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Stolpersteine_2018_komplett

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Fa. Gutsch in Karlsruhe. Vom Sohn Franz Daniel wissen wir nicht, ob er 1910/13 mit<br />

nach Karlsruhe gezogen war; er wurde jedenfalls Kaufmann und heiratete 1923 nach<br />

Bruchsal. 1933/34 fehlt von Jettchen Bär, Johanna Bär und Ludwig Elsasser im Karlsruher<br />

Adressbuch jede Spur, obwohl Ludwig Elsasser noch bis zu seinem Tod im Dezember<br />

1936 Geschäftsführer des Düngemittelhandels im Karlsruher Rheinhafen war. Er<br />

sollte der letzte der Familie in Karlsruhe sein. Nach dem Tod des ältesten Bruders Max<br />

Elsasser 1932 hatte dessen Sohn Rudolf Elsasser die Leitung des Betriebs zusammen mit<br />

Ludwig übernommen. Dieser Neffe wanderte aber 1936 nach Israel aus, sodass Jettchen<br />

Bär keine näheren Verwandten mehr in Karlsruhe hatte.<br />

Jettchen und ihre Tochter Johanna mussten abermals umziehen, diesmal nach Bruchsal,<br />

und Jettchen Bär wird im Bruchsaler Adressbuch von 1933/36 im Haus Schillerstr. 10<br />

genannt. Dort wohnte ihr Sohn Franz Daniel Bär, zusammen mit seiner Frau Toni geb.<br />

Ledermann, der 1924 geborenen<br />

Enkelin Ellen Bär und seiner<br />

Schwiegermutter, der verwitweten<br />

Mathilde Ledermann. Die<br />

Wohnung war seit Jahrzehnten<br />

von der Familie Ledermann gemietet.<br />

Franz Daniel wohnte mit<br />

seiner Familie zuvor am Hoheneggerplatz<br />

9, war aber schon<br />

Partie der Bruchsaler Schillerstraße, vom Kino aus gesehen.<br />

Foto: Michael Hofmeister (www.bruchsaler-ansichtskarten.de).<br />

38<br />

1931/32 in der Schillerstr. 10 bei<br />

der Schwiegermutter gemeldet.<br />

Jettchens Tochter Johanna Bär<br />

wohnte auch kurzzeitig in Bruchsal, und sie gab später an, dass der Umzug von Karlsruhe<br />

nach Bruchsal 1935 erfolgte, weil sie aus rassischen Gründen im August 1935 entlassen<br />

worden war, und sie im August 1936 von der Bruchsaler Adresse Kaiserstraße 16<br />

aus nach Argentinien auswanderte. Dass sie dort gemeinsam mit Jettchen Bär und der<br />

ledigen Tante Karoline Elsasser, Jettchens jüngster Schwester, wohnte, geht aus dem<br />

Adressbuch von 1938 hervor – allerdings sind die Jahresangaben so nicht ganz stimmig.<br />

Im Juli 1938 musste Jettchen Bär abermals Abschied nehmen von dem Mann, der sie<br />

ernährte – nach ihrem Ehemann 1910 und ihrem Bruder 1936 war es jetzt der einzige<br />

Sohn: Franz Daniel Bär wanderte zusammen<br />

mit seiner Ehefrau Toni, seiner Tochter<br />

Ellen und seiner Schwiegermutter Mathilde<br />

Ledermann über Luxemburg und Le<br />

Havre nach New York aus und ließ sich in<br />

Los Angeles nieder.<br />

Auch ihre wohl nur kurzzeitig genutzte<br />

Wohnung in der Kaiserstraße 16 mussten<br />

die beiden in Bruchsal zurückgebliebenen<br />

Todesanzeige von Jettchen Bär. Foto: Aufbau.<br />

Von links: Franz Daniel, Toni und Johanna Bär. Foto 1 und 2: privat, Foto 3: GLA KA 480 Nr. 26017.<br />

Schwestern Jettchen Bär und Karoline Elsasser wieder aufgeben – bei der Volkszählung<br />

im Mai 1939 wohnte Jettchen in der Schloßstr. 5, Karoline in der Rheinstr. 26. Vor der<br />

Deportation nach Gurs mussten beide abermals umziehen: Karoline zog 1939 nach<br />

Mannheim ins Jüdische Altersheim, Jettchen wahrscheinlich im Frühjahr 1940 ins Haus<br />

Bismarckstr. 3, in eines der Bruchsaler sog. „Judenhäuser“.<br />

Wie alle anderen Bruchsaler Juden wurde Jettchen Bär, inzwischen 72-jährig, am<br />

22.10.1940 nach Gurs deportiert, wo sie wieder auf ihre Schwester Karoline Elsasser traf.<br />

Wenn die Angaben der Tochter Johanna stimmen, war die Deportation für Jettchen besonders<br />

tragisch, da Jettchen nur drei Wochen gefehlt haben sollen, um nach Argentinien<br />

auszuwandern. Die ganze Habe sei schon verpackt in Hamburg gelagert gewesen.<br />

Am 19. Januar 1942 wurde Jettchen von Gurs ins Camp de Noé überstellt und ist von<br />

dort aus am 20.8.1943 nach Martel in Lothringen gekommen. Dort war sie bis 31. Januar<br />

1946 in einem gewöhnlichen Altersheim untergebracht und entging somit der Deportation<br />

nach Auschwitz. Dann kam sie, zusammen mit ihrer Schwester Karoline, nach<br />

Lourdes ins „Centre d’acceuil international“ und aus gesundheitlichen Gründen am<br />

6.9.1947 in die medizinische Klinik des Hotel Dieu in Rennes. Es wurde Lungenkrebs<br />

diagnostiziert. Jettchen Bärs Zustand verschlimmerte sich immer mehr, sodass sie am<br />

3. Januar 1948 verstarb. Ihren Sohn Franz Daniel, der wohl in regelmäßigem Briefkontakt<br />

mit seiner Mutter und „Tante Karoline“ stand, hatte sie seit 10 Jahren nicht mehr<br />

gesehen. Besonders tragisch ist auch, dass Jettchens Tochter Johanna in Argentinien erst<br />

viele Jahre später erfuhr, dass ihre Mutter den Krieg überlebt hatte.<br />

Todesanzeige von Franz Daniel Bär. Foto: Aufbau.<br />

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Todesanzeige von Toni Bär. Foto: Aufbau.

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