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Snowtimes 2019 Davos

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einteilen. Anders schauen, wo der Gegner<br />

steht. Sehr wahrscheinlich waren wir da so<br />

müde, dass alle das gerne gemacht haben und<br />

die Umstellung schnell funktionierte. Denn<br />

das Defensiv-Hockey braucht grundsätzlich<br />

weniger Kraft. Dann haben wir das drei, vier<br />

Mal so gespielt. Und dann hat man aber sofort<br />

gemerkt, dass Löcher entstehen. Es gab<br />

Löcher, weil meine Spieler das nicht gerne<br />

so spielen, sie sind es sich nicht gewohnt,<br />

weil es nicht in ihrem Blut ist. Sie agieren<br />

viel lieber offensiv. Im letzten Match haben<br />

wir dann ja auch wieder umgestellt. Und den<br />

Final zu unseren Gunsten entschieden.<br />

Ohne diesen Wechsel hätte es wahrscheinlich<br />

eine Niederlage abgesetzt in<br />

der Serie, und keinen 29.Titel.<br />

Das kann man so nicht sagen. Alle waren<br />

müde von anstrengenden Partien zuvor. Der<br />

Weg in den Final hat ja in diesem Winter<br />

2008 / 2009 wirklich unglaublich viel Kraft<br />

gekostet.<br />

Aber eben, das ist für mich genau diese<br />

Beweglichkeit des modernen Hockeys, die<br />

mir so gut gefällt, wenn dies möglich ist in<br />

der Not. Man könnte ja auch sagen: Das<br />

Wort «notwendig» bedeutet in der Not<br />

eine Wende machen. Und das war ja irre in<br />

diesen Playoffs 2009, wie ihr das geschafft<br />

habt.<br />

Ja, wir standen unter Zugzwang, es war<br />

ein Muss. Und dann ist es natürlich immer<br />

toll, wenn man siegt. Aber dieses Defensiv-<br />

Hockey hätten wir nicht lange erfolgreich<br />

spielen können. Die Automatismen muss<br />

man auch bei diesem System immer wieder<br />

trainieren. Weil alles schneller wird, muss<br />

man auch schneller reagieren. Auch im<br />

Defensiv-System. Wir hatten schon Löcher<br />

nachher.<br />

Ich habe einmal gelesen, dass du vom<br />

ehemaligen Deutschen Bundespräsidenten<br />

Richard von Weizsäcker und von<br />

Che Guevara immer sehr beeindruckt<br />

warst. Wieso eigentlich?<br />

Che Guevera schätze ich, weil er ein Revoluzzer<br />

war, ein Freiheitskämpfer. Er setzte<br />

wirklich viel in Bewegung und das gefällt<br />

mir. Allerdings musste ich für mein Idealbild<br />

eine gewisse Einschränkung machen bei ihm,<br />

weil ich mir nicht ganz sicher bin, ob er in der<br />

Politik immer ein Vorbild war. Wie ehrlich<br />

war er, wenn es ums Geld ging? War er vielleicht<br />

in Wirklichkeit doch anders, als wir ihn<br />

immer in den Medien wahrnahmen? Aber er<br />

war ein Freiheitskämpfer, stand seinen Mann,<br />

verfolgte das Motto «Viva la Revolucion»<br />

und das gefiel mir. Wenn ich ehrlich bin, war<br />

ich ja früher auch ein, ähm ja, sagen wir<br />

einfach einmal Pünktli ... Pünktli ... Pünktli…<br />

Auf der anderen Seite war ich aber auch<br />

immer fasziniert vom Deutschen Bundespräsidenten<br />

Richard von Weizsäcker. Wenn<br />

er etwas sagte, sei es vor dem Deutschen<br />

Bundestag, oder sonst in der Öffentlichkeit,<br />

dann redete er ganz ruhig und besonnen,<br />

aber alle hatten grossen Respekt vor ihm.<br />

Er musste nicht laut sein, er verschaffte sich<br />

bereits einen unglaublichen Respekt durch<br />

seine leisen, besonnen, intelligenten Worte.<br />

Ich muss dazu sagen, dass ich vierzig Jahre<br />

die Deutsche Politik verfolgte: Herbert Wehner,<br />

Strauss, Willy Brandt, Helmut Schmidt.<br />

Mich interessierte die Kommunikation. Wie<br />

die Deutschen Politiker sich gegenseitig<br />

sagten, wo`s lang geht und was zu tun sei,<br />

das hat mich wahnsinnig interessiert. Die<br />

Wortwahl, die Direktheit und die Deutlichkeit,<br />

das habe ich immer sehr aufmerksam<br />

verfolgt. Und Richard von Weizsäcker war<br />

einfach von allen derjenige, der die grösste<br />

Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.<br />

Da konnte Weizsäcker immer vorne hin<br />

stehen: Also dieser Mann hatte etwas, was<br />

sonst nicht viele Leute auf dieser Welt haben,<br />

nämlich eine unglaubliche rhetorische<br />

und kommunikative Fähigkeit und eine ganz<br />

starke Ausstrahlung.<br />

So wie Helmut Schmidt auch heute noch<br />

mit 90 Jahren?<br />

Auch Schmidt habe ich verfolgt, aber im<br />

Gegensatz zu Weizsäcker flippte er auch<br />

manchmal aus. Weizsäcker dagegen blieb<br />

stets ruhig und besonnen. Und das machte mir<br />

grossen Eindruck. Und eben: Weizsäcker und<br />

Che waren zwei Pole, die ich aufmerksam<br />

SNOWTIMES <strong>2019</strong><br />

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