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blu Oktober 2018

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Schauspieler habe ich natürlich größten<br />

Respekt vor Autoren und bin dankbar<br />

für jede Vorlage, aus der ich eine Energie,<br />

Stimulanz und Inspirationen ziehen kann,<br />

denn das ist ja nicht selbstverständlich.<br />

Je länger ich diesen Beruf mache, desto<br />

mehr habe ich gelesen. Aber irgendwie<br />

gibt es zum Glück immer wieder neue<br />

Lichtstunden, in denen ich ein Werk lese,<br />

das dann doch wieder etwas auf vollkommen<br />

neue Weise erzählt. Selbst wenn das<br />

Erzählte vielleicht nicht neu ist. Dafür bin<br />

ich total dankbar, denn das ist das Fundament<br />

meiner Arbeit.<br />

Zwischendurch kommt es aber<br />

sicherlich vor, dass man es<br />

als Schauspieler mit Drehbüchern<br />

zu tun hat, die<br />

vielleicht nicht unbedingt<br />

eine Lichtstunde sind,<br />

oder?<br />

Klar, wir alle machen<br />

Kompromisse. Ich kenne<br />

zumindest keine Person,<br />

die das nicht macht. Wir<br />

müssen alle unsere Miete<br />

bezahlen, und das könnte<br />

ich nicht, wenn ich immer auf<br />

literarische Meisterwerke warte.<br />

Aber ich kann versuchen, mir zumindest<br />

halbwegs treu zu bleiben<br />

und nicht jeden Scheiß mitzumachen.<br />

Das ist der Anspruch, den ich an mich<br />

selber habe. Zwischendurch möchte ich<br />

allerdings auch in der Lage sein, meiner<br />

Tochter ein paar frische Weintrauben zu<br />

kaufen. (lacht)<br />

Macht es die Erfahrung über die<br />

Jahre leichter abzuwägen, welche<br />

Angebote man annimmt und welche<br />

nicht?<br />

Leider nicht, obwohl ich so gerne Ja sagen<br />

würde. Man sagt ja immer: Hör auf dein<br />

Bauchgefühl. Aber was ist denn, wenn<br />

du gar nichts hörst? Es ist ja, bei aller<br />

Liebe zur Spiritualität, nicht so, dass wir<br />

immer eindeutige Ansagen von innen<br />

bekommen. Selbst wenn man wie ich ab<br />

und zu meditiert und ganz gut in Kontakt<br />

mit sich selbst ist. Letztendlich ist es mir<br />

wichtig, nicht in einen Schlendrian zu<br />

verfallen, denn Routine ist ein Killer – für<br />

die Kunst, aber auch im Leben allgemein.<br />

Was ich nie sein wollte, war jemand, der<br />

einfach nur arbeitet, weil es halt so läuft,<br />

ohne dass ich da wirklich irgendwelche<br />

Impulse finde oder eine Leidenschaft<br />

verspüre.<br />

Sie stehen seit mittlerweile 28 Jahren<br />

vor der Kamera. Gab es in dieser<br />

Zeit mal Phasen, in denen Sie die<br />

Lust am Job verloren haben?<br />

Ich kenne ehrlich gesagt niemanden, dem<br />

seine Arbeit über einen langen Zeitraum<br />

wirklich jeden Tag Spaß macht. Auch bei<br />

mir hängt das immer von der Tagesform<br />

ab. Natürlich gibt es Tage, an denen mein<br />

Beruf mich unglaublich anstrengt. Es<br />

macht halt nicht immer Spaß zu spielen,<br />

man hätte gerade seine Mutter verloren<br />

oder sich gerade wahnsinnig über ein<br />

Geburtstagsgeschenk gefreut.<br />

Sie sorgen mit Ihrer Rollenauswahl<br />

auf jeden Fall für viel Abwechslung,<br />

da stehen dann Filme wie „Anatomie“<br />

und „Der Krieger und die<br />

Kaiserin“ neben den Arbeiten mit<br />

Christian Petzold oder kleinen Produktionen<br />

wie „Nachthelle“ von Florian<br />

Gottschick, der im Kino leider<br />

wenig Aufmerksamkeit bekam ...<br />

Allerdings habe ich gerade während<br />

der Dreharbeiten zu „Intrigo – Tod<br />

eines Autors“ dann doch wieder<br />

mitbekommen, dass den auch<br />

Leute gesehen haben. Da saß in<br />

Antwerpen am Nachbartisch<br />

ein homosexuelles Paar, das<br />

immer herüberguckte und so<br />

vertraulich lächelte. Irgendwann<br />

fragten sie mich, ob<br />

ich ein deutscher Schauspieler<br />

sei, und sagten, dass<br />

„Nachthelle“ ein großartiger<br />

Film sei. Auf Netflix hat der<br />

Film noch mal ein ganz neues<br />

Publikum erreicht, auch im Ausland.<br />

Das freut mich.<br />

Noch eine Frage zur Serie<br />

„Babylon Berlin“, die ja ab Ende<br />

September auch endlich in der ARD<br />

zu sehen ist. Haben Sie da vor allem<br />

mitgespielt, um mal wieder mit Tom<br />

Tykwer zu arbeiten?<br />

Tom ist ein guter Freund von mir, den<br />

sehe ich sowieso regelmäßig. Gerade<br />

haben wir uns noch privat beim Italiener<br />

oder Griechen gesehen, und dann steht<br />

er plötzlich wieder vor mir und erklärt<br />

mir, wie er sich eine Szene vorstellt. Wir<br />

müssen dann beide von sehr privat auf<br />

Weimarer Republik umschalten.<br />

*Interview: Patrick Heidmann<br />

FILM<br />

IM VERLEIH DER<br />

„Authentisch und bewegend.“<br />

The Hollywood Reporter<br />

„Echter als in den Spielszenen mit dem FC St. Pauli hat<br />

Fussball-Action im Kino noch selten gewirkt.“ Tele<br />

MEDIENPARTNER<br />

/MarioFilm

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