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Develop³ Systems Engineering 02.2016

Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM

Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM

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02 2016<br />

Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen<br />

Akademie der Technikwissenschaften<br />

„Bei Robotik sowie<br />

Künstlicher Intelligenz<br />

liegt noch Wegstrecke<br />

vor uns.“<br />

Köpfe Seite 12<br />

Interdisziplinäre Produktentwicklung in der Praxis<br />

<strong>Systems</strong>pezifikation<br />

mit MBSE<br />

SE-Glossar Seite 22<br />

<strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />

synchronisieren<br />

Tools Seite 38<br />

Titelstory Seite 48<br />

Digitaler Zwilling<br />

ist der Schlüssel zu<br />

Industrie 4.0<br />

d ev el op 3 systems engineering 02 2016 1


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2 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016<br />

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EDITORIAL<br />

Digitaler Zwilling<br />

stellt den Durchblick sicher<br />

Der „digitale Zwilling“ ist eines der Kernelemente der Industrie-4.0-Diskussion.<br />

Doch was hat Industrie 4.0 mit der disziplinübergreifenden Zusammenarbeit zu tun,<br />

dem <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man sich vor<br />

Augen hält, dass Industrie 4.0 eine hohe Flexibilität und Freiheit bei der Wahl der<br />

Produktionsmittel erreichen will, ohne dass dazu jeder einzelne Schritt detailliert<br />

vorausgedacht werden muss. Denn auch ohne die Details – diese sollen quasi einem<br />

förderalen Grundmuster folgend „vor Ort“ und „adaptiv“ angegangen werden – ist die<br />

sich ergebende Komplexität enorm. In den Griff bekommen lässt sie sich nur über die<br />

Zusammenarbeit aller beteiligten Disziplinen, womit man ohne Umwege beim<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> landet.<br />

Gefordert werden hier neue Lehransätze – die nach und nach auch zu erkennen sind.<br />

So sind aus der Karlsruher Schule für Produktentwicklung (KaSPro) am KIT inzwischen<br />

Lehransätze für Studierende hervorgegangen, die sich unter anderem speziell mit dem<br />

Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) beschäftigen und vor allem dessen<br />

praktischen Einsatz trainieren. Und weil die Forscher um die Wichtigkeit des Austauschs<br />

mit der Industrie wissen, haben sie aus diesen Ideen auch gleich einen Workshop<br />

mit dem Titel „Systeme im Team Entwickeln und Modelliern (SysTEM)“ entwickelt<br />

, siehe Bericht ab S. 28. Wer Details insbesondere zum MBSE nachlesen<br />

möchte, findet diese übrigens in unserem „SE-Glossar“, das wir zusammen mit der<br />

Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) veröffentlichen (siehe develop 3 systems<br />

engineering 03/2015, S. 50f). Der inzwischen sechste Teil in dieser Ausgabe (ab<br />

S. 24) beschäftigt sich zudem mit dem Thema <strong>Systems</strong>pezifikation mittels MBSE.<br />

Genau auf solchen Wegen entstehen letztlich auch die so genannten „digitalen<br />

Zwillinge“, deren praktischer Nutzen bis weit in die reale Anwendung reicht – ein<br />

Stichwort ist hier die Varianten-orientierte Fertigung (siehe Titelstory ab S. 48).<br />

Gemeint ist damit, dass „zu jedem Gerät ein virtuelles Abbild benötigt wird, in dem<br />

alle Produktionsinformationen enthalten sind und auf das jederzeit zurückgegriffen<br />

werden kann. Aus diesem virtuellen Abbild bezieht der Prozess die Informationen für<br />

die einzelnen Fertigungsschritte, und die einzelnen Maschinen parametrieren sich<br />

damit selbst.“ Industrie 4.0 und <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> können damit in erheblichem<br />

Maße voneinander profitieren. Übrigens: Bezüglich der Themen dieser und folgender<br />

Ausgaben der develop 3 systems engineering freuen wir uns über Ihr Feedback!<br />

Dipl.-Ing. Michael Corban<br />

Chefredakteur<br />

develop 3 systems engineering<br />

michael.corban@konradin.de<br />

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Ausführung und Montage<br />

d ev el op 3 systems engineering 02 2016 3<br />

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Inhalt 02 2016<br />

TITELSTORY<br />

„Schlüssel ist immer<br />

ein digitaler Zwilling“<br />

Auf dem 21. Industrial Communication Congress (ICC)<br />

von Phoenix Contact standen Themen wie Energieeffizienz<br />

und Industrie 4.0 im Vordergrund. Am Rande der<br />

Veranstaltung erläuterten Experten des Unternehmens<br />

die zukünftige Rolle von Industrie-Steckverbindern.<br />

32<br />

Das entscheidende Element für die hochproduktive<br />

Anlage zur Stahlprofilverarbeitung<br />

bei Kaltenbach ist die sichere Beherrschung<br />

des wachsenden Softwareanteils. Für Rou -<br />

tine-Aufgaben greift das Unternehmen auf<br />

die mapp Technologie von B&R zurück.<br />

38<br />

Eplan und Cideon haben vor Kurzem den Syngineer vorgestellt –<br />

eine innovative Kommunikations- und Informationsplattform, die<br />

Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau optimale Voraus -<br />

setzungen für ein mechatronisches <strong>Engineering</strong> bietet.<br />

62<br />

Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck eröffnen<br />

bisher unerschlossene Möglichkeiten für die industrielle<br />

Serienproduktion. In Sachen Qualitätssicherung und Zertifizierung<br />

stellen sie aber auch neue Herausforderungen dar.<br />

Menschen und Unternehmen<br />

Meldungen<br />

Globale Arbeitsgruppe für einheitliche Standards ............................ 6<br />

Kostenlose E-CAD-Datenbibliothek von WSCAD wächst weiter ..... 7<br />

Positive Jahresbilanz der Plattform Industrie 4.0 ............................. 8<br />

Mitsubishi Electric unterstützt den Mittelstand ............................... 9<br />

Aus dem MES D.A.CH Verband: 4. Fachtagung MES im Fokus ..... 10<br />

Veranstaltungen/Publikationen<br />

Auvesy Roadshow 2016 – Versiondog vor Ort ................................ 11<br />

VDMA-Leitfaden zur Beherrschung von Cyberbedrohungen ......... 31<br />

Köpfe der Wissenschaft<br />

Prof. Reinhard Hüttl,<br />

Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) ............ 12<br />

Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM ............................................ 16<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> im Fokus<br />

Aus der Fachgruppe SE: Weiterbildung für Berufserfahrene .......... 18<br />

Aus der GfSE: SpecIF, TdSE und SE-Weltkonferenz ....................... 20<br />

Methoden<br />

SE-Glossar<br />

Teil 6: <strong>Systems</strong>pezifikation mit MBSE ........................................... 22<br />

Serie <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Teil 5: Der intelligente Ladewagen ................................................. 24<br />

Forschung<br />

Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE)<br />

der Karlsruher Schule für Produktentwicklung ............................... 26<br />

Paralleles Entwickeln<br />

Software-Technologie reduziert<br />

die Komplexität bei der Applikations-Entwicklung ......................... 32<br />

Tools<br />

Product Lifecycle Management (PLM)<br />

PLM endet nicht am Firmentor ...................................................... 34<br />

Rechtssichere Dokumentation von Schutzsystemen ..................... 36<br />

Systementwicklung/CAD<br />

Der Syngineer optimiert das interdisziplinäre <strong>Engineering</strong> ............ 38<br />

Systementwicklung/Simulation<br />

Unterstützung für KMU bis zur EU-Ebene möglich ........................ 40<br />

3D-CAD trifft auf das Internet of Things und Augmented Reality ... 42<br />

4 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016 2015


Kommunikation/Security/Industrie 4.0<br />

In fünf Schritten zur Cyber-Security ......................................... 52<br />

