strong> vermögen gemäss Migrationsmuster<br />

speziell Familien <strong>und</strong> Personen über 40 Jahren anzuziehen. Es lässt sich abschätzen, dass unter<br />

den hochqualifizierten Zuwanderern aus Bern aber auch aus Zürich zahlreiche Rückkehrer sind.<br />

Bei den Zuwanderern aus den <strong>Kanton</strong>en Waadt, Genf <strong>und</strong> Fribourg wird hingegen ein grösserer<br />

Teil "Neuwalliser" dabei sein.<br />

Die Problematik des Wegzugs von Talenten ist für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> umso härter, als bei den<br />

Jugendlichen eine hohe Neigung zu einer höheren Ausbildung besteht. Zwar hat die gymnasiale<br />

Maturitätsquote in den letzten Jahren leicht abgenommen, lag aber 2008 mit 18.8% nur leicht<br />

unter dem Schweizer Mittel von 19.7%. Bei den universitären Abschlüssen liegt der <strong>Kanton</strong><br />

<strong>Wallis</strong> sogar leicht über dem Schweizer Mittel. Das Problem des Braindrains ist dem <strong>Kanton</strong><br />

<strong>Wallis</strong> längst bekannt <strong>und</strong> steht seit geraumer Zeit auf der politischen Agenda. Durch gezielte<br />

Investitionen in die allgemeine <strong>und</strong> speziell in die Berufsausbildung, welche den Anforderungen<br />

des lokalen Arbeitsmarktes entsprechen, kann zudem der allgemeine Ausbildungsstand der<br />

<strong>Wallis</strong>er Bevölkerung verbessert werden. Eine breite <strong>und</strong> gute Berufsqualifikation der Arbeitnehmerschaft<br />

spielt insbesondere für kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen eine entscheidende Rolle.<br />

In Bezug auf die steuerliche Attraktivität für natürliche Personen werden für sämtliche Regionen<br />

des <strong>Wallis</strong> unterdurchschnittliche Werte erreicht. Während die <strong>Oberwallis</strong>er Regionen, die sich<br />

wirtschaftlich stärker Richtung Bern orientieren, immerhin im Vergleich zu diesen direkten Konkurrenten<br />

um Wohnbevölkerung eine attraktivere Positionierung aufweisen, sieht dies beim Unterwallis<br />

anders aus. Das Unterwallis, welches viele Pendler in Richtung <strong>Kanton</strong> Waadt zählt,<br />

schneidet bezüglich Besteuerung von natürlichen Personen deutlich unattraktiver ab als die umliegenden<br />

ausserkantonalen Regionen. Liegen die Waadtländer Regionen im Schweizer Vergleich<br />

bloss im Durchschnitt, sind sie innerhalb der Westschweiz am attraktivsten. Bezüglich<br />

Unternehmensbesteuerung sind sämtliche <strong>Wallis</strong>er Regionen leicht überdurchschnittlich attraktiv.<br />

Hier weist das <strong>Wallis</strong> demnach einen Standortvorteil gegenüber Konkurrenzgebieten für potentiell<br />

zuziehende Unternehmen oder Unternehmensneugründungen auf. Es gilt jedoch zu beachten,<br />

dass eine vergleichsweise tiefe Steuerbelastung für Unternehmen den vielversprechendsten<br />

Effekt in Kombination mit einer attraktiven Besteuerung für natürliche Personen hat.<br />

Die Besteuerung der natürlichen Personen beeinflusst über den Kanal der Standortgunst zunehmend<br />

auch die Attraktivität für Unternehmen.<br />

3.3 Verkehrstechnische Erreichbarkeit<br />

Die verkehrstechnische Erreichbarkeit einer Region für Güter, Dienstleistungen, Arbeit, Kapital<br />

<strong>und</strong> Wissen ist im Wettlauf der Standorte ein wichtiger Faktor. Über einen Ausbau oder eine<br />

bessere Verknüpfung der Verkehrsangebote lassen sich die Kosten der Raumüberwindung senken<br />

<strong>und</strong> damit die Erreichbarkeitsverhältnisse verändern. <strong>Der</strong> Abbau von Distanzhemmnissen<br />

führt zu einer Vergrösserung der Marktgebiete, einer besseren Erschliessung von Ressourcen<br />

<strong>und</strong> ermöglicht flexiblere Produktionsprozesse. Gr<strong>und</strong>sätzlich erlaubt eine höhere Erreichbarkeit<br />

die verstärkte Ausnutzung von Standortunterschieden <strong>und</strong> wird dadurch zu einem bedeutenden<br />

Standortfaktor. Auch für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen bestimmt die Erreichbarkeit<br />

von Arbeitsplätzen, Einkaufs- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten in hohem Mass die Lebensqualität an<br />

einem Standort.<br />

Nur in Kombination mit den lokal vorherrschenden verkehrstechnischen Erreichbarkeitsverhältnissen<br />

lässt sich eine schlüssige <strong>und</strong> abschliessende Beurteilung der einzelnen Standortkomponenten<br />

<strong>und</strong> der Standortqualität als Ganzes vornehmen. Auch wenn die Erreichbarkeit im <strong>Wallis</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> der topographischen Bedingungen zu einem beträchtlichen Teil naturgegeben ist <strong>und</strong><br />

nur innerhalb eines gewissen Spektrums exogen verändert werden kann, muss sie aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

grossen Einflusses für Unternehmen, Pendler <strong>und</strong> für den Immobilienmarkt bei der Beurtei-<br />

Swiss Issues Regionen 17


Economic Research<br />

lung der Standortqualität <strong>und</strong> bei möglichen politischen Handlungsempfehlungen berücksichtigt<br />

werden.<br />

Abbildung 9<br />

Verkehrstechnische Erreichbarkeit im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 2009<br />

Synthetischer Indikator, CH = 0; Auswertung der Netze des motorisierten Individualverkehrs <strong>und</strong> des öffentlichen Verkehrs<br />

Verkehrstechnische<br />

Erreichbarkeit<br />

2.0 - 2.1<br />

1.7 - 1.9<br />

1.3 - 1.6<br />

1.0 - 1.2<br />

0.7 - 0.9<br />

0.4 - 0.6<br />

0.1 - 0.3<br />

-0.2 - 0.0<br />

-0.4 - -0.3<br />

-0.6 - -0.5<br />

-0.8 - -0.7<br />

-1.0 - -0.9<br />

-1.2 - -1.1<br />

-1.5 - -1.3<br />

Genève<br />

Nyon<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

<strong>Wallis</strong><br />

0 10 20 km<br />

Lausanne<br />

Neuchâtel<br />

Montreux<br />

Aigle<br />

Monthey<br />

Biel<br />

Fribourg<br />

Gstaad<br />

Martigny Verbier<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, SBB, diverse Lokalverkehrsunternehmen, Geostat, DDS<br />

Topographie <strong>und</strong> Gewässer<br />

hemmen die Erreichbarkeit<br />

Sion<br />

Bern<br />

Solothurn<br />

Sierre<br />

Kandersteg<br />

Zermatt<br />

Interlaken<br />

Visp<br />

Grindelwald<br />

Brig-Glis<br />

Luzern<br />

Engelberg<br />

Oberwald<br />

Erreichbarkeit ist eine vielschichtige Grösse. Sie deckt nicht nur die reine Fahrzeit ab, sondern<br />

auch das jeweils erreichbare Potential an einem Standort. Vereinfacht kann die verkehrstechnische<br />

Erreichbarkeit verstanden werden als Summe der Vorteile, welche sich aus der Nähe zu<br />

Ballungsräumen ergeben. <strong>Der</strong> resultierende Indikator kann also als Mass der Zentralität interpretiert<br />

werden. Dieser Indikator wird aufgr<strong>und</strong> von Verkehrsnetzwerken berechnet. Die Knoten<br />

dieser Netze stellen die Ballungsräume dar, <strong>und</strong> die Verbindungen werden anhand der Fahrzeiten<br />

ausgedrückt. Für das Potential an Attraktionsmöglichkeiten <strong>und</strong> das Gewicht ökonomischer<br />

Aktivitäten werden Bevölkerungs- <strong>und</strong> Arbeitsplatzzahlen verwendet. Mit anderen Worten wird<br />

davon ausgegangen, dass ein Zielort umso attraktiver ist, je mehr Einwohner <strong>und</strong> Arbeitsplätze<br />

er aufweist.<br />

<strong>Der</strong> Mittelwert der Erreichbarkeitspotentiale aus den beiden Verkehrsträgern motorisierter Individualverkehr<br />

<strong>und</strong> öffentlicher Verkehr ergibt den Indikator der verkehrstechnischen Erreichbarkeit.<br />

Die Werte für die <strong>Wallis</strong>er Gemeinden <strong>und</strong> die umliegenden Gebiete sind in Abbildung 9<br />

aufgetragen. Deutlich erkennbar ist die grosse Differenz zwischen den grösseren Zentren <strong>und</strong><br />

den ländlichen <strong>und</strong> peripheren Regionen der Westschweiz. Die Zentren <strong>und</strong> deren Agglomerationen<br />

weisen jeweils eine hohe Erreichbarkeit aus. Die dicht ausgebauten Verkehrsnetze <strong>und</strong><br />

Swiss Issues Regionen 18


Unterschiede beim Erreichbarkeitspotential<br />

zwischen<br />

Unter- <strong>und</strong> <strong>Oberwallis</strong><br />

Economic Research<br />

die Rolle der Zentren als Verkehrsknotenpunkte ermöglichen schnelle Verbindungen in die bevölkerungs-<br />

<strong>und</strong> beschäftigungsreichsten Ballungszentren. Hierbei ist zu erwähnen, dass die<br />

wirtschaftlich dynamischen Regionen um den Genfersee herum aufgr<strong>und</strong> der Schweizer Grenze,<br />

welche trotz Berücksichtigung des grenznahen Auslands das Potential an umliegenden Einwohnern<br />

<strong>und</strong> Arbeitsplätzen einschränkt, im Vergleich mit den grossen urbanen Zentren der<br />

Deutschschweiz etwas tiefere Erreichbarkeitswerte aufweisen.<br />

Die anspruchsvolle Gebirgslage dominiert im <strong>Wallis</strong> naturgemäss die verkehrstechnische Erreichbarkeit<br />

<strong>und</strong> manifestiert sich in klaren Unterschieden zwischen Tal- <strong>und</strong> Berggemeinden<br />

sowie zwischen Unter- <strong>und</strong> <strong>Oberwallis</strong>. Die besten Erreichbarkeitswerte liegen – nicht überraschend<br />

– in der Agglomeration Monthey, welche von ihrer Nähe zu den Ballungsräumen des<br />

Genferseebogens profitiert. Die Erreichbarkeit der restlichen Gebiete nimmt mit zunehmender<br />

Distanz zum Metropolitanraum Genf-Lausanne kontinuierlich ab.<br />

Abbildung 10<br />

Einzugsgebiet der Gemeinde Brig-Glis<br />

Fahrzeiten mit dem motorisierten Individualverkehr in Minuten<br />

Yverdon-les-Bains<br />

Yverdon<br />

Payerne<br />

Aaretal<br />

Schwarzwasser<br />

La Sarine<br />

Thun<br />

Sense<br />

SarneraatalNidwalden/Engelberg<br />

Meiringen<br />

La Broye<br />

Glâne/Veveyse Bulle<br />

La Gruyère<br />

Thun<br />

Spiez Interlaken<br />

BernerOberland-Ost<br />

Grindelwald<br />

Uri<br />

Surselva<br />

Andermatt<br />

Lausanne<br />

Oberwald Airolo<br />

Pully<br />

Kandertal<br />

Vevey/Lavaux Saanen/Obersimmental Kandersteg<br />

Vevey<br />

Pays d'Enhaut<br />

Montreux<br />

Tre Valli<br />

Aigle Aigle<br />

Monthey<br />

Martigny<br />

Verbier<br />

Sion<br />

Sierre<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Zermatt<br />

Visp<br />

Brig-Glis<br />

Locarno<br />

Einzugsgebiet von Brig-Glis<br />

- 10 Minuten<br />

10 - 20 Minuten<br />

20 - 30 Minuten Bellinzona<br />

30 - 40 Minuten<br />

40 - 50 Minuten<br />

50 - 60 MinutenLugano<br />

60 - 90 Minuten<br />

<strong>Wallis</strong><br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

0 15 30 km<br />

Um einen Überblick über die von <strong>Wallis</strong>er Ortschaften aus erreichbaren Regionen zu geben,<br />

haben wir in Abbildung 10 <strong>und</strong> Abbildung 11 als Beispiele die Einzugsgebiete mit dem motorisierten<br />

Individualverkehr von Brig-Glis <strong>und</strong> von Monthey dargestellt. Abbildung 12 fasst die<br />

Fahrzeiten mit dem Zug ab Brig-Glis <strong>und</strong> Sion gemäss aktuellem Fahrplan zusammen. Während<br />

die Wegpendler aus dem <strong>Oberwallis</strong> sich traditionell in Richtung Bern orientieren, wodurch der<br />

Lötschberg-Basistunnel für den Alltag der Pendler eine deutliche Fahrzeitverkürzung darstellt,<br />

orientieren sich die Unterwalliser Richtung Lausanne. Bei den Unterwalliser Pendlern spielt der<br />

motorisierte Individualverkehr eine wichtigere Rolle. Aus den beiden Darstellungen geht unter<br />

anderem hervor, dass das Einzugsgebiet für einen Unterwalliser flächenmässig breiter ist <strong>und</strong><br />

darüber hinaus ein grösseres Potential an erreichbaren Arbeits- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten bietet.<br />

Dennoch ist selbst von Monthey aus – der westlichsten Agglomeration im <strong>Wallis</strong> − ein realistisches<br />

Einzugsgebiet nicht grenzenlos. Dies tritt klar zutage, wenn man die Fahrzeiten mit der<br />

aus der Volkszählung 2000 abgeleiteten Pendlertoleranz vergleicht. So nehmen im motorisierten<br />

Individualverkehr nur noch gut 19% der Pendler eine Fahrzeit von über 30 Minuten in Kauf; die<br />

Fahrzeit von Monthey nach Lausanne beträgt ungefähr 37 Minuten. Diese Tatsache berücksichtigen<br />

wir bei der Gewichtung der Potentiale in unserem Gesamtindex der Erreichbarkeit mit<br />

dem schon genannten Resultat, dass selbst die Unterwalliser Regionen keine überdurchschnittlichen<br />

Erreichbarkeitswerte aufweisen.<br />

Swiss Issues Regionen 19


Lötschberg-Basistunnel mit<br />

positiven Impulsen auf Tagestourismus<br />

Abbildung 11<br />

Einzugsgebiet der Gemeinde Monthey<br />

Fahrzeiten mit dem motorisierten Individualverkehr in Minuten<br />

Economic Research<br />

Erlach/Seeland Burgdorf Willisau Einzugsgebiet Luzernvon<br />

Monthey<br />

La Chaux-de-FondsNeuchâtel<br />

Bern<br />

Nidwalden/Engelberg<br />

- 10 Minuten<br />

MuriWorb Stans<br />

Val-de-Travers<br />

Murten(Morat) Köniz<br />

Entlebuch<br />

10 - 20 Sarnen Minuten<br />

AaretalOberesEmmental<br />

20 - 30 Minuten<br />

Payerne<br />

30 - 40 MinutenEngelberg<br />

Yverdon<br />

Sarneraatal<br />

La Sarine<br />

40 - 50 Minuten<br />

SenseSchwarzwasser<br />

Yverdon-les-Bains<br />

La Broye<br />

Thun<br />

50 - Meiringen 60 Minuten<br />

Uri<br />

Spiez Interlaken 60 - 90 Minuten<br />

Thun<br />

Gros-de-Vaud<br />

<strong>Wallis</strong><br />

BernerOberland-Ost Andermatt<br />

Glâne/Veveyse<br />

Grindelwald Hauptverkehrsstrassen<br />

La Vallée<br />

La Gruyère<br />

0 12.5 25 km<br />

Lausanne<br />

Oberwald<br />

Morges/Rolle Pully<br />

Pays d'Enhaut Kandertal<br />

Tre Valli<br />

Vevey/Lavaux<br />

Nyon Gland<br />

Vevey Saanen/Obersimmental<br />

Nyon<br />

Montreux<br />

Versoix<br />

Meyrin<br />

Genève Thônex<br />

Onex<br />

Bernex<br />

Aigle Aigle<br />

Monthey<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Martigny Verbier<br />

Sion<br />

Sierre<br />

Zermatt<br />

Visp<br />

Brig-Glis<br />

Locarno<br />

Die verkehrstechnische Erreichbarkeit ist derjenige Faktor im Standortqualitätsindikator, welcher<br />

sich am schwierigsten beeinflussen lässt. Eingeschränkt durch unveränderbare geographische<br />

<strong>und</strong> topographische Gegebenheiten einer Region, können Attraktivitätsverbesserungen nur<br />

durch langwierige <strong>und</strong> kostenintensive Infrastrukturinvestitionen erreicht werden. Solch eine<br />

kostenintensive Infrastrukturinvestition wurde bekanntlich mit dem Lötschberg-Basistunnel vollzogen.<br />

Abbildung 12<br />

Reisezeit mit dem öffentlichen Verkehr ab Brig-Glis <strong>und</strong> Sion<br />

Fahrzeiten mit dem Zug in Minuten, schnellste Verbindungen zwischen 6.00-7.00 Uhr<br />

Reisezeit von Brig-Glis Reisezeit von Sion<br />

Zielort Fahrzeit Zielort Fahrzeit<br />

Visp 8 Sierre 10<br />

Leuk 21 Martigny 14<br />

Sierre 29 Leuk 18<br />

Spiez 36 Visp 28<br />

Sion 40 Aigle 31<br />

Thun 47 Montreux 42<br />

Martigny 54 Vevey 49<br />

Bern 65 Spiez 60<br />

Aigle 71 Lausanne 68<br />

Montreux 82 Thun 70<br />

Vevey 89 Morges 77<br />

Fribourg 96 Bern 89<br />

Biel 107 Yverdon 90<br />

Lausanne 108 Nyon 93<br />

Genf 107<br />

Neuchâtel 108<br />

Fribourg 116<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, SBB<br />

Swiss Issues Regionen 20


Betrachtung der Steuerbelastung<br />

alleine greift bei<br />

Wohnattraktivität zu kurz<br />

Economic Research<br />

Dieser Tunnel hat nun speziell dem <strong>Oberwallis</strong> das Mittelland deutlich näher gebracht. Mit einer<br />

knappen St<strong>und</strong>e Reisezeit ins Zentrum Bern bleibt die Distanz für Pendler aber vergleichsweise<br />

hoch. Ausserdem müssen Einwohner anderer <strong>Oberwallis</strong>er Gemeinden zuerst den Weg nach<br />

Visp einplanen. Zwar liegt die Fahrzeittoleranz beim öffentlichen Verkehr höher als beim motorisierten<br />

Individualverkehr, dennoch nehmen nur r<strong>und</strong> 17% eine Fahrzeit von einer St<strong>und</strong>e oder<br />

länger in Kauf. Entsprechend erwarten wir auch keinen grossen Effekt auf den oben beschriebenen<br />

Braindrain im <strong>Oberwallis</strong>. Da wir das Pendlerverhalten als Gr<strong>und</strong>lage für unsere verkehrstechnische<br />

Erreichbarkeit verwenden, bleibt der Effekt für das <strong>Oberwallis</strong> beim Standortqualitätsindikator<br />

bescheiden. Da hingegen die Fahrzeittoleranz für Touristen erfahrungsgemäss<br />

deutlich höher liegt als diejenige von Pendlern, kann man den grössten Effekt des Lötschberg-<br />

Basistunnels vor allem im Tourismus − insbesondere im Tagestourismus − erwarten.<br />

3.4 Frei verfügbares Einkommen als Parameter der finanziellen Wohnattraktivität<br />

Regionale Unterschiede in der Steuerbelastung <strong>und</strong> steuergünstige Wohngemeinden sind in<br />

aller M<strong>und</strong>e. Die Vorstellung, mit einem Umzug seine Steuerbelastung zu senken, klingt verlockend.<br />

Vornehmlich in der Deutschschweiz haben sich infolge des regen Steuerwettbewerbs<br />

zwischen <strong>Kanton</strong>en neue steuergünstige Alternativen angeboten. Jedoch greifen Vergleiche der<br />

Steuerbelastung alleine zu kurz. Neben den staatlich festgelegten Zwangsabgaben sind einige<br />

(zumindest teilweise) durch den Wettbewerb festgelegte Preise grossen regionalen Unterschieden<br />

unterworfen. So sind etwa Miet- <strong>und</strong> Kaufpreise für Immobilien in sämtlichen Städten deutlich<br />

höher als auf dem Land. Auch die obligatorischen Krankenkassenprämien sind von grossen<br />

regionalen <strong>und</strong> zeitlichen Schwankungen geprägt. Nicht zu vergessen <strong>und</strong> zu vernachlässigen<br />

sind Gebühren wie etwa Abfall- oder Abwasserkosten sowie die Elektrizitätskosten, welche sich<br />

von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Ein reiner Vergleich der Steuerbelastung vernachlässigt<br />

demzufolge die Tatsache, dass die Vorzüge eines Standortes sich in Analogie zu jedem<br />

anderen Gut in den Kosten vor Ort widerspiegeln. Zur umfassenden Beurteilung von Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteilen einzelner Wohnregionen hat die Credit Suisse einen Indikator entwickelt, der das frei<br />

verfügbare Einkommen misst, indem er alle obligatorischen Abgaben <strong>und</strong> die durch ihren existenziellen<br />

Charakter notwendigen <strong>und</strong> wohnortsabhängigen Fixkosten berücksichtigt. <strong>Der</strong> RDI-<br />

Indikator (Regional Disposable Income) stellt die zentrale finanzielle Optimierungsgrösse der<br />

Wohnortwahl dar.<br />

Abbildung 13<br />

Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Gemeinden 2008<br />

Synthetischer Indikator, CH = 0<br />

RDI-Indikator<br />

2.1 - 2.5<br />

1.8 - 2.0<br />

1.5 - 1.7<br />

1.2 - 1.4<br />

0.9 - 1.1<br />

0.6 - 0.8<br />

0.1 - 0.5<br />

-0.2 - 0.0<br />

-1.1 - -0.3<br />

-2.5 - -1.2<br />

-5.1 - -2.6<br />

Genève<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

<strong>Wallis</strong><br />

0 10 20 km<br />

Nyon<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Lausanne<br />

Montreux<br />

Aigle<br />

Monthey<br />

Fribourg<br />

Gstaad<br />

Martigny Verbier<br />

Sion<br />

Sierre<br />

Kandersteg<br />

Zermatt<br />

Interlaken<br />

Visp<br />

Grindelwald<br />

Brig-Glis<br />

Engelberg<br />

Oberwald<br />

Locarno<br />

Swiss Issues Regionen 21


Hohes verfügbares<br />

Einkommen in den meisten<br />

<strong>Wallis</strong>er Gemeinden<br />

Tiefe Krankenkassenprämien<br />

kompensieren höhere<br />

Einkommenssteuern<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> mit Rangverlust<br />

im nationalen Vergleich<br />

Economic Research<br />

Die Gemeinden als tiefste Verwaltungsstufe der Schweizer Staatsordnung sind als Betrachtungsebene<br />

für das verfügbare Einkommen optimal geeignet, da die meisten Komponenten der<br />

finanziellen Wohnattraktivität entweder von lokal administrierten Preisen tangiert werden oder<br />

aber Güter von lokal abgegrenzten Märkten darstellen. Die RDI-Werte für die <strong>Wallis</strong>er <strong>und</strong> umliegende<br />

