Snowtimes 2019 Davos
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vor einigen Jahren einer der meistgehassten<br />
Personen. Und heute redet er vor der UNO.<br />
Wer hätte das gedacht, vor 20, 30 Jahren?<br />
Damals hätten sie ihn erschossen beim Anflug,<br />
oder? Er musste einen Bunker haben in<br />
Libyen, niemand durfte wissen, wo er ist.<br />
Die Welt verändert sich. Das ist im Sport so,<br />
in der Politik, im Beruf, in der Gesellschaft,<br />
in der Kultur, überall. Das ist das Tempo.<br />
Eigentlich unvorstellbar. Und wahrscheinlich<br />
sind wir die Glücklichen, dass wir die<br />
grössten Veränderungen, die es je gegeben<br />
hat, miterleben dürfen. Und man kann sich<br />
vielleicht fragen: Geht das noch so weiter?<br />
Wird auch die nächste Generation ein solches<br />
Tempo von Veränderungen erleben? Wenn ja,<br />
dann gibt es bald eine nächste Revolution.<br />
Und hoffentlich bringen wir es bezüglich<br />
Spenglercup eines Tages zustande, dass ein<br />
NHL- Team kommt.<br />
Alles ist zu schnell gegangen für die<br />
heutige Generation der 20 –25 jährigen.<br />
Ja, wahrscheinlich schon, ich weiss es<br />
nicht. Ich frage mich halt, ob man nicht<br />
bald wieder etwas stabilisieren muss, etwas<br />
zurückfahren. Ich weiss nicht, was da noch<br />
alles kommt. Aber was hinter uns liegt, das<br />
war auf jeden Fall rasant. Veränderungen in<br />
einem unglaublichen Tempo. Und wenn das<br />
so weitergeht, dann erleben wir noch einige<br />
Scharmützel. Und vor allem die nächste Generation,<br />
hier zum Beispiel der junge Journalist<br />
und der junge Fotograf: Sie werden noch<br />
brutal viel erleben. Und dann muss man sich<br />
fragen: Geht das überhaupt? Die Antwort:<br />
vermutlich ja.<br />
Wenn ich an meinen Vater denke, dann kann<br />
ich mir das jetzt ein wenig vorstellen. Der hat<br />
ja getobt, als er uns sah. Damals, als wir jung<br />
waren. Wir hatten lange Haare, spielten ein<br />
wenig Gitarre, trugen Stiefel und enge Jeans,<br />
vielleicht ein Lederjäckchen oder einen Hut<br />
auf dem Kopf. Wir waren Ausserirdische für<br />
ihn. Er hat sich geschämt für uns. Auch für<br />
unsere Sprache. Und bei der Musik zeigte<br />
sich der Unterschied ebenso deutlich: Sie<br />
hörten noch Ländler oder Oberkrainer oder<br />
irgend sowas. Und ich kam da mit einem<br />
Bum-Bum-Bum. Wir lehnten uns also bereits<br />
auf. Mein Vater war eigentlich ein ganz<br />
lieber. Ich bin sehr stolz auf ihn und auf<br />
das, was er mich alles gelehrt hat, trotz den<br />
grossen Fights, die wir ausgefochten haben.<br />
Aber in der Schule herrschte völlig autoritäre<br />
Erziehung vor. Wenn man in die Schule kam,<br />
dann mussten alle aufstehen. Und manchmal<br />
vergingen einige Minuten, bis die Erlaubnis<br />
folgte, dass wir absitzen. Es kam ganz auf<br />
die Laune des Lehrers an. Wenn er einen<br />
schlechten Tag hatte, dann lief er zuerst durch<br />
die Reihen und gab noch zu jedem einen<br />
negativen Kommentar. Wir standen nur da<br />
und machten keine Bewegung. Und sicher<br />
gab niemand einen Ton von sich. Und wenn<br />
man das heute anschaut: Das glaubt dir keiner<br />
mehr. Die heutigen Jungen würden sich<br />
das nicht mehr bieten lassen. Die würden<br />
dem Lehrer glatt eine runterhauen, wenn er<br />
so auftreten würde, wie das unsere Lehrer<br />
