Immobilia 2010/09 - SVIT
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Immobilienwirtschaft<br />
Nachhaltige Immobilienentwicklung<br />
Im Falle eines institutionellen Investors in<br />
Gewerbe- und Wohnimmobilien ging es<br />
um die Fragestellung, wie ein kontinuierlich<br />
wachsender Immobilienbestand bei<br />
gleich bleibenden Personalzahlen bewältigt<br />
werden kann. Als Lösung wurden auf<br />
der Zeitachse nicht nur der zukünftige Personalbedarf<br />
abgebildet, sondern auch organisatorische<br />
Massnahmen innerhalb des<br />
Unternehmens, die einer Zunahme entgegenwirken.<br />
Eine Bereinigung der Dienstleistungsverträge,<br />
der IT-Systeme und der<br />
Reportinganforderungen sind nur drei Beispiele,<br />
die zu einem reduzierten Personalbedarf<br />
führten.<br />
Scorecards – ein integrierter Blick auf<br />
die Nachhaltigkeit. Die Auswahl des richtigen<br />
Labels, die Bewertung von Investitionen,<br />
die vorausschauende Planung der<br />
Bewirtschaftung und der angemessene<br />
Einsatz des Personals sind die zentralen<br />
Elemente einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie<br />
im Immobilienmanagement.<br />
Zusammengefasst werden all diese Elemente<br />
in sogenannten Nachhaltigkeits-<br />
Scorecards, die einen guten Überblick über<br />
die aktuelle Situation geben.<br />
Um die Realisierung strategischer<br />
Vorgaben bis auf die operative Ebene sicherzustellen,<br />
hat sich in der Praxis weitgehend<br />
die Methode der Balanced Scorecard<br />
etabliert. Sie basiert auf Kennzahlen und<br />
auf der These, dass Entscheidungen nicht<br />
nur aufgrund von finanziellen Überlegungen,<br />
sondern ganzheitlich, das heisst unter<br />
Einbezug von Kunden, Prozessen und Innovationen<br />
getroffen werden sollten. In der<br />
Immobilienbranche, insbesondere im Bereich<br />
der Nachhaltigkeit, konnte sich diese<br />
Methodik allerdings noch nicht wirklich<br />
etablieren. Dies ist umso bedauernswerter,<br />
als mit einer Nachhaltigkeits-Scorecard<br />
die Umsetzung von definierten Nachhaltigkeitszielen<br />
über klare Messgrössen<br />
und Zielwerte transparent gesteuert und<br />
geprüft werden kann. Der aktuelle Erfüllungsgrad<br />
der Nachhaltigkeitsziele kann<br />
auf diese Weise zu jedem Zeitpunkt ermittelt<br />
werden.<br />
Das Instrument der Nachhaltigkeits-Scorecard<br />
wird in Zukunft sicher an<br />
Bedeutung gewinnen. Erste umfassende<br />
Projekte sind bereits am Laufen. Ein<br />
schweizerischer Finanzdienstleister ist<br />
zurzeit daran, seine bestehende Balanced<br />
Scorecard um einen umfassenden Nachhaltigkeits-Kriterienkatalog<br />
zu erweitern.<br />
Der Katalog berücksichtigt soziale, ökonomische<br />
und ökologische Aspekte und trägt<br />
dem heutigen Verständnis von Nachhaltigkeit<br />
Rechnung. Nachhaltige Immobilien<br />
sind heute weit mehr als nur grün. Im Gegenteil,<br />
sie werden immer ökonomischer<br />
und damit für Investoren immer interessanter.<br />
So führen beispielsweise sozialere<br />
Arbeitsplatzkonzepte zu einer erhöhten<br />
Produktivität der Mitarbeitenden. Die Betriebs-<br />
und Energiekosten beeinflussen<br />
massgeblich die Rendite und ein verkehrstechnisch<br />
gut erreichbarer Standort bringt<br />
sowohl auf Mitarbeiter seite als auch im<br />
finanziellen Bereich zahlreiche Vorteile.<br />
Die Nachhaltigkeits-Scorecard bezieht<br />
die Sicht der verschiedenen Rollen,<br />
d.h. des Investors, des Eigentümers, des<br />
Bauherrn, aber auch des Bewirtschafters<br />
und des Nutzers der Liegenschaft mit ein<br />
und zeigt mögliche Synergien bzw. Konflikte<br />
zwischen den einzelnen Rollen- und<br />
Nachhaltigkeitszielen auf. Die Grundlage<br />
dafür bilden zuverlässige, einfach zu erhebende<br />
Messgrössen, die einen differenzierten<br />
Vergleich der Objekte ermöglichen.<br />
