SPORTaktiv Skitourenguide 2018
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HERR LEHRER|<br />
WILL ES WISSEN|<br />
März <strong>2018</strong>: Bei der Altitoy Ternua<br />
in den französischen Pyrenäen<br />
läuft Jakob Herrmann im Zweier-Team<br />
mit Bergsport-Ikone Killian Jornet<br />
zum Sieg. Das Altitoy-Rennen gehört zur<br />
La-Grande-Course-Serie; diese traditionsreichen<br />
Langdistanzrennen im Spätwinter<br />
zählen nicht zum regulären Weltcup, sind<br />
in der Szene aber hoch angesehen. Die<br />
Weltelite steht geschlossen am Start, für<br />
Szenekenner gilt Herrmanns Sieg als bis<br />
dato beste Leistung eines österreichischen<br />
Skibergsteigers.<br />
Zehn Tage später gehen Herrmann/Jornet<br />
als Favoriten in die Pierra Menta. Das<br />
viertägige Rennen in der Region Savoyen<br />
steht noch eine Stufe über dem Altitoy und<br />
gilt als so etwas wie die „Tour de France“<br />
der Skibergsteiger. Vier Tage lang, bis zur<br />
vorletzten Abfahrt, liegen der Österreicher<br />
und der Spanier auf Siegkurs. Ein Sturz<br />
Jornets und (wie sich herausstellt) ein Wadenbeinbruch<br />
lassen den Traum platzen,<br />
150 Höhenmeter vom Ziel entfernt.<br />
„Als ich allein ins Ziel gelaufen bin, hab<br />
ich nicht gewusst, ob ich weinen oder mich<br />
doch über die Leistung freuen soll“, sagt<br />
Jakob Herrmann. Es ist September, als wir<br />
den 31-Jährigen in seiner Heimat Werfenweng<br />
treffen, in der Woche zwischen<br />
Ötztaler Radmarathon (den beendete er in<br />
8:02 Stunden) und Dolomitenmann (als<br />
Paragleiter, Platz 4). Es ist auch die Woche<br />
vorm Schulstart. Der betrifft Herrmann<br />
heuer ausnahmsweise nicht: Als NMS-Lehrer<br />
für Mathematik, Sport und Ernährung<br />
ist er karenziert. Das Saisonbugdet<br />
<strong>2018</strong>/19 stellte er mit Einnahmen aus seiner<br />
Paragleitschule und mithilfe von Sponsoren<br />
auf. Im Frühling <strong>2018</strong> war das noch<br />
IN FRANKREICH ODER SPANIEN<br />
WÄRE JAKOB HERRMANN<br />
VERMUTLICH EIN NATIONALHELD.<br />
BEI UNS IST ER PÄDAGOGE MIT<br />
HÖCHSTER SPORTLICHER<br />
AMBITION. DER SALZBURGER<br />
ÖSV-SKIBERGSTEIGER SETZT IM<br />
WINTER <strong>2018</strong>/19 ABER ERSTMALS<br />
ALLES AUF DEN SPORT.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
anders: Unterricht statt Physiotherapie hieß<br />
Herrmanns Regenerations-Programm an<br />
Montagen nach Rennwochenenden. Nicht<br />
ungewöhnlich für einen österreichischen<br />
Spitzen-Skibergsteiger: Auch im fünften<br />
Jahr nach der Eingliederung in den ÖSV<br />
ist die Sportart bei uns ein „Amateursport<br />
auf Profiniveau“. Oder eine „Liebhaberei“<br />
für Bergnarrische …<br />
Berggehen statt Training<br />
Als solchen kann man ihn getrost bezeichnen:<br />
„Ich sag nie, ich geh trainieren<br />
– sondern in die Berge“. In Werfenweng,<br />
auf 1000 m Seehöhe, umgeben von einer<br />
traumhaften Bergwelt, lebt der gebürtige<br />
Wiener seit dem dritten Lebensjahr. Die<br />
Liebe zum Sport hat er von den Eltern<br />
mitbekommen, mit dreieinhalb stand er<br />
auf Skiern. Auf einer Vollmondskitour<br />
hat ihn zwölfjährig das Skitourengehen<br />
in Beschlag genommen. Als Schüler der<br />
Skitourismusschule Bad Hofgastein fuhr<br />
der Zug dennoch kurz in Richtung alpinem<br />
Skirennlauf – „aber ich hab mich<br />
damals schon lieber dort bewegt, wo kein<br />
Fotos: Willi Seebacher, Helga Koller, David Geiergger, Jakob Herrmann<br />
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