noch gemacht haben. Die haben einen ganz<br />
anderen Umgang mit den Lehrern. Und das<br />
sind schon gewaltige Unterschiede. Die Generation,<br />
die auf uns folgt, die wissen das gar<br />
nicht mehr, was wir da eigentlich für eine<br />
«Revolution» durchmachten.<br />
Die Musik war für uns damals ein ganz<br />
besonderes Ventil.<br />
Absolut. Wobei das heute auch so ist. Und<br />
ich kann die Jungen verstehen. Also wegen<br />
der Musik kann ich die Jungen wirklich verstehen.<br />
Ich muss jeweils lachen, wenn sich<br />
meine Kollegen über die Jungen beklagen<br />
und über die komische Musik, die sie hören.<br />
Dann sage ich nur, dass haben wir ja genauso<br />
gemacht. Ich weiss, wie das geht: Die Mode,<br />
der Slang, die Spiele. Ich kenne das alles aus<br />
meiner Jugend. Und mir gefällt die heutige<br />
Jugend.<br />
Noch einmal zurück zum Spenglercup: Ist<br />
das realistisch, dass europäische Meister<br />
vermehrt nach <strong>Davos</strong> kommen? Entwickelt<br />
sich das in diese Richtung?<br />
Ich glaube schon, ja. Man weiss ja auch<br />
nicht, wann sich der Spenglercup einmal<br />
zu Tode läuft. Das könnte ja sein, dass auf<br />
einmal das Interesse zurückgeht, es sieht im<br />
Moment nicht danach aus, aber die anderen<br />
Clubs torpedieren ihn ja seit langem. Sie<br />
würden die Zeit zwischen Weihnachten und<br />
Neujahr auch gerne für Spiele nutzen. Und<br />
so muss man halt schauen, dass man diesen<br />
Angriffen standhält. Oder allenfalls die Clubs<br />
integriert. Es ist eigentlich schade, dass sie<br />
einen so traditionsreichen Event torpedieren<br />
und versuchen, kaputt zu machen. Das zeigt<br />
das Gegenteil von einer Globalisierung. Wie<br />
ein alter Klassenkampf. Jeder will nur sein<br />
Gärtchen verteidigen und schaut, dass er den<br />
andern kaputt macht. Das ist doch eigentlich<br />
komisch und eine alte, verkrampfte Mentalität.<br />
Statt dass man sagt: Wir bringen den<br />
Spenglercup zusammen weiter.<br />
Schliesslich dient der Spenglercup ja<br />
eigentlich allen. Kannst Du dir vorstellen,<br />
neben <strong>Davos</strong> auch Schweizer Spitzenmannschaften<br />
zuzulassen?<br />
Ja, auf jeden Fall! Bern, Zürich, Lugano und<br />
andere. Die können sich ja dann abwechseln.<br />
Und nun noch ein Thema, das in letzter<br />
Zeit breit getreten wurde. Die Nationalmannschaft.<br />
Wie hättest Du das mit<br />
dem HCD eigentlich unter einen Hut<br />
gebracht?<br />
Das wäre kein Problem gewesen. Allerdings<br />
eines müsste ich noch etwas lernen: Mehr delegieren.<br />
Auch ich muss noch viel lernen. So<br />
hätte das funktioniert. Den Club etwas mehr<br />
delegieren und in der Nationalmannschaft<br />
sowieso delegieren. Wir hatten ja ein bestimmtes<br />
Konzept. Mit einigen Änderungen.<br />
Zum Beispiel: Am Deutschland-Cup zwei<br />
Trainer, die jetzt in der Ausbildung sind,<br />
mit einer U-23 vor Ort. Ohne mich. Die<br />
A-Nationalspieler können Daheim bleiben,<br />
die Clubs weiterspielen – dies die erste Änderung,<br />
die ich in meinem Konzept vorsah.<br />
Neu hätte es eine U-23 Nationalmannschaft<br />
gegeben. Einerseits zur besseren Förderung<br />
der Jungen. Andererseits zur Entlastung der<br />
SNOWTIMES <strong>2019</strong><br />
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