Welche Nachhaltigkeitsziele und Sollwerte<br />
erreicht werden müssen, hängt von der<br />
Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens<br />
sowie von der Phase im Lebenszyklus<br />
einer Immobilie ab. Nachhaltigkeit kann<br />
zu Beginn eines Lebenszyklus am wirkungsvollsten<br />
geplant und umgesetzt werden.<br />
Dies gilt sowohl im Hinblick auf die<br />
Standortwahl und die Qualität des Gebäudes<br />
als auch in Bezug auf die Kostenfolgen<br />
im Laufe des gesamten Lebenszyklus.<br />
Nachhaltigkeits-Scorecards werden<br />
in der Regel für einzelne Objekte erstellt.<br />
Durch Aggregation können aber ganze<br />
Portfolios abgebildet werden. Wie auf<br />
Objektebene lassen sich durch den Soll-Ist-<br />
Vergleich auch auf Portfolioebene Massnahmen<br />
zur Verbesserung der Nachhaltigkeit<br />
ableiten. Ein klassisches Ampelsystem<br />
zeigt den aktuellen Nachhaltigkeitsstatus<br />
eines Objekts resp. Portfolios auf und<br />
schafft die Basis für die Priorisierung von<br />
Investitionsentscheiden für ein nachhaltigeres<br />
Immobilienportfolio.<br />
Fazit. Nachhaltiges Immobilienmanagement<br />
zahlt sich heute bereits aus. Trotz<br />
hohem finanziellem und personellem Ressourcenaufwand<br />
steigen Zertifizierungen<br />
und differenzierte Bewertungen unter Berücksichtigung<br />
von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
stark an und erzielen eine grosse<br />
Imagewirkung.<br />
Aber nicht nur die Immobilienobjekte<br />
an sich, sondern auch deren Management<br />
werden je länger je häufiger<br />
differenziert beleuchtet und im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit optimiert. Für eine erfolgreiche<br />
Umsetzung von Nachhaltigkeit in der<br />
Bau- und Betriebsphase müssen Nachhaltigkeitsziele<br />
strategisch verankert werden<br />
und in alle operativen Prozesse einfliessen.<br />
Der frühzeitige Einbezug eines Facility Managers<br />
garantiert dabei eine phasen- und<br />
rollenübergreifende Planung.<br />
Neben der Optimierung der Prozesse<br />
werden auch die Personalplanung<br />
und der Ressourceneinsatz zunehmend kritisch<br />
hinterfragt. Die Kosten in diesen Bereichen<br />
lassen sich auf Basis des geplanten<br />
Investitionsvolumens für künftige Jahre berechnen.<br />
Nachhaltige Investitionsentscheide<br />
und gezielte Massnahmen werden damit<br />
möglich.<br />
Um Nachhaltigkeit greifbar zu machen,<br />
eignet sich das Konzept einer Nachhaltigkeits-Scorecard.<br />
Sie schafft Transparenz<br />
und macht Investitionen in<br />
Nachhaltigkeit messbar. Die Scorecard als<br />
Controlling-Instrument, das den sozialen,<br />
ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeitsstatus<br />
einer Immobilie periodisch<br />
prüft und aktiv steuert, stellt die optimale<br />
Grundlage dar, um aus den Herausforderungen<br />
von morgen die Chancen von heute<br />
zu machen. <br />
Die KBOB (Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftenorgane<br />
der öffentlichen Bauherren) und IPB (Interessengemeinschaft<br />
privater professioneller Bauherren)<br />
haben im September unter dem Titel: «Nachhaltiges Immobilienmanagement:<br />
Die Risiken von morgen sind die Chancen<br />
von heute» eine Handlungsanleitung zu nachhaltigem<br />
Immobilienmanagement veröffentlicht.<br />
Die Publikation wird beim Bundesamt für Bauten und Logistik,<br />
BBL, Vertrieb Bundespublikationen, CH-3003 Bern,<br />
www.bundespublikationen.admin.ch unter der Bestellnummer:<br />
620.001.d und 620.001.f in deutsch und französisch<br />
erhältlich sein.<br />
* Dr. Marion Peyinghaus<br />
Dr. Marion Peyinghaus ist Partnerin beim<br />
Beratungsunternehmen pom+Consulting<br />
AG mit Sitz in Zürich.<br />
* Vanessa Caspar<br />
Vanessa Caspar ist Consultant beim<br />
Beratungsunternehmen pom+Consulting<br />
AG mit Sitz in Zürich.<br />
30 | immobilia September <strong>2010</strong>