Gemeinden sind in Abbildung 13 dargestellt. Positive Werte des RDI kennzeichnen höhere,<br />

negative Werte tiefere frei verfügbare Einkommen im Vergleich zum Schweizer Mittel. In<br />

fast sämtlichen <strong>Wallis</strong>er Gemeinden fällt das frei verfügbare Einkommen im Schweizer Vergleich<br />

hoch bis sehr hoch aus. Einzelne <strong>Oberwallis</strong>er Gemeinden wie Bister können sich sogar<br />

schweizweit <strong>und</strong> nur knapp hinter einzelnen Gemeinden aus Graubünden, Schwyz <strong>und</strong> Appenzell<br />

Innerrhoden an der Spitze placieren. Während etwa die Schwyzer Gemeinden von den tiefen<br />

Einkommens- <strong>und</strong> Vermögenssteuern profitieren, beruht die hohe finanzielle Wohnattraktivität<br />

der <strong>Wallis</strong>er Gemeinden auf tiefen Fixkosten. Hierbei sind insbesondere die in den meisten Gemeinden<br />

noch moderaten Immobilienpreise. Darüber hinaus fallen die tiefen Krankenkassenprämien<br />

− insbesondere in der Prämienregion <strong>Oberwallis</strong>, zu der einzelne Gebiete von Sierre<br />

<strong>und</strong> Sion gehören − stärker ins Gewicht als allgemein angenommen.<br />

Als Gegenpol zu den <strong>Wallis</strong>er Gemeinden illustriert das Ergebnis von Genf die Problematik der<br />

Grosszentren, welche aufgr<strong>und</strong> ihrer überregionalen Ausstrahlung Zentrumslasten in den Bereichen<br />

Sozialwesen, Ges<strong>und</strong>heit oder Verkehrsinfrastruktur zu tragen haben, gepaart mit sehr<br />

teurem Wohnraum. Eine Darstellung der Positionierung der Schweizer <strong>Kanton</strong>e bezüglich Ausgabenkomponenten<br />

zeigt Abbildung 14. Tiefe Krankenkassenprämien lassen den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

im Vergleich beispielsweise zum <strong>Kanton</strong> Waadt trotz relativ höheren Einkommenssteuern in Bezug<br />

auf die obligatorischen Abgaben attraktiver dastehen. Insgesamt lassen sich aus Abbildung<br />

14 wichtige Zusammenhänge von wohnortsgeb<strong>und</strong>enen Abgaben <strong>und</strong> Preisen erkennen. So<br />

geht derweilen in mehreren <strong>Kanton</strong>en die steuerliche Attraktivität mit zunehmenden Boden- <strong>und</strong><br />

Immobilienpreisen einher. Die <strong>Kanton</strong>e Schwyz <strong>und</strong> Zug, welche bezüglich obligatorischen Abgaben<br />

zu den attraktivsten <strong>Kanton</strong>en in der Schweiz gehören, sind aufgr<strong>und</strong> hoher <strong>und</strong> stark<br />

gestiegener Wohnkosten in der Rangierung der finanziellen Wohnattraktivität deutlich zurückgefallen<br />

(Abbildung 15).<br />

Abbildung 14<br />

Bedeutung der Ausgabenkomponenten in den Schweizer <strong>Kanton</strong>en 2008<br />

Obligatorische Abgaben: Einkommens- <strong>und</strong> Vermögenssteuern, Sozialabgaben, obligatorische Krankenkassenversicherung<br />

Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Gebühren für Wasser, Abwasser <strong>und</strong> Abfall; standardisierte Werte, CH = 0<br />

Hohe Fixkosten<br />

kompensieren Steuervorteile<br />

SZ<br />

ZG<br />

NW<br />

Kombinierte Vorteile<br />

OW<br />

AI<br />

ZH<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

CH-Mittel<br />

Fixkosten<br />

BL<br />

GR LU<br />

TI<br />

TG<br />

AG<br />

SG UR<br />

AR<br />

SH<br />

SO<br />

VS<br />

GL<br />

FR<br />

VD<br />

BE<br />

GE<br />

BS<br />

Obligatorische Abgaben<br />

JU<br />

Doppelte Nachteile<br />

NE<br />

Asymmetrische<br />

Positionierung<br />

Abbildung 15 zeigt auch, dass der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> aktuell auf dem 15. Rang liegt <strong>und</strong> gegenüber<br />

2006 sechs Plätze verloren hat. Hierbei leidet das <strong>Wallis</strong> bei der Betrachtung auf <strong>Kanton</strong>sniveau<br />

ein wenig unter der Durchschnittsbildung. Mit Bagnes <strong>und</strong> Zermatt sind zwei <strong>Wallis</strong>er Ortschaften<br />

zu den schweizweit teuersten Gemeinden vorgestossen, was sich folglich auf den kan-<br />

Swiss Issues Regionen 22


Economic Research<br />

tonalen Wert des RDI-Indikators auswirkt. Die international bekannten Tourismusdestinationen<br />

erlebten infolge des Zweitwohnungsbaus jüngst einen grossen Immobilienpreisanstieg (siehe<br />

Kapitel 6). Nichtsdestotrotz verlangt das Abschneiden des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> beim RDI-Indikator<br />

auch auf kantonaler Verwaltungsebene Aufmerksamkeit. Während steuerliche Massnahmen in<br />

den vergangenen Jahren es einigen ländlichen <strong>Kanton</strong>en wie etwa Graubünden oder Obwalden<br />

ermöglichten, die generell tiefen Fixkosten mit einer moderaten Steuerlast zu ergänzen, schmälert<br />

die überdurchschnittlich hohe Steuerbelastung der natürlichen Personen im <strong>Wallis</strong> einen potentiellen<br />

Trumpf im Standortwettbewerb.<br />

Abbildung 15<br />

Frei verfügbares Einkommen: Veränderungen 2006–2008<br />

RDI-Indikator: Ränge der 26 <strong>Kanton</strong>e. Negative Differenzen bedeuten Rangverluste, positive Differenzen Rangverbesserungen<br />

AI OW GL TG AR SZ SO SH NW JU UR GR SG AG VS FR LU ZG TI BE NE ZH BL VD BS GE<br />

Rang RDI-Indikator 2008 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26<br />

Rang RDI-Indikator 2006 1 7 4 8 6 2 16 13 3 15 10 11 14 12 9 18 19 5 17 21 22 20 24 23 25 26<br />

Differenz 0 5 1 4 1 -4 9 5 -6 5 -1 -1 1 -2 -6 2 2 -13 -2 1 1 -2 1 -1 0 0<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Im <strong>Wallis</strong> bleibt für Konsum<br />

wenig von zusätzlichem<br />

Lohnfranken übrig<br />

Potential für Attraktivitätsverbesserungen<br />

vorhanden,<br />

aber durch Erreichbarkeit<br />

eingeschränkt<br />

Zur Unterstützung unserer Argumentation über die negativen Folgen von überdurchschnittlicher<br />

Steuerbelastung natürlicher Personen bildet Abbildung 16 das Grenzeinkommen in den Schweizer<br />

<strong>Kanton</strong>en ab. Das Grenzeinkommen spiegelt den Anteil an einem zusätzlichen verdienten<br />

Franken wider, welcher dem Haushalt für seinen Konsum zu Verfügung steht. <strong>Der</strong> Wert drückt<br />

aus, wie stark das verfügbare Einkommen bei Steigerungen des Erwerbseinkommens zunimmt.<br />

Unter der Annahme, dass durch zusätzliche Anstrengungen tendenziell ein höheres Lohneinkommen<br />

erreicht werden kann, gibt der Indikator Hinweise auf die finanziellen Anreize, höhere<br />

Einkommen zu generieren. Das Grenzeinkommen ist einzig von der Steuerbelastung eines<br />

Wohnstandorts abhängig <strong>und</strong> wird − anders als etwa die Wohnkosten oder die Krankenkassenprämien<br />

− in keiner Weise von Märkten beeinflusst. <strong>Der</strong> Wert kann somit von der Politik gesteuert<br />

werden.<br />

<strong>Der</strong> 23. Rang des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> beim Grenzeinkommen lässt erkennen, dass für ein günstigeres<br />

Umfeld für potentielle Zuzüger Raum zur Verbesserung vorhanden wäre. Aufgr<strong>und</strong> der steuerlichen<br />

Anreize ist nämlich zu erwarten, dass sich Personen mit einem tendenziell ansteigenden<br />

Erwerbseinkommen in Regionen mit einem hohen Grenzeinkommen niederlassen werden. Denn<br />

mit zunehmendem Einkommen gewinnen die steuerlichen Gesichtspunkte gegenüber den Fixkosten<br />

oder gegenüber den obligatorischen Krankenkassenprämien an Bedeutung. Infolge dieser<br />

Tatsache haben sich schweizweit einige Gemeinden in den Agglomerationsgürteln der grossen<br />

Zentren als finanziell attraktive Wohnorte etabliert, insbesondere für einkommens- <strong>und</strong> vermögensstarke<br />

Personen. Unter diesem Gesichtspunkt könnten die Regionen Martigny <strong>und</strong><br />

Monthey/St. Maurice betrachtet werden, welche durch den Siedlungsdruck im Genferseeraum<br />

bereits zahlreiche Zuzüger anzuziehen vermögen. Dies muss aber stets unter Berücksichtigung<br />

der Einschränkungen bezüglich der bereits oben erwähnten Erreichbarkeit von <strong>und</strong> ins <strong>Wallis</strong><br />

geschehen. Denn je eher eine Gemeinde mit hohem frei verfügbarem Einkommen bei einem<br />

Arbeitsmarktzentrum liegt, desto eher wird sie als Ziel einer finanziellen Wohnoptimierung gewählt.<br />

Bisher hat sich um die Zentren Lausanne <strong>und</strong> Genf noch nicht in gleichem Ausmass wie<br />

im Raum Zürich oder auch um Basel herum ein Agglomerationsgürtel von finanziell attraktiven<br />

Wohngemeinden entwickelt.<br />

Swiss Issues Regionen 23


Ges<strong>und</strong>e öffentliche Finanzen<br />

im <strong>Wallis</strong> …<br />

… eröffnen Spielraum<br />

Abbildung 16<br />

Grenzeinkommen in den Schweizer <strong>Kanton</strong>en 2008<br />

Frei verfügbarer Anteil an einem zusätzlichen Franken Erwerbseinkommen<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Economic Research<br />

ZG SZ OW ZH NW AI LU AG BL GL TG GR AR CH SH VD SG TI UR SO BE FR GE VS JU BS NE<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Möchte man über eine mögliche Reduktion der Steuerbelastung nachdenken, muss zunächst<br />

eine Lagebeurteilung der öffentlichen Finanzen als Basis für eine nachhaltige Fiskalpolitik vollzogen<br />

werden. Hierbei gilt es die aktuelle Schuldenquote, welche die kantonale Verschuldung<br />

ins Verhältnis zum jeweiligen kantonalen Volkseinkommen setzt, zu beachten. Darüber hinaus<br />

sollte eine umfassende Beurteilung der Schuldenlage die jeweiligen Primärüberschüsse mit einbeziehen.<br />

Die für 2009 budgetierten Ein- <strong>und</strong> Ausgaben ergeben eine aktuelle Schuldenquote<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> von 10.8%, was unter dem schweizerischen Durchschnitt liegt. Auch die Betrachtung<br />

der Primärüberschüsse in Relation zu den Schulden lässt zum Schluss kommen, dass<br />

die Verschuldung im <strong>Wallis</strong> weit von einem kritischen Wert entfernt ist. Dem <strong>Wallis</strong> ist es wie<br />

vielen anderen <strong>Kanton</strong>en gelungen, die Schuldenquote in den letzten Jahren deutlich zu reduzieren.<br />

Bei der aktuellen Wirtschafts- <strong>und</strong> Finanzkrise darf eine Beurteilung von deren Auswirkungen<br />

auf die <strong>Kanton</strong>sfinanzen nicht fehlen. Auch hier sehen wir keine unges<strong>und</strong>en Entwicklungen<br />

voraus. Da die grösste konjunkturelle Abhängigkeit bei den Gewinnsteuererträgen liegt <strong>und</strong> diese<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> zusammen mit den Kapitalsteuererträgen mit r<strong>und</strong> 11% der Gesamtsteuereinnahmen<br />

einen relativ kleinen Anteil ausmachen, werden die Mindereinnahmen verkraftbar<br />

bleiben. So liegen beispielsweise in den <strong>Kanton</strong>en Zürich, Genf <strong>und</strong> Basel-Stadt diese Anteile<br />

mit 21%, 22% bzw. 32% ungleich höher. Auch der Rückgang bei den Vermögensgewinneinnahmen<br />

wird keinen grossen Effekt auf das Gesamtbudget im <strong>Wallis</strong> haben, <strong>und</strong> zurückgehende<br />

variable Lohnbestandteile sind weniger bedeutend als in anderen <strong>Kanton</strong>en. Die bisher geplanten<br />

oder schon durchgeführten Konjunkturmassnahmen werden die <strong>Kanton</strong>sfinanzen ebenfalls<br />

nicht in Schieflage bringen. Alles in allem gestehen wir dem <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> finanziellen<br />

Handlungsspielraum zu, der steuerliche Massnahmen erlauben würde.<br />

Swiss Issues Regionen 24


4 Bevölkerung <strong>und</strong> Einkommen<br />

<strong>Wallis</strong> übertrifft nationales<br />

Bevölkerungswachstum<br />

Economic Research<br />

Bevölkerungsstruktur <strong>und</strong> -entwicklung sind wichtige Aspekte regionaler Entwicklung. Kennzeichnend<br />

für die Schweiz <strong>und</strong> andere Industrieländer sind stagnierende Geburtenraten, wodurch<br />

das natürliche Bevölkerungswachstum gebremst wird. Dagegen hat Migration für die Bevölkerungsentwicklung<br />

an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in der Schweiz ist Zuwanderung<br />

schon lange ein wesentlicher Einflussfaktor für die Bevölkerungsentwicklung. In den letzten<br />

Jahren hat sich dieser Trend infolge der guten Konjunkturlage <strong>und</strong> der Einführung der Personenfreizügigkeit<br />

weiter verstärkt. Neben der quantitativen Bevölkerungsdynamik ist für die regionale<br />

Entwicklung von Bedeutung, wie sich die Bevölkerungsstruktur verändert. Je nach Ausbildung,<br />

Berufsstand <strong>und</strong> Haushaltsstruktur zuziehender oder abwandernder Bevölkerungsgruppen<br />

wird die Entwicklung des Steuersubstrats <strong>und</strong> des Arbeitsmarktpotentials beeinflusst. Auch<br />

eine veränderte Nachfrage in bestimmten Immobiliensegmenten ist die Folge solcher selektiver<br />

Migrationsbewegungen.<br />

4.1 Bevölkerungsentwicklung<br />

Die Bevölkerung der Schweiz ist in den vergangenen 10 Jahren jährlich um 0.8% gewachsen.<br />

Insbesondere nach der Jahrtausendwende hat die demographische Entwicklung, gestützt durch<br />

eine zunehmende Zuwanderung, an Dynamik gewonnen, <strong>und</strong> 2008 wurde ein Wachstum von<br />

1.4% verzeichnet. Damit ist die Bevölkerung der Schweiz im vergangenen Jahr so stark gewachsen<br />

wie seit den sechziger Jahren nicht mehr. Diese Zunahme ist zu 90% auf den Wanderungssaldo<br />

von r<strong>und</strong> 98'200 Personen zurückzuführen, welcher nach 1961 der höchste in der<br />

Geschichte der Demographie der Schweiz ist. Hinter dieser Dynamik verbergen sich allerdings<br />

erhebliche regionale Unterschiede. Wachsenden Zentren <strong>und</strong> Agglomerationen stehen periphere<br />

Regionen mit Abwanderungstendenzen gegenüber.<br />

Abbildung 17<br />

Bevölkerungsdynamik in den <strong>Wallis</strong>er Regionen 1998–2008<br />

Index 1998 = 100<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

85<br />

Goms Brig<br />

Visp Leuk<br />

Sierre Sion<br />

Martigny Monthey/St. Maurice<br />

CH VS<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> konnte im betrachteten Zeitraum von 1998 bis 2008 das nationale Bevölkerungswachstum<br />

übertreffen. Im Durchschnitt nahm die Bevölkerung pro Jahr um 1.0% zu. Wie<br />

aus Abbildung 17 ersichtlich ist, verdankt der <strong>Kanton</strong> die überdurchschnittlich starke Bevölkerungsdynamik<br />

in erster Linie den Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Martigny. Mit durchschnittlichen<br />

jährlichen Wachstumsraten von 1.8 bzw. 1.5% übertrafen diese Regionen in den<br />

Swiss Issues Regionen 25


Unterwallis profitiert<br />

vom Siedlungsdruck<br />

im Genferseeraum<br />

Abbildung 18<br />

Bevölkerungsdynamik auf Gemeindeebene 1998–2008<br />

Jährliches Bevölkerungswachstum in Prozent<br />

Gros-de-Vaud<br />

La Broye<br />

Glâne/Veveyse<br />

Lausanne<br />

Vevey/Lavaux<br />

La Sarine<br />

La Gruyère<br />

Aigle<br />

Monthey/St-Maurice<br />

Economic Research<br />

vergangenen zehn Jahren sowohl das kantonale als auch das nationale Mittel <strong>und</strong> zählten sogar<br />

zu den Gebieten mit dem höchsten Bevölkerungswachstum in der Schweiz. Ebenfalls stärker als<br />

im kantonalen <strong>und</strong> nationalen Mittel hat sich die Bevölkerung in den Regionen Sierre <strong>und</strong> Sion<br />

entwickelt, während die <strong>Oberwallis</strong>er Gebiete eher durch Bevölkerungsstagnation oder<br />

-rückgang geprägt sind. Insbesondere die Region Goms hat mit einem abwanderungsbedingten,<br />

kontinuierlichen Rückgang der Bevölkerung zu kämpfen, der im vergangenen Jahrzehnt im<br />

Durchschnitt r<strong>und</strong> 1% pro Jahr ausmachte.<br />

Eine Betrachtung auf Gemeindeebene gibt zusätzliche Anhaltspunkte für eine Beurteilung der<br />

demographischen Tendenzen (Abbildung 18). Die regionalen Unterschiede spiegeln den Gegensatz<br />

zwischen Tal- <strong>und</strong> Berggemeinden, gut erschlossenen <strong>und</strong> peripheren Lagen innerhalb<br />

des <strong>Kanton</strong>s wider. Insgesamt stellt man fest, dass sich das Bevölkerungswachstum stark auf<br />

Agglomerationsgebiete im <strong>Kanton</strong> konzentriert. Eine Ausnahme bilden führende Tourismusdestinationen<br />

wie Verbier oder Zermatt. Zusätzlich zu diesem innerkantonalen Gegensatz profitieren<br />

die Unterwalliser Gemeinden aber auch vom Trend zur fortschreitenden Periurbanisierung im<br />

Genferseeraum. Die Nähe <strong>und</strong> gute Anbindung zum Metropolitanraum Genf-Lausanne verschaffen<br />

insbesondere den Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Martigny eine bessere Ausgangslage,<br />

um von der Dynamik dieses Ballungsgebiets zu profitieren. <strong>Der</strong> zunehmende Siedlungsdruck<br />

<strong>und</strong> die damit einhergehenden Ballungsprobleme in Form von hohen Boden- <strong>und</strong><br />

Immobilienpreisen sowie Verkehrsüberlastung in den Genferseegebieten lösen gewisse Ausweichbewegungen<br />

aus, wovon nach der Region Aigle mittlerweile auch die <strong>Wallis</strong>er Standorte<br />

insbesondere als Wohnregionen für Familien profitieren. Im <strong>Oberwallis</strong> prägen hingegen vorwiegend<br />

negative Wachstumsraten die demographische Entwicklung der letzten zehn Jahre. Die<br />

Konzentration der Bevölkerung bei den regionalen Zentren <strong>und</strong> zugehörigen Agglomerationen,<br />

in diesem Fall derjenigen von Brig/Visp, fällt im <strong>Oberwallis</strong> ausgeprägter aus.<br />

Sense<br />

Saanen/Obersimmental<br />

Pays d'Enhaut<br />

Martigny<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Geostat, DDS<br />

Sion<br />

Thun<br />

BernerOberland-Ost<br />

Uri<br />

Kandertal<br />

Sierre<br />

Leuk<br />

Visp<br />

Brig<br />

Goms<br />

Tre Valli<br />

Locarno<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

Agglomerationen<br />

Wirtschaftsregionen <strong>Wallis</strong><br />

<strong>Wallis</strong><br />

Bevölkerungswachstum in Prozent pro Jahr<br />

-6.4% - -2.5%<br />

-2.4% - -0.7%<br />

-0.6% - 0.1%<br />

0.2% - 0.8%<br />

0.9% - 1.5%<br />

1.6% - 2.5%<br />

2.6% - 4.1%<br />

0 5 10 20 Km<br />

Swiss Issues Regionen 26


Abwanderung führt zu Schulschliessungen<br />

Economic Research<br />

Die Bergregionen verlieren in der Schweiz seit Jahren Bevölkerung an die übrigen Gebiete,<br />

dies vor allem durch Abwanderung von Jugendlichen <strong>und</strong> Personen im Familiengründungsalter.<br />

Diese Entwicklung kann in manchen Fällen durch einen Wanderungsgewinn von Personen<br />

im Alter von 65 <strong>und</strong> mehr Jahren gemildert werden. <strong>Der</strong> Zuzug von älteren Personen<br />

in Berggebiete bringt diesen zwar oftmals willkommenes Steuersubstrat, führt aber zu<br />

einer Veränderung der gesellschaftlichen <strong>Struktur</strong> <strong>und</strong> stellt die bestehende Infrastruktur in<br />

Frage. In manchen Regionen belebt zwar der Tourismus im Winter die Dörfer, die bestehenden<br />

saisonalen Arbeitsstellen locken jedoch kaum Familien an. Schliessungen von<br />

Gr<strong>und</strong>schulen stehen in Berggebieten daher an der Tagesordnung.<br />

Bereits bieten einige Gemeinden des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> keine Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Volksschule (mehr)<br />

an. In anderen Gemeinden ist diese obligatorische Schuleinrichtung derart klein, dass die<br />

