U&ME 2/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 2/2018
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Mein Thema<br />
Durch die Decke<br />
Krankenschwester Ina Wiegard-<br />
Szramek ist deutschlandweit als<br />
Expertin gefragt. Ihr Herzensthema:<br />
die Bauchfelldialyse.<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Der Zeitgeist ist schuld, dass Ina Wiegard-<br />
Szramek in der Nierenheilkunde gelandet<br />
ist. „Als junge Schwester wollte ich eigentlich<br />
in die Unfallambulanz“, erinnert sich die Leiterin<br />
der Dialysestation des Universitätsklinikums<br />
Essen. „Aber da wurden 1976 nur männliche Pfleger<br />
eingestellt.“ Frauen, so dachte man damals, können<br />
dem körperlich anstrengenden Job in der Notfallambulanz<br />
nicht standhalten.<br />
Auch die Dialyse ist damals noch eine harte<br />
Prozedur. Zwölf Stunden dauerte Ende der 1970er<br />
Jahre das Verfahren, mit dem Nierenkranke drei Mal<br />
die Woche ihr Blut reinigen. Heute braucht eine Dialyse<br />
noch knapp vier Stunden. „Die Medizin hat sich<br />
hier unglaublich weiterentwickelt“, sagt die 63-Jährige.<br />
„Und die Entwicklung ist noch nicht zu Ende.“<br />
Dialyse zu Hause<br />
Heute gilt „Schwester Ina“, wie sie auf Station nur<br />
genannt wird, deutschlandweit als Dialyse-Expertin.<br />
Dass Fachkrankenschwestern hier mehr praktisches<br />
Wissen haben als viele Ärzte, sei nicht ungewöhnlich,<br />
sagt Wiegard-Szramek: „Wir haben ja auch viel<br />
mehr Kontakt zu den Patienten und den Maschinen.“<br />
Dass Mediziner sie heute bei Fragen zur Dialyse zuweilen<br />
gezielt anschreiben, liege aber auch daran,<br />
dass sie sich berufspolitisch engagiert: Als Vorstand<br />
des Fachverbands nephrologischer Berufsgruppen<br />
(FNB) organisiert sie Kongresse, publiziert Fachbeiträge<br />
und hält Vorträge. Meist über ihr Herzensthema:<br />
die Peritoneal- oder Bauchfelldialyse.<br />
Anders als bei der bekannteren Hämodialyse<br />
wird dabei das Blut nicht in einer Maschine gereinigt.<br />
„Die Peritonealdialyse nutzt das Bauchfell als<br />
Filtermembran“, sagt Wiegard-Szramek. „Wir legen<br />
dem Patienten einen Schlauch durch die Bauchdecke<br />
und führen eine sterile Dialyselösung ein.“ Mit<br />
INA WIEGARD-SZRA<strong>ME</strong>K leitet die<br />
Dialysestation am Universitätsklinikum<br />
Essen.<br />
der Zeit diffundieren die Giftstoffe, die der Körper<br />
über die Niere nicht mehr ausscheiden kann, durch<br />
das Bauchfell in die Lösung, die nach ein paar Stunden<br />
ausgetauscht werden muss. Der Katheter verbleibt<br />
im Bauch, was den Patienten ermöglicht, die<br />
Dialyse selbständig zu Hause durchzuführen.<br />
Am Universitätsklinikum werden etwa die<br />
Hälfte der Betroffenen auf diese Art versorgt.<br />
Deutschlandweit dagegen wird das Verfahren nur in<br />
fünf Prozent der Fälle angewandt „Und das, obwohl<br />
es gleichwertig zur Hämodialyse und für die Patienten<br />
sehr schonend ist“, sagt Wiegard-Szramek.<br />
Auch um das zu ändern, schreibt und spricht<br />
sie immer wieder über ihr Thema – demnächst auf<br />
einem Kongress in Konstanz mit 800 Teilnehmern.<br />
Eine Krankenschwester, die Nephrologen-Vorträge<br />
hält – wie kommt das bei Ärzten an? „Manche finden<br />
das seltsam“, gibt Wiegard-Szramek zu. Häufig höre<br />
sie die Frage: Warum haben Sie eigentlich nicht Medizin<br />
studiert? „Ich antworte dann immer: Ich bin<br />
eine gute Krankenschwester. Ein Medizinstudium<br />
könnte den Wert meiner Arbeit nicht steigern.“<br />
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