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Fachmagazin für den Spielwarenfachhandel
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INTERVIEW<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong> 27<br />
»Das Vorteil Center setzt<br />
immer stärker auf Events<br />
und zusätzliche Anreize,<br />
damit Kunden in unsere<br />
Geschäfte kommen.«<br />
KEVIN BRAATZ<br />
Einkaufsleiter Spielwaren, Vorteil Center<br />
K.B.: Das Vorteil Center als Mehrbranchenhaus<br />
spürt natürlich den Allesaus-einer-Hand-<br />
oder One-Stop-Shopping-Effekt.<br />
Beim Vorteil Center kann<br />
man eben nicht nur Spielwaren kaufen,<br />
sondern auch Kleidung für Kinder und<br />
Erwachsene, Lebensmittel, Haushaltswaren<br />
und Sportartikel. Dieser Angebot-Mix<br />
sorgt für eine höhere Frequenz.<br />
Die Kunden finden eine Sammlung von<br />
Fachgeschäften unter einem Dach und<br />
sie schätzen besonders die hohe Warenverfügbarkeit.<br />
Vorteil steht in der Firmierung. Wir<br />
vermuten, jeder Einzelhändler wirbt<br />
damit, dass ein Einkauf bei ihm nur<br />
Vorteile bringen würde. Welche sind<br />
die Ihren?<br />
K.B.: Unsere Vorteile? Durch die Größe,<br />
die wir haben, können wir natürlich<br />
auch attraktive Preise bieten. Mit einer<br />
Gesamtfläche von 12.000 m 2 , davon<br />
2.000 m 2 allein für Spielwaren, decken<br />
wir ein breites Spektrum ab. Unsere<br />
Devise lautet deshalb auch, dass, wenn<br />
es ein Produkt bei uns nicht gibt, es<br />
dieses Produkt nicht gibt. Bei einigen<br />
Lieferanten, wie zum Beispiel Lego und<br />
Playmobil, führen wir das komplette<br />
Sortiment.<br />
Ist das nicht Mainstream, hat das nicht<br />
jeder, obwohl die halbe Welt darüber<br />
zu stöhnen scheint?<br />
G.H.: Nein, da ich mir immer gerne<br />
anschaue, was die Konkurrenz macht,<br />
empfehle ich Ihnen einen Besuch im<br />
Bonner Kaufhof. Der wird Sie eines<br />
Besseren belehren.<br />
K.B.: Betrachte ich andere Spielwarenfachhändler,<br />
würde ich schon für uns<br />
in Anspruch nehmen wollen, dass wir<br />
im Sortiment breiter und besser aufgestellt<br />
sind.<br />
Wie viele Artikel führen Sie denn?<br />
K.B.: Das können wir Ihnen nicht sagen,<br />
weil wir ohne WWS unterwegs sind.<br />
Wie bitte? Kaufen Sie nach Intuition<br />
ein?<br />
G.H.: Zahlen kann ich mir gut merken.<br />
Ich weiß ziemlich genau, was ich von<br />
der VEDES oder den Lieferanten brauche.<br />
Das habe im Kopf.<br />
K.B.: Vergessen Sie nicht, dass ein<br />
WWS zur Problematik von Einzelhändlern<br />
beitragen kann, weil sie sich zu viel<br />
mit dem Computer beschäftigen, statt<br />
sich mit den Kunden auseinanderzusetzen.<br />
Das Vorteil Center hat mit sechs<br />
Warengruppen im Spielwarenbereich<br />
sehr schlanke Strukturen, über die wir<br />
die Umsätze reporten. Wir wissen, welche<br />
Bestände wir haben, aber ich räume<br />
ein, dass mein erster Eindruck erst<br />
auch war, um Himmels willen, wie kann<br />
das Ganze funktionieren. Ich garantiere<br />
Ihnen, es funktioniert. Außerdem weiß<br />
ich, welcher Wahnsinn hinter der Einführung<br />
eines WWS steckt. Die Gefahr,<br />
eventuell in Überbestände zu geraten,<br />
ist dagegen ein Klacks.<br />
Fachgeschäfte, Frau Homscheid, sollen<br />
sich über das Sortiment profilieren,<br />
wie sieht das bei Ihnen aus?<br />