Mindestanzahl von 7 Schülern als Fortführungskriterium früher oder später greifen wird.<br />

Die Weiterführung solcher Gr<strong>und</strong>schulen ist insbesondere beim Wechsel von Kindern in<br />

höhere Schulstufen bzw. beim Wegzug einzelner Familien gefährdet. Vor allem im Goms ist<br />

gemäss Betriebszählung 2005 das Angebot an Gr<strong>und</strong>schulen bereits auf neun Gemeinden<br />

reduziert worden. Fünf davon haben sehr kleine Schuleinrichtungen. In der Gemeinde Binn<br />

konnte die Schliessung der Gr<strong>und</strong>schule vor einigen Jahren verhindert werden, dass per<br />

Zeitungsinserat nach zuzugswilligen Familien gesucht wurde. Auch im Val d'Anniviers sowie<br />

im Saaser Tal werden in einzelnen Gemeinden keine Gr<strong>und</strong>schulen angeboten.<br />

4.2 Altersstruktur <strong>und</strong> Kohortenwachstum<br />

Die Altersstruktur der Bevölkerung <strong>und</strong> ihre Entwicklung zeigen, wie attraktiv eine Region für<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppen nach ihrem Lebenszyklus ist. Insbesondere die Abweichungen<br />

einzelner Alterskohorten vom Schweizer Mittel sind interessant, da sich diese einzelnen Lebensabschnitten<br />

zuordnen lassen. So können Phasen von Ausbildung, Berufsstart, etablierter Berufstätigkeit<br />

<strong>und</strong> Pensionsalter unterschieden <strong>und</strong> die Bevölkerungsentwicklung im Hinblick auf<br />

diese Parameter untersucht werden. Die Betrachtung der Altersstruktur <strong>und</strong> des Kohortenwachstums<br />

ermöglicht so den Rückschluss auf Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region sowie<br />

die Erreichbarkeit von Arbeitsmärkten in Pendeldistanz.<br />

Abbildung 19<br />

Altersstruktur im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 2008<br />

Anteil in Prozent<br />

9.0%<br />

8.0%<br />

7.0%<br />

6.0%<br />

5.0%<br />

4.0%<br />

3.0%<br />

2.0%<br />

1.0%<br />

0.0%<br />

0-4<br />

VS CH<br />

5-9<br />

10-14<br />

15-19<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

20-24<br />

25-29<br />

30-34<br />

35-39<br />

40-44<br />

45-49<br />

50-54<br />

55-59<br />

60-64<br />

65-69<br />

70-74<br />

75-79<br />

80-84<br />

85-89<br />

90-94<br />

95+<br />

Swiss Issues Regionen 27


Abbildung 20<br />

Kohortenwachstum im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 1997–2002<br />

Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 1997 in Prozent<br />

20.0%<br />

15.0%<br />

10.0%<br />

5.0%<br />

0.0%<br />

-5.0%<br />

-10.0%<br />

0-4<br />

VS CH<br />

5-9<br />

10-14<br />

15-19<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

<strong>Wallis</strong> mit der jüngsten<br />

Bevölkerung unter den<br />

Bergkantonen<br />

20-24<br />

Kohortenwachstum deutet<br />

auf gestiegene Attraktivität<br />

für Familien hin<br />

25-29<br />

30-34<br />

35-39<br />

40-44<br />

45-49<br />

50-54<br />

55-59<br />

60-64<br />

65-69<br />

Economic Research<br />

Abbildung 21<br />

Kohortenwachstum im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 2003–2008<br />

Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 2003 in Prozent<br />

20.0%<br />

15.0%<br />

10.0%<br />

5.0%<br />

0.0%<br />

-5.0%<br />

-10.0%<br />

0-4<br />

VS CH<br />

5-9<br />

10-14<br />

15-19<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Die Altersstruktur des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> weist einige Abweichungen vom Schweizer Mittel auf. In<br />

einer Gesamtbeurteilung anhand des Alterslastquotienten, der als Anteil der Bevölkerung im<br />

Rentenalter im Verhältnis zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter definiert ist, weist die <strong>Wallis</strong>er<br />

Bevölkerung mit 26.6% den gleichen Grad der demographischen Alterung auf wie im Landesdurchschnitt.<br />

Verglichen mit den anderen Bergkantonen der Schweiz kann das <strong>Wallis</strong> auf<br />

eine deutlich jüngere Bevölkerung zählen. Aus einer detaillierten Darstellung der einzelnen Altersklassen<br />

erkennt man für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> eine Übervertretung insbesondere von Jugendlichen<br />

zwischen 10 <strong>und</strong> 24 Jahren sowie der höheren Altersklassen zwischen 60 <strong>und</strong> 75 Jahren;<br />

untervertreten sind insbesondere Kinder unter 5 Jahren sowie die 30- bis 44-Jährigen<br />

(Abbildung 19).<br />

Eine Betrachtung des Wachstums einzelner Kohorten erlaubt genaue Rückschlüsse auf Veränderungen<br />

in der Alterszusammensetzung der Bevölkerung. Eine Kohorte umfasst dabei Einwohner<br />

gleichen Jahrgangs. Abbildung 20 <strong>und</strong> Abbildung 21 veranschaulichen das Kohortenwachstum<br />

in zwei aufeinanderfolgenden Perioden von jeweils fünf Jahren. Dadurch lassen sich nicht<br />

nur die Schwankungen erkennen, die sich je nach Wanderungsbewegungen, Geburten- <strong>und</strong><br />

Sterblichkeitsraten ergeben, sondern auch bei welchen Altersklassen sich die Zu- oder Abnahmen<br />

verstärkt oder abgeschwächt haben. Die Entwicklung der <strong>Wallis</strong>er Kohorten zwischen<br />

1997 <strong>und</strong> 2002 war stark durch negative Wachstumsraten geprägt, mit Bevölkerungsverlusten<br />

insbesondere bei den Kindern unter 10 Jahren <strong>und</strong> den jungen Erwachsenen zwischen 20 <strong>und</strong><br />

39 Jahren. Dieses Muster deutete auf eine Abwanderung von Familien hin. In den letzten fünf<br />

Jahren scheint sich das Bild jedoch geändert zu haben. Neu verzeichnet der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> in allen<br />

Altersklassen unter 60 Jahren positive Wachstumsraten. Die überdurchschnittlich hohen<br />

Bevölkerungszunahmen bei den Kindern <strong>und</strong> den 35- bis 49-Jährigen deuten auf eine gestiegene<br />

Attraktivität für Familien hin, welche Zuzüge bzw. Rückwanderungen zu begünstigen<br />

scheint. Die günstigere Entwicklung bei den höheren Altersklassen im Vergleich zum Schweizer<br />

Mittel spiegelt die Attraktivität des <strong>Kanton</strong>s bzw. seiner Tourismusdestinationen für Personen im<br />

Ruhestand wider. Das <strong>Wallis</strong> bleibt hingegen nach wie vor weniger attraktiv für junge Erwachsene<br />

zwischen 20 <strong>und</strong> 29 Jahren. Diese Altersklassen verlassen den <strong>Kanton</strong> oft zu Ausbildungszwecken<br />

oder für die Aufnahme einer ersten beruflichen Tätigkeit.<br />

4.3 Migrationsbewegungen<br />

In Zeiten rückläufiger Geburtenraten kommt der Migration eine zunehmende Bedeutung für die<br />

Bevölkerungsentwicklung zu. Regionen erzielen Migrationsgewinne, wenn sie als Arbeits- oder<br />

Wohnort attraktiv erscheinen. Ein Arbeitsplatzangebot oder die Erreichbarkeit von Wirtschaftszentren<br />

mit ihren Arbeitsplätzen in Pendeldistanz sind Voraussetzungen hierfür. Sind diese Bedingungen<br />

erfüllt, wirken tiefe Steuern <strong>und</strong> Immobilienpreise sowie eine hohe Wohnattraktivität<br />

20-24<br />

25-29<br />

30-34<br />

35-39<br />

40-44<br />

45-49<br />

50-54<br />

55-59<br />

60-64<br />

65-69<br />

Swiss Issues Regionen 28


Positive interkantonale<br />

Migrationsbilanz seit der<br />

Jahrtausendwende<br />

Internationale Nettozuwanderung<br />

junger Aktiver<br />

Zuzug von Familien aus<br />

anderen <strong>Kanton</strong>en<br />

Economic Research<br />

zusätzlich begünstigend. Dabei unterscheiden sich die Motive für die Migrationsentscheidung oft<br />

je nach Herkunfts- <strong>und</strong> Zielregion. Für Wanderungsbewegungen zwischen den <strong>Kanton</strong>en spielen<br />

neben individuellen Gründen auch Wohnortoptimierung in Bezug auf Lebensqualität, Erreichbarkeit<br />

der Arbeitsstelle, Steuerbelastung, Mietpreise oder Eigentumserwerb eine Rolle.<br />

Bei der internationalen Migration aus dem Ausland steht hingegen meist der Arbeitsort im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Die Migrationsbilanz des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> bestätigt die zunehmende Attraktivität des <strong>Kanton</strong>s als<br />

Wohnregion. Dieser <strong>Kanton</strong> konnte in den letzten Jahren ebenfalls von der Zuwanderungswelle<br />

in die Schweiz profitieren, wie der zunehmende Saldo aus der internationalen Migration zeigt<br />

(Abbildung 22). Von besonderem Interesse für die Bevölkerungsentwicklung des <strong>Kanton</strong>s ist<br />

aber vor allem die seit der Jahrtausendwende beobachtbare positive Bilanz der interkantonalen<br />

Migration, wenn auch mit einer sinkenden Tendenz in den letzten Jahren. Die Positionierung einiger<br />

<strong>Wallis</strong>er Standorte als Ausweichgebiet zum dicht besiedelten Metropolitanraum Genf-<br />

Lausanne wird durch diese Entwicklung untermauert.<br />

Abbildung 22<br />

Migrationsbilanz im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 1990–2008<br />

Saldo in Personen<br />

5'000<br />

4'000<br />

3'000<br />

2'000<br />

1'000<br />

0<br />

-1'000<br />

-2'000<br />

Interkantonal International Total<br />

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Eine Betrachtung der Migrationsbilanz nach Alter liefert zusätzliche Hinweise über das Profil der<br />

Zu- <strong>und</strong> Wegzüger <strong>und</strong> damit über die Attraktivität des <strong>Kanton</strong>s für die einzelnen Bevölkerungsgruppen.<br />

Die internationale Migration ist auch im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> in erster Linie beruflich bedingt<br />

<strong>und</strong> betrifft vorwiegend die aktive Bevölkerung im Alter zwischen 25 <strong>und</strong> 39 Jahren (Abbildung<br />

23). Dass die Zuzüger meistens von ihren Familien begleitet werden, erklärt die positive Bilanz<br />

bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Die stärkere Vertretung von 15- bis 24-Jährigen im Vergleich<br />

zum Schweizer Mittel dürfte aber auch mit dem Ausbildungsangebot im Tourismusbereich <strong>und</strong><br />

mit der zum Teil auch an junge Arbeitnehmer gerichteten Arbeitsnachfrage dieses Sektors zusammenhängen.<br />

Die Altersstruktur der interkantonalen Migration im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> weist ein anderes Muster auf<br />

(Abbildung 24). Mit Ausnahme des Jahres 2008 erfährt der <strong>Kanton</strong> eine Nettoabwanderung<br />

von jungen Erwachsenen zwischen 25 <strong>und</strong> 39 Jahren. Wie bereits im vorherigen Abschnitt geschildert,<br />

bleibt der <strong>Kanton</strong> für diese Bevölkerungsgruppe wenig attraktiv; Ausbildungs- <strong>und</strong> Erwerbsmöglichkeiten<br />

werden oft in grösseren Zentren <strong>und</strong> den zugehörigen Agglomerationen<br />

gesucht. Für die übrigen Altersgruppen fällt die Migrationsbilanz hingegen positiv aus. Insbesondere<br />

die 40- bis 64-Jährigen tragen massgeblich zur Nettozuwanderung aus anderen <strong>Kanton</strong>en<br />

bei. Zusammen mit dem positiven Migrationssaldo bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen spiegelt diese<br />

Entwicklung den Zuzug von Familien wider.<br />

Swiss Issues Regionen 29


Abbildung 23<br />

Internationale Migration im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

nach Alter 2002–2008<br />

Altersstruktur in Prozent, Migrationssaldo in Personen (rechte Skala)<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

-20%<br />

0-14 15-24 25-39 40-64 65+ Total<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

4'500<br />

4'000<br />

3'500<br />

3'000<br />

2'500<br />

2'000<br />

1'500<br />

1'000<br />

500<br />

4.4 Einkommen<br />

0<br />

Abbildung 24<br />

Interkantonale Migration im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

nach Alter 2002–2008<br />

Altersstruktur in Prozent, Migrationssaldo in Personen (rechte Skala)<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

-20%<br />

-40%<br />

0-14 15-24 25-39 40-64 65+ Total<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Economic Research<br />

Die Einkommensentwicklung von <strong>Kanton</strong>en <strong>und</strong> Regionen hängt neben der konjunkturellen Lage<br />

<strong>und</strong> den Standortbedingungen auch von Wachstum <strong>und</strong> <strong>Struktur</strong> der Bevölkerung ab. Die<br />

demographische <strong>Struktur</strong> spiegelt sich in der Entwicklung der Haushaltseinkommen, da die Einkommensbildung<br />

massgeblich vom Lohnniveau <strong>und</strong> der Erwerbsquote der Einwohner abhängig<br />

ist <strong>und</strong> diese wiederum eine Altersabhängigkeit aufweisen. Die höchsten Einkommenszuwächse<br />

im Lebenszyklus realisieren in der Regel die Altersklassen zwischen 25 <strong>und</strong> 44 Jahren <strong>und</strong> leisten<br />

damit einen hohen Wachstumsbeitrag zur regionalen Einkommensentwicklung. Aufgr<strong>und</strong><br />

des relativ hohen Einkommensniveaus hat jedoch auch die Altersklasse der 45- bis 65-Jährigen<br />

einen grossen Einfluss auf die regionale Einkommensentwicklung.<br />

Abbildung 25<br />

Prognose der kantonale Haushaltseinkommen bis 2010<br />

Durchschnittliches jährliches Wachstum in Prozent, reale Werte<br />

3.0%<br />

2.5%<br />

2.0%<br />

1.5%<br />

1.0%<br />

0.5%<br />

0.0%<br />

ZH<br />

ZG<br />

OW<br />

SZ NW AG<br />

CH TG BL<br />

GE VD<br />

AI SO AR BS LU FR VS SG SH<br />

TI UR GL BE GR NE JU<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

1'200<br />

1'000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Swiss Issues Regionen 30


Niveau <strong>und</strong> Entwicklung<br />

des Haushaltseinkommens<br />

bleiben im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

unterdurchschnittlich<br />

Ein <strong>Kanton</strong> mit zwei<br />

Geschwindigkeiten<br />

Abbildung 26<br />

Regionales Haushaltseinkommen 2005–2010<br />

Economic Research<br />

Die aktuelle Prognose der kantonalen Haushaltseinkommen reicht bis 2010 (Abbildung 25). Im<br />

Schweizer Durchschnitt rechnen wir mit einem Wachstum von real 1.7%. Die Entwicklung in<br />

den einzelnen <strong>Kanton</strong>en ist aber weiterhin von einer erheblichen Heterogenität geprägt. Während<br />

Zürich als Spitzenreiter ein Wachstum des realen Haushaltseinkommens von 2.4% verzeichnen<br />

wird, wird sich die Einkommensbasis des <strong>Kanton</strong>s Jura lediglich um 1.1% erhöhen.<br />

Hinsichtlich Haushaltseinkommen pro Kopf verläuft die Bandbreite von 62'275 CHF im <strong>Kanton</strong><br />

Zug bis 33'454 CHF im <strong>Kanton</strong> Jura, mit einem Wert von 45'337 im Schweizer Mittel. Aufgr<strong>und</strong><br />

unserer Prognose wird das reale Haushaltseinkommen im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> bis 2010 um<br />

1.4% zunehmen. Dadurch wird die Einkommensdynamik im nationalen Vergleich unterdurchschnittlich<br />

bleiben. <strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> erzielt aber das beste Ergebnis unter den Bergkantonen.<br />

Beim Einkommensniveau fällt der Rückstand des <strong>Kanton</strong>s auf das Schweizer Mittel hingegen<br />

deutlicher aus. Mit einem Haushaltseinkommen pro Kopf von 34'972 CHF verzeichnet das<br />

<strong>Wallis</strong> den zweittiefsten Wert in der Schweiz.<br />

Die Betrachtung von Niveau <strong>und</strong> Entwicklung des Haushaltseinkommens auf regionaler Ebene<br />

bestätigt das Bild eines <strong>Kanton</strong>s mit verschiedenen Ausgangslagen (Abbildung 26). Während<br />

die Region Goms mit einem Wachstum von 0.6% zu den zehn wachstumsschwächsten Regionen<br />

der Schweiz gehört, positionieren sich die Regionen des Unterwallis hinsichtlich Einkommensdynamik<br />

im zweiten Drittel der 110 Wirtschaftsregionen der Schweiz. Mit einem Wachstum<br />

von durchschnittlich 1.6% erreichen diese Gebiete sogar eine höhere Dynamik als die Regionen<br />

Aigle (1.0%) oder Vevey/Lavaux (1.5%).<br />

Nominales Haushaltseinkommen pro Kopf 2005; reales Haushaltseinkommen als durchschnittliche jährliche Wachstumsrate<br />

Nominales Haushaltseinkommen pro Kopf 2005 in CHF<br />

Sense<br />

28'589<br />

Aaretal<br />

Entlebuch<br />

OberesEmmental<br />

Sarneraatal<br />

Yverdon 28'590 - 32'447<br />

32'448 - 34'805<br />

La Sarine Schwarzwasser<br />

La 34'806 Broye - 37'774<br />

37'775 - 43'246<br />

Gros-de-Vaud<br />

Glâne/Veveyse<br />

Thun<br />

BernerOberland-Ost<br />

La Gruyère<br />

Lausanne<br />

Vevey/Lavaux<br />

Saanen/Obersimmental<br />

Pays d'Enhaut<br />

Aigle<br />

Monthey/St-Maurice<br />

<strong>Wallis</strong><br />

Agglomerationen<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

0 4.5 9 18 km<br />

Martigny<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Sion<br />

Kandertal<br />

Sierre<br />

Leuk<br />

Visp<br />

Brig<br />

Goms<br />

Uri<br />

Tre Valli<br />

Locarno<br />

Reales Wachtum in Prozent pro Jahr<br />

0.4% - 0.6%<br />

0.7% - 0.8%<br />

0.9% - 1.0%<br />

1.1% - 1.3%<br />

1.4% - 1.6%<br />

Swiss Issues Regionen 31


Economic Research<br />

Das Niveau des Haushaltseinkommens differenziert sich innerhalb des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> nicht besonders<br />

stark; im gesamtschweizerischen Vergleich sind alle Regionen jedoch unterdurchschnittlich.<br />

Die Region Goms erzielt mit 28'589 CHF pro Kopf das zweittiefste Niveau in der<br />

Schweiz, Visp positioniert sich als beste <strong>Wallis</strong>er Region mit 37'774 CHF. Zusammen mit der<br />

Region Brig erreicht Visp dank der höheren Einkommenskraft in den führenden Ferienorten einen<br />

Wert des Haushaltseinkommens pro Kopf über dem kantonalen Mittel. Die Unterwalliser<br />

Gebiete positionieren sich nahe am kantonalen Durchschnitt <strong>und</strong> weisen eine höhere Einkommenskraft<br />

auf als zum Beispiel die Nachbarregion Aigle. Im Vergleich zu den Gebieten des Genferseebogens<br />

sind sie jedoch weit abgeschlagen.<br />

Swiss Issues Regionen 32


5 Branchenstruktur <strong>und</strong> Wertschöpfung<br />

Primärer <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärer<br />

Sektor im <strong>Wallis</strong><br />

übervertreten<br />

Branchenspezialisierung<br />

zeigt regionales Wirtschaftsprofil<br />

Economic Research<br />

Die Branchenstruktur ist von zentraler Bedeutung für das Leistungspotential einer Region. Die<br />

branchenmässige Zusammensetzung der Wirtschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit <strong>und</strong> Wachstumsstärke<br />

liefern nicht nur Hinweise zur heutigen Wirtschaftskraft einer Region, sie ermöglichen<br />

auch Rückschlüsse auf das zukünftige Wachstumspotential der Wertschöpfung. Die Entwicklung<br />

der Beschäftigung zeigt zudem gesamtwirtschaftliche Veränderungen, aber auch solche,<br />

welche für die Region kennzeichnend sind <strong>und</strong> stark von der vorherrschenden Branchenstruktur<br />

geprägt werden.<br />

5.1 Branchenstruktur <strong>und</strong> -spezialisierung<br />

Von den r<strong>und</strong> 110'000 Beschäftigten im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> haben 29.8% ihren Arbeitsplatz im sek<strong>und</strong>ären<br />

Sektor, 63.4% sind im Dienstleistungsbereich tätig (Abbildung 27). <strong>Der</strong> primäre Sektor<br />

deckt noch 6.8% der Beschäftigung ab. Damit nehmen die Bau- <strong>und</strong> Industriebranchen in<br />

diesem <strong>Kanton</strong> im Vergleich zum nationalen Mittel von 28.7% einen leicht höheren Anteil an der<br />

Wirtschaftsstruktur ein. Auch die Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft, insbesondere in den Regionen<br />

Goms, Leuk <strong>und</strong> Martigny, ist noch überdurchschnittlich stark vertreten. Trotz hoher Bedeutung<br />

der Tourismusbranche bleibt der Dienstleistungssektor, der schweizweit r<strong>und</strong> 67% der Beschäftigung<br />

ausmacht, hingegen untervertreten.<br />

Abbildung 27<br />

Wirtschaftsstruktur nach Sektoren 2005<br />

Beschäftigungsanteil in Prozent, Vollzeitäquivalente<br />

Brig<br />

VD<br />

Sion<br />

CH<br />

BE<br />

Goms<br />

Leuk<br />

Sierre<br />

VS<br />

Martigny<br />

Visp<br />

Monthey/St. Maurice<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

Primärer Sektor Sek<strong>und</strong>ärer Sektor Tertiärer Sektor<br />

Die kantonalen Durchschnittswerte erlauben es nicht, die Heterogenität der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaftsstruktur<br />

zum Ausdruck zu bringen. Um die regionalen Besonderheiten herauszuschälen,<br />

bietet sich ein Vergleich der Spezialisierungsprofile sowie der Beschäftigungsanteile in den einzelnen<br />

Branchen an. <strong>Der</strong> regionale Spezialisierungskoeffizient für eine Branche ist definiert<br />

durch das Verhältnis des Beschäftigungsanteils dieser Branche in der jeweiligen Region zu jenem<br />

in der gesamten Schweiz. Für die Schweiz beträgt der Spezialisierungskoeffizient demnach<br />

für jede Branche 1. Ein Spezialisierungskoeffizient grösser als 1 zeigt eine Spezialisierung der<br />

betrachteten Region in der jeweiligen Branche an. Ist der Spezialisierungskoeffizient kleiner als<br />

