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PBDW 3:2018

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ücken ist, in seinem neuen Buch<br />

Wenn’s drauf ankommt. Schnell denken<br />

– maximale Leistung abrufen –<br />

Stresssituationen meistern. Damit<br />

meint Mayer nicht, alle Automatismen,<br />

die unter Druck entstehen,<br />

krampfhaft auszuschalten, sondern in<br />

dem Moment seine Gedanken bewusst<br />

von allem Destruktiven wegzulenken –<br />

„hin zu den jetzt hilfreichen und konstruktiven<br />

Dingen, die als Nächstes<br />

handlungsrelevant sind“. Dabei können<br />

kleine Rituale helfen, etwa dass<br />

man bei einem Vortrag immer dann<br />

zum Wasserglas greift, wenn die Gedanken<br />

drohen spazieren zu gehen,<br />

und sich so wieder ins Hier und Jetzt<br />

bringt. Auch kleine Pausen unterstützen<br />

beim Fokussieren, wenn man in<br />

ihnen trainierte Rituale abruft (ein<br />

kleiner Spaziergang ums Haus etwa).<br />

SPORTKLISCHEE 4: Gewinnen ist<br />

eine Frage des Charakters<br />

Manche Leute wirken ziemlich abgebrüht.<br />

So, dass man meint, sie sollten<br />

doch jeglichem Druck aufgrund ihrer<br />

Persönlichkeit gut gewachsen sein.<br />

Ger Post bezweifelt das: „Wir sind zu<br />

sehr auf den Charakter ausgerichtet<br />

und verlieren dabei aus den Augen,<br />

wie sehr die Umgebung eine Leistung<br />

beeinflusst.“ In der Psychologie<br />

nennt man das einen fundamentalen<br />

Attributionsfehler: die Neigung, die<br />

Verhaltensweisen anderer ihrer Persönlichkeit<br />

oder ihrem Charakter<br />

zuzuschreiben und den Einfluss der<br />

Umwelt zu unterschätzen.<br />

Post beschreibt, wie es dazu kam,<br />

dass Gerard Kemkers, dem Coach von<br />

Eisschnellläufer Sven Kramer, sein<br />

berühmter „Wechselfehler“ unterlief –<br />

er brachte Kramer dazu, auf die falsche<br />

Bahn zu wechseln, und brachte<br />

ihn damit um die sichere Goldmedaille.<br />

Die Umstände waren, so Post, ein<br />

„ DAMIT WIR UNS STEIGERN KÖNNEN,<br />

müssen wir uns gerade in schwierige<br />

Situationen begeben“<br />

klein wenig anders als normalerweise.<br />

Kemkers zog daraus persönliche<br />

Schlussfolgerungen und coachte anders<br />

als sonst, während die Situation<br />

einfach nicht einwandfrei war.<br />

Post: „Wenn man sich bei einer Arbeitsbesprechung<br />

verkrampft, braucht<br />

man das nicht seiner Persönlichkeit<br />

zuzuschreiben – nach dem Motto ‚Ich<br />

bin immer so nervös‘.“ Akzeptieren<br />

Sie, dass auch die Umgebung Sie beeinflusst.<br />

„Sorgen Sie daher dafür, dass<br />

Sie Ihren Kram in Ordnung haben. Testen<br />

Sie etwa bei einer wichtigen Präsenta<br />

tion keine neuen Gerätschaften.“<br />

SPORTKLISCHEE 5: Stress ist<br />

schlecht<br />

Stress hat einen schlechten Ruf, aber<br />

nur wenn er chronisch wird, besteht<br />

das Risiko für ein Burn­out oder andere<br />

Leiden. „Wenn einem vor lauter<br />

Nervosität, weil man jetzt Leistung<br />

abrufen muss, ein wenig übel wird, ist<br />

das gerade gut“, sagt Ger Post. Diese<br />

Art von Spannung bringt Sie dazu, das<br />

Allerbeste aus sich herauszuholen,<br />

und zwar genau in dem Moment, in<br />

dem das vonnöten ist.<br />

Welche Haltung man Stress gegenüber<br />

hat, ist allerdings sehr wohl relevant,<br />

ging aus Studien der amerikanischen<br />

Psychologin Alia Crum hervor. In einem<br />

Test wurden Studenten gebeten,<br />

innerhalb von zehn Minuten eine Rede<br />

vorzubereiten, die sie anschließend<br />

möglichst überzeugend vor Publikum<br />

halten sollten. Danach, so hieß es,<br />

sollten sie Feedback dazu bekommen.<br />

Allerdings wussten die Studenten<br />

im Vorfeld nicht, wen von ihnen man<br />

dazu auffordern würde, die Rede<br />

dann auch tatsächlich zu halten. Insgesamt<br />

also eine recht stressige Situation.<br />

Crum und Kollegen entdeckten,<br />

dass es einen Unterschied machte, wie<br />

der Stress dargestellt wurde. Erzählte<br />

man den Studenten, Stress sei eher förderlich<br />

als abträglich, verbesserten<br />

sich ihre Leistungen, und sie waren offen<br />

für Feedback.<br />

Kurz: Akzeptieren Sie den Stress in<br />

Momenten, in denen er Ihnen hilft,<br />

bessere Leistungen abzurufen. Außerdem,<br />

sagt Post, sollten wir keine<br />

Angst vor spannungsgeladenen Situationen<br />

haben. Seiner Meinung nach<br />

können wir viel mehr aushalten, als<br />

wir glauben. „Denn damit wir uns<br />

steigern können, müssen wir uns gerade<br />

in schwierige Situationen begeben.“<br />

Auf die Plätze, fertig, los … //<br />

Quellen u. a.: J. Mayer, Wenn’s drauf ankommt.<br />

Schnell denken – maximale Leistung<br />

abrufen – Stresssituationen meistern,<br />

Ariston, <strong>2018</strong> / M. Goyal u. a., Meditation<br />

programs for psychological stress and<br />

well-being: A systematic review and metaanalysis,<br />

Jama Internal Medicine, 2014 /<br />

A. Crum u. a., Rethinking stress: The role of<br />

mindsets in determining the stress<br />

response, Journal of Personality and Social<br />

Psychology, 2013<br />

Text: Marieke van Twillert // Foto: Getty Images<br />

68 PSYCHOLOGIE BRINGT DICH WEITER MaI/JuNI <strong>2018</strong>

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