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nDIES UND DAS<br />

22<br />

Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren<br />

Von Talea König | Während<br />

es in Rastede jede Nacht ein<br />

bisschen kühler wird, wird es<br />

mir im westafrikanischen Togo<br />

zum Beginn der Trockenzeit<br />

von Tag zu Tag etwas wärmer.<br />

Seit ich vor drei Monaten das<br />

erste Mal afrikanischen Boden<br />

betreten habe, habe ich schon<br />

viele Eindrücke gesammelt. In<br />

meiner ersten Zeit musste ich<br />

mich an viele neue Menschen,<br />

ein ungewohntes Klima und<br />

eine total andere Infrastruktur<br />

hier in Kpalimé gewöhnen.<br />

Über eine Organisation für<br />

Freiwilligendienste lebe und<br />

arbeite ich für zwölf Monate<br />

in Togo, einem Land, das durch<br />

die Kolonialzeit auch eine Verbindung<br />

zu Deutschland hat.<br />

Als Weiße falle ich auf der<br />

Straße schnell auf und komme<br />

auch schnell mit den Menschen<br />

ins Gespräch. Jedoch ist<br />

es auch anstrengend, bedingt<br />

durch die koloniale Geschichte,<br />

vom größten Teil der Bevölkerung<br />

immer als reicher weißer<br />

Mensch angesehen zu werden.<br />

Wir Freiwilligen wissen nach<br />

den ersten Monaten aber zunehmend<br />

besser, wie wir mit<br />

einem netten Spruch darauf<br />

reagieren können.<br />

Durch die Stadt, die etwa die<br />

gleiche Einwohnerzahl hat wie<br />

Oldenburg, bewegen wir uns<br />

zu Fuß oder auf Motos, die in<br />

der ganzen Stadt zu sehen sind<br />

und auf denen sich manche Familien<br />

in Fünfer-Gruppen hupend<br />

fortbewegen. Vor allem<br />

an Markttagen kann man an<br />

jeder Ecke etwas Neues entdecken<br />

und Preise aushandeln.<br />

Vormittags arbeite ich an<br />

einer Schule für Kinder mit<br />

geistiger Behinderung. Leider<br />

blickt die Mehrheit in Togo<br />

eher negativ auf Menschen<br />

mit Behinderungen, da es auch<br />

kaum eine berufliche Zukunft<br />

für sie gibt. Die Auswirkungen<br />

dieser Sichtweise sehe<br />

ich leider ebenfalls in meinem<br />

Projekt, das individuelle Potenzial,<br />

das jedes Kind hat, wird<br />

von den meisten Lehrern nicht<br />

gefördert. Ungehorsam wird<br />

häufig durch Gewaltandrohung<br />

oder einen Klaps „geklärt“, was<br />

sich negativ auf das Verhalten<br />

der Kinder untereinander auswirkt.<br />

Zum Glück arbeite ich<br />

mit einem älteren, geduldigen<br />

Lehrer in einer Klasse mit neun<br />

Schülern. Ich suche mir meine<br />

Aufgaben selbst, die vom<br />

Schuhe zubinden bis zur Hilfe<br />

bei leichten Rechenaufgaben<br />

reichen. Momente, in denen<br />

ältere Schüler den Jüngeren<br />

helfen, aber auch eine stürmische<br />

Begrüßung am Morgen<br />

erfreuen mich und erleichtern<br />

die eher anstrengenden Arbeitsstunden.<br />

Ein Leben voller Hürden<br />

An manchen Nachmittagen<br />

gehe ich zu einer Nachhilfestunde<br />

für gehörlose Schülerinnen<br />

und Schüler, die so die<br />

Möglichkeit erhalten, an einer<br />

normalen Schule einen Abschluss<br />

zu machen. Auf diese<br />

Weise bekomme ich einen sehr<br />

interessanten Einblick in die<br />

Gebärdensprache und in ein<br />

Leben voller Hürden für Menschen<br />

mit körperlicher Behinderung<br />

in Togo. Sie nehmen<br />

an dem regulären Unterricht<br />

öffentlicher Schulen teil, in<br />

denen 100 Schülerinnen und<br />

Schüler gleichzeitig unterrichtet<br />

werden.<br />

Ich lebe mit einem anderen<br />

Freiwilligen aus Deutschland<br />

in einer togolesischen Familie.<br />

Wir haben eine Gastschwester<br />

und zwei Gastbrüder im Alter<br />

zwischen elf und 16 Jahren und<br />

wohnen zusammen mit unserer<br />

Gastmutter in einem einfachen<br />

Haus. Mit der Familie<br />

verstehen wir uns sehr gut, die<br />

Geschwister sind uns oft eine<br />

große Hilfe. Vieles ist uns fremd<br />

in dem afrikanischen Haushalt,<br />

vieles müssen wir erfragen. So<br />

wussten wir z.B. nicht, wo wir<br />

29. November 2018<br />

Talea König aus Rastede macht zurzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr in Togo. Für die rasteder rundschau berichtet sie von ihrer<br />

Arbeit und den Eindrücken, die sie bisher gewonnen hat.<br />

Die Gastfamilie: (v.l.) Gastmutter Therèse, der jüngere Bruder<br />

Jérôme, Doménique, Rafa, Talea und Edwige | Foto: privat<br />

Wasser holen können, wenn im<br />

Wohnviertel wieder einmal das<br />

Wasser abgedreht wurde. Wir<br />

sind dann zu den Nachbarn, die<br />

einen Brunnen haben, gelaufen.<br />

Unter amüsierten Blicken haben<br />

wir ungeschickt die Wassergefäße<br />

auf dem Kopf nach<br />

Hause transportiert (das müssen<br />

wir wohl noch üben).<br />

Ich bin gespannt, was mich<br />

in den nächsten Monaten noch<br />

erwartet, und wie ich mich weiter<br />

für eine bessere Zukunft der<br />

Kinder engagieren kann. n<br />

Öffnungszeiten: Montag-Freitag 9-18 Uhr · NEU: info@wemken.de

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