1, ist die betreffende Branche in der Region im Vergleich zur Schweiz unterdurchschnittlich vertreten.<br />

Um den Vergleich der Branchenstrukturen zu vereinfachen, haben wir Industrie- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsbranchen in elf Kategorien zusammengefasst (siehe nachstehende Übersicht).<br />

Swiss Issues Regionen 33


Tourismus, Bau <strong>und</strong> Energie<br />

als prägende Merkmale<br />

Economic Research<br />

Traditionelle Industrie Nahrungsmittel, Getränke <strong>und</strong> Tabak, Textilien <strong>und</strong> Bekleidung, Lederwaren <strong>und</strong><br />

Schuhe, Holzindustrie, Papier- <strong>und</strong> Kartonindustrie, Druckgewerbe, Kokerei,<br />

Raffinerie, Herstellung von sonstigen Produkten aus nichtmetallischen Mineralien,<br />

Metallerzeugnisse, sonstiges verarbeitendes Gewerbe<br />

Spitzenindustrie Chemische <strong>und</strong> pharmazeutische Industrie, Gummi- <strong>und</strong> Kunststoffwaren, Maschinenbau,<br />

Herstellung elektrischer <strong>und</strong> elektronischer Geräte, Feinmechanik, Optik,<br />

Fahrzeugbau<br />

Baugewerbe Baugewerbe<br />

Energieversorgung Energie- <strong>und</strong> Wasserversorgung, Gewinnung von energetischen Produkten, Gewinnung<br />

von nichtenergetischen Produkten<br />

Handel <strong>und</strong> Verkauf Autogewerbe, Grosshandel, Detailhandel<br />

Verkehr, Transport, Post Verkehr, Hilfs- <strong>und</strong> Nebentätigkeiten für den Verkehr, Logistik, Post- <strong>und</strong> Kurierdienste<br />

Information, Kommunikation, IT Verlagsgewerbe, Film <strong>und</strong> Videoaktivitäten, Radio- <strong>und</strong> Fernsehanstalten, Nachrichtenübermittlung,<br />

Bibliotheken <strong>und</strong> Archive<br />

Finanzdienstleistungen Kredit- <strong>und</strong> Versicherungsgewerbe<br />

Unternehmensdienstleistungen Reisebüros, Vermietung, Informatikdienste, Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, Dienstleistungen<br />

für Unternehmen, Immobilienwesen<br />

Unterhaltung <strong>und</strong> Gastgewerbe Gastgewerbe, Unterhaltung, Kultur <strong>und</strong> Sport, Persönliche Dienstleistungen<br />

Administrative <strong>und</strong> soziale Dienste Öffentliche Verwaltung, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen, Unterrichtswesen, Abwasserreinigung,<br />

Abfallbeseitigung, Interessenvertretungen, Bestattungswesen<br />

Abbildung 28 stellt die Spezialisierungskoeffizienten für den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> <strong>und</strong> seine Regionen<br />

sowie einige Vergleichskantone dar. Charakteristisch für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft ist die Spezialisierung<br />

in den Bereichen Baugewerbe, Energieversorgung sowie Unterhaltung <strong>und</strong> Gastgewerbe.<br />

Aufgr<strong>und</strong> seiner naturräumlichen Ausstattung ist der <strong>Kanton</strong> prädestiniert für den Tourismus.<br />

So besteht die einzige Spezialisierung des <strong>Kanton</strong>s im tertiären Sektor in dieser Branche.<br />

Von der touristischen Attraktivität der <strong>Wallis</strong>er Destinationen <strong>und</strong> der dadurch ausgelösten<br />

Nachfrage nach Ferienwohnungen profitiert auch die Baubranche. Die natürlichen Ressourcen,<br />

insbesondere die Wasserkraft, liegen zudem auch der hohen Bedeutung der Energieversorgung<br />

zugr<strong>und</strong>e, welche den höchsten Spezialisierungskoeffizienten erreicht.<br />

Abbildung 28<br />

Regionale Spezialisierung 2005<br />

Spezialisierungskoeffizient, gemessen an der Beschäftigung, nur 2. <strong>und</strong> 3. Sektor<br />

TraditioSpitzenBaugeEnergie- Handel, Verkehr, InformaFinanzUnterUnterAdmininelleindustriewerbeversor Verkauf Transport, tion,dienstnehmenshaltung,strative, Industrie<br />

gung<br />

Post Kommuleist<strong>und</strong>ienstGastge- soziale<br />

nikation,genleistunwerbe Dienste<br />

IT<br />

gen<br />

Goms 0.92 0.03 1.63 2.01 0.87 1.29 0.08 0.32 0.95 4.39 0.48<br />

Brig 0.46 0.25 1.55 1.18 0.93 3.06 0.37 0.54 0.67 1.82 0.97<br />

Visp 0.75 1.97 1.28 1.18 0.78 1.18 0.14 0.29 0.42 3.28 0.51<br />

Leuk 0.99 0.17 1.49 1.03 0.81 1.16 0.32 0.29 0.45 3.71 0.99<br />

Sierre 1.78 0.10 1.49 1.73 1.07 0.74 0.54 0.27 0.80 1.85 0.98<br />

Sion 0.76 0.34 1.46 1.95 1.22 0.73 0.71 0.81 0.79 1.15 1.25<br />

Martigny 1.06 0.22 1.79 2.42 1.19 1.07 0.25 0.81 0.86 1.98 0.74<br />

Monthey/St. Maurice 0.86 1.74 1.46 4.94 0.94 0.65 0.21 0.30 0.70 1.12 0.92<br />

<strong>Kanton</strong> Bern 1.14 0.84 0.98 1.03 0.90 1.04 1.39 0.60 0.84 1.01 1.21<br />

<strong>Kanton</strong> Waadt 0.70 0.67 0.93 1.07 1.10 0.86 1.08 0.81 1.14 1.06 1.23<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 0.94 0.74 1.50 2.19 1.04 1.08 0.39 0.53 0.71 1.93 0.91<br />

Schweiz 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Swiss Issues Regionen 34


Industrielle Schwerpunkte<br />

in den Regionen Visp, Sierre<br />

<strong>und</strong> Monthey/St. Maurice<br />

Economic Research<br />

Die skizzierten regionalen Schwerpunkte haben nicht für alle Regionen die gleiche Relevanz. So<br />

ist die Spezialisierung im Tourismusbereich in den Regionen Goms, Visp <strong>und</strong> Leuk am ausgeprägtesten,<br />

gefolgt mit etwas Abstand von den Regionen Sierre <strong>und</strong> Martigny. Dies spiegelt die<br />

regionale Verteilung der wichtigsten Tourismusdestinationen im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> wider, von Zermatt<br />

<strong>und</strong> Saas-Fee über Leukerbad, Crans-Montana bis nach Verbier. Diese Ferienorte generieren<br />

das grösste Volumen an Logiernächten im <strong>Kanton</strong> <strong>und</strong> gehören zu den führenden Tourismusdestinationen<br />

in der Schweiz. Im Bereich Energieversorgung heben sich vor allem die Regionen<br />

Monthey/St. Maurice mit der hohen Vertretung der Wärmeversorgung sowie Martigny<br />

mit der Elektrizitätserzeugung <strong>und</strong> -verteilung ab. Die Baubranche weist hingegen für alle Regionen<br />

eine annähernd hohe Bedeutung auf.<br />

Bei einer detaillierten Betrachtung treten in einzelnen Gebieten weitere Spezialisierungen hervor.<br />

So lassen sich sowohl im Ober- als auch im Unterwallis Regionen mit einer bedeutenden industriellen<br />

Tradition erkennen. In den Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Visp ist die Spitzenindustrie<br />

überdurchschnittlich stark vertreten. Die Region Sierre hat sich hingegen als Standort<br />

der traditionellen Industrie etabliert. Die industrielle Ausrichtung geht in den Regionen Sierre <strong>und</strong><br />

insbesondere Visp mit einer hohen Spezialisierung im Tourismusbereich einher. Dies spiegelt die<br />

durch die topographischen Gegebenheiten des <strong>Kanton</strong>s bedingte Funktionsteilung zwischen<br />

Berg <strong>und</strong> Tal wider.<br />

Wie die detaillierten Darstellungen zur Branchenstruktur zeigen, beruht die industrielle Spezialisierung<br />

der Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Visp in erster Linie auf der Bedeutung der<br />

chemisch-pharmazeutischen Industrie (Abbildung 29 <strong>und</strong> Abbildung 30). Mit Beschäftigungsanteilen<br />

von 15% bzw. 17.6% ist diese Branche im <strong>Wallis</strong> deutlich stärker vertreten als im nationalen<br />

Mittel. Dabei stehen weniger pharmazeutische Produkte, sondern vielmehr chemische Erzeugnisse<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Mit der Maschinen- <strong>und</strong> Metallindustrie verfügen diese Regionen<br />

über weitere Standbeine im sek<strong>und</strong>ären Sektor, die jedoch einen deutlich geringeren Anteil der<br />

regionalen Beschäftigung ausmachen. Einen regionalen Schwerpunkt bildet die Metallbranche<br />

hingegen für die Region Sierre, welche insbesondere für den Bereich Aluminium bekannt ist. In<br />

dieser Region sind zudem die Verarbeitung von Steinen <strong>und</strong> Erden sowie die Holzindustrie überdurchschnittlich<br />

stark vertreten. Letztere profitiert unter anderem von der touristisch bedingten<br />

Nachfrage im Chaletbau. Nur geringe Beschäftigungsanteile weisen in der Region Sierre hingegen<br />

Branchen der Spitzenindustrie auf wie die Maschinen-, Kunststoff- <strong>und</strong> Elektroindustrie sowie<br />

der Bereich Präzisionsinstrumente.<br />

Abbildung 29<br />

Branchenstruktur der Region Monthey/St. Maurice 2005<br />

Beschäftigungsanteil der grössten 12 Branchen in Prozent, Vollzeitäquivalente<br />

Chemie<br />

Bau<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen<br />

Detailhandel<br />

Gastgewerbe<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Unterrichtswesen<br />

Energieversorgung<br />

Automobilgewerbe<br />

Metallindustrie<br />

Landtransporte<br />

Maschinenindustrie<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

CH VS Monthey/St. Maurice<br />

0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0% 10.0% 12.0% 14.0% 16.0%<br />

Swiss Issues Regionen 35


Brig als Verkehrsknotenpunkt<br />

…<br />

… <strong>und</strong> Dienstleistungszentrum<br />

für das <strong>Oberwallis</strong><br />

Abbildung 30<br />

Branchenstruktur der Region Visp 2005<br />

Beschäftigungsanteil der grössten 12 Branchen in Prozent, Vollzeitäquivalente<br />

Gastgewerbe<br />

Chemie<br />

Bau<br />

Detailhandel<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen<br />

Landtransporte<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Metallindustrie<br />

Unterrichtswesen<br />

Maschinenindustrie<br />

Grosshandel<br />

Automobilgewerbe<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Economic Research<br />

CH VS Visp<br />

0.0% 5.0% 10.0% 15.0% 20.0% 25.0%<br />

Neben der Industrie stellt der Verkehr eine weitere regionale Spezialisierung dar, die insbesondere<br />

in der Region Brig zum Ausdruck kommt (Abbildung 31). Brig-Glis ist ein bedeutender<br />

Verkehrsknotenpunkt, an dem sich die internationalen Achsen auf der Strasse <strong>und</strong> der Schiene<br />

kreuzen. Entsprechend weist diese Region einen hohen Beschäftigungsanteil im Eisenbahnverkehr<br />

sowie in den damit verb<strong>und</strong>enen Hilfstätigkeiten auf. Die Eröffnung des Lötschberg-<br />

Basistunnels h<strong>und</strong>ert Jahre nach dem Bau des Simplontunnels ist ein weiterer Meilenstein in<br />

der verkehrstechnischen Entwicklung der Stadt: Dadurch verkürzt sich die Bahnreise in den<br />

Norden um nicht weniger als 40 Minuten.<br />

Abbildung 31<br />

Branchenstruktur der Region Brig 2005<br />

Beschäftigungsanteil der grössten 12 Branchen in Prozent, Vollzeitäquivalente<br />

Bau<br />

Landtransporte<br />

Gastgewerbe<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen<br />

Detailhandel<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Unterrichtswesen<br />

Spedition <strong>und</strong> Reisebüros<br />

Öffentliche Verwaltung<br />

Grosshandel<br />

Nachrichtenübermittlung<br />

Automobilgewerbe<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

CH VS Brig<br />

0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0% 10.0% 12.0% 14.0% 16.0%<br />

Parallel zu ihrer verkehrstechnischen Erschliessung verläuft die Entwicklung der Stadt Brig zum<br />

Dienstleistungszentrum für das <strong>Oberwallis</strong>. Beschäftigungsanteile im oder über dem kantonalen<br />

Durchschnitt in den Bereichen Unternehmensdienstleistungen, Detailhandel, Nachrichtenüber-<br />

Swiss Issues Regionen 36


Sion als <strong>Kanton</strong>shauptort<br />

<strong>und</strong> administratives<br />

Zentrum<br />

Economic Research<br />

mittlung, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen sowie Unterrichtswesen unterstreichen die Konzentration<br />

von zentralen Diensten mit überregionaler Bedeutung.<br />

Topographie <strong>und</strong> Tourismus prägen <strong>Wallis</strong>er Detailhandelsstruktur<br />

<strong>Der</strong> Detailhandel ist im <strong>Wallis</strong> einer der wichtigsten Wirtschaftszweige <strong>und</strong> beschäftigte 2005<br />

r<strong>und</strong> jede zehnte Arbeitskraft. Damit liegt der Beschäftigungsanteil deutlich über dem Landesdurchschnitt<br />

von 7.7%. Dies liegt vermutlich nicht daran, dass die <strong>Wallis</strong>er überdurchschnittlich<br />

kauffreudig sind, sondern hat seine Gründe vielmehr in einer speziellen Branchenstruktur,<br />

dem Tourismus sowie einer starken Angebotsausweitung in den vergangenen Jahren.<br />

Die spezielle Topographie des <strong>Wallis</strong> hinterlässt ihre Spuren in einer polarisierten Branchenstruktur<br />

des Detailhandels. Auf der einen Seite positioniert sich das Rhonetal mit seinem<br />

flachen Talboden <strong>und</strong> der guten Verkehrserschliessung, wo grosse Einkaufszentren <strong>und</strong> Supermärkte<br />

auf die automobile K<strong>und</strong>schaft warten. Andererseits schützen in abgelegenen<br />

Talschaften die umgebenden Berge nicht zuletzt auch eine kleinflächige <strong>und</strong> arbeitsintensive<br />

Detailhandelsstruktur <strong>und</strong> halten Einkaufszentren, deutsche Harddiscounter <strong>und</strong> Megastores,<br />

welche sonst als Katalysator des <strong>Struktur</strong>wandels fungieren, auf eine gewisse Distanz. Dieser<br />

Distanzschutz gilt im Falle von Möbelgeschäften oder Baumärkten sogar in einem überregionalen<br />

Rahmen. So benötigt beispielsweise ein Briger knappe zwei St<strong>und</strong>en, um in den<br />

nächsten IKEA zu fahren.<br />

Im Vergleich zum nationalen Mittel arbeitet ein tieferer Anteil der <strong>Wallis</strong>er Detailhandelsangestellten<br />

in grösseren Lebensmittelgeschäften <strong>und</strong> Supermärkten (zwischen 100 <strong>und</strong> 2'500<br />

m 2 ). Die Anteile bei den Bäckereien sowie den Lebensmittelgeschäften unter 100 m 2 , also<br />

dem typischen Dorfladen, liegen hingegen deutlich über dem Landesdurchschnitt. Es ist bei<br />

dieser starken Heimbasis vielleicht auch kein Zufall, dass sich die Valaisanne Holding, welche<br />

das im <strong>Wallis</strong> vorherrschende Ladenformat PAM betreibt, 2004 dazu aufmachte, ein<br />

führender Schweizer Player bei Dorf- <strong>und</strong> Nachbarschaftsläden zu werden. In einer schnellen<br />

Serie von Übernahmen verleibte sich das Unternehmen etliche Pick-Pay-Franchiser, Primo-<br />

<strong>und</strong> Visavis-Standorte sowie die Deutschschweizer Treffpunkt-Läden ein. Das Filialnetz zählte<br />

2008 stolze 634 Standorte – inklusive Franchiser – <strong>und</strong> belieferte freie Detaillisten. Damit<br />

ist die Holding, welche heute unter dem Namen Distribution Suisse im Markt auftritt, nach<br />

Volg der führende Schweizer Dorfladenspezialist.<br />

Abgeschiedenheit allein vermag angesichts der weiterhin steigenden Mobilität kaum die überdurchschnittliche<br />

Bedeutung des Detailhandels zu erklären. Als weit wichtiger wirkt sich der<br />

Tourismus aus, welcher für eine bedeutende Zusatznachfrage bei den lokalen Detaillisten<br />

sorgt. Zermatt schwillt beispielsweise in der Hochsaison von einem Bergdorf zu einer geschäftigen<br />

30'000-Einwohner-Stadt an <strong>und</strong> gibt damit knapp 400 Leuten im Detailhandel<br />

Arbeit, was r<strong>und</strong> 13% der Beschäftigten ausmacht. <strong>Der</strong> Tourismus beschert dem Bergkanton<br />

auch eine beachtlich Dichte von Sportgeschäften: Mehr als jedes zehnte dieser Fachgeschäfte<br />

in der Schweiz befindet sich im <strong>Wallis</strong>.<br />

Mit dem <strong>Kanton</strong>shauptort positioniert sich die Region Sion als administratives Zentrum für den<br />

gesamten <strong>Kanton</strong>. Analog zur Region Brig im <strong>Oberwallis</strong> übernimmt Sion zudem die Funktion<br />

eines Dienstleistungspols für das Unterwallis. Neben überdurchschnittlich hohen Beschäftigungsanteilen<br />

in der öffentlichen Verwaltung hebt sich diese Region auch im Bereich der Basis-<br />

<strong>und</strong> Zentrumsdienstleistungen vom kantonalen Mittel ab, vom Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Bildungssektor<br />

über Handel <strong>und</strong> Verkauf bis zu den Unternehmensdienstleistungen <strong>und</strong> der Finanzbranche<br />

(Abbildung 32). Mit dem Baugewerbe gehört nur eine Branche aus dem sek<strong>und</strong>ären Sektor zu<br />

den 12 wichtigsten Wirtschaftszweigen der Region. Es handelt sich aber mit einem Beschäftigungsanteil<br />

von 13.4% gleichzeitig um den wichtigsten Arbeitgeber.<br />

Swiss Issues Regionen 37


Wirtschaft im Wandel:<br />

Tertiarisierung <strong>und</strong> Umstrukturierung<br />

Abbildung 32<br />

Branchenstruktur der Region Sion 2005<br />

Beschäftigungsanteil der grössten 12 Branchen in Prozent, Vollzeitäquivalente<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen<br />

Detailhandel<br />

Öffentliche Verwaltung<br />

Gastgewerbe<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Unterrichtswesen<br />

Grosshandel<br />

Automobilgewerbe<br />

Nachrichtenübermittlung<br />

Kreditgewerbe<br />

Versicherungen<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Bau<br />

5.2 Wandel der Wirtschaftsstruktur<br />

Economic Research<br />

CH VS Sion<br />

0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0% 10.0% 12.0% 14.0%<br />

Die Analyse der Branchenstruktur liefert ein detailliertes, jedoch statisches Bild der regionalen<br />

Wirtschaft. Veränderungen der Branchenstruktur geben dagegen Auskunft über die wirtschaftliche<br />

Dynamik einer Region. Die Intensität des <strong>Struktur</strong>wandels hat in der Wirtschaft im Laufe<br />

der neunziger Jahre deutlich zugenommen, das Wettbewerbsumfeld verschärft, aber auch neue<br />

Chancen eröffnet. Regional kann sich der beschleunigte <strong>Struktur</strong>wandel differenziert auswirken,<br />

Unterschiede einebnen oder bestehende Disparitäten verstärken.<br />

Abbildung 33<br />

Beschäftigungsentwicklung in den <strong>Wallis</strong>er Regionen 1995–2005<br />

Wachstum in Prozent, nur sek<strong>und</strong>ärer <strong>und</strong> tertiärer Sektor<br />

Goms<br />

Leuk<br />

Brig<br />

Sierre<br />

Visp<br />

Sion<br />

VS<br />

CH<br />

Monthey/St. Maurice<br />

BE<br />

VD<br />

Martigny<br />

-25.0% -20.0% -15.0% -10.0% -5.0% 0.0% 5.0% 10.0% 15.0%<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

<strong>Struktur</strong>wandel bedeutet in der Schweiz zunächst eine zunehmende Tertiarisierung der Wirtschaft.<br />

So hat der tertiäre Sektor zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005 ein Beschäftigungswachstum von<br />

7.4% erfahren, dem ein Abbau von 10.4% im sek<strong>und</strong>ären Sektor gegenüberstand. Ein Struk-<br />

Swiss Issues Regionen 38


Schwache Beschäftigungsdynamik<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

Regionale Muster des<br />

<strong>Struktur</strong>wandels<br />

Economic Research<br />

turwandel lässt sich aber auch innerhalb der Industrie beobachten, beispielsweise durch eine<br />

Verlagerung von der traditionellen Industrie hin zur wertschöpfungsintensiven Spitzenindustrie.<br />

Rein industrielle Tätigkeiten werden aber auch immer mehr mit Dienstleistungen auf verschiedenen<br />

Stufen der Wertschöpfungskette ergänzt, was einer Tertiarisierung der Industrie gleichkommt.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> verzeichnete zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005 einen Beschäftigungsrückgang von<br />

1.2%, welchem auf nationaler Ebene eine leichte Zunahme von 1.4% gegenüberstand<br />

(Abbildung 33). Die einzelnen Regionen waren hiervon unterschiedlich stark betroffen. Drastische<br />

Verluste mussten insbesondere die Regionen Goms <strong>und</strong> Leuk hinnehmen, wo die Beschäftigtenzahl<br />

um 20.9 bzw. 18.4% zurückgegangen ist. Überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsabnahmen<br />

im kantonalen Vergleich verzeichneten auch die Regionen Brig (–6.5%), Sierre<br />

(–4.8%) <strong>und</strong> Visp (–2.6%). Während die Region Sion mit einem Rückgang von 0.7% nur eine<br />

geringe Beschäftigungseinbusse verzeichnete, liess sich in den Regionen Monthey/St. Maurice<br />