Anwendungen<br />

48<br />

Manufacturing Execution <strong>Systems</strong>/Leittechnik<br />

Die vier Räume der Datenintegration ...................................... 44<br />

Big Data<br />

Automations-Spezialist reduziert Taktzeiten um bis zu 30 %...<br />

46<br />

Titelstory<br />

Der digitale Zwilling als Schlüssel zu Industrie 4.0 .................. 48<br />

Industrie 4.0<br />

Serie: Kollaboration von Mensch und Maschine ...................... 54<br />

Connectivity von der Idee bis zum Produkt ............................. 58<br />

Energie- und Ressourceneffizienz<br />

Umweltschutz als Einsparungspotential .................................. 60<br />

Qualitätssicherung/Additive Fertigung<br />

Qualitätsprüfung in der Additiven Fertigung ............................ 62<br />

Rubriken<br />

Editorial ...................................................................................... 3<br />

Wir berichten über ..................................................................... 7<br />

Cartoon .................................................................................... 66<br />

Vorschau .................................................................................. 66<br />

Impressum .............................................................................. 66<br />

Gehen Sie auf die Überholspur.<br />

Electrical <strong>Engineering</strong><br />

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d ev el op 3 systems engineering 02 2016 5


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

MELDUNGEN<br />

Bild: GS1 Global<br />

GS1: Globale Arbeitsgruppe für einheitliche Standards<br />

Grenzen überwinden<br />

„Industrie 4.0 ist kein Trend mehr, sondern wird gelebt. Auf der Hannover Messe<br />

haben das viele Unternehmen eindrucksvoll demonstriert. Aber die Vernetzung<br />

von Maschinen endet nicht an Unternehmensgrenzen“, erklärt Dr. Daniel Dünnebacke,<br />

Senior Branchenmanager Technische Industrien bei GS1 Germany.<br />

Die globale GS1 Technical Industries Advisory Group startete ihre Arbeit auf der HMI: Präsentation von<br />