G.H.: Im Babybereich sind wir z. B. sehr<br />
gut aufgestellt. Das spiegeln uns die<br />
Kunden auch immer wieder zurück.<br />
Zudem bieten wir ein Kinderparadies<br />
mit Bällebad und Rutschen.<br />
Experten raten zu Omnichannel, damit<br />
sich der traditionelle Handel etwas<br />
vom Kuchen abschneiden kann. Das<br />
Vorteil Center ist clean. Warum?<br />
K.B.: Das stimmt und es wird auch weiterhin<br />
Teil der Strategie bleiben, dass<br />
wir uns nicht online tummeln. Nach<br />
meiner Einschätzung sind auf den Online-Marktplätzen<br />
zu viele Akteure aktiv,<br />
die zu schlecht kalkulieren. Außerdem<br />
haben wir stationär noch so viele Aufgaben<br />
vor uns, um uns zu verbessern und<br />
unsere Kunden glücklich zu machen,<br />
dass wir damit genug zu tun haben.<br />
Ihre Verbände VEDES und EK, die jetzt<br />
auf Digitalisierung setzen, freuen<br />
sich bestimmt über diese Einstellung,<br />
oder?<br />
K.B.: Das weiß ich nicht. Fakt ist, dass<br />
sich auch Mitglieder der VEDES gegenseitig<br />
die Preise um die Ohren hauen<br />
und dabei mitunter noch stolz darauf<br />
sind, dass man den günstigsten Preis<br />
auf Online-Marktplätzen bietet. Das<br />
kann, meiner Meinung nach, aber nicht<br />
zielführend sein. Gerade im Hinblick<br />
auf die Gebühren der Plattformen, die<br />
schnell bei 10 oder 15 % liegen, und die<br />
Versandkosten sowie die Arbeitszeit der<br />
Verpackung, die noch dazukommen.<br />
Letztes Jahr meldete Toys R Us Insolvenz<br />
an, die deutschen Filialen sind<br />
verkauft, Inter<strong>toys</strong> schließt, jetzt hat<br />
BR Spielwaren Insolvenz angemeldet<br />
und auch Spiele Max war mit 2017<br />
nicht zufrieden. An was krankt die<br />
Branche?<br />
K.B.: Spielwarenumsätze und Ertragslage<br />
haben sich bei uns gehalten. Dass<br />
wir das schaffen konnten, ist schon als<br />
Erfolg zu bewerten, aber es wird zunehmend<br />
schwieriger. Ein Grund für die aktuellen<br />
Herausforderungen ist womöglich<br />
darin zu sehen, dass es zu viel Ware<br />
auf dem Markt gibt. Selbst Ware, die<br />
schon zehn Jahre alt ist, kann wieder<br />
rausgeholt werden. Ich denke, dass gebrauchte<br />
Ware auch hier mitreinspielt.<br />
Der Markt ist keinesfalls gesättigt, aber<br />
gefüllter als in den vergangenen Jahren.<br />
Gleichzeitig ist es schwer, bahnbrechende<br />
Innovationen auf den Markt<br />
zu bringen. Es gibt ja schon so extrem<br />
viele tolle Sachen. Hubelino, Gravitrax<br />
und die Tonie Boxen sind da schon eine<br />
sehr feine Sache.<br />
»Im Moment läuft die Tonie<br />
Box sehr, sehr gut.«<br />
GABRIELE HOMSCHEID<br />
Abteilungsleiterin Spielwaren, Karneval,<br />
Handarbeit und Basteln, Vorteil Center<br />
Wenn es Ihnen trotz der Schwierigkeiten<br />
gelingt, einen stabilen Kurs zu fahren,<br />
was machen die Filialisten denn<br />
falsch? Stimmen die Konzepte nicht?<br />
K.B.: Das maße ich mir nicht an zu<br />
beurteilen, aber ich kann mir schon<br />
vorstellen, dass man mit einer zu ambitionierten<br />
Preisstrategie schnell in<br />
ein gefährliches Fahrwasser gerät.<br />
Nehmen Sie nur das Beispiel Adventskalender.<br />
Hier wird in sehr vielen Fällen<br />
nur Geld getauscht und nichts verdient.<br />
Es ist schon ein heißer Tanz, der<br />
da geboten wird, wenn man nicht auf<br />
Kompetenz, sondern auf Preisstellung<br />
setzt.