<strong>und</strong> insbesondere Martigny mit Wachstumsraten von 1.2 bzw. 11.3% eine positive Beschäftigungsdynamik<br />

beobachten. Insgesamt fiel die Beschäftigungsbilanz im Unterwallis deutlich besser<br />

aus als im <strong>Oberwallis</strong>.<br />

Betrachtet man die Beiträge der einzelnen Spezialisierungskategorien zur Beschäftigungsentwicklung<br />

in der Periode 1995-2005, lassen sich im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> regional unterschiedliche<br />

Muster des <strong>Struktur</strong>wandels erkennen (Abbildung 34). Innerhalb der Industrie ist der Wandel hin<br />

zur wertschöpfungsintensiven Spitzenindustrie ansatzweise erkennbar. Die traditionelle Industrie<br />

verzeichnete in annähernd allen Regionen einen Beschäftigungsrückgang. Diesem stand allerdings<br />

nur in den Regionen Visp <strong>und</strong> Leuk eine geringe Zunahme in der Spitzenindustrie gegenüber.<br />

In der Region Martigny wurden sowohl in der traditionellen als auch in der Spitzenindustrie<br />

neue Arbeitsplätze geschaffen; in der Region Monthey/St. Maurice baute der Industriesektor<br />

hingegen deutlich Beschäftigung ab.<br />

Abbildung 34<br />

Beiträge der einzelnen Branchen zum Beschäftigungswachstum 1995–2005<br />

In Prozent nach Spezialisierungskategorien<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

-5%<br />

-10%<br />

-15%<br />

-20%<br />

-25%<br />

Martigny<br />

CH<br />

Monthey/<br />

St. Maurice<br />

Sion<br />

VS<br />

Visp<br />

Sierre<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

Brig<br />

Leuk<br />

Goms<br />

Admin. <strong>und</strong> soziale Dienste<br />

Unterhaltung <strong>und</strong> Gastgewerbe<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Finanzdienstleistungen<br />

Information, Kommunikation, IT<br />

Verkehr, Transport, Post<br />

Handel <strong>und</strong> Verkauf<br />

Energieversorgung<br />

Baugewerbe<br />

Spitzenindustrie<br />

Traditionelle Industrie<br />

In weiteren prägenden Branchen für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft, vom Baugewerbe über die Energieversorgung<br />

bis zum Tourismussektor, fiel die Beschäftigungsbilanz zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005<br />

eher schwach aus. Die Bau- <strong>und</strong> Energiewirtschaft konnten ihre Arbeitsplätze halten; im Bereich<br />

Unterhaltung <strong>und</strong> Gastgewerbe wurde hingegen für den <strong>Kanton</strong> als Ganzes ein Beschäftigungsrückgang<br />

von 1.6% verzeichnet. Starke Einbussen mussten dabei vor allem die Regionen<br />

Goms, Leuk <strong>und</strong> Sierre hinnehmen, welche zu den am stärksten auf die Tourismuswirtschaft<br />

ausgerichteten Gebieten zählen. Wertschöpfungsintensive Dienstleistungsbranchen konnten in<br />

gewissen Gebieten Arbeitsplätze schaffen. Die Regionen Monthey/St. Maurice, Visp <strong>und</strong> Goms<br />

Swiss Issues Regionen 39


<strong>Wallis</strong> profitiert von Standortverlagerungen<br />

aus der<br />

Waadt<br />

Beurteilung von Chancen<br />

<strong>und</strong> Risiken einzelner Branchen<br />

Economic Research<br />

verzeichneten zum Beispiel eine positive Beschäftigungsdynamik in den Bereichen Information,<br />

Kommunikation <strong>und</strong> IT, Finanz- sowie Unternehmensdienstleistungen. Insgesamt ist die Beschäftigungsbilanz<br />

im tertiären Sektor jedoch verhalten geblieben <strong>und</strong> hauptsächlich durch neue<br />

Arbeitsplätze bei den administrativen <strong>und</strong> sozialen Diensten getragen worden.<br />

Abbildung 35<br />

Migration der Arbeitsstätten im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 1995–2005<br />

Anzahl Arbeitsstätten<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

-60<br />

-80<br />

Zuzüge nach VS aus ... Wegzüge von VS nach ... Saldo VS gegenüber ...<br />

VD ZH BE SH NE LU SO BS SZ FR TI GE<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

Neben Wachstum oder Schrumpfung bestehender Unternehmen sowie neuen Firmengründungen<br />

wird die Beschäftigungsentwicklung in einer Region auch durch Standortverlagerungen von<br />

Arbeitsstätten beeinflusst. Eine entsprechende Auswertung der Betriebszählungsdaten ermöglicht<br />

eine Beurteilung der Binnenmigration von Arbeitsstätten aus der Perspektive des <strong>Kanton</strong>s<br />

<strong>Wallis</strong>. In der Periode 1995–2005 verzeichnete die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft insgesamt einen leicht<br />

positiven Binnenwanderungssaldo von Arbeitsstätten <strong>und</strong> Beschäftigten, der insbesondere die<br />

Sektoren Bau, Handel <strong>und</strong> Verkauf, Information, Kommunikation <strong>und</strong> IT sowie Finanz- <strong>und</strong> Unternehmensdienstleistungen<br />

betraf. Wie aus Abbildung 35 ersichtlich ist, konnte das <strong>Wallis</strong> insbesondere<br />

Unternehmen aus dem <strong>Kanton</strong> Waadt anziehen. Diese Entwicklungen sind in der<br />

Tendenz positiv, konnten jedoch aufgr<strong>und</strong> des bescheidenen Beschäftigungsvolumens die vorwiegend<br />

negative Beschäftigungsdynamik im <strong>Kanton</strong> nicht kompensieren.<br />

5.3 Branchenbewertung<br />

Die Bedeutung der Branchenstruktur für das Wachstumspotential der Wertschöpfung einer<br />

Region hängt von deren Wettbewerbsfähigkeit ab. Eine entsprechende Bewertung der Branchenstruktur<br />

kann mit Hilfe von Abbildung 36 vorgenommen werden. <strong>Der</strong> Durchmesser der<br />

Kreise gibt dabei den Anteil der betreffenden Branche an der Gesamtheit der Arbeitsplätze in<br />

der Region wider. Die Abweichung dieses Anteils vom Landesdurchschnitt wird auf der horizontalen<br />

Achse angezeigt. Je weiter rechts eine Branche positioniert ist, desto grösser ist ihre Bedeutung<br />

für die Region im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Die vertikale Achse zeigt die mittelfristigen<br />

Chancen <strong>und</strong> Risiken jeder Branche an. Das zugr<strong>und</strong>e liegende Bewertungsmodell<br />

basiert auf Indikatoren der amtlichen Statistik sowie eigenen Prognosen. In die Beurteilung der<br />

Chancen fliessen Daten zum Wertschöpfungs-, Produktivitäts- <strong>und</strong> Beschäftigungswachstum<br />

ein. Die Risiken bilden Unsicherheiten ab, welche das nachhaltige Wachstum der Branche stören<br />

können. Ihre Einschätzung basiert auf Indikatoren, welche neben den Wachstumsschwankungen<br />

beispielsweise auch den <strong>Struktur</strong>wandel <strong>und</strong> das Ausmass an Regulierungen <strong>und</strong> Protektionismus<br />

innerhalb der Branchen messen.<br />

Swiss Issues Regionen 40


Economic Research<br />

Chemisch-pharmazeutische Industrie als wichtige Stütze der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft<br />

Die chemisch-pharmazeutische Industrie im <strong>Wallis</strong> schreibt nun schon über 100 Jahre Geschichte.<br />

<strong>Der</strong> Startschuss erfolgte 1904 mit der Eröffnung der Ciba-Fabrik in Monthey <strong>und</strong> 5<br />

Jahre später mit der Eröffnung der Lonza-Fabrik in Visp. Mit einem Beschäftigungsanteil von<br />

5.4% <strong>und</strong> einem Beitrag zur kantonalen Wertschöpfung von 11.6% stellt diese Branche eine<br />

der wichtigsten Stützen der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft dar. Die Bedeutung der chemischpharmazeutischen<br />

Industrie für das <strong>Wallis</strong> ist auch anhand der Exportzahlen ersichtlich. Die<br />

Branche macht mit 47% fast die Hälfte der kantonalen Warenexporte aus. 2008 erreichten<br />

die <strong>Wallis</strong>er Chemie- <strong>und</strong> Pharmaexporte 1.2 Mrd. CHF. Hauptabsatzländer der <strong>Wallis</strong>er<br />

Chemie- <strong>und</strong> Pharmaexporte sind Deutschland (21%), die USA (17%), Frankreich (14%),<br />

Grossbritannien (7%), die Niederlande (5%), Irland (4%), Japan (4%) <strong>und</strong> Spanien (3%).<br />

Diese acht Hauptabsatzländer machen drei Viertel der Chemie- <strong>und</strong> Pharmaexporte aus.<br />

<strong>Der</strong> jüngste weltweite Konjunktureinbruch hat die zyklische chemische Industrie schweizweit<br />

hart getroffen. Trotz recht stabilen Exporten seit dem Beginn der Wirtschaftskrise ist auch<br />

die <strong>Wallis</strong>er Chemie nicht von der Kurzarbeit verschont geblieben. Vor allem Ciba SC <strong>und</strong><br />

Huntsman mussten zu diesem Mittel greifen. Ciba SC produziert Farbpigmente für die Automobil<br />

<strong>und</strong> die Kunststoffindustrie sowie optische Aufheller, Huntsman Kunststoffe für die<br />

Luftfahrt- <strong>und</strong> die Automobilindustrie. Da beide vorwiegend Zwischenprodukte herstellen,<br />

sind sie stark vom Geschäftsgang der jeweiligen Abnehmerbranchen abhängig. Zudem wird<br />

in der chemischen Industrie weiter rationalisiert <strong>und</strong> automatisiert, was meist auf Kosten der<br />

Arbeitsplätze geht. Ciba SC in Monthey musste diese schmerzhaften Erfahrungen machen<br />

<strong>und</strong> so wurden in drei Jahren r<strong>und</strong> 10% der Stellen gestrichen. Syngenta ist dagegen viel<br />

weniger vom Konjunkturabschwung erfasst worden. Die Herbizide, Fungizide <strong>und</strong> Insektizide,<br />

welche in Monthey produziert werden, sind weiterhin gefragt. Angesichts der weltweit steigenden<br />

Nachfrage nach Nahrungsmitteln nimmt auch der Bedarf an Pflanzenschutzprodukten<br />

zur Steigerung der Ernteerträge stetig zu. Lonza wurde nur wenig vom Abschwung betroffen.<br />

<strong>Der</strong> Standort in Visp hat sich nämlich mehr <strong>und</strong> mehr auf Biotechnologie <strong>und</strong> hochtechnologische<br />

chemische Prozesse für den Pharmabereich sowie auf die Forschung in diesen<br />

Bereichen ausgerichtet.<br />

Für 2010 erwarten wir nach einem Umsatzeinbruch im laufenden Jahr eine gewisse Erholung<br />

der chemischen Industrie. Für die Pharmaindustrie erwarten wir dagegen für dieses <strong>und</strong><br />

nächstes Jahr eine Wachstumsverlangsamung, aber keinen Umsatzrückgang. Dass Lonza<br />

<strong>und</strong> Syngenta weiter stark in ihre <strong>Wallis</strong>er Standorte investieren, ist ein sehr gutes Zeichen<br />

für den <strong>Kanton</strong>. Um die Konkurrenzfähigkeit der <strong>Wallis</strong>er Chemiestandorte zu erhalten, müssen<br />

aber mehr <strong>und</strong> mehr Prozesse automatisiert werden, was weiterhin Arbeitsplätze kosten<br />

könnte. So könnte es mit der Übernahme von Ciba SC durch BASF im April 2009 zu weiteren<br />

Rationalisierungsr<strong>und</strong>en kommen, wenn Synergien zwischen den zwei Produktionsstandorten<br />

in Monthey <strong>und</strong> Evionnaz gef<strong>und</strong>en werden können. Anfang Juli wurde bereits ein<br />

Arbeitsplatzabbau im Werk Monthey angekündigt.<br />

Von diesem Bewertungsansatz ausgenommen ist die öffentliche Verwaltung. Eine Beurteilung<br />

der Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors ist kaum sinnvoll, da es für seine Leistungen in der<br />

Regel keinen Markt gibt <strong>und</strong> Angebot <strong>und</strong> Nachfrage von der Politik bestimmt werden. Bei der<br />

Branchenbewertung liegt die öffentliche Verwaltung daher auf der neutralen Horizontalachse.<br />

Abbildung 36 veranschaulicht das Chancen-Risiken-Profil der <strong>Wallis</strong>er Branchenstruktur. Von<br />

den Wirtschaftszweigen, welche überdurchschnittlich stark vertreten sind, sind es ausschliesslich<br />

Branchen aus dem sek<strong>und</strong>ären Sektor, welche die Wettbewerbsfähigkeit des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong><br />

positiv beeinflussen. Im Dienstleistungssektor fällt die Bewertung der einzelnen Branchen<br />

hingegen umso tiefer aus, je bedeutender diese für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft sind. Im Folgenden<br />

wird auf einige wichtige Branchen näher eingegangen.<br />

Swiss Issues Regionen 41


Schlüsselrolle für die<br />

chemisch-pharmazeutische<br />

Industrie<br />

Zyklizität <strong>und</strong> Innovationsdruck<br />

in der Metallindustrie<br />

Abbildung 36<br />

Chancen-Risiken-Profil der Branchenstruktur im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

Nur sek<strong>und</strong>ärer <strong>und</strong> tertiärer Sektor<br />

hoch<br />

niedrig Branchenbewertung<br />

Kreditgewerbe<br />

Unternehmensdienstleistungen<br />

Grosshandel<br />

Unterrichtswesen<br />

Maschinenindustrie<br />

Öffentliche Verwaltung<br />

Nachrichtenübermittlung<br />

Metallindustrie<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />

Sozialwesen<br />

Energieversorgung<br />

Holz (ohne Möbel)<br />

Landtransporte<br />

Automobilgewerbe<br />

Chemie<br />

Detailhandel<br />

Bau<br />

Economic Research<br />

öffentlicher Sektor<br />

Dienstleistungen<br />

Industrie <strong>und</strong> Bau<br />

Gastgewerbe<br />

-6.0% -4.0% -2.0% 0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0%<br />

Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Innerhalb des sek<strong>und</strong>ären Sektors weisen die Holzindustrie <strong>und</strong> die Energieversorgung ein verhältnismässig<br />

günstiges Chancen-Risiken-Profil auf; die Bauwirtschaft als wichtigster Arbeitgeber<br />

im <strong>Kanton</strong> erhält eine durchschnittliche Bewertung. Die wichtigsten Impulse für die <strong>Wallis</strong>er<br />

Wirtschaft generiert aber die chemisch-pharmazeutische Industrie. Die stark positive Bewertung<br />

spiegelt die hohe Wettbewerbsfähigkeit <strong>und</strong> die günstigen Zukunftsaussichten dieser Branche<br />

wider. Im Vergleich zu anderen Chemiestandorten in der Schweiz ist dieser Wirtschaftsbereich<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> jedoch aufgr<strong>und</strong> seines Produktemix etwas weniger gut positioniert. Während<br />

schweizweit mittlerweile 71% der Chemie- <strong>und</strong> Pharmaexporte auf die Pharmaindustrie entfallen,<br />

ist der Pharmaanteil der <strong>Wallis</strong>er Ausfuhren mit 42% viel geringer. Diese Branchenausrichtung<br />

bedingt eine tiefere Wachstumsdynamik der Exporte <strong>und</strong> eine höhere Konjunkturanfälligkeit<br />

(Abbildung 37). Letztere kommt daher, dass die Pharmaindustrie die eher nichtzyklische<br />

Ges<strong>und</strong>heitsnachfrage bedient, während die Chemiebranche Zulieferer für andere Industriebranchen<br />

ist <strong>und</strong> somit am Tropf der Industrieproduktion hängt.<br />

Die Metallindustrie stellt eine weitere wichtige Industriebranche im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> dar. Dieser<br />

Industriezweig kann als klassische Zulieferbranche bezeichnet werden, da es sich bei den Abnehmern<br />

hauptsächlich um andere Industriebranchen handelt. Entsprechend reagiert dieser<br />

Bereich stark auf Veränderungen der weltweiten Investitionstätigkeit <strong>und</strong> unterliegt einer hohen<br />

Zyklizität. Dadurch bekam diese Branche den jüngsten Konjunktureinbruch besonders deutlich<br />

zu spüren.<br />

In der Schweiz befindet sich der Bereich Metallherstellung nach der schweren Krise der neunziger<br />

Jahre in einer besseren Verfassung, nicht zuletzt dank dem bereits weit fortgeschrittenen<br />

Konzentrationsprozess der Branche <strong>und</strong> der Ausrichtung auf höherwertige Segmente. Nichtsdestotrotz<br />

belastet die unerbittliche Konkurrenz auf dem Weltmarkt die Entwicklungsperspektiven<br />

dieser Branche. Die Herstellung von Metallerzeugnissen weist insgesamt günstigere Aussichten<br />

auf. Ob es der Branche aber auch gelingt, die vorhandenen Chancen zu nutzen, hängt<br />

stark davon ab, inwieweit sie die Herausforderung moderner Technologien meistern <strong>und</strong> entsprechende<br />

Produkt- <strong>und</strong> Prozessinnovationen umsetzen wird. Gefahr droht den Herstellern von<br />

Metallerzeugnissen insbesondere von einer zunehmenden Substitution von Metall durch Kunststoff.<br />

Letzterer gilt als flexibler <strong>und</strong> innovationsfähiger. In der <strong>Wallis</strong>er Metallindustrie zeigt sich<br />

für die wichtige Aluminiumsparte die Produktion von Aluminiumspezialteilen als zukunftsträchtig.<br />

Swiss Issues Regionen 42


Beitrag wertschöpfungsintensiver<br />

Dienstleistungen<br />

durch Branchengrösse<br />

beschränkt<br />

Zunehmende Marktsättigung<br />

im Detailhandel<br />

Tourismus erwirtschaftet<br />

r<strong>und</strong> ein Viertel der <strong>Wallis</strong>er<br />

Wertschöpfung<br />

Abbildung 37<br />

Exporte der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2002–2009<br />

Index, 4. Quartal 2002 = 100<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

Pharma, VS<br />

Chemische Gr<strong>und</strong>stoffe, VS<br />

Pharma, Schweiz<br />

Chemische Gr<strong>und</strong>stoffe, Schweiz<br />

Economic Research<br />

2002 IV 2003 IV 2004 IV 2005 IV 2006 IV 2007 IV 2008 IV<br />

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung<br />

Im Dienstleistungssektor bleibt der Beitrag wertschöpfungsintensiver Branchen aufgr<strong>und</strong> der<br />

geringen Beschäftigungsanteile beschränkt. So decken Branchen wie das Kredit- <strong>und</strong> Versicherungsgewerbe,<br />

die Nachrichtenübermittlung oder die Informatik jeweils weniger als 2% oder<br />

sogar 1% der kantonalen Beschäftigung ab. Einzig der Bereich Unternehmensdienstleistungen<br />

erreicht mit einem Beschäftigungsanteil von 5.3% eine gewisse Relevanz für die kantonale<br />

Wirtschaft; im Vergleich zum Landesdurchschnitt ist er jedoch unterdurchschnittlich stark vertreten.<br />

Weitere Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft generieren im Dienstleistungssektor<br />

der Grosshandel sowie die Speditionsbranche. Die im nationalen Vergleich übervertretenen<br />

Branchen Automobilgewerbe, Landtransporte – mit den SBB, den Strassentransporteuren<br />

<strong>und</strong> den Bergbahnen als wichtigsten Arbeitgebern –, Detailhandel <strong>und</strong> insbesondere<br />

Gastgewerbe weisen hingegen ein weniger günstiges Chancen-Risiken-Profil auf.<br />

<strong>Der</strong> Detailhandelsmarkt gilt als weitgehend gesättigt <strong>und</strong> durch starken Konkurrenz-, Margen-<br />

<strong>und</strong> Kostendruck geprägt. Die Verkaufsflächen wachsen seit Jahren schneller als die Umsätze.<br />

Infolgedessen steigen die Kosten pro verkaufte Einheit. Grossflächige Supermärkte haben<br />

längst auch den <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> erobert, insbesondere das Rhonetal. 2005 befand sich jeder<br />

siebte Schweizer Megastore über 2'500 m 2 im <strong>Wallis</strong>. Die Expansion war insbesondere zu Beginn<br />

dieses Jahrtausends rasant. Mit 18 Standorten <strong>und</strong> knapp 900 Beschäftigten überflügelte<br />

der Bergkanton in dieser Ladenkategorie selbst die benachbarte Waadt. Die bereits geballte<br />

Präsenz grosser Flächen vermochte neue Mitbewerber allerdings nicht abzuschrecken, im Gegenteil:<br />

<strong>Der</strong> deutsche Preisbrecher Aldi eröffnete Ende 2007 seine erste Westschweizer Filiale<br />

in Monthey <strong>und</strong> ist mit mittlerweile 6 Filialen im ganzen <strong>Kanton</strong> präsent. <strong>Der</strong> Discounter Lidl verfügt<br />

bereits über baubewilligte Projekte in Martigny, Sion, Conthey, Gamsen <strong>und</strong> Visp. Es ist<br />

deshalb nur eine Frage der Zeit, bis auch Konkurrent Lidl seine erste <strong>Wallis</strong>er Verkaufsstelle eröffnen<br />

wird.<br />

Von allen betrachteten Branchen erhält das Gastgewerbe die tiefste Bewertung. Diese Branche<br />

leidet unter grossen strukturellen Problemen. Aufgr<strong>und</strong> von tiefen Markteintrittsbarrieren<br />

herrscht ein hoher Wettbewerbsdruck, <strong>und</strong> es bestehen erhebliche Überkapazitäten. Ein<br />

Grossteil der Betriebe kann deshalb nicht genügend Umsätze erwirtschaften, um kostendeckend<br />

zu arbeiten, geschweige denn um die Investitionen zu tätigen, die nötig sind, um das<br />

Angebot an die wandelnden Bedürfnisse der K<strong>und</strong>schaft anzupassen. Zahlreiche Betriebe sind<br />

ausserdem zu klein, um Skalenerträge realisieren zu können. Das Gastgewerbe allein deckt im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> bereits 11.8% der kantonalen Beschäftigung ab <strong>und</strong> ist damit doppelt so stark<br />

vertreten als im Schweizer Mittel. Diese Sicht greift aber zu kurz, wenn man die Relevanz des<br />

Tourismussektors für die <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft darstellen möchte. Unter Berücksichtigung der<br />

zahlreichen Dienstleistungen, die ein Feriengast neben Hotellerie <strong>und</strong> Restauration beansprucht,<br />

Swiss Issues Regionen 43


Wettbewerbsfähigkeit der<br />

<strong>Wallis</strong>er Tourismusdestinationen<br />

Economic Research<br />

sowie der durch den Tourismus induzierten Vorleistungen <strong>und</strong> Investitionen generiert dieser<br />