Augmented Reality im Bereich Wartung und Reparatur am Stand von Honeywell<br />

Unternehmen und Verbände – darunter<br />

Bosch, Brainport Industries Association, Deutsche<br />

Bahn, Ericsson, Honeywell, Schaeffler,<br />

TNO/Smart Industry sowie der VDMA –<br />

gaben auf der Hannover Messe den Startschuss<br />

für eine globale Arbeitsgruppe. Ihr<br />

gemeinsames Ziel: eine Roadmap für den<br />

unternehmens- und sektorenübergreifenden<br />

Einsatz von Standards definieren. Denn erst<br />

Standards zur Identifikation von Produkten,<br />

Maschinen oder Sendungen sorgen unternehmensübergreifend<br />

für reibungslose Prozesse,<br />

schützen vor Fälschungen und ermöglichen<br />

ein lückenloses Tracking. Interessierte<br />

Unternehmen sind eingeladen, sich am Branchendialog<br />

zu beteiligen. Plattform dafür ist<br />

die globale Organisation GS1, deren Schnittstellenstandard<br />

EPCIS (Electronic Product<br />

Code Information Services) die Basis für die<br />

DIN SPEC 91329 „Erweiterung des EPCIS-<br />

Ereignismodells um aggregierte Produktionsereignisse<br />

zur Verwendung in betrieblichen<br />

Informationssystemen“ darstellt. Somit können<br />

über EPCIS Sensordaten mit Antworten<br />

auf die Fragen verknüpft werden, wann, was,<br />

wo und warum etwas passiert. Die Erarbeitung<br />

der DIN-Spezifikation erfolgte in enger<br />

Zusammenarbeit der FIR e. V. und des Werkzeugmaschinenlabors<br />

(WZL) – beides RWTH<br />

Aachen –, MSR Technologies, Psipenta Software<br />

<strong>Systems</strong>, Sick sowie dem Fraunhofer-<br />

Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />

IWU.<br />

ik<br />

www.gs1-germany.de<br />

F-AR: Lösungen und Trends in der Simulationsbranche<br />

Sichere und effiziente Produktionsanlagen<br />

Anfang April fand in Wien die Tagung SiP2016<br />

– Simulation in der Produktion statt. Im Rahmen<br />

dieser veranstaltung haben Unternehmen<br />

der Simula tionsbranche verschiedene<br />

Lösungen und Trends vorgestellt, die Anwender<br />

bei der Errichtung und auch beim Betrieb<br />

von sicheren und effizienten Produktionsanlagen<br />

unterstützen können. So wurden beispielsweise<br />

Werkzeuge des Digital Manufacturing<br />

von Siemens, die 3DExperience-<br />

Plattform in Zusammenhang mit der 3D-basierten<br />

Absicherung in der Fertigung von<br />

Dassault Systèmes sowie physikbasierte Simulationen<br />

von Machineering präsentiert.<br />

Außerdem zeigte Christian Daniel von der<br />

ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH<br />

anhand einiger Anwenderbeispiele, wie mit<br />

ISG-virtuos simulationsbasiertes <strong>Engineering</strong><br />

und virtu elle Inbetriebnahmen in Steuerungsechtzeit<br />

funktionieren können und Dr. Wolfgang<br />

Leidholdt von der Imk Automotive<br />

GmbH referierte über die Möglichkeiten und<br />

Probleme der Simulation von menschlicher<br />

Arbeit. Die nächsten Veranstaltungen des Vereins<br />

zur Förderung der Automation und Robotik<br />

F-AR in Wien sind das 12. Treffen der<br />

Plattform Automatisierungstechnik am 30.<br />

Juni sowie die Tagung RiU2016 – Roboter im<br />

Unterricht am 31. August. Der Verein bezweckt<br />

die Wahrung, Pflege und Förderung<br />

von Ausbildung und Qualifizierung sowie<br />

Wissenschaft und Forschung im Bereich der<br />

Automation sowie der Robotik. Er ist aus der<br />

Vision entstanden, eine kompetente und innovative<br />

Plattform zu schaffen, die als Vermittler<br />

von technischen Dienstleistungen und<br />

Know-how agiert.<br />

ik<br />

www.f-ar.at<br />

Siemens: Finanzierung als Erfolgsfaktor<br />

Weltweit Investitionen<br />

in Milliardenhöhe<br />

Industrie 4.0 führt bis 2025 allein in Deutschland<br />

schätzungsweise zu Investitionen in<br />

Höhe von 250 Mrd. Euro. Für die USA wird<br />

sogar mit rund 300 Mrd. U.S. Dollar in den<br />

kommenden drei Jahren gerechnet. Nur mit<br />

innovativen Ansätzen in der Finanzierung<br />

können diese notwendigen Investitionen realisiert<br />

werden. Davon sind auch die führenden<br />

Unternehmen der produzierenden Industrie<br />

– insbesondere im Mittelstand – überzeugt.<br />

Für sie gilt Finanzierung mittlerweile<br />

als einer der fünf entscheidenden Erfolgsfaktoren.<br />

Dies ergab eine globale Umfrage unter<br />

Finanzvorständen der produzierenden Industrie,<br />

die die Siemens Financial Services (SFS)<br />

im Rahmen eines Presse Round Table auf der<br />

Hannover Messe 2016 vorstellte.<br />

ik<br />

www.siemens.com<br />

6 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016


MELDUNGEN<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

WSCAD: Kostenlose E-CAD-Datenbibliothek wächst weiter<br />

Textsensitive Suchanfragen möglich<br />

Das E-CAD-Datenportal wscaduniverse.com wächst weiterhin. Täglich<br />

verzeichnet es durchschnittlich 2100 Suchanfragen und 3300<br />

Downloads. Aktuell sind mehr als 1,1 Mio. Artikeldaten im WSCADund<br />

Eplan-EDZ-Format von über 120 Herstellern verfügbar. Neu hinzu<br />

gekommen sind zum Beispiel namhafte Firmen aus der Automationsbranche<br />

und Gebäudeautomatisierung: unter ihnen Balluff, Lohmeier,<br />

Wenglor, Bartec, Siemens und Wago mit Datensätzen im WSCADund<br />

Eplan-Format sowie exklusiv im Eplan-Format die Hersteller<br />

Eldon, Iskra oder J. Schneider. Dementsprechend läuft der technische<br />

Ausbau des Datenportals auf Hochtouren. Neben den bekannt<br />

schnellen Such- und Filterfunktionen erleichtert inzwischen beispielsweise<br />

auch eine textsensitive Suche die Arbeit. Dadurch reagiert die<br />

Software in Echtzeit auf den eingegeben Suchbegriff und stellt<br />

die möglichen Ergebnisse in einem Autocomplete-Menü zur weiteren<br />

Auswahl dar. Anstelle einer fix vorgegebenen Vorauswahl nähern sich<br />

Suchende so intuitiv und sehr schnell den gewünschten Ergebnissen,<br />

besonders bei komplexen Herstellerangeboten.<br />

ik<br />

www.wscad.com<br />

In der E-CAD-Datenbibliothek D th von WSCAD erleichtert t inzwischen i eine<br />

textsensitive Suche die Arbeit<br />

Bild: WSCAD<br />

Wir berichten über<br />

acatech ..................................... 12<br />

Auvesy ...................................... 11<br />

B&R ......................................... 32<br />

Balluff ......................................... 7<br />

Bartec ......................................... 7<br />

BDI ........................................... 12<br />

Borg-Warner.............................<br />

54<br />

Bosch ......................................... 6<br />

Boston Consulting Group 54<br />

Brainport<br />

Industries Association 6<br />

Cideon......................................<br />

38<br />

Claas ........................................ 24<br />

Dassault Systèmes 6, 19, 24<br />

Deutsche Bahn...........................<br />

6<br />

Deutsche Telekom ...................... 7<br />

Eplan ........................................ 38<br />

Ericsson ..................................... 6<br />

F-AR............................................<br />

6<br />

Faulhaber ................................. 58<br />

Fraunhofer IEM 16, 19, 24<br />

Fraunhofer IWU .......................... 6<br />

Gemalto ................................... 52<br />

GfSE ....................... 19, 20, 22, 31<br />

GS1 ............................................ 6<br />

Guardus Solutions .................... 45<br />

Honeywell .................................. 6<br />

Imk Automotive..........................<br />

6<br />

ISG ............................................. 6<br />

it’s OWL .............................. 16, 18<br />

Kaltenbach ............................... 32<br />

KIT IPEK ................................... 26<br />

KTM ......................................... 42<br />

Lohmeier .................................... 7<br />

Machineering ............................. 6<br />

MathWorks .............................. 47<br />

MES D.A.CH Verband 10<br />

Mitsubishi Electric ..................... 9<br />

MSR Technologies......................<br />

6<br />

OWL Maschinenbau 19<br />

OWL ViProSim .......................... 19<br />

Phoenix Contact ....................... 48<br />

Plattform Industrie 4.0 8<br />

Procad ...................................... 34<br />

Psipenta Software <strong>Systems</strong> 6<br />

PTC .......................................... 42<br />

Rösberg .................................... 36<br />

RWTH Aachen ............................ 6<br />

Schaeffler ............................. 6, 31<br />

Schneider Electric .................... 42<br />

Schunk ..................................... 31<br />

Sick ............................................ 6<br />

Sicos BW ................................. 40<br />

Siemens ............................ 6, 7, 10<br />

Socomec..................................<br />

60<br />

Springer Vieweg ....................... 11<br />

Stiwa ........................................ 46<br />

Symposion ............................... 31<br />

Sysmex Corporation 42<br />

TNO/Smart Industry...................<br />

6<br />

UL ............................................ 62<br />

VDMA ........................ 6, 9, 31, 54<br />

Vuforia......................................<br />

42<br />

Wago..........................................<br />

7<br />

Wenglor ..................................... 7<br />

Westermo ................................ 52<br />

Wittenstein AG ......................... 54<br />

WSCAD......................................<br />

7<br />

ZVEI ......................................... 54<br />

Deutsche Telekom: Ohne Programmieren vom IoT profitieren<br />

Cloud Fieldbus vereinfacht Vernetzung<br />

Mit dem Cloud Fieldbus hat das<br />

Unternehmen auf der Hannover<br />

Messe einen neuen Service im<br />

Rahmen der Cloud der Dinge vorgestellt.<br />

Die Erweiterung der<br />

Plattform reduziert den Aufwand<br />

für die Anbindung von Maschinen<br />

und Anlagen, die das häufig<br />

eingesetzte Kommunikationsprotokoll<br />

Modbus TCP nutzen. Mit<br />

der einfachen Integration dieses<br />

De-facto-Standards in der Automatisierungstechnik<br />

profitieren<br />

daher vor allem produzierende<br />

Unternehmen schneller von den<br />

Möglichkeiten des Internet der<br />

Dinge. Dazu müssen sie ihre<br />

Maschinen und Anlagen lediglich<br />

mit einem speziellen Mobilfunkgateway<br />

verbinden und diese<br />

anschließend über die Benutzeroberfläche<br />

der Cloud der Dinge<br />

registrieren. Bislang war hier<br />

immer aufwändige Programmierarbeit<br />

nötig, nun greifen Unternehmen<br />

jedoch bereits nach<br />

wenigen Minuten über die Plattform<br />

auf ihre Maschinen und<br />

Anlagen sowie die erfassten<br />

Daten zu. Besonders für Mittelständler<br />

wird der Einstieg in die<br />

digitale Wirtschaft damit deutlich<br />

Bild: Deutsche Telekom<br />

Der Cloud Fieldbus soll den Aufwand<br />

für die Anbindung von Maschinen<br />

und Anlagen reduzieren<br />

einfacher. Statt in eigene Hardund<br />

Software sowie in die Integration<br />

zu investieren, buchen<br />

sie die Lösung flexibel zum Festpreis<br />

pro Maschine. Da die Telekom<br />

die Cloud der Dinge in ihren<br />

leistungsfähigen und sicheren<br />

Rechenzentren hostet, ist die<br />

Lösung zudem hochskalierbar.<br />

Mittelständler können so mit<br />

einem Pilotprojekt starten und<br />

ihr Geschäft dann Schritt für<br />

Schritt digitalisieren. ik<br />

www.telekom.com<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 7


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

MELDUNGEN<br />

Plattform Industrie 4.0: Positive Jahresbilanz und gemeinsamer Aktionsplan<br />

Gute Ideen und Prototypen<br />

„Wir bieten dem<br />

Mittelstand die<br />

Möglichkeit, seine<br />

Ideen auf Testfeldern<br />

auszuprobieren.“<br />

Bild: Florian Gaertner/phototek<br />

Reinhard Clemens von der Deutschen Telekom, Dr. Eberhard Veit, ehemals Festo AG, Sigmar<br />

Gabriel, Prof. Dr. Johanna Wanka, Prof. Dr. Reimund Neugebauer von der Fraunhofer-Gesellschaft,<br />

Jörg Hofmann von der IG Metall und Prof. Dr. Siegfried Russwurm von der Siemens AG (v.l.n.r.)<br />

