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Stolpersteine_2018_komplett

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Biografie von Josef Heid (1882-1944)<br />

von Rolf Schmitt<br />

„Führer der S.P.D., für die eine persönliche Gefährdung besteht oder zu befürchten ist,<br />

sind in Schutzhaft zu nehmen.“¹<br />

Josef Heid kam am 17. November 1882 in Stühlingen<br />

als Sohn des Grenzaufsehers (Zollbeamten) Wendelin<br />

Heid und dessen Ehefrau Luise, geborene Schneider,<br />

zur Welt. Josef, der evangelisch getauft wurde, verlor<br />

bereits als Kind seinen Vater. Dieser wurde, Josef war<br />

erst sechs oder sieben Jahre alt, auf dem Gelände der<br />

Zuckerfabrik Waghäusel durch eine einstürzende<br />

Halle erschlagen. Danach ging es der Familie finanziell<br />

schlecht. Die ärmlichen Verhältnisse erlaubten es<br />

der Mutter nicht, Josef aufs Gymnasium zu schicken.<br />

Zweimal war Josef Heid verheiratet. Seine erste Ehefrau,<br />

die evangelisch getaufte Sofie Sorn, kam am<br />

7. Juli 1887 in Unteröwisheim zur Welt; dort fand am<br />

10. April 1915 die Hochzeit statt. Sofie verstarb am<br />

14. November 1926 in Villingen. Der gemeinsame<br />

Sohn Werner wurde am 12. März 1916 in Villingen<br />

geboren und in Adelsheim baptistisch getauft. Er<br />

Werner und Margaretha Heid, um 1940. F.: privat.<br />

Josef Heid, um 1930. Foto: privat.<br />

heiratete am 18. Februar 1941 in Mannheim<br />

Margaretha Seltsam.<br />

Mit seiner zweiten Ehefrau, der am 8.<br />

Januar 1907 geborenen Anna Christine<br />

Höpfinger, eine Kusine von Sofie, ging<br />

Josef Heid am 10. April 1928 den Bund<br />

der Ehe ein. Die Hochzeit war wiederum<br />

in Unteröwisheim. Die Eheleute hatten<br />

zwei Kinder. Wilfried kam 1929 in<br />

Villingen zur Welt, der später auch Dieter<br />

genannte Dietrich am 3. September<br />

1933.<br />

Josef Heid schlug die Beamtenlaufbahn ein und war seit 1903 verbeamtet. Ab 1921 war<br />

er als Revisionsinspektor beim Bezirksamt Villingen (entspricht dem heutigen Landratsamt)<br />

beschäftigt. Diese Tätigkeit hatte er bis 1933 inne. Seine letzte Wohnadresse in<br />

Villingen war die Kirnacher Straße 26.<br />

Schon früh war Josef Heid in Villingen für die SPD aktiv. Seit 1922 war er Gemeinde-<br />

bzw. Stadtverordneter, nach der Gemeinderatswahl 1926 im Stadtverordnetenvorstand<br />

und Stellvertreter des Obmanns. Darüber hinaus engagierte er sich im Villinger Mieterschutzverein<br />

und war dort auch Vorsitzender. Er war Vorsitzender der SPD Villingen<br />

und ab 1926 Mitglied des Kreisrates. Daneben hatte er noch weitere Ehrenämter inne.<br />

Bei der Landtagswahl vom 27. Oktober 1929 wurde er für den Wahlkreis Villingen/Wolfach<br />

in den Landtag gewählt. Er war einer von 18<br />

SPD-Abgeordneten im 88 Mitglieder umfassenden<br />

badischen Landtag.<br />

Mit der Machtübertragung im Januar 1933 an<br />

die Nationalsozialisten änderte sich das Leben<br />

von Josef Heid und seiner Familie schlagartig.<br />

Bereits am 10. März 1933 wies die NS-Gauleitung<br />

in einem „dringenden Funkspruch“ unter<br />

anderem an, „Führer der S.P.D., für die eine persönliche<br />

Gefährdung besteht oder zu befürchten<br />

ist, sind in Schutzhaft zu nehmen“¹. Die Villinger<br />

Ortsgruppe der NSDAP schrieb am nächsten<br />

Tag an die örtliche Polizei: „Wir bitten folgende<br />

Persönlichkeiten sofort in Schutzhaft zu nehmen,<br />

da wir für deren persönliche Sicherheit infolge<br />

ihres seitherigen Verhaltens unseren Parteigenossen<br />

gegenüber, keine Garantie mehr übernehmen<br />

können“. In diesem Schreiben waren dann sechs<br />

Personen aufgeführt, darunter „Wilh. Schifferdecker,<br />

Gewerkschaftssekr.“, „Ludwig Uebler, Regierungsrat<br />

beim Arbeitsamt Villingen“ und „Josef Heid, M.d.L. Revisionsinspektor“. Das Schreiben<br />

war unterzeichnet von den Vertretern der Villinger NSDAP-Ortsgruppe sowie<br />

der SS- und der SA-Führung.² In der Nacht vom 16. auf den 17. März 1933 wurden diese<br />

Personen von SA- und SS-Leuten festgenommen, auf dem Weg zur Villinger Polizeiwache<br />

misshandelt und dann der Polizei zur „Inschutzhaftnahme“ übergeben. Die Misshandlungen<br />

waren so gravierend, dass die Inhaftierten für zehn Tage im Krankenhaus<br />

behandelt werden mussten. Danach wurden sie im Villinger Gefängnis arrestiert.<br />

In einem Scheiben vom 13. April 1933 heißt es: „Die Verletzungen […] waren derart, dass<br />

eine Aufnahme in das Amtsgerichtsgefängnis untunlich erschien und daher ihre Unterbringung<br />

in das Städt. Krankenhaus veranlasst werden musste“. Die Misshandelten mussten<br />

die Krankenhauskosten selbst bezahlen. Josef Heid blieb bis zum 29. Mai 1933 im Villinger<br />

Bezirksgefängnis, anschließend kam er ins Konzentrationslager Heuberg und wurde<br />

dort am 27. Juni 1933 entlassen. Auch für den Gefängnis- und KZ-Aufenthalt musste er<br />

selbst aufkommen.<br />

Bereits am 7. April 1933 war Josef Heid eröffnet worden, dass er aufgrund des Gesetzes<br />

zum Schutz des Berufsbeamtentums unter Kürzung seiner Pensionsansprüche auf die<br />

42 43<br />

Anna und Josef Heid mit Sohn Dietrich (?)<br />

im Gartenweg 37, um 1938. Foto: privat.

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