Sektor direkt <strong>und</strong> indirekt eine Wertschöpfung von 5.5 Mrd. CHF, was einem Anteil des Tourismus<br />

an der gesamten Bruttowertschöpfung des <strong>Kanton</strong>s von einem Viertel entspricht. Gesamtschweizerisch<br />

liegt dieser Anteil nur etwa bei 6%. <strong>Der</strong> Tourismus deckt im <strong>Kanton</strong> insgesamt<br />

mehr als 30'000 Arbeitsplätze ab, was einem Anteil von 27% der <strong>Wallis</strong>er Gesamtbeschäftigung<br />

entspricht.<br />

Neue Projekte im <strong>Wallis</strong>er Detailhandel<br />

Trotz Marktsättigung geht die Bau- <strong>und</strong> Planungswut im <strong>Wallis</strong>er Detailhandel weiter. Im<br />

Zuge der Hochkonjunktur schossen die Baugesuche für Verkaufsflächen auf Rekordwerte.<br />

Neben dem Umbau oder der Erweiterung bestehender Objekte sind im Bereich der Einkaufszentren<br />

weitere grosse Projekte in der Pipeline: In Martigny <strong>und</strong> bei Visp (Eyholz) sind je<br />

ein neues Einkaufszentrum mit ca. 13'000 m 2 in Planung. In Riddes, auf halbem Weg zwischen<br />

Sion <strong>und</strong> Martigny, plant FC-Sion-Präsident Christian Constantin ein neues Stadion<br />

inklusive grossem Einkaufszentrum, welches allerdings durch Einsprachen blockiert ist. Ein<br />

Gr<strong>und</strong> für das weiterhin hohe Interesse an neuen Einkaufszentren dürfte sein, dass etliche<br />

der bestehenden Einkaufszentren, besonders im Unterwallis, sehr profitabel arbeiten. <strong>Der</strong><br />

"Parc du Rhône" in Collombey <strong>und</strong> das "Métropole" in Sion gehören mit einer Flächenproduktivität<br />

von 13'080 bzw. 11'290 CHF/m 2 zur schweizerischen Spitzengruppe <strong>und</strong> übertreffen<br />

damit beispielsweise die beiden grossen Einkaufszentren von Migros <strong>und</strong> Coop in Crissier vor<br />

den Toren Lausannes. Trotzdem muss man das fulminante Wachstum, welches bereits von<br />

einem hohen Niveau ausging, mit einiger Sorge betrachten. <strong>Der</strong> Detailhandel ist <strong>und</strong> bleibt<br />

ein gesättigter Markt, <strong>und</strong> von der demographischen Entwicklung werden im <strong>Wallis</strong> keine<br />

grossen Impulse ausgehen. Auch von der Zusatznachfrage des Tourismus dürfen die Detaillisten<br />

langfristig keine W<strong>und</strong>er erwarten. Zudem ist aufgr<strong>und</strong> des Lötschberg-Basistunnels<br />

ein gewisser Kaufkraftabfluss in Richtung Bern nicht auszuschliessen. Die Gefahr ist deshalb<br />

gross, dass es zwischen den bestehenden <strong>und</strong> den neuen Angeboten zu einer gewissen<br />

Kannibalisierung kommt <strong>und</strong> die Rezession das eine oder andere Projekt der Hochkonjunktur<br />

zu Fall bringt.<br />

Wie erfolgreich ist nun das <strong>Wallis</strong> im Vergleich zu anderen schweizerischen Tourismusregionen?<br />

2008 wurde im <strong>Wallis</strong> mit erstmals mehr als 4.5 Mio. Logiernächten ein Rekordjahr verzeichnet.<br />

Die <strong>Wallis</strong>er Bergbahnen schauen nach einer Rekordsaison 2007/08 ebenfalls auf eine äusserst<br />

umsatzstarke Saison 2008/09 zurück. Hauptverantwortlich waren die guten Schnee- <strong>und</strong><br />

Wetterverhältnisse. Daneben wirkte sich auch die konjunkturelle Stärkephase von 2005–2007<br />

positiv aus, welche den Tourismus mit Verzögerung erfasste <strong>und</strong> ihn praktisch in der ganzen<br />

Schweiz beflügelte. Insbesondere im Falle des <strong>Oberwallis</strong> hat aber sicherlich auch die Eröffnung<br />

des Lötschberg-Basistunnels im Dezember 2007 nachgeholfen. Einen noch stärkeren Schub<br />

verleiht der neue Tunnel dem Tagestourismus. Die beliebten <strong>Wallis</strong>er Ausflugsziele wie Saas-<br />

Fee <strong>und</strong> Zermatt sind nun der Deutschschweiz gut eine St<strong>und</strong>e näher. So vermeldet die SBB<br />

drei Monate nach Eröffnung eine Frequenzzunahme auf der Lötschberg-Strecke von 60%. Die<br />

Auslastung war von Beginn weg mit 97% so hoch, dass zahlreiche Extrazüge eingesetzt werden<br />

mussten, um die zusätzliche Nachfrage zu befriedigen. Um Platz zu schaffen, wurden Güterzüge<br />

über die alte Bergstrecke umgeleitet.<br />

Aus Abbildung 38 ist ersichtlich, dass das <strong>Wallis</strong> die jährliche Anzahl Logiernächte seit 2000 um<br />

beinahe 10% steigern konnte. Damit wird der <strong>Kanton</strong> zwar von den grossen Städten Basel,<br />

Genf <strong>und</strong> Zürich, die stark vom konjunkturbedingten Boom des Geschäftstourismus profitierten,<br />

um Längen geschlagen. Im Vergleich zu den anderen alpinen Ferienregionen Berner Oberland<br />

<strong>und</strong> Graubünden schlägt sich das <strong>Wallis</strong> aber wacker. Die Rezession in der Schweiz wird den<br />

Tourismus auch 2010 noch stark belasten. Geschrumpfte Konsumbudgets führen dazu, dass<br />

die Gäste weniger lang bleiben <strong>und</strong> günstigere Angebote bevorzugen. Das <strong>Wallis</strong> ist aber aufgr<strong>und</strong><br />

seiner hohen Abhängigkeit von Gästen aus dem Inland (etwa 45%) weniger stark betroffen,<br />

da die Gästezahlen aus dem Ausland deutlich stärker einbrechen als die inländischen. Andererseits<br />

hat das <strong>Wallis</strong> anders als beispielsweise Graubünden ein starkes Standbein in den<br />

angelsächsischen Ländern, welche überdurchschnittlich unter der Rezession leiden.<br />

Swiss Issues Regionen 44


Hohe Schneesicherheit als<br />

Standorttrumpf<br />

Strategische Positionierung<br />

der <strong>Wallis</strong>er Destinationen<br />

Abbildung 38<br />

Logiernächte im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 2000–2008<br />

Index 2000 = 100, Tourismusregionen<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

Basel Berner Oberland<br />

Genf Graubünden<br />

Tessin <strong>Wallis</strong><br />

Zentralschweiz Zürich<br />

Economic Research<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik<br />

Längerfristig verfügt das <strong>Wallis</strong> durch seine relativ hohe Schneesicherheit mit neun über 3'000<br />

Meter über Meer gelegenen Skiregionen über einen grossen Trumpf. Insbesondere im Vergleich<br />

zu deutschen <strong>und</strong> österreichischen Skigebieten sind diese durch die Klimaerwärmung weniger<br />

stark gefährdet. Nichtsdestotrotz gilt es sich im Wettbewerb der Destinationen zu behaupten.<br />

Neben den mehr oder weniger gegebenen Rahmenbedingungen wie der Schneesicherheit <strong>und</strong><br />

der Attraktivität der Landschaft sind folgende Faktoren von entscheidender Bedeutung für den<br />

zukünftigen Erfolg der Region: eine eindeutige Positionierung des Angebots im Einklang mit den<br />

Bedürfnissen des Gastes, gut qualifizierte Mitarbeiter <strong>und</strong> effizientes Marketing. Letzteres kann<br />

durch neue Formen der Zusammenarbeit unter den Tourismusanbietern massgeblich verbessert<br />

werden. Einen Schritt in diese Richtung unternimmt das neue Tourismusgesetz des <strong>Kanton</strong>s,<br />

welches unter anderem eine maximale Anzahl an Tourismusregionen definiert, die durch ihre<br />

Grösse an Schlagkraft gewinnen. Gegen das vom Parlament beschlossene Tourismusgesetz,<br />

welches auch eine umstrittene Beherbergungsabgabe enthält, ist allerdings das Referendum<br />

ergriffen worden.<br />

Einige Hinweise über die Positionierung der <strong>Wallis</strong>er Tourismusdestinationen liefert eine Gegenüberstellung<br />

von Erfolgskennzahlen <strong>und</strong> einer Beurteilung von touristischer Infrastruktur <strong>und</strong><br />

klimatischen Rahmenbedingungen (Abbildung 39). Um den Erfolg von Tourismusdestinationen<br />

systematisch zu messen, haben wir ein sogenanntes Erfolgs-Benchmarking vorgenommen, das<br />

sich auf nachfrageseitige Indikatoren abstützt. Berücksichtigt werden dabei die Entwicklung der<br />

Logiernächte, der Umsatz pro Logiernacht, die Netto-Bettenauslastung <strong>und</strong> die Tagesausgaben<br />

gemäss Gästestruktur.<br />

Zur Charakterisierung der touristischen Infrastruktur in den einzelnen Destinationen haben wir<br />

klimatische Rahmenbedingungen sowie Angebotsfaktoren in der Winter- <strong>und</strong> Sommersaison erfasst<br />

<strong>und</strong> zu einem Gesamtprofil für jede Destination aggregiert. Infrastrukturaspekte oder klimatische<br />

Angaben, welche sowohl für die Winter- als auch für die Sommersaison vorliegen,<br />

werden zusammengefasst, wobei die relative Bedeutung der beiden Perioden als Gewichtung<br />

herangezogen wird. Die Indikatoren werden als relative Grösse zum Durchschnitt der betrachteten<br />

Destinationen konstruiert. Aus der Gegenüberstellung von Erfolgs-Benchmarking <strong>und</strong> dem<br />

Indikator der touristischen Infrastruktur sowie der klimatischen Rahmenbedingungen lässt sich<br />

schliesslich eine Beurteilung von Positionierung <strong>und</strong> Strategien der einzelnen Destinationen ableiten.<br />

Swiss Issues Regionen 45


Positionierung im Tourismusmarkt:<br />

Vier Ansätze<br />

Bergbahnen: Grösse als Erfolgsfaktor?<br />

Economic Research<br />

Für die "Üsserschwiizer", wie Leute von ausserhalb des <strong>Kanton</strong>s genannt werden, ist das<br />

<strong>Wallis</strong> in erster Linie ein Ferienkanton. In der Hochsaison verdoppelt sich die Bevölkerung<br />

des <strong>Kanton</strong>s <strong>Wallis</strong> von r<strong>und</strong> 300'000 auf 600'000 Personen. Neben Hotellerie <strong>und</strong> Restauration<br />

gehören noch sehr viel mehr Tätigkeiten zum Geschäft mit dem Feriengast. Ein wichtiges<br />

Glied in der touristischen Wertschöpfungskette stellen die Bergbahnen dar. Diese fallen<br />

im <strong>Wallis</strong> im Vergleich zur gesamten Schweiz besonders ins Gewicht. Mit r<strong>und</strong> 480 Anlagen<br />

bzw. einem Anteil von 27% stellt der <strong>Kanton</strong> die meisten Seilbahnen der Schweiz, deutlich<br />

vor dem <strong>Kanton</strong> Graubünden mit 19%. Das <strong>Wallis</strong> beheimatet sowohl die höchstgelegene,<br />

die längste <strong>und</strong> auch die leistungsstärkste Seilbahn der Schweiz.<br />

Die Schweizer Bergbahnbranche ist kleinbetrieblich strukturiert <strong>und</strong> durch Überkapazitäten<br />

geprägt. <strong>Der</strong> damit verb<strong>und</strong>ene <strong>Struktur</strong>wandel führt zur Schliessung unrentabler Betriebe, zu<br />

Fusionen <strong>und</strong> Übernahmen. So steigt die mittlere Betriebsgrösse an. Mittlerweile generieren<br />

12% der Unternehmen 72% des Branchenumsatzes. Im Gegensatz zu den kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Betrieben sind diese grossen Unternehmen in der Regel profitabel. Das Paradebeispiel<br />

für eine erfolgreiche Fusion ist der Zusammenschluss der vier Zermatter Bergbahnen (Matterhornbahnen,<br />

Rothornbahnen, Suneggabahn <strong>und</strong> Gornergratbahnen) zur neuen "Zermatt<br />

Bergbahnen AG". Im <strong>Wallis</strong> besteht jedoch weiteres Potential für Zusammenarbeit. Denn<br />

trotz Verbesserung der durchschnittlichen Ertragskraft in den letzten Jahren sind immer noch<br />

ein Drittel der Schweizer Bergbahnen ohne staatliche Unterstützung wirtschaftlich nicht überlebensfähig.<br />

Ein Grossteil der Schweizer Betriebe weist zudem einen Nachholbedarf an Ersatz-<br />

<strong>und</strong> Erneuerungsinvestitionen auf, der aufgr<strong>und</strong> der besagten schlechten Ertragskraft<br />

schwierig zu befriedigen ist.<br />

Die Ferienorte im ersten Quadranten von Abbildung 39 gehören zu den Top-Destinationen in<br />

der Schweiz. Dazu zählen mit Zermatt, Verbier, Saas-Fee <strong>und</strong> Val d'Anniviers auch einige der<br />

wichtigsten <strong>Wallis</strong>er Destinationen. Dank einem breiten touristischen Angebot <strong>und</strong> einer etablierten<br />

Marke im In- <strong>und</strong> Ausland erreichen diese Ferienorte eine gute Performance. Die robuste<br />

Nachfrage sichert eine hohe Auslastung, wovon letztendlich die gesamte touristische<br />

Wertschöpfungskette profitiert.<br />

Destinationen aus dem zweiten Quadranten stellen Beispiele für Tourismusorte dar, welche zwar<br />

mit einem überdurchschnittlich breiten Angebot aufwarten können, sich jedoch im Markt zu wenig<br />

deutlich positionieren. Die dadurch geminderte Attraktivität drückt sich entsprechend auf der<br />

Nachfrageseite aus. Da diese Destinationen eine gute Ausgangslage aufweisen, besteht durchaus<br />

die Möglichkeit, zur Gruppe der Top-Destinationen aufzuschliessen. Dazu sind jedoch eine<br />

gezieltere Fokussierung der Angebote <strong>und</strong> eine bessere Markenpflege notwendig. An der<br />

Schwelle zu dieser Gruppe befindet sich die <strong>Wallis</strong>er Destination Crans-Montana.<br />

Im dritten Quadranten findet man erfolgreiche Nischendestinationen. Diese sind trotz eines<br />

schmaleren Angebots in der Lage, eine gute Performance zu erzielen. <strong>Der</strong> Schlüssel zum Erfolg<br />

kann in diesen Fällen in einer bewussten Spezialisierung auf bestimmte Nischen liegen<br />

<strong>und</strong>/oder ist das Ergebnis einer einzigartigen Marke.<br />

Destinationen im vierten Quadranten erreichen schliesslich eine unterdurchschnittliche Bewertung<br />

sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite. Es handelt sich vor allem um<br />

kleinere Destinationen, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Ausgangslage <strong>und</strong> Grösse lediglich ein beschränktes<br />

Potential aufweisen. Für diese Gebiete stellt eine stärkere Fokussierung auf Angebotsnischen<br />

eine Möglichkeit dar, die Nachfragesituation zu verbessern. Aus dem <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> zählt Leukerbad<br />

zu dieser Gruppe.<br />

Swiss Issues Regionen 46


<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> mit unterdurchschnittlicherWertschöpfungsintensität<br />

…<br />

… aber führend unter den<br />

Bergkantonen …<br />

Abbildung 39<br />

Positionierung der <strong>Wallis</strong>er Tourismusdestinationen<br />

Ausgewählte Destinationen, standardisierte Werte; Durchmesser der Kreise entspricht Logiernächten im Jahr 2008<br />

Benchmarking-Indikator<br />

Economic Research<br />

6 III<br />

Sils im Engadin<br />

Grindelwald<br />

Gstaad<br />

Zermatt<br />

St. Moritz I<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Villars-Gryon<br />

Sigriswil<br />

Lauterbrunnen-Wengen-<br />

Mürren Engelberg<br />

Verbier<br />

Val d'Anniviers<br />

Saas-Fee<br />

Laax<br />

Celerina Pontresina<br />

-2<br />

Leysin<br />

Lenk<br />

Arosa<br />

Kandersteg<br />

Adelboden<br />

Samnaun<br />

Davos<br />

Flims<br />

Scuol<br />

Klosters<br />

Crans-Montana<br />

-4<br />

Leukerbad<br />

-6<br />

IV<br />

Hasliberg<br />

Maloja<br />

Lenzerheide/Valbella<br />

II<br />

-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Tourismusindikator<br />

5.4 Wachstumspotential der Wertschöpfung<br />

Die Wertschöpfung entspricht dem Wert, der in Produktionsprozessen entsteht. Rechnerisch<br />

wird sie durch die Differenz zwischen dem Produktionswert <strong>und</strong> den Vorleistungen ausgedrückt.<br />

In der regionalen Betrachtung spiegelt die Wertschöpfung pro Beschäftigten die Produktivität<br />

der in einer Region ansässigen Branchen wider. Mangels regionaler Zahlen seitens der offiziellen<br />

Statistik hat Credit Suisse Economic Research ein Vorgehen entwickelt, welches die Regionalisierung<br />

der gesamtschweizerischen Wertschöpfung ermöglicht. Die Methodik berücksichtigt<br />

unter anderem die Branchenstruktur <strong>und</strong> das Anforderungsprofil der Arbeitsstellen in einer Region.<br />

Die Spannweite der jährlichen Wertschöpfung pro Beschäftigten in den Schweizer Regionen<br />

reicht von 102'007 CHF in der Berner Region Schwarzwasser bis 191'210 CHF in der Stadt<br />

Zürich. Mit r<strong>und</strong> 134'733 CHF pro Beschäftigten erreicht der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> einen Wert unter<br />

dem Schweizer Mittel von 150'626 CHF <strong>und</strong> belegt damit Rang 18 im nationalen Vergleich. Bei<br />

der Einordnung dieses Ergebnisses sind jedoch gewisse Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.<br />

Die wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen in der Schweiz unterscheiden sich regional in<br />

hohem Masse auch durch Besonderheiten der geographischen Lage <strong>und</strong> Topographie, insbesondere<br />

im Unterschied zwischen Alpen <strong>und</strong> Mittelland. Dabei wirken die Besonderheiten teils<br />

limitierend, etwa wenn es um die Standortqualität bezüglich Erreichbarkeit <strong>und</strong> die damit zusammenhängende<br />

wirtschaftliche Entwicklung geht, teils bieten sie Entwicklungspotential etwa<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für den Tourismus. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser unterschiedlichen Ausgangsbasis<br />

differenzieren sich auch die regionalen Möglichkeiten in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Wertschöpfung einer Region. Regionale Wirtschaft muss daher vor dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer<br />

Möglichkeiten analysiert werden.<br />

Als Bergkanton sieht sich das <strong>Wallis</strong> mit ähnlichen Vorraussetzungen wie die <strong>Kanton</strong>e Graubünden<br />

<strong>und</strong> Uri oder Teile der <strong>Kanton</strong>e Glarus, Bern <strong>und</strong> Tessin konfrontiert. Ihnen ist die Lage in<br />

den Alpen bzw. im Alpenvorland gemeinsam, mit ähnlichen Konsequenzen für Infrastruktur <strong>und</strong><br />

potentielle Flächennutzung. So erfolgt die wirtschaftliche Entwicklung hauptsächlich entlang der<br />

Täler, wo auch die höchste Wertschöpfung erzielt wird. Neben der Berücksichtigung des<br />

Schweizer Mittels erscheint daher ein Vergleich mit diesen Regionen sinnvoll. Gemessen an der<br />

Wertschöpfung pro Beschäftigten kann sich der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> besser positionieren als zum Beispiel<br />

Glarus (131'165 CHF), Graubünden (127'687 CHF) oder Uri (126'538 CHF). Den<br />

Hauptbeitrag zur <strong>Wallis</strong>er Wertschöpfung leistet mit 63.3% der tertiäre Sektor. R<strong>und</strong> 35% der<br />

Swiss Issues Regionen 47


… <strong>und</strong> mit regionalen<br />

Lichtblicken<br />

Abbildung 40<br />

Wertschöpfung auf regionaler Ebene 2007<br />

Bruttowertschöpfung zu laufenden Preisen<br />

La Broye<br />

Glâne/<br />

Veveyse<br />

Vevey/Lavaux<br />

Monthey/<br />

St-Maurice<br />

Economic Research<br />

Wirtschaftsleistung entfallen auf den sek<strong>und</strong>ären Sektor, während die Landwirtschaft lediglich<br />

einen Anteil von 2% abdeckt. Im Vergleich zum Schweizer Mittel wird die <strong>Wallis</strong>er Wertschöpfung<br />

stärker von Bau <strong>und</strong> Industrie getragen. Auf nationaler Ebene deckt dieser Sektor 27.5%<br />

der Wirtschaftsleistung ab.<br />

Die Verteilung der Wertschöpfung in Abbildung 40 verdeutlicht die regionalen Unterschiede im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong>. Besonders auffällig ist das wirtschaftliche Gewicht des Unterwallis, das r<strong>und</strong><br />

70% der kantonalen Wertschöpfung erwirtschaftet. Ein Viertel der kantonalen Wertschöpfung<br />

entsteht allein in der Region Sion, welche als administratives Zentrum von der stärksten Konzentration<br />

von wertschöpfungsintensiven Dienstleistungen im <strong>Kanton</strong> profitieren kann. Im <strong>Oberwallis</strong><br />

hebt sich die Region Visp mit einem Anteil an der kantonalen Wertschöpfung von 18%<br />

deutlich von den restlichen Gebieten ab. Zusammen mit Monthey/St. Maurice erreicht diese<br />

Region auch die höchste Wertschöpfung pro Beschäftigten innerhalb des <strong>Kanton</strong>s. Dieses Ergebnis<br />

spiegelt insbesondere die starke Vertretung der chemisch-pharmazeutischen Industrie<br />

wider. Mit einem Wertschöpfungsanteil von 29.2% in der Region Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> von<br />

35.6% in der Region Visp weist diese Branche für die lokale Wirtschaft sogar eine grössere<br />