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel<br />

und Bundesforschungsministerin Prof. Dr.<br />

Johanna Wanka stellten auf der Hannover<br />

Messe beim Zukunftsdialog „Industrie 4.0 –<br />

Digitale Transformation made in Germany“<br />

gemeinsam mit Vertretern des Leitungsgremiums<br />

zentrale Erfolge und Meilensteine aus<br />

einem Jahr Plattform Industrie 4.0 vor. „Die<br />

Plattform Industrie 4.0 hat sich seit ihrer<br />

Gründung vor einem Jahr zu einem der größten<br />

Netzwerke weltweit im Bereich Digitalisierung<br />

der Industrie entwickelt”, sagte<br />

Gabriel. Und Bundesforschungsministerin<br />

Wanka ergänzte: „Wir wissen, dass der Mittelstand<br />

gute Ideen und Prototypen entwickelt,<br />

aber noch unsicher ist, ob diese auch<br />

unter Bedingungen von Industrie 4.0 funktionieren.<br />

Wir starten deshalb ein Programm,<br />

bieten dem Mittelstand also die Möglichkeit,<br />

seine innovativen Ideen auf Testfeldern auszuprobieren.“<br />

Zusätzlich kündigte sie die Einrichtung<br />

einer zentralen Kontakt- und Koordinierungsstelle<br />

an der Universität Stuttgart an,<br />

die den Zugang von Unternehmen zu den<br />

Testzentren bundesweit erleichtern und<br />

Unternehmen auch zielgerichtet unterstützen<br />

soll. Außerdem werden die Initiativen „Labs<br />

Network Industrie 4.0“ und „Standardization<br />

Council Industrie 4.0“ die Standardisierung<br />

sowie den Praxistransfer bei Industrie 4.0 beschleunigen<br />

und ein gemeinsamer Aktionsplan<br />

der deutschen „Plattform Industrie 4.0“<br />

sowie der französischen „Alliance Industrie<br />

du Futur“ soll die Wettbewerbsfähigkeit der<br />

produzierenden Industrien weiter ausbauen.<br />

Dieser Aktionsplan beschreibt die künftige<br />

Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Digitalisierung<br />

und weist folgende Schwerpunkte<br />

auf: Anwendungsszenarien und -beispiele,<br />

Technologie und Testinfrastruktur, Standardisierung<br />

sowie Ausbildung und Veränderungen<br />

bei Kompetenzanforderungen und<br />

Arbeitsorganisation.<br />

ik<br />

www.plattform-i40.de<br />

8 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016


MELDUNGEN<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

Mitsubishi Electric: Den Mittelstand unterstützen<br />

Viele kleine Schritte<br />

VDMA: Studie zur Digitalkompetenz<br />

Fachverband mit neuem Namen<br />

Bild: Mitsubishi Electric Europe<br />

Der deutsche Mittelstand weiß um die Relevanz<br />

von Industrie 4.0 und anderen Initiativen<br />

für die Zukunftsfähigkeit seiner Betriebe.<br />

Dennoch scheitern Vorhaben häufig an den<br />

Investitionskosten. Wichtig ist es, zumindest<br />

schrittweise auf die Umsetzung von Industrie<br />

4.0 hinzuwirken, erklärt Thomas Lantermann:<br />

„Um große Visionen zu realisieren, sind viele<br />

kleine Schritte nötig. Das entspricht dem<br />

japanischen Kaizen Prinzip der kontinuierlichen<br />

Verbesserung. Auch der Mittelstand sollte<br />

dies beherzigen. Bei der Umsetzung können<br />

Mitsubishi Electric und die Partner der<br />

Schritt für Schritt Richtung<br />

Industrie 4.0: Ein Grundbaustein<br />

für die Umsetzung von<br />

Industrie 4.0 auch im Mittelstand<br />

ist die Anbindung der<br />

Produktion an ein MES- oder<br />

ERP-System<br />

e-F@ctory Alliance unterstützen.<br />

Ein Grundbaustein<br />

ist die Anbindung der Produktion<br />

an ein MES- oder<br />

ERP-System.“ Bereits seit<br />

2003 sorgt das MES-Modul<br />

in der Servomotoren-Großproduktion<br />

von Mitsubishi<br />

Electric in Nagoya Works<br />

für eine direkte Verbindung<br />

von Produktion und Unternehmensebene.<br />

Durch<br />

weitere Optimierungen gemeinsam mit<br />

Alliance-Partnern konnte die Produktivität des<br />

Werks um 180 % gesteigert sowie die Produktionszyklen<br />

um 60 % und Verarbeitungszeiten<br />

um 40 % reduziert werden. Im Rahmen<br />

der e-F@ctory Alliance arbeiten weltweit<br />

über 3000 Partnern aus unterschiedlichen<br />

Bereichen zusammen. Das zentrale Element<br />

bilden dabei offene Schnittstellen, über die<br />

sich Komponenten unterschiedlicher Hersteller<br />

in allen weltweit gängigen Netzwerken<br />

einfach miteinander verbinden lassen. ik<br />

http://de3a.mitsubishielectric.com/fa<br />

Der Fachverband trägt einen neuen Namen:<br />

VDMA Software und Digitalisierung<br />

Rund 40 % der Unternehmen im Maschinenund<br />

Anlagenbau haben bereits eine dezidierte<br />

Digitalisierungsstrategie. Diese ist allerdings<br />

häufig noch nicht schriftlich fixiert, wie ein<br />

erstes Zwischenergebnis der neuen Studie<br />

der VDMA Impuls-Stiftung zur Digitalisierungskompetenz<br />

im Maschinenbau aufzeigt.<br />

Aktuell untersucht dazu das Institut für Lernen<br />

und Innovation in Netzwerken (ILIN) der<br />

Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft<br />

zusammen mit dem Fraunhofer Institut<br />

für System- und Innovationsforschung (ISI)<br />

die Branche hinsichtlich dieser Thematik. Weiteren<br />

Zwischenergebnissen zufolge hat sich<br />

der Bereich aber erfolgreich auf den Weg<br />

gemacht. Vor dem Hintergrund der wachsenden<br />

strategischen Bedeutung der Digitalisierung<br />

im Maschinenbau hat der Vorstand des<br />

Fachverbandes zudem die Weichen für eine<br />

zukunftsorientierte Neuausrichtung gestellt.<br />

Um dies auch nach außen zu zeigen, trägt der<br />

Fachverband einen neuen Namen: VDMA<br />

Software und Digitalisierung.<br />

ik<br />

www.vdma.org<br />

Bild: VDMA Software und Digitalisierung<br />

Besuchen Sie uns auf der<br />

Automatica – Halle A5, Stand 102<br />

„Mein e-effekt: ohne Medienbrüche<br />

einfach mechatronisch konfigurieren“<br />

Eine offene Architektur und zahlreiche Schnittstellen zu Expertensystemen machen EPLAN <strong>Engineering</strong> Configuration<br />

zum perfekten Instrument für disziplinübergreifende mechatronische Konfiguration. Wir machen es Ihnen leicht, innovativ<br />

zu sein.<br />

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el op 3 systems engineering 02 2016 9


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

AUS DEM<br />

Erfolgreiche 4. Fachtagung MES im Fokus<br />

Schwerpunktthema Industrie 4.0<br />

Im Februar 2016 veranstaltete der MES D.A.CH Verband e.V. die vierte Fachtagung MES im Fokus.<br />

Dieses Mal fand sie bei der Siemens AG – Elektronikwerk Amberg statt. Etwa 90 Teilnehmer, davon<br />

66 Anwender, informierten sich dabei über neue Trends zu MES, Digitalisierung und Industrie 4.0.<br />

Prof. Dr. Jürgen Kletti, 1. Vorstand<br />

und Angelo Bindi, 2. Vorstand des<br />

MES D.A.CH Verbands auf der<br />

4. Fachtagung MES im Fokus (v.l.)<br />

Rege<br />

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Bild: MES D.A.CH Verband<br />

