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Fachmagazin für den Spielwarenfachhandel
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DYNAMISCHER<br />
WANDEL<br />
Warum ich das schreibe? Nie zuvor<br />
wie in diesen Tagen erinnert mich<br />
Spielzeug so sehr an seinen Doppelcharakter,<br />
nämlich „Träger von Werten“,<br />
aber auch profane Ware zu sein.<br />
Damit ähnelt es dem Buch, das nicht<br />
nur Produkt, sondern auch Träger des<br />
kulturellen Gedächtnisses ist. Seit einiger<br />
Zeit erleben wir eine Transformation<br />
der Spielwarenbranche, die<br />
man als „Professionalisierung“ oder<br />
„Durchökonomisierung“ bezeichnen<br />
könnte. Die französische Private Equity-Gesellschaft<br />
Ardian übernahm 2014<br />
den schwäbischen Figurenhersteller<br />
Schleich. Laut Medienberichten suchen<br />
die Franzosen einen Käufer. Schleich<br />
will sich an Spekulationen nicht beteiligen,<br />
hieß es auf Anfrage, aber ins Verhaltensschema<br />
von Investoren würde<br />
es durchaus passen. Revell fiel 2018 in<br />
die Hände der Beteiligungsgesellschaft<br />
Quantum Capital Partners (QCP).<br />
Prompt wurden die Invests in Neuheiten<br />
für das Stammklientel reduziert.<br />
In der Selbstwahrnehmung nimmt die<br />
Spielwarenbranche stets einen exklusiven<br />
Platz innerhalb aller Branchen<br />
ein. Aus interner Sicht ist das<br />
verständlich, schließlich bedient sie<br />
mit ihren „Artefakten“ eine besondere<br />
Zielgruppe, nämlich Kinder, von denen<br />
bekanntlich die Zukunft abhängt.<br />
Man baut keine Eurofighter, höchstens<br />
Modelle davon. Die Hersteller von Bauklötzen,<br />
Kugelbahnen, Spielfiguren,<br />
Lern- und technischen Spielzeugen<br />
und Kreativartikeln tragen also zu einer<br />
Art „positiver“ Zukunftsgestaltung bei.<br />
Das wird bei Bedarf gerne betont. Die<br />
Wirklichkeit sieht differenzierter aus.<br />
Die große Zeit des pädagogisch-wertvollen<br />
Spielzeugs und der utopischen<br />
Hoffnungen ist jedenfalls lange vorbei.<br />
Das Etikett würde vermutlich in unserer<br />
heutigen Spaß- und Erlebnisgesellschaft<br />
eher geschäftsschädigend als<br />
verkaufsfördernd wirken. Gleichzeitig<br />
wurde Spielzeug immer stärker zu einem<br />
Lehr- und Trainingsmittel. Die 70.<br />
Ausgabe der Spielwarenmesse wird<br />
einmal mehr zeigen, zu was die Branche<br />
alles fähig ist!<br />
Man könnte also den Verdacht hegen,<br />
dass inzwischen Spielzeugmarken für<br />
Investoren interessant geworden sind,<br />
um sie „hübsch“ zu machen und dann<br />
weiterzureichen. Parallel setzt sich<br />
die Konzentration auf Anbieterseite<br />
fort. Goliath ging an Vivid und wie jetzt<br />
durchsickerte, will ein Holzspielwarenhersteller<br />
aus dem süddeutschen<br />
Raum sein Unternehmen verkaufen.<br />
Auf Handelsseite ein ähnliches Bild<br />
eines dynamischen Wandels. Immer<br />
mehr „Leuchttürme“ stellen den Betrieb<br />
ein. Der traditionsreiche Puppenkönig<br />
kündigte jetzt an, zum Ende des<br />
Jahres zu schließen. Ein Grund: der<br />
Internethandel. Und was nicht der Online-Handel<br />
schafft, erledigen die Marken,<br />
der Branche, zeigt sich der Handel<br />
überzeugt, weshalb er schon mal einen<br />
Verhaltenskodex aufstellt (S. 57), um<br />
noch Land zu sehen. Selbst Filialisten<br />
bekommen den „Wind of change“<br />
zu spüren. Die Private Equity-Firma<br />
Palero fand offensichtlich Spiele Max<br />
nicht mehr gut. Jetzt soll’s das alte<br />
Management richten, das im Rahmen<br />
eines Management-Buy-Out die Gesellschaft<br />
übernahm. Ob es jetzt alles<br />
besser wird? Die Beispiele zeigen, dass<br />
die Spielwarenbranche wirklich und<br />
zwar im doppelten Sinn etwas Besonderes<br />
ist. Sie holt allem Anschein jetzt<br />
etwas nach, was in anderen Branchen<br />
lange gang und gäbe ist: Money makes<br />
the world go round!<br />
Ihr Ulrich Texter