Bedeutung auf als im Raum Basel, wo je nach Region Wertschöpfungsanteile zwischen 10 <strong>und</strong><br />

knapp 24% verzeichnet werden.<br />

Die regionale Verteilung der Wertschöpfung spiegelt insgesamt die Situation wider, welche sich<br />

bereits in der Betrachtung der Branchenstruktur abzeichnete. Die Branchenstruktur einiger Regionen<br />

wird von Tourismus <strong>und</strong> Baugewerbe dominiert, während wertschöpfungsintensive Branchen<br />

untervertreten sind. In Regionen mit industriellen Schwerpunkten oder einer gewissen Vertretung<br />

von wertschöpfungsintensiven Dienstleistungen ist die Wertschöpfungsintensität entsprechend<br />

höher.<br />

La Sarine<br />

La Gruyère<br />

Pays<br />

d'Enhaut<br />

Aigle<br />

Martigny<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Sense<br />

Saanen/<br />

Obersimmental<br />

Sion<br />

Thun<br />

Sierre<br />

Leuk<br />

Kandertal<br />

Visp<br />

Brig<br />

Wertschöpfung pro Beschäftigten in CHF<br />

105'275 - 110'981<br />

110'982 - 117'851<br />

117'852 - 128'618<br />

128'619 - 136'295<br />

136'296 - 159'351<br />

<strong>Wallis</strong><br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

Agglomerationen<br />

BernerOberland-Ost<br />

Goms<br />

0 5 10 20 km<br />

Uri<br />

Wertschöpfung der Wirtschaftssektoren<br />

1.5 Mrd. CHF<br />

Forst- <strong>und</strong> Landwirtschaft<br />

Industrie <strong>und</strong> Bau<br />

Dienstleistungen<br />

Swiss Issues Regionen 48


Branchenbewertung <strong>und</strong><br />

Standortqualität ermöglichen<br />

eine Potentialschätzung<br />

Unterdurchschnittliches<br />

Wachstumspotential der<br />

Wertschöpfung im <strong>Kanton</strong><br />

<strong>Wallis</strong><br />

Economic Research<br />

Hinweise zum mittel- <strong>und</strong> langfristigen Wachstumspotential von Produktion <strong>und</strong> Wertschöpfung<br />

in den einzelnen Regionen lassen sich aus einer Gegenüberstellung der in Kapitel 5.3 vorgestellten<br />

quantitativen Branchenbewertung mit unserem Indikator der Standortqualität gewinnen.<br />

Dabei drücken die Chancen-Risiken-Bewertung das mittelfristige <strong>und</strong> der Standortqualitätsindikator<br />

das langfristige Wachstumspotential der Wertschöpfung einer Region aus. Analog zu diesem<br />

Indikator wird die regionale Branchenbewertung dabei als relativer Index angegeben, bei<br />

welchem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt. Abbildung 41 veranschaulicht diese<br />

Auswertung für die <strong>Wallis</strong>er Regionen <strong>und</strong> verschiedene Vergleichsgebiete.<br />

Die Regionen in Quadrant I der Abbildung geniessen ein gegenüber dem Landesdurchschnitt<br />

höheres mittel- <strong>und</strong> langfristiges Wachstumspotential. Die Regionen in Quadrant IV dagegen<br />

müssen mit einem gegenüber dem Schweizer Mittel unterdurchschnittlichen Wachstum rechnen.<br />

Regionen in Quadrant II weisen ein bedeutendes langfristiges Potential auf. Auf mittlere<br />

Sicht hingegen dürfte mit erneuten Restrukturierungen zu rechnen sein, da die Branchenstruktur<br />

stärker risikobehaftet ist. Die Regionen in Quadrant III schliesslich können dank sehr dynamischen<br />

Branchen auf mittlere Sicht mit einem überdurchschnittlichen Wachstum rechnen. Die<br />

schwache Standortqualität kann jedoch die langfristigen Wachstumschancen beeinträchtigen,<br />

denn möglicherweise lassen sich zu wenige neue Unternehmen in diesen Regionen nieder, die<br />

bestehenden investieren zu wenig oder wandern sogar ab.<br />

Abbildung 41<br />

Wachstumspotential der Wertschöpfung<br />

Synthetische Indikatoren<br />

Branchenbewertung<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-1.5<br />

-2.0<br />

-2.5<br />

-3.0<br />

III<br />

Jura<br />

Monthey/St. Maurice<br />

BE<br />

Neuchâtel<br />

Bündner Rheintal<br />

Genève<br />

Lausanne<br />

VD<br />

Sion<br />

Vevey/Lavaux<br />

Visp<br />

UR<br />

VS<br />

Brig Aigle La Sarine<br />

Martigny Sierre GR<br />

Leuk<br />

Berner Oberland-Ost<br />

Goms<br />

Oberengadin<br />

IV II<br />

-1.5 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0<br />

Standortqualität<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Die Entwicklungsaussichten für die Wertschöpfung im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> sind insgesamt unterdurchschnittlich.<br />

Mittelfristig bleibt der <strong>Kanton</strong> aufgr<strong>und</strong> des Branchenprofils nur leicht unter<br />

dem Schweizer Mittel; in der langen Frist fällt das Wachstumspotential jedoch, bedingt durch<br />

Einschränkungen in der Standortqualität, tiefer aus. Beeinträchtigend wirkt dabei insbesondere<br />

die verkehrstechnische Erreichbarkeit, aber auch hinsichtlich der Besteuerung der natürlichen<br />

Personen <strong>und</strong> des allgemeinen Ausbildungsstands der Bevölkerung schneidet das <strong>Wallis</strong> weniger<br />

gut ab als im Schweizer Mittel.<br />

In einer regionalen Perspektive weisen die Regionen Monthey/St. Maurice <strong>und</strong> Sion dank ihren<br />

Branchenprofilen mittelfristig die besseren Wachstumsaussichten auf. Die starke Vertretung der<br />

Spitzenindustrie, aber auch der Energiebranche verhilft der Region Monthey/St. Maurice zu einem<br />

überdurchschnittlich hohen Wachstumspotential. Die stärker auf zentrale Dienste ausgerichtete<br />

Region Sion positioniert sich im Schweizer Mittel. Die anderen <strong>Wallis</strong>er Regionen weisen<br />

sowohl mittel- als auch langfristig ein unter- bis stark unterdurchschnittliches Wachstumspotential<br />

der Wertschöpfung auf. Dank Industrie- <strong>und</strong> Verkehrsschwerpunkten in ihrer Branchenstruktur<br />

können die Regionen Sierre, Brig <strong>und</strong> insbesondere Visp mittelfristig den Rück-<br />

Swiss Issues Regionen 49<br />

I


Economic Research<br />

stand auf das Schweizer Mittel in Grenzen halten. Die Regionen Leuk <strong>und</strong> Goms sind hingegen<br />

aufgr<strong>und</strong> der Dominanz von Tourismus <strong>und</strong> Baugewerbe <strong>und</strong> einer stark unterdurchschnittlichen<br />

Standortqualität weit abgeschlagen.<br />

Swiss Issues Regionen 50


6 Bauwirtschaft <strong>und</strong> Immobilienmarkt<br />

Baubranche: Schwergewicht<br />

der kantonalen Wirtschaftsstruktur<br />

Hohe Nachfrage im<br />

Strassenbau<br />

Economic Research<br />

Tourismus am Berg, Industrie- <strong>und</strong> Dienstleistungsunternehmen im Tal: Dieses regionale Muster<br />

des <strong>Wallis</strong> spiegelt sich auch im Immobilienmarkt wider. So konzentriert sich die Nachfrage<br />

nach Geschäftsflächen <strong>und</strong> Industriebauten weitestgehend auf das Haupttal, während in den<br />

höher gelegenen Tourismusgemeinden der Bau von <strong>und</strong> der Handel mit Zweitwohnungen <strong>und</strong><br />

Chalets floriert. Müsste man die <strong>Wallis</strong>er Bauwirtschaft <strong>und</strong> den Markt für Wohnimmobilien mit<br />

einem Wort charakterisieren, so wäre wohl "vielfältig" das treffendste. <strong>Der</strong> Baubranche kommt<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> eine besondere Rolle zu, profitiert sie doch von einer Vielzahl von Nachfragegruppen:<br />

Die öffentliche Hand muss Grossprojekte im Strassenbau abwickeln, um das vom<br />

Lötschberg-Basistunnel kommende Verkehrsaufkommen zu bewältigen, sowie Flussverbauungen<br />

in Angriff nehmen, um die Industrie <strong>und</strong> die Bevölkerung vor den Konsequenzen eines<br />

Hochwassers zu schützen. Die Wasserkraft wird ausgebaut, die Tourismusorte bauen Ski- <strong>und</strong><br />

Sportanlagen, <strong>und</strong> Feriengäste wünschen Unterkunft in Suiten-Hotels <strong>und</strong> Zweitwohnungen.<br />

Letztere sind auch dafür verantwortlich, das der <strong>Wallis</strong>er Immobilienmarkt vielfältig ausfällt <strong>und</strong><br />

sich mancherorts den Mechanismen entzieht, die für dauerhaft bewohnte Wohnimmobilien gelten.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist der <strong>Wallis</strong>er Immobilienmarkt noch intakt. Die fulminante Entwicklung der<br />

letzten Jahre gilt es jedoch in geordnete Bahnen zu lenken. Überhitzungstendenzen in den Feriendestinationen<br />

<strong>und</strong> ein drohendes Überangebot in den <strong>Oberwallis</strong>er Regionen, in denen eine<br />

stagnierende Bevölkerungsentwicklung der hohen erwarteten Ausweitung gegenübersteht, sind<br />

die Gefahren, die zu beachten sind.<br />

6.1 Regionale Bauwirtschaft<br />

Die Baubranche ist beschäftigungsmässig ein Schwergewicht der <strong>Wallis</strong>er Wirtschaft. Im Jahre<br />

2005 waren nahezu 14% der Beschäftigten in der Baubranche tätig. Schweizweit lag der Anteil<br />

der Baubeschäftigten mit 9% deutlich tiefer. Darüber hinaus gehört der <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> neben<br />

den Zentralschweizer <strong>Kanton</strong>en Zug <strong>und</strong> Schwyz zu den einzigen <strong>Kanton</strong>en, deren Baubeschäftigung<br />

zwischen 1995 <strong>und</strong> 2005 zugenommen hat. Zwar folgte auf den Abschwung der Baukonjunktur<br />

in den späten neunziger Jahren (1995 bis 2001) auch im <strong>Wallis</strong> ein Rückgang der<br />

Beschäftigten um jährlich 2%. Seitdem rekrutierten die Arbeitsstätten vor Ort jedoch neues<br />

Personal mit dem Resultat, dass bereits im Jahre 2005 das Beschäftigungsniveau des Jahres<br />

1995 mit mehr als 14'000 Vollzeitäquivalenten wieder erreicht wurde. Ganz im Gegensatz zur<br />

Schweiz, wo die Baubeschäftigung heute um r<strong>und</strong> 10% tiefer liegt. Dabei fällt im <strong>Wallis</strong> nicht<br />

nur die relative Grösse der Bauindustrie überdurchschnittlich aus, auch die Schwerpunkte der<br />

Bausparten sind im Vergleich zum Schweizer Mittel anders verteilt (Abbildung 42). So liegt der<br />

Anteil der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe im <strong>Wallis</strong> bei überdurchschnittlichen 51% – in<br />

den Regionen Sierre <strong>und</strong> Sion gar bei 54 bzw. 56%. Unternehmen des Bauhauptgewerbes sind<br />

auf Rohbauarbeiten im Hoch- <strong>und</strong> Tiefbau spezialisiert. Hierzu zählen neben dem Errichten von<br />

Wohn- <strong>und</strong> Geschäftsgebäuden auch Infrastrukturbauten (z.B. zur Energieversorgung), bauliche<br />

Massnahmen zum Schutz vor Naturgefahren (z.B. Hochwasserschutz), Strassen-, Tunnel- <strong>und</strong><br />

Brückenbau.<br />

Ein Grossteil der Nachfrage für das Bauhauptgewerbe entsteht mit zahlreichen Grossprojekten<br />

im <strong>Kanton</strong> selbst. <strong>Der</strong> im Dezember 2007 eröffnete Lötschberg-Basistunnel beschert dem <strong>Kanton</strong><br />

zusätzlichen Verkehr. Die Anpassung des regionalen Verkehrsangebotes auf Strasse <strong>und</strong><br />

Schiene an das neue Verkehrsaufkommen wird vom kantonalen Departement für Verkehr, Bau<br />

<strong>und</strong> Umwelt für die kommenden drei Jahre entsprechend als prioritäre Massnahme eingestuft.<br />

Das derzeit grösste Strassenbauprojekt ist die A9-Südumfahrung bei Visp. Hier entsteht der<br />

Tunnel Eyholz, für den Ende 2008 vom <strong>Kanton</strong> das Baulos mit einer Auftragssumme von 385<br />

Mio. CHF vergeben wurde. Für die Zukunft plant die kantonale Verwaltung gemeinsam mit den<br />

<strong>Kanton</strong>en Bern <strong>und</strong> Freiburg den Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels, der bisher einspurig<br />

in einer der beiden Parallelröhren betrieben wird.<br />

Swiss Issues Regionen 51


Wasserkraftnutzung wird<br />

ausgebaut<br />

Hochwasserschutz hat<br />

hohe Priorität<br />

Abbildung 42<br />

<strong>Struktur</strong> der <strong>Wallis</strong>er Bauwirtschaft 2005<br />

Beschäftigungsanteil der Bauwirtschaft in Prozent, gegliedert nach Bausparten, Vollzeitäquivalente<br />

20%<br />

18%<br />

16%<br />

14%<br />

12%<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

Allgemeiner Hoch- <strong>und</strong> Tiefbau Spezieller Tiefbau<br />

Strassenbau Vorbereitende Baustellenarbeiten<br />

Zimmerei, Dachdeckerei, Abdichtungen Bauinstallation<br />

Ausbaugewerbe<br />

Martigny Goms Brig Sierre Leuk Sion Monthey/<br />

St. Maurice<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

Economic Research<br />

Visp CH<br />

Das Ziel, die Nutzung der Wasserkraft für die Energiegewinnung weiter auszubauen, birgt zusätzliches<br />

Nachfragepotential für das regionale Bauhauptgewerbe. Schon heute ist das <strong>Wallis</strong><br />

mit 87 Anlagen grösster Schweizer Stromerzeuger aus Wasserkraft. Mit dem Ausbau des Wasserkraftwerks<br />

Nant-de-Drance bei Emosson soll die Wasserenergie weiter gefördert werden.<br />

Das von Alpiq (ehemals Atel- <strong>und</strong> EOS-Holding) <strong>und</strong> der SBB in Kooperation geplante Pumpspeicherkraftwerk<br />

ist mit 990 Mio. CHF budgetiert <strong>und</strong> soll 2015 den Betrieb aufnehmen. Die<br />

Bauarbeiten sind Ende Juni 2009 gestartet worden.<br />

Abbildung 43<br />

Bauinvestitionsvolumen <strong>und</strong> Gemeindegrösse im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

Gemeinden bis 1'500 Einwohner, durchschnittliches Investitionsvolumen 2005–2007 bis 10 Mio. CHF<br />

Investitionen in Mio. CHF<br />

10<br />

Grimentz<br />

touristische Gemeinden<br />

sonstige Gemeindetypen<br />

8<br />

Betten<br />

Wiler (Lötschen)<br />

Veysonnaz<br />

6<br />

Riederalp<br />

Ayer<br />

4<br />

Saint-Luc<br />

Chandolin<br />

Albinen<br />

Münster-Geschinen<br />

Termen<br />

Täsch<br />

Obergesteln Blatten<br />

Bellwald<br />

Bürchen<br />

2<br />

Finhaut<br />

Oberwald Saas-Balen<br />

Bourg-Saint-Pierre<br />

Mörel<br />

Fieschertal Unterbäch<br />

Oberems<br />

Ernen<br />

Ulrichen Randa Saas-Almagell<br />

0<br />

Trient Simplon<br />

0 250 500 750<br />

Fiesch<br />

1'000<br />

Saas-Gr<strong>und</strong><br />

1'250<br />

Grächen<br />

1'500<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />

Einwohner<br />

Die Kraft des Wassers, die ein wichtiger <strong>Wallis</strong>er Wirtschaftsfaktor ist, muss andernorts mittels<br />

Hochwasserschutz entschärft werden. Bis 2020 soll die Hochwassergefahr im Rahmen der<br />

dritten Rhonekorrektion insbesondere in den Gebieten Visp, Sierre <strong>und</strong> Sion durch Fluss-<br />

Swiss Issues Regionen 52


<strong>Kanton</strong>ale Investitionsausgaben<br />

fliessen mehrheitlich<br />

in Infrastrukturprojekte<br />

Hoch- <strong>und</strong> Wohnungsbau<br />

profitieren vom Tourismus<br />

2009: Abkühlung im Hochbau<br />

wird durch Tiefbau<br />

kompensiert<br />

Economic Research<br />

verbauungsmassnahmen reduziert werden. Von den insgesamt 350 Mio. CHF, die für diese<br />

Massnahmen von B<strong>und</strong>, <strong>Kanton</strong>en <strong>und</strong> Gemeinden veranschlagt wurden, entfallen alleine 140<br />

Mio. auf die Flusslaufsanierung bei Visp, die sich seit Anfang 2009 im Bau befindet.<br />

Insgesamt sind vom kantonalen Departement für Verkehr, Bau <strong>und</strong> Umwelt für 2009 Investitionsausgaben<br />

von 475 Mio. CHF budgetiert. Dies entspricht r<strong>und</strong> 71% der budgetierten öffentlichen<br />

Investitionsausgaben des <strong>Kanton</strong>s. Gemäss integrierter Mehrjahresplanung dürfte<br />

sich dieser Anteil bis zum Jahre 2011 auf 76% erhöhen. <strong>Der</strong> hohe Anteil spiegelt die Topographie<br />

des <strong>Kanton</strong>s wider, welche einen weitaus grösseren Infrastrukturbedarf pro Kopf erfordert<br />

als bei einem <strong>Kanton</strong> des Schweizer Mittellandes.<br />

Einzelne Grossprojekte erklären auf Gemeindeebene, warum das Ausmass an Bauinvestitionen<br />

nicht zwingend von der Gemeindegrösse abhängt (Abbildung 43). In touristischen Regionen wird<br />

der Zusammenhang zwischen Gemeindegrösse <strong>und</strong> Investitionsvolumen jedoch zusätzlich noch<br />

durch den Zweitwohnungsbau gestört, von dem im <strong>Wallis</strong> Hochbau- <strong>und</strong> Ausbauunternehmen<br />

gleichermassen profitieren können.<br />

Gerade in kleineren touristischen Gemeinden ist ein vergleichsweise hohes Bauinvestitionsniveau<br />

bei geringer Bevölkerungszahl ein Anzeichen dafür, dass in erster Linie in Chalets, Hotels,<br />

Zweitwohnungen, Restaurants <strong>und</strong> Sportanlagen investiert wird. Unter den kleineren Gemeinden<br />

mit einem durchschnittlichen Investitionsvolumen von bis zu 10 Mio. CHF fallen besonders<br />

die Gemeinden des Val d'Anniviers (Grimentz, Ayer, Saint-Luc), Wiler im Lötschental, Veysonnaz<br />

<strong>und</strong> die Orte der Aletscharena auf. Unter den grösseren Tourismusorten stechen Zermatt<br />

mit durchschnittlichen Bauinvestitionen von 67 Mio. CHF <strong>und</strong> Verbier mit 86 Mio. CHF hervor.<br />

Die Baubranche konnte somit zweifelsfrei auch vom Tourismusboom der letzten Jahre profitieren,<br />

der in einem Rekordjahr 2008 mündete. Auch wenn die Wirtschaftskrise nicht spurlos am<br />

<strong>Wallis</strong>er Tourismus vorübergehen wird, so dürften die günstigen Rahmenbedingungen im <strong>Wallis</strong><br />

auch zukünftig dazu beitragen, dass weiterhin baulich investiert wird – wenn auch in bescheidenerem<br />

Ausmass als 2008. Die grosse Bedeutung des Tourismus für den <strong>Kanton</strong>, welche darin<br />

gipfelt, dass in der Hochsaison die touristischen Gemeinden die dreifache Zahl von Personen<br />

beherbergen, bedingt entsprechende Infrastrukturen <strong>und</strong> trägt damit letztlich auch zur starken<br />

Stellung der Bauindustrie im <strong>Kanton</strong> bei.<br />

Abbildung 44<br />

Hochbauprojekte <strong>und</strong> Investitionsprognose im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 1995–2009<br />

Baubewilligungen <strong>und</strong> -gesuche in Mio. CHF, gleitende Summe über 12 Monate; gestrichelte Linie: Prognose<br />

3'000<br />

2'500<br />

2'000<br />

1'500<br />

1'000<br />

500<br />

0<br />

Bewilligungen Hochbauprojekte<br />

Gesuche Hochbauprojekte<br />

Hochbauinvestitionen<br />

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esamt für Statistik, Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research<br />

Betrachtet man das Ausmass bewilligter Hochbauprojekte im <strong>Wallis</strong>, spiegeln sich die oben<br />

genannten Entwicklungen wider (Abbildung 44). Auf die Rekordjahre 2007 <strong>und</strong> 2008 folgte mit<br />

Jahresbeginn 2009 der Einbruch der Baubewilligungen im Hochbau. Die starke Beschleunigung<br />

der Bauplanung im Jahr 2007 dürfte dafür sorgen, dass die nachträglich veröffentlichten<br />

Swiss Issues Regionen 53


2010: Beschleunigte Abkühlung<br />

der Baukonjunktur<br />

Regionale Unterschiede der<br />

Wohnraumnachfrage<br />

Kräftiger Rückgang der<br />

Baubewilligungen limitiert<br />

die Gefahr eines künftigen<br />

Überangebotes<br />

Economic Research<br />

Zahlen der Hochbauinvestitionen für das Jahr 2008 im <strong>Wallis</strong> nominal um bis zu 10% höher als<br />

diejenigen von 2007 liegen dürften. <strong>Der</strong> deutliche Rückgang der Bewilligungen seit Anfang<br />

2009 <strong>und</strong> die hohe Wahrscheinlichkeit, dass nicht mehr alle im Jahr 2008 bewilligten Projekte<br />

realisiert werden, dürften 2009 ein Absinken der Hochbauinvestitionen zur Folge haben.<br />

Insgesamt befindet sich die Baukonjunktur im <strong>Wallis</strong> in guter Verfassung. Die Nachfrage ist<br />

über die Bereiche Wohnen, Tourismus, Infrastruktur- <strong>und</strong> Strassenbau sowie Hochwasserschutz<br />

breit diversifiziert. Die nun zu erwartende nachlassende Dynamik im Hochbau dürfte gesamtwirtschaftlich<br />

gesehen durch die Vielzahl an Grossprojekten im Tiefbau kompensiert werden.<br />

Erst ab 2010 ist mit einer stärker akzentuierten Abkühlung der Baukonjunktur zu rechnen,<br />

wenn sich zusätzlich zur nachlassenden Hochbaudynamik die momentan sehr hohen Investitionsausgaben<br />

der öffentlichen Hand normalisieren. Aus immobilienökonomischer Sicht ist eine<br />