Bild: MES D.A.CH Verband<br />

MES im Fokus bietet eine kompakte und bewährte Plattform<br />

für alle, die sich ein Bild vom hohen Anwendernutzen machen<br />

wollen, der sich mit MES-Lösungen in der modernen Fertigung erzielen<br />

lässt. Bereits zum vierten Mal fand die Fachtagung des MES<br />

D.A.CH Verbands inzwischen statt. Nach Continental in Frankfurt am<br />

Main, B&R in Eggelsberg bei Salzburg und Beckhoff in Verl war nun<br />

die Siemens AG mit dem hochmodernen Elektronikwerk in Amberg<br />

Gastgeber der Veranstaltung. Die Resonanz bei den Anwendern war<br />

überwältigend; die Anzahl der Interessenten so hoch wie noch nie.<br />

Zwölf anwendungsbezogene Vorträge<br />

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Kletti, 1. Vorstand des MES D.A.CH Verband e.V.,<br />

eröffnete die Veranstaltung, in deren Rahmen an den beiden Tagen<br />

wichtige MES-Grundlagen sowie Branchenbeispiele vorgestellt wurden.<br />

Insgesamt zwölf anwendungsbezogene Vorträge vermittelten<br />

ein rundes Bild von der Automations- bis zur ERP-Ebene. Einen<br />

wesentlichen Schwerpunkt bildete dabei die herausragende Bedeutung<br />

von MES für die Industrie 4.0. Referenten der Unternehmen<br />

Orbis AG, Industrie Informatik GmbH, IGZ Ingenieurgesellschaft<br />

mbH, Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, camLine GmbH,<br />

Siemens Industry Software GmbH, Proxia Software AG, Opdenhoff<br />

Technologie GmbH und Syncos GmbH stellten beispielsweise MES-<br />

Lösungen für die Smart Factory vor.<br />

Wieviel MES braucht mein Unternehmen und wie sieht mein MES-<br />

Konzept und meine Roadmap aus? Diese Fragen beantwortete<br />

Dr.-Ing. Harald Hoff von der HIR GmbH. Stefan Hoppe, Vice President<br />

OPC Foundation, berichtete außerdem über neue Entwicklungen<br />

rund um OPC UA als die präferierte Schnittstellenlösung vom<br />

Sensor bis in die IT-Cloud für die Digitalisierung von Produktions -<br />

umgebungen. Zudem ermöglichten Diskussionsrunden die Vertiefung<br />

des gerade vermittelten Know-hows und bei einer Werksbesichtigung<br />

erhielten die Teilnehmer Einblick in die komplette Digitalisierung<br />

der Fertigung: In der Digital Lead Factory in Amberg (EWA)<br />

produziert Siemens mit 1200 Mitarbeitern Automatisierungskomponenten<br />

im Sekundentakt – Simatic S7 der neusten Generation,<br />

ET200 und HMI. Das Networking der Teilnehmer untereinander<br />

wurde durch das interessante Rahmenprogramm ebenfalls gezielt<br />

gefördert. Die Teilnehmer waren sich dementsprechend wieder<br />

einig: Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Die Planung für die<br />

nächste, 5. Fachtagung ‚MES im Fokus‘ beginnt in Kürze.<br />

Der Autor: Ronald Heinze,<br />

3. Vorstand des MES D.A.CH Verband e.V.<br />

Kontakt<br />

MES D.A.CH Verband e.V.<br />

Geschäftsstelle<br />

Ilsfeld-Auenstein<br />

Tel. +49 7062 6760-213<br />

info@mes-dach.de<br />

www.mes-dach.de<br />

INFO<br />

10 develop 3 systems engineering 02 2016


VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN<br />

Die Messe für Automation<br />

in der Bodenseeregion<br />

Auvesy: Roadshow 2016 „Versiondog vor Ort“<br />

Datenmanagement 4.0<br />

in der automatisierten Produktion<br />

Das herstellerunabhängige Datenmanagementsystem<br />

Versiondog<br />

hilft produzierenden Unternehmen<br />

dabei, Stillstands- und<br />

Wiederanlaufzeiten zu minimieren.<br />

Unter dem Motto „Datenmanagement<br />

4.0“ veranstaltet<br />

Auvesy für Kunden und Interessenten<br />

die diesjährige Roadshow<br />

„Versiondog vor Ort“ unter anderem<br />

am 28.06. in München und<br />

am 29.06. erstmals auch in der<br />

Schweiz in Basel. Die Veranstaltung<br />

mit integrierter Live-Präsentation<br />

und Hands-on-Session soll<br />

einen praxis- und anwender -<br />

orientierten Austausch zum<br />

Thema Datenmanagement mit<br />

Fokus auf die automatisierte Produktion<br />

ermöglichen. Anwender<br />

erhalten einen Einblick in die Version<br />

4.0 der Lösung. Als deren<br />

Highlights nennt der Anbieter die<br />

Webserverintegration für einen<br />

browserunabhängigen Datenzugriff<br />

und der Webclient „Anlagenstatus“<br />

als Dashboard für anlagenweit<br />

verteilte Gerätedaten.<br />

Vorträge mit den Themenschwerpunkten<br />

Audits und Cyber Security<br />

runden das Programm ab. mc<br />

www.versiondog.de/roadshow<br />

Wir laden Sie ein!<br />

Für kostenfreien Besuch registrieren:<br />

Code: 4g4y2Ppq<br />

www.automation-essen.de<br />

Springer Vieweg: Rahmenkonzepte für Produktion<br />

Fahrplan für die Fabrik der Zukunft<br />

In „Strategien der Produktion – Technologien, Konzepte<br />

und Wege in die Praxis“ beschreiben die Autoren, Engelbert<br />

Westkämper und Carina Löffler, die strategischen<br />

Konzepte für die Fabriken der<br />

Zukunft und ordnen diese in ein<br />

systematisches Vorgehen ein.<br />

Ausgangspunkt des Buches ist<br />

ein neues, ganzheitliches Verständnis<br />

des <strong>Systems</strong> Produk -<br />

tion, das mit der Produktentwicklung<br />

beginnt, mit dem ‚end of<br />

life‘ der Produkte endet und<br />

dabei auch sämtliche peripheren<br />

Dienste mit einschließt, die Einfluss<br />

auf Produktionsprozesse<br />

haben. „Unser Buch richtet sich<br />

an alle, die nach Konzepten und<br />

Wegen zum langfristigen Erhalt<br />

der Wettbewerbsfähigkeit und<br />

zum Wachstum suchen“, so die<br />

Autoren. Sie entwickeln einen methodischen Ansatz zur<br />

strategischen Planung und Implementierung neuer Technologien<br />

und Konzepte, beziehen Zukunftsvorstellungen<br />

und Wege zur strukturellen Anpassung der Produktionen<br />

von industriellen Unternehmen ein und bieten innovative<br />

Lösungen. Zudem liefern sie Hinweise zur Implementierung<br />

systemverändernder Technologien bis hin zu Industrie<br />

4.0. Der Aufbau des Buches steigert das Verständnis<br />

einzelner Strategie- und Technologielinien. Es basiert<br />

dabei auf langjährigen Erfahrungen in Industrieunternehmen<br />

sowie in der Forschung.<br />

mc<br />

www.springer.com<br />

07.–08.06.2016<br />

Messe Friedrichshafen<br />

Die all about automation bringt regionale Anwender<br />

mit Komponenten- und Systemherstellern,<br />

Distributoren und Dienstleistern industrieller<br />

Automatisierungstechnik zusammen. Und<br />

das in einer persönlichen, hochwertigen und auf<br />

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fon +49 711 21726710 | automation@untitledexhibitions.com


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />

Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)<br />

„Bei Robotik sowie Künstlicher Intelligenz<br />

liegt noch Wegstrecke vor uns“<br />

Dem von BDI und acatech erstmals gemeinsam herausgegebenen Innovationsindikator folgend hat<br />

kein anderes Land der Welt so viele „Hidden Champions“ wie Deutschland – trotz der gleichzeitig<br />

dokumentierten Forschungslethargie vieler deutscher KMU. Über die Gründe dafür und den Stellenwert<br />

von Technologie allgemein sowie Industrie 4.0 sprach Wolfgang Hess, Redaktionsdirektor und<br />