Verschnaufpause der Hochbaukonjunktur mancherorts sogar nötig, um lokal drohende Überangebote<br />

auf dem Wohnungsmarkt zu verhindern.<br />

6.2 Regionale Immobilienmärkte im <strong>Wallis</strong><br />

Von 1998 bis 2008 ist die <strong>Wallis</strong>er Bevölkerung im Durchschnitt um 1.0% pro Jahr gewachsen<br />

<strong>und</strong> damit 0.2% mehr als die Schweiz im Mittel, was für einen Bergkanton einen beachtlichen<br />

Wert darstellt. Wie im Kapitel 4 geschildert, sind die regionalen Unterschiede zwischen Ober-<br />

<strong>und</strong> Unterwallis tiefgreifend. Insbesondere die Unterwalliser Regionen Martigny <strong>und</strong> Monthey/<br />

St. Maurice sind aufgr<strong>und</strong> des Bevölkerungsdrucks aus der Genferseeregion stark gewachsen.<br />

Das führt dazu, dass sich zusätzlich zur Nachfrage nach Feriendomizilen eine natürliche Nachfrage<br />

nach dauerhaftem Wohnraum gesellt. In den <strong>Oberwallis</strong>er Regionen blieb die Bevölkerung<br />

nahezu konstant. Einzig die Region Goms kämpft mit einem steten Aderlass der Bevölkerung.<br />

Damit unterscheidet sich die Nachfragestruktur regional deutlich. Im <strong>Oberwallis</strong> richtet sich neuer<br />

Wohnraum mangels Wachstum der ansässigen Bevölkerung fast ausschliesslich an Feriengäste.<br />

Im Unterwallis fällt die Nachfrage dagegen heterogener aus. In den Orten des Rhonetals<br />

westlich von Sierre siedeln sich sowohl Beschäftigte der örtlichen Industrie- <strong>und</strong> Dienstleistungsunternehmen<br />

an, als auch Pendler mit Arbeitsort im Genferseeraum. Diese Nachfragegruppen<br />

suchen dauerhaften Wohnraum – für sie ist Wohnen ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis. <strong>Der</strong> Run auf<br />

Zweitwohnungen in den Top-Tourismusdestinationen folgt dagegen einer anderen Logik. Diese<br />

Nachfrager betrachten das temporäre Wohnen im <strong>Wallis</strong> als Luxusgut, dessen Nutzen nicht nur<br />

durch die Wohnung <strong>und</strong> ihre Mikrolage innerhalb einer Gemeinde bestimmt wird, sondern auch<br />

durch das Prestige des entsprechenden Ferienortes. Somit gilt in den <strong>Wallis</strong>er Regionen das<br />

Motto: Regulärer Wohnraum im Tal <strong>und</strong> temporäres Wohnen am Berg – Ausnahmen bestätigen<br />

die Regel. Entsprechend differenziert müssen die einzelnen Regionen im Hinblick auf ihre Immobilienmärkte<br />

betrachtet werden.<br />

Analog zur dynamischen Entwicklung von Hochbauprojekten zeigt sich angebotsseitig bei der<br />

Wohnraumplanung im <strong>Wallis</strong> allgemein ein ähnliches Bild: Die Projektierung von Mehrfamilienhäusern<br />

stieg über die vergangenen Jahre kontinuierlich an, bis Mitte 2008 der Höhepunkt mit<br />

über 2'500 bewilligten Wohnungen über eine Zwölfmonatsperiode erreicht wurde (Abbildung<br />

45). Gegenüber der Periode zwischen 1997 <strong>und</strong> 2003 entsprach das r<strong>und</strong> dem Zweieinhalbfachen<br />

an baubewilligten Wohnungen. Zu diesem Zeitpunkt war anhand der sinkenden Zahl an<br />

Baueingaben eine Abkühlung bereits vorgezeichnet. <strong>Der</strong> anschliessend zu beobachtende sturzflugartige<br />

Rückgang der Zahl der baubewilligten Wohnungen auf ein Niveau von aktuell 1'500<br />

Einheiten darf vielerorts als positiv gewertet werden, drohte sich doch ein Überangebot aufzubauen.<br />

Wie gut der Markt die erhöhte Zahl an Wohnungen zu absorbieren vermag, dürfte sich in<br />

diesen Monaten zeigen, da der Grossteil der Wohnungen, die im 1. Halbjahr 2008 bewilligt<br />

wurden, allmählich auf den Markt gelangt.<br />

Die Reduktion der Bauvorhaben kommt jenen Regionen zugute, die ein unterdurchschnittliches<br />

Bevölkerungswachstum aufweisen <strong>und</strong> sonst Probleme bekommen dürften, den zusätzlichen<br />

Wohnraum abzusetzen. <strong>Der</strong> erneute Anstieg der Gesuchsaktivität am aktuellen Rand, unter anderem<br />

ausgelöst von den tiefen Zinskosten, deutet allerdings darauf hin, dass diese Gefahr<br />

noch nicht ganz gebannt ist. Bei den Einfamilienhäusern, die im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> einen substanziellen<br />

Anteil der Wohnraumnachfrage abdecken, bewegt sich die Zahl der Gesuche <strong>und</strong> Bewilligungen<br />

auf ein Niveau zu, das dem langfristigen Mittelwert entspricht.<br />

Swiss Issues Regionen 54


Hohe erwartete Ausweitung<br />

in der Region Brig<br />

Nachfragedruck aus Genferseeregion<br />

schützt Unterwallis<br />

vor Überangebot<br />

Abbildung 45<br />

Baubewilligungen <strong>und</strong> Baugesuche im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 1995–2009<br />

Anzahl Wohneinheiten, gleitende Summe über 12 Monate; EFH: Einfamilienhäuser, MFH: Mehrfamilienhäuser<br />

3'500<br />

3'000<br />

2'500<br />

2'000<br />

1'500<br />

1'000<br />

500<br />

0<br />

Gesuche EFH Bewilligungen EFH<br />

Gesuche MFH Bewilligungen MFH<br />

Economic Research<br />

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009<br />

Quelle: Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research<br />

In der Region Brig liegt die geplante Bautätigkeit trotz sinkender Bewilligungsaktivität weit über<br />

der Anzahl an Wohnungen, die im Durchschnitt der letzten Jahre vom Markt absorbiert werden<br />

konnten (Abbildung 46). In Visp ist die erwartete Ausweitung bereits deutlich gesunken <strong>und</strong> hat<br />

sich der vergangenen Absorptionsfähigkeit des Marktes angepasst. Da dies jedoch eine noch<br />

sehr junge Entwicklung ist, werden auch hier 2010 noch einige Wohnungen auf den Markt<br />

kommen. Für alle <strong>Oberwallis</strong>er Regionen gilt, dass sich die erwartete Ausweitung zum Grossteil<br />

im Bau von Zweitwohnungen <strong>und</strong> Ferienhäusern äussern dürfte. Darauf deutet die Kombination<br />

aus schwacher Bevölkerungsdynamik <strong>und</strong> hohem Anteil an geplantem Wohneigentum hin.<br />

Abbildung 46<br />

Erwartete Ausweitung <strong>und</strong> vergangene Absorption in den <strong>Wallis</strong>er Regionen<br />

Baubewilligungen der letzten 12 Monate gemessen am Bestand; Absorption im Mittel der letzten 5 Jahre<br />

Brig<br />

Sion<br />

Martigny<br />

Sierre<br />

Monthey/<br />

St. Maurice<br />

Schweiz<br />

Visp<br />

Leuk<br />

Goms<br />

Mietwohnungen<br />

Eigentumswohnungen<br />

Einfamilienhäuser<br />

Mittlere Absorption<br />

0.0% 0.2% 0.4% 0.6% 0.8% 1.0% 1.2% 1.4% 1.6% 1.8%<br />

Quelle: Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research<br />

<strong>Der</strong> Mietwohnungsanteil der erwarteten Ausweitung fällt in den Unterwalliser Regionen höher<br />

aus. Dabei ist Sierre die einzige Region, in der die Wohnraumplanung auf hohem Niveau verharrt.<br />

Als Folge davon übersteigt die erwartete Ausweitung die mittlere Absorption von Wohnungen<br />

der letzten Jahre um das Doppelte. Diese hohe Ausweitung dürfte in der Region Sierre<br />

Swiss Issues Regionen 55


Zweitwohnungen in <strong>Wallis</strong>er<br />

Ferienorten: Hoher Anteil,<br />

durchschnittlicher Zuwachs<br />

Economic Research<br />

ein Überangebot provozieren, sobald die Nachfrage nachlässt, was bereits für 2009, spätestens<br />

aber 2010 zu erwarten ist. In den Regionen Sion, Martigny <strong>und</strong> Monthey/St. Maurice hingegen<br />

ist die erwartete Ausweitung auf nachhaltigere Niveaus gesunken – allerdings erst seit kurzem.<br />

Das Wohnungsangebot wird damit auch 2010 noch hoch bleiben. Im Gegensatz zu den <strong>Oberwallis</strong>er<br />

Regionen kommt dem Unterwallis jedoch die Nähe zum Genfersee beim Absatz der<br />

neuen Wohnungen zur Hilfe. Die hohen Preisanstiege des Genferseeraums motivieren viele<br />

Haushalte, ihren Wohnsitz in das Unterwallis zu verlegen. Dabei ist zwischen Tagespendlern <strong>und</strong><br />

solchen, die am Arbeitsort ein Pied-à-terre behalten <strong>und</strong> erst am Wochenende ins <strong>Wallis</strong> zurückkehren,<br />

zu unterscheiden. Entsprechend entstehen im Unterwallis nicht nur Ferienwohnungen,<br />

sondern auch neuer Wohnraum für Pendler <strong>und</strong> Arbeitnehmer der ansässigen Industrie-<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungsunternehmen. Aufgr<strong>und</strong> der sehr hohen Nachfrage nach Zweitwohnungen<br />

der letzten Jahre muss trotzdem davon ausgegangen werden, dass gerade in den renommierten<br />

Tourismusdestinationen des Unterwallis ein erheblicher Anteil des Wohnraumzuwachses auf<br />

Zweitwohnungen <strong>und</strong> Ferienhäuser entfällt.<br />

Zweitwohnungen im Kreuzfeuer der Kritik<br />

Zweitwohnungen befinden sich seit langem im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Im Kern<br />

besteht der Zielkonflikt des Zweitwohnungsbaus darin, dass alpine Tourismusorte mit der<br />

Überbauung naturbelassener Landschaften mit Häusern, die nur einen Bruchteil des Jahres<br />

genutzt werden, ihr grösstes Kapital vernichten. Trotz der geringen Auslastung schätzt der<br />

Schweizer Tourismusverband den Anteil von Übernachtungen in Zweitwohnungen auf 30%<br />

aller touristischen Übernachtungen. Damit leisten Zweitwohnungen einen erheblichen Wertschöpfungsbeitrag<br />

für touristische Destinationen. Eine Wertschöpfungssteigerung einer Gemeinde<br />

durch den Bau von Zweitwohnungen ist möglich, solange diese die Attraktivität des<br />

Ferienortes nicht schmälern. Dennoch ist der Begriff der kalten Betten zum Synonym für<br />

Zweitwohnungen geworden, <strong>und</strong> inzwischen hat sich ein breiter Konsens durchgesetzt, der<br />

warmen Betten eine höhere Wertschöpfung <strong>und</strong> eine nachhaltigere Entwicklung beimisst als<br />

kalten Betten.<br />

Die Einsicht, dass im Falle überbordender Entwicklungen eine Regulierung der Bautätigkeit<br />

notwendig ist, löst alleine das Problem noch nicht. Die Problematik ist komplex, <strong>und</strong> der<br />

Massnahmenkatalog zur Einschränkung des Zweitwohnungsbaus ist umfangreich. Aus ökonomischer<br />

Sicht geht es vorweg um die Frage "Anreiz oder Verbot?". Doch hierzu scheiden<br />

sich vielerorts bereits die Geister. Die bekannten Massnahmen lassen sich grob in raumplanerische<br />

<strong>und</strong> abgaberechtliche Massnahmen unterteilen. Die raumplanerischen Massnahmen<br />

haben zumeist zum Ziel, mittels Quoten, Kontingenten oder Zonenplänen den Zweitwohnungsbau<br />

einzuschränken. Diese Form von Massnahmen krankt daran, dass die Vorschriften<br />

teilweise unterlaufen oder zuwenig strikt kontrolliert werden. Abgaberechtliche Massnahmen<br />

versuchen über zusätzliche Steuern <strong>und</strong> Kausalabgaben eine lenkende Wirkung zu entfalten.<br />

Sie sind aus ökonomischer Sicht laut bisherigen Erfahrungen jedoch zumeist wenig wirksam,<br />

denn der klassische Zweitwohnungsbesitzer ist gegen solche Massnahmen relativ resistent.<br />

Die Preiselastizität des repräsentativen Zweitwohnungsbesitzers liegt dermassen tief, dass<br />

Verhaltensänderungen in der Regel ausbleiben. Die geringe <strong>und</strong> trotz einfacherer Vermittlung<br />

gar sinkende Vermietungsquote von Zweitwohnungen illustriert die Immunität der Zweitwohnungsbesitzer<br />

gegenüber finanziellen Überlegungen. Beiden Stossrichtungen eigen ist, dass<br />

sie – sofern erfolgreich – zu unmittelbar geringerer Wertschöpfung führen <strong>und</strong> deswegen oft<br />

am politischen Widerstand scheitern. Letztlich sind die Dringlichkeit <strong>und</strong> die Form regulatorischer<br />

Massnahmen abhängig vom Ausmass der Problematik vor Ort.<br />

Abbildung 47 verdeutlicht den geschätzten Anteil von Zweitwohnungen am Wohnungsbestand<br />

<strong>und</strong> die Zuwachsdynamik von 2000 bis 2007 in ausgewählten Ferienorten. <strong>Der</strong> Zweitwohnungsanteil<br />

liegt in allen dargestellten <strong>Wallis</strong>er Feriendestinationen mit Ausnahme von Zermatt<br />

über dem Mittelwert der touristischen Gemeinden in der Schweiz, der bei 52% liegt. In Leukerbad<br />

wird ein Spitzenwert von 73% erreicht. In Zermatt <strong>und</strong> Saas-Fee ist die Anzahl an Zweitwohnungen<br />

von 2000 bis 2007 um 20 bzw. 24% angestiegen – in anderen <strong>Wallis</strong>er Destinationen<br />

verlief das Wachstum dagegen moderater. Tendenziell zeigt die Grafik, dass der Zweitwohnungsbau<br />

seit 2000 ein geringeres Wachstum aufweist, je höher der Zweitwohnungsanteil<br />

Swiss Issues Regionen 56


Angebot von Suiten-Hotels<br />

wächst<br />

Anzeichen einer<br />

Überhitzung der Preise in<br />

den Ferienorten<br />

Grosse Preisspektren<br />

innerhalb von <strong>Kanton</strong>,<br />

Regionen <strong>und</strong> Gemeinden<br />

Economic Research<br />

in einer Gemeinde bereits ist. <strong>Der</strong> Zweitwohnungsanteil bewegt sich generell im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong><br />

auf hohem Niveau, <strong>und</strong> der Drang wie auch die Kreativität zur Einschränkung weiteren Wachstums<br />

ist entsprechend gross. In Crans-Montana werden neue Mehrfamilienhäuser nur noch bewilligt,<br />

wenn mindestens 70% der Liegenschaft dauerhaft bewohnt oder gewerblich genutzt<br />

werden. In Zermatt gilt seit Ende 2007 eine Quotenregelung, die den Zweitwohnungsbau auf<br />

eine Fläche von maximal 850 m 2 pro Jahr beschränkt. Insofern dürfte das zwischen 2000 <strong>und</strong><br />

2007 beobachtete starke Wachstum an Zweitwohnungen in Zukunft deutlich geringer ausfallen.<br />

Abbildung 47<br />

Dynamik des Zweitwohnungsbaus in ausgewählten Ferienorten 2000–2007<br />

Wachstum von Zweitwohnungen <strong>und</strong> Zweitwohnungsanteil in Prozent; Achsenkreuz entspricht dem Mittelwert der Schweizer<br />

Tourismusgemeinden<br />

Wachstum Zweitwohnungen<br />

50%<br />

40%<br />

Meiringen<br />

Samnaun<br />

Klosters-Serneus Maloja<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Davos<br />

Lauterbrunnen-Wengen-<br />

Mürren<br />

Zermatt<br />

Scuol<br />

Kandersteg<br />

Interlaken Sigriswil Gstaad<br />

Grindelwald<br />

St. Moritz Flims<br />

Celerina/Schlarigna<br />

Saas-Fee<br />

Lenk<br />

Hasliberg<br />

Arosa Aletscharena<br />

Crans-Montana Val d'Anniviers<br />

Laax<br />

Verbier Leukerbad<br />

Engelberg Lenzerheide/Valbella<br />

-10%<br />

Pontresina<br />

Adelboden<br />

Sils im Engadin/Segl<br />

-20%<br />

Tourismusorte CH<br />

Tourismusorte VS<br />

Leysin<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%<br />

Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />

Zweitwohnungsanteil<br />

Um der Nachfrage nach Wohnungen trotzdem gerecht zu werden, sind einige Hotels dazu übergegangen,<br />

zusätzlich Appartements anzubieten. Von Apart- <strong>und</strong> Suiten-Hotels geplante Projekte<br />

unterliegen nicht der Quotenregelung. Dementsprechend liegt die Vermutung nahe, dass<br />

verstärkt Suiten-Hotels projektiert werden, um die Quotenregelung unter dem Deckmantel des<br />

Hotelbetriebes zu unterlaufen. Diese Erklärung greift jedoch zu kurz. Vielmehr ist die traditionelle<br />

Hotellerie gezwungen, mit neuen Konzepten auf ihre strukturellen Probleme zu reagieren. Dazu<br />

gehört die Erkenntnis, dass die Kombination aus Ferienwohnung <strong>und</strong> Hotel stark gefragt ist.<br />

Schliesslich bieten diese hybriden Beherbergungsformen ihren K<strong>und</strong>en voll ausgestattete Ferienwohnungen,<br />

ohne dass sie auf den Komfort eines Hotels verzichten müssen. Vor allem im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong>, dessen Tourismus stark von den Gästen aus Ländern wie Grossbritannien <strong>und</strong><br />

Holland lebt – K<strong>und</strong>engruppen, die einer Weitervermietung der eigenen Ferienwohnung nicht<br />

abgeneigt sind, eröffnen solche hybriden Beherbergungsformen einen Ausweg aus der Problematik<br />

der kalten Betten.<br />

Eine Folge der hohen Zweitwohnungsnachfrage der letzten Jahre ist, dass die Preisniveaus für<br />

Stockwerkeigentum in <strong>Wallis</strong>er Gemeinden äusserst unterschiedlich ausfallen. Insbesondere die<br />

Preisniveaus der Top-Feriendestinationen zeigen sich als Ausreisser (Abbildung 48). Treibende<br />

Faktoren sind die Lage des Objektes <strong>und</strong> das Renommee des Ortes. Wird das Angebot an<br />

Zweitwohnungen regulatorisch verknappt, werden die hohen Preisanstiege für Eigentumswohnungen<br />

in den Top-Tourismusdestination zusätzlich beschleunigt.<br />

In Verbier <strong>und</strong> Zermatt erreichten die Preise von Eigentumswohnungen jüngst neue Höhen:<br />

Wer in der Gemeinde Bagnes eine durchschnittliche Eigentumswohnung 2 erwerben wollte,<br />

musste im 2. Quartal 2009 gut 1.4 Mio. CHF bezahlen. Dies entspricht einer Preissteigerung<br />

von 92% gegenüber einer vergleichbaren Wohnung vor fünf Jahren. Preissteigerungen von 40<br />

2 110 m 2 Wohnfläche, Baujahr 2009, sehr guter Zustand, durchschnittlicher Ausbaustandard, gute Lage innerhalb der Gemeinde.<br />

Swiss Issues Regionen 57


Economic Research<br />

bis 60% über fünf Jahre sind auch in anderen Gemeinden keine Seltenheit. Die hohe Heterogenität<br />

der Preise ist nicht nur innerhalb des <strong>Kanton</strong>s <strong>und</strong> innerhalb seiner Regionen sehr gross,<br />

sondern auch innerhalb den Gemeinden selbst. Betrachtet man zum Beispiel die Angebotspreise<br />

für Stockwerkeigentum in Zermatt, so findet man das 30%-Quantil bei 6'317 CHF pro<br />

Quadratmeter <strong>und</strong> das 70%-Quantil bei 12'735 pro Quadratmeter. Das bedeutet, dass 40%<br />

der im 2. Quartal 2009 in Zermatt beobachteten Preise sich zwischen diesen Werten bewegen,<br />

30% unter 6'317 CHF <strong>und</strong> 30% über 12'735 CHF pro Quadratmeter.<br />

Abbildung 48<br />

Transaktionspreise für Eigentumswohnungen im <strong>Kanton</strong> <strong>Wallis</strong> 2009<br />

Eigentumswohnungen mit 110 m 2 Wohnfläche, Neubau, durchschnittlicher Ausbaustandard, in CHF<br />

La Broye<br />

Glâne/<br />

Veveyse<br />

Vevey/Lavaux<br />

Monthey/<br />

St-Maurice<br />

La Sarine<br />

La Gruyère<br />

Pays<br />

d'Enhaut<br />

Aigle<br />

Martigny<br />

Sense<br />

Saanen/<br />

Obersimmental<br />

Sion<br />

Quelle: Wüest & Partner, Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS<br />

Thun<br />

Sierre<br />

Leuk<br />

Kandertal<br />

Visp<br />

Brig<br />

BernerOberland-Ost<br />

Goms<br />

Uri<br />

Hauptverkehrsstrassen<br />

> 1'000'000<br />

800'000 - 1'000'000<br />

650'000 - 800'000<br />

550'000 - 650'000<br />

500'000 - 550'000<br />

450'000 - 500'000<br />

400'000 - 450'000<br />

350'000 - 400'000<br />

< 350'000<br />

0 5 10 20 Km<br />

Eine konjunkturbedingt nachlassende Nachfrage dürfte gerade im oberen Preissegment für eine<br />

willkommene Abkühlung der Überhitzungen sorgen. In den Regionen Sion, Martigny <strong>und</strong><br />

Monthey/St. Maurice waren im 1. Halbjahr 2009 bereits stagnierende Preisentwicklungen für<br />

Stockwerkeigentum zu beobachten. Hier sind Preiskorrekturen nicht ausgeschlossen. In Sierre<br />

sind die Preisanstiege hingegen auch im 1. Halbjahr 2009 noch ungebrochen – aber auch hier<br />

ist im Laufe des 2. Halbjahres 2009 mit einer Abschwächung der Preisdynamik zu rechnen. Im<br />

<strong>Oberwallis</strong> stagnieren die Preise für Stockwerkeigentum zum Teil schon seit längerem, allerdings<br />

auf einem tieferen Niveau als im Unterwallis.<br />

Swiss Issues Regionen 58

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