Chefredakteur von bild der wissenschaft (bdw) – wie die develop 3 systems engineering eine Publika -<br />

tion der Konradin Mediengruppe –, mit Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der<br />

Technikwissenschaften (acatech).<br />

develop 3 : Prof. Hüttl, zur Jahreswende 2015/16 ist der sogenannte<br />

Innovationsindikator erstmals von acatech gemeinsam<br />

mit dem BDI mitherausgegeben worden. Weshalb?<br />

Hüttl: Die Entwicklung von Innovationen kostet Geld, ist aber auch<br />

eine zentrale Quelle nachhaltigen Wohlstands. Ein Kernelement unserer<br />

Akademie ist, dass alle Mitglieder Wissenschaftler sind und<br />

dass im Senat etwa 100 technologisch orientierte Unternehmen vertreten<br />

sind. Insofern haben wir einen guten Zugang zu Forschung<br />

und Entwicklung in Unternehmen, die etwa zwei Drittel der deutschen<br />

Ausgaben für Forschung und Entwicklung von aktuell 83 Milliarden<br />

Euro bestreiten. Deswegen war der Innovationsindikator für<br />

uns schon immer wichtig. Die Chance, dass acatech sich daran beteiligt<br />

und wir uns inhaltlich einbringen können, haben wir gerne genutzt.<br />

Die Innovationslandschaft Deutschland international einzuordnen,<br />

sehen wir als wichtige Aufgabe.<br />

Zur Person<br />

INFO<br />

Reinhard Hüttl ist seit acht Jahren Präsident der Deutschen<br />

Akademie der Technikwissenschaften acatech. Sie wurde<br />

2008 gegründet und gehört zu den führenden der 22 Akademien<br />

für Technikwissenschaft in Europa. 1986 promovierte<br />

Hüttl (*1957) am Institut für Bodenkunde an der Universität<br />

in Freiburg im Breisgau und wurde Forschungsleiter des<br />

Bergbauunternehmens Kali und Salze AG. Nach wissenschaftlichen<br />

Stationen in Washington D.C., auf Hawaii, in<br />

Freiburg und Eberswalde wurde er 1993 auf den Lehrstuhl<br />

für Bodenschutz und Rekultivierung an der Brandenburgisch<br />

Technischen Universität Cottbus berufen. Seit 2007 ist er<br />

Wissenschaftlicher Vorstand des Helmholtz Zentrums Potsdam<br />

– Deutsches GeoForschungsZentrum. Reinhard Hüttl<br />

wurde für seine wissenschaftlichen Verdienste vielfach ausgezeichnet<br />

und ist Mitglied bei einer Reihe internationaler<br />

Forschungsorganisationen.<br />

develop 3 : Die aktuelle Studie beschreibt akribisch die Rolle der<br />

kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) im Innovationssystem.<br />

Zwei Kernaussagen stechen hervor: Einmal hat<br />

kein anderes Land der Welt so viele „Hidden Champions“ wie<br />

Deutschland – Weltmarktführer in einem definierten Sektor. Und<br />

andererseits dokumentieren viele deutsche KMU eher Forschungslethargie.<br />

Sie erzielen – so die Studie: „Innovationserfolge<br />

ohne formale Forschung und Entwicklung“. Wie interpretieren<br />

Sie das?<br />

Hüttl: Forschung bei klein- und mittelständischen Unternehmen<br />

lässt sich nicht allein an den formal ausgewiesenen Unternehmens-<br />

Ausgaben für Forschung und Entwicklung messen. Unsere Typologie<br />

von innovativen KMU zeigt: Viele sind ohne eine eigene Forschungsabteilung<br />

innovativ. Sie entwickeln Neuheiten im Zusammenspiel<br />

kleiner Teams, weil sie besonders nah am Kunden sind. Es findet jedoch<br />

eine radikale Veränderung statt, bei der die Digitalisierung eine<br />

zentrale Rolle spielt – Stichwort „Industrie 4.0“. Wenn Unternehmen<br />

sich zu sehr auf bewährte Muster verlassen, gefährden sie ihre<br />

Marktposition. Dieser Veränderungsdruck ist bereits für Großunternehmen<br />

eine Herausforderung – umso mehr für Mittelständler. Zugleich<br />

entstehen Chancen für neue Unternehmen, denken Sie etwa<br />

an die Berliner Startup-Szene. Zentrale Herausforderungen in<br />

Deutschland sind deshalb unsere relativ niedrige Gründungsdynamik,<br />

die Wachstumsbedingungen für Startups und die Beteiligung<br />

von KMU an Forschungs- und Entwicklungskooperationen – denn<br />

diese scheitert oft schon an hohen bürokratischen Hürden.<br />

develop 3 : Seit einigen Jahren ist Industrie 4.0 das beherrschende<br />

Thema bei der zukünftigen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft.<br />

Was trägt acatech dazu bei?<br />

Hüttl: Unsere Akademie hat den Begriff geprägt und ihn anlässlich<br />

der Hannover Messe 2011 zusammen mit anderen in die große Öffentlichkeit<br />

gebracht. Maßgeblichen Anteil hat dabei mein Co-Präsident<br />

Henning Kagermann. Mit dem Begriff wollen wir auf die grundsätzliche<br />

Veränderung in der Industrieproduktion hinweisen. Die 4<br />

steht dabei für die vierte industrielle Revolution – nach der Dampfmaschine,<br />

der Elektrifizierung und Fließbandarbeit, der Mikroelektronik<br />

und Robotik folgt nun die Vernetzung und Individualisierung<br />

der Produktion und Dienstleistungen.<br />

12 develop 3 systems engineering 02 2016


Bild: D. Ausserhofer, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)<br />

Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)<br />

„Es findet eine<br />

radikale Veränderung<br />

statt, bei der die<br />

Digitalisierung eine<br />

zentrale Rolle<br />

spielt – Stichwort<br />

‚Industrie 4.0‘.“<br />

develop 3 : Was ist an Industrie 4.0 anderes als beim Computer<br />

Integrated Manufacturing (CIM)?<br />

Hüttl: CIM lief auf eine hochautomatisierte, zentral gesteuerte Produktion<br />

hinaus. Industrie 4.0 steht für Vernetzung und Individualisierung,<br />

was einer kopernikanischen Wende in den Fabrikhallen gleichkommt.<br />

Noch bestimmt der Produktionsprozess das Produkt, das<br />

millionenfach und gleichartig hergestellt wird. In der Industrie 4.0<br />

dagegen bestimmt das einzelne Produktionsstück seinen individuellen<br />

Produktionsprozess. Industrie 4.0 ebnet deshalb den Widerspruch<br />

zwischen billigen Massenprodukten und teuren Einzelstücken<br />

ein. Sie ermöglicht die individuelle Produktion zu den Preisen<br />

der Massenfertigung. Dabei geht es um mehr als die Einführung<br />

neuer Technologien. Industrie 4.0 wird auch die Arbeit verändern,<br />

weshalb wir bei dem Thema eng mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten.<br />

Wir brauchen unter anderem neue Ansätze im Bildungssystem,<br />

um die Menschen für die künftige Arbeitswelt zu<br />

qualifizieren. Industrie 4.0 ist eine Chance für alternde Gesellschaften,<br />

wie wir sie in Deutschland haben. Aber natürlich müssen wir<br />

die Belegschaften mitnehmen. Weiterbildung wird deshalb immer<br />

wichtiger: Auch Universitäten und Hochschulen müssen Programme<br />

für Mitarbeiter entwickeln. acatech experimentiert derzeit mit<br />

solchen Angeboten und startete zur Hannover Messe einen Online-<br />

Kurs „Hands-on Industrie 4.0“.<br />

develop 3 : Gehen wir einmal davon aus, dass der Weg zur Umsetzung<br />

von Industrie 4.0 100 Kilometer lang ist. Welche Strecke<br />

haben wir dann bislang zurückgelegt? Was schätzen Sie?<br />

Hüttl: Wir haben bisher wohl erst 15 Kilometer hinter uns. Sowohl<br />

bei der Robotik als auch bei der Künstlichen Intelligenz ist der Weg<br />

von der Forschung zur industriellen Umsetzung noch weit.<br />

develop 3 : Lassen Sie uns noch einmal auf den aktuellen Innovationsindikator<br />

zurückkommen: Demnach gibt es noch immer<br />

Berührungsängste zwischen Wissenschaftlern und KMU-Managern.<br />

Daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel<br />

geändert.<br />

Hüttl: An den Hochschulen hat sich viel getan. Denken Sie an die<br />

Dualen Studiengänge, oder auch an die Berufsakademien oder die<br />

vielen Weiterbildungsaktivitäten. In einem gebe ich Ihnen recht: Gegenüber<br />

führenden Forschungseinrichtungen haben kleinere Unternehmen<br />

noch zu viel Respekt – wir brauchen Plattformen, Initiativen<br />

und Programme mit möglichst niedrigen Einstiegshürden. Ein gutes<br />

Beispiel für den Abbau der Berührungsängste sind die 15 bundesweit<br />

ausgewiesenen Spitzencluster. Dort ist es gelungen, kleinere<br />

Unternehmen mit großen zusammenzubringen und die führenden<br />

wissenschaftlichen Einrichtungen zu integrieren.<br />

develop 3 : Was müsste sich ändern, um dem deutschen Mittelstand<br />

Forschung schmackhaft zu machen?<br />

Hüttl: Kleinen und mittleren Unternehmen sollte man es möglichst<br />

einfach machen, an Kooperationen von Forschung und Wirtschaft<br />

teilzunehmen – also niedrige Zugangshürden. Zweitens brauchen<br />

wir ein stärkeres Bewusstsein, dass der Erfolg in einer Marktnische<br />

nicht davon abhalten sollte, gemeinsam mit Hilfe von Forschung<br />

neue Perspektiven zu entwickeln. Es wäre auch gut, wenn sich an<br />

der Reputation von Wissenschaftlern etwas verändern ließe, die<br />

noch vorrangig auf Publikationen in wichtigen internationalen Journalen<br />

beruht. Klar, der Nachweis von Gravitationswellen ist ein<br />

Durchbruch. Doch ist es von der Gesellschaft her betrachtet nicht<br />

ebenso ein Durchbruch, wenn Forscher und Praktiker gemeinsam<br />

den Reifenabrieb signifikant verringern? Dies würde die Feinstaubbelastung<br />

spürbar senken.<br />

develop 3 : Wie könnte man den Praxisbezug honorieren?<br />

Hüttl: Dadurch, dass der Wissenstransfer, den Wissenschaftler leisten,<br />

ins Rampenlicht gestellt wird. Oder dass bei nachgewiesenen<br />

Technologietransferleistungen eine weitere Stelle am Institut finanziert<br />

wird. Bei uns in der Helmholtz-Gemeinschaft ist man da schon<br />

unterwegs. Jede Arbeitsgruppe überlegt inzwischen, was aus ihrer<br />

Forschung zur Anwendung kommen könnte. Generell gilt: Wir Wissenschaftler<br />

sollten von uns aus auf den Mittelstand zugehen.<br />

develop 3 : Wie beurteilt die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />

acatech generell den Stellenwert der Technologie in<br />

Deutschland?<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 13


ennenden Wasserhähne richtig gestellt. Doch wenn solche Bilder<br />

einmal in der Welt sind, bekommen sie eine Eigendynamik. Dafür<br />

sorgt schon das Internet. Und irgendwann paust sich das bis in die<br />

Politik durch, so dass selbst Forschung zum Hydraulic Fracturing<br />

nicht mehr gewünscht ist.<br />

develop 3 : Gegenwärtig gibt es fossile Brennstoffe im Übermaß.<br />

Und sie sind kostengünstiger denn je. Warum also sollte die Politik<br />

mit Fracking ein neues Fass aufmachen?<br />

Bild: acatech/S. Weigelt<br />

Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften<br />

(acatech)<br />

Hüttl: Wir haben zwei Strömungen: Zum einen sind die Deutschen<br />

gegenüber Technologien mit unmittelbarem persönlichen Nutzen<br />

sehr aufgeschlossen. Andererseits registrieren wir in Deutschland<br />

eine wachsende Zurückhaltung gegenüber neuen Technologien und<br />

technischen Großprojekten, deren Nutzen nicht unmittelbar ist.<br />

Manchmal sind die Signale sogar widersprüchlich – wenn beispielsweise<br />

ein teils sorgloser Umgang mit Daten im Internet neben einer<br />

recht stark ausgeprägten Sensibilität in diesem Bereich steht. Stärker<br />

als in vielen anderen Ländern sehen die Menschen in Deutschland<br />

mögliche Nachteile, Risiken oder sogar Gefahren. Bekannteste<br />

Beispiele sind Kernenergie, Gen- und Biotechnologie, aber auch Projekte<br />

wie Stuttgart 21 oder das Hydraulic Fracturing (Fracking). Der<br />

gesellschaftliche Widerstand hat beim Fracking dazu geführt, dass<br />

bereits die wissenschaftliche Erforschung weitgehend ausgesetzt<br />

ist. Damit jedoch schränken wir Handlungsoptionen ein, bevor sie<br />

näher untersucht sind.<br />

develop 3 : Zum Fracking hat acatech im Mai 2015 ein Positionspapier<br />

vorgelegt, in dem darauf verwiesen wird, dass durch Pilot-<br />

und Testprojekte Erfahrungen gesammelt und Risiken besser<br />

beurteilt werden könnten. Die Bundesregierung hat sich<br />

demgegenüber von dieser Technologie weitgehend distanziert.<br />

Offensichtlich hat Ihre Studie nicht gefruchtet.<br />

Hüttl: Die politische Entscheidung steht noch aus. Jedenfalls gingen<br />

vor sechs Jahren Bilder des brennenden Wasserhahns durch alle<br />

Medien und wurden zum Symbol der Fracking-Risiken. Die US-<br />

Dokumentation wurde sogar für einen Oskar nominiert. Hierzu haben<br />

wir die Forschung detailliert gesichtet. Wir konnten wissenschaftlich<br />

belegen, dass diese brennenden Wasserhähne nicht auf<br />

Fracking-Erdgas beruhen. Tatsächlich handelte es sich um Gase, die<br />

in Moor- und Torfgebieten natürlicherweise auftreten. Mehr noch, es<br />

stellte sich heraus, dass das US-Filmteam um die natürliche Ursache<br />

hinter dem Phänomen ‚brennender Wasserhahn‘ wusste. Auch<br />

die ARD-Sendung Panorama hatte zunächst über die brennenden<br />

Wasserhähne als Fracking-Risiko berichtet, dann aber für eine spätere<br />

Sendung mit uns zusammengearbeitet und die Ursache der<br />

Hüttl: Wir decken gegenwärtig 11 Prozent unseres Erdgasbedarfs<br />

aus heimischen Quellen. Nach der neuesten Studie der Bundesanstalt<br />

für Geowissenschaften und Rohstoffe könnten wir diesen Anteil<br />

mittels Fracking über 100 Jahre halten – also eine Technologie,<br />

die bei der Förderung von Tight-Gas in den vergangenen Jahrzehnten<br />

allein in Deutschland mehr als 300 Mal ohne Probleme eingesetzt<br />

wurde. Verzichten wir darauf, sind die heimischen Gasquellen<br />

vermutlich schon in zehn Jahren erschöpft. Dann wäre Deutschland<br />

vollständig abhängig von Gasimporten aus dem Ausland. Doch letztlich<br />

geht es hier um mehr als um Fracking, nämlich um die wirtschaftliche<br />

Nutzung des unterirdischen Raumes. Wie kann eine Gesellschaft,<br />

in der schon die Erforschung des Fracking so schwer<br />

möglich ist, jemals zu einer Entscheidung über ein atomares Endlager<br />

finden?<br />

develop 3 : Sind das Auslösen einer neuen gesellschaftlichen<br />

Kontroverse und die Beseitigung eines bereits bestehenden<br />

Problems nicht zwei Paar Stiefel?<br />

Hüttl: Fast keine Technologie ist für die Energiewende alternativlos.<br />

Eine Ausnahme bilden flexible Gaskraftwerke – zumindest für eine<br />

längere Übergangsphase; denn diese brauchen wir zu Absicherung<br />

der Grundlast. Dafür nur auf Gasimporte zu setzen und damit auch<br />

Umweltprobleme zu externalisieren, finde ich deshalb problematisch.<br />

Weil es sowohl beim Fracking als auch bei einem atomaren<br />

Endlager um die Nutzung des geologischen Untergrunds geht, sehe<br />

ich die Fracking-Debatte durchaus als Vorgeschmack auf die Endlagerdebatte.<br />

Wohlgemerkt: Die Gesellschaft entscheidet und die<br />

Wissenschaft muss akzeptieren, dass sich die Gesellschaft beziehungsweise<br />

die Politik gegen eine Technologie entscheidet. Die<br />

Fronten sollten sich jedoch nicht derart verhärten, dass die Wissenschaft<br />

nur mühevoll Gehör findet oder sogar die Erforschung einer<br />

neuen Technologie unmöglich wird. Es ist doch vielmehr so, dass<br />

erst die Forschung Optionen eröffnet, die dann eine adäquate<br />

Grundlage für gesellschaftspolitische Entscheidungen darstellen.<br />

Diese Entscheidungen können dann so oder so getroffen werden.<br />

develop 3 : Können die Sozialwissenschaften unserer Gesellschaft<br />

da weiterhelfen? Die Technikwissenschaften allein vermögen<br />

es ganz offensichtlich nicht.<br />

Hüttl: Ehe die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften 2008<br />

gegründet wurde, haben wir uns intensiv mit der Frage beschäftigt,<br />

was die Technikwissenschaften ausmachen soll. Unser Ergebnis lautete:<br />

Zu den Technikwissenschaften gehören nicht nur Ingenieurwissenschaften<br />

oder angewandte Naturwissenschaften, sondern<br />

ebenso Gesellschaftswissenschaften: Techniksoziologen, -historiker,<br />

-philosophen, Ökonomen, Risikoforscher, Ethiker und viele andere<br />

gehören zur Akademie. Nur mit dieser Breite können wir Technolo-<br />

14 develop 3 systems engineering 02 2016


KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

gien wie das Fracking im Hinblick auf die gesellschaftliche Bedeutung,<br />

auf Chancen und Risiken hin untersuchen. Technikwissenschaftler<br />

sind keineswegs Technokraten.<br />

develop 3 : Welche Zwischenergebnisse machen Sie bei den<br />

MINT-Initiativen aus, also beim Bemühen um das Verständnis<br />

junger Menschen bei Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften<br />

und Technik?<br />

Hüttl: Es gibt erste Erfolge. Beispielsweise werden Ingenieursstudiengänge<br />

weiblicher. Doch immer noch halten Klischees junge Menschen<br />

von einer Laufbahn im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich<br />

ab. Und immer noch gibt es Studiengänge mit 50 oder gar 60<br />

Prozent Abbrecherquote. Da muss man schon fragen, was sich in der<br />

Vorbereitung auf den Studiengang, aber auch im Curriculum tun lässt.<br />

Bei acatech gibt es eine Arbeitsgruppe, die das Thema Studienabbruch<br />

angeht. Hier geht es auch um eine Selbstreflexion der in diesem Bereich<br />

aktiven Hochschullehrer. Keine leichte Aufgabe, aber notwendig.<br />

„Ist es von der Gesellschaft her<br />

betrachtet nicht ebenso ein<br />

Durchbruch, wenn Forscher<br />

und Praktiker gemeinsam den<br />

Reifenabrieb signifikant<br />

verringern?“<br />

develop 3 : Hohe Abbrecherquoten in MINT-Studiengängen gibt<br />

es seit Jahrzehnten. Ich bezweifle, dass sich daran in den kommenden<br />

Jahres etwas ändern wird.<br />

Hüttl: Nach dem Motto „Einsicht ist der erste Schritt“ sollte man<br />

diese Arbeit nicht unterschätzen. Wenn sich eine acatech-Arbeitsgruppe<br />

mit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

für Veränderungen ausspricht, wird das gehört werden. Ich kann mir<br />

gut vorstellen, dass auf Basis unserer Vorschläge Initiativen und Pilotprogramme<br />

zur Verbesserung der Studienerfolge entstehen. Doch<br />

bei allen Optimierungen ist klar: Ein Flugzeug muss fliegen, eine Brücke<br />

muss tragen. Da gibt es keine Toleranz. Unter diesem Paradigma<br />

muss die Qualität eines Studiums zwingend gewahrt bleiben.<br />

develop 3 : Die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten<br />

Forschung ist ein internationales Vorzeigemodell.<br />

Braucht es mit acatech noch eine weitere Organisation, die in<br />

dasselbe Horn bläst?<br />

Hüttl: Wir betreiben bei acatech keine primäre Forschung wie<br />

Fraunhofer, sondern führen Wissen zusammen und beraten auf dieser<br />

Basis Politik und Gesellschaft. Dafür bringen wir eine große wissenschaftliche<br />

Breite mit und integrieren forschende Unternehmen.<br />

develop 3 : acatech hat 468 Mitglieder – alles Professoren, alles<br />

höchst respektable Persönlichkeiten. Doch reicht eine Professorengruppe,<br />

um die Politik wissenschaftsbasiert zu beraten?<br />

Hüttl: Keine Sorge. In unserem Senat, der aktuell 104 Mitglieder<br />

hat, sind auch andere Kompetenzen vertreten. Und zweitens holen<br />

wir uns für die Arbeitsgruppen den nichtprofessoralen Sachverstand,<br />

den wir brauchen: In den von Wissenschaftlern geleiteten<br />

Gruppen arbeiten je nach Problemstellung auch Vertreter der Wirtschaft,<br />

Verbände, NGOs, Medien, Gewerkschaften mit. Eine unabhängige,<br />

fundierte akademische Basis bleibt jedoch die Voraussetzung<br />

unserer Arbeit, und da sind führende Professoren durchaus im<br />

Vorteil.<br />

develop 3 : Wie aktiv sind die acatech-Mitglieder? Sie haben<br />

doch sicher auch Mitläufer?<br />

Hüttl: acatech ist 2008 aus ursprünglich sieben wissenschaftlichen<br />

Landesakademien entstanden. Wir haben daher eine Reihe von Mitgliedern,<br />

die schon vor Längerem berufen wurden. Bei der Mitgliedschaft<br />

unterscheiden wir zwischen ordentlichen und entpflichteten<br />

ordentlichen Mitgliedern, die älter als 72 Jahre sind. Rund 70 sind<br />

aufgrund ihres Alters entpflichtet. Jedoch führe ich mit jedem Mitglied,<br />

das in die Akademie gewählt wird, ein persönliches Zuwahlgespräch.<br />

Wir besprechen, zu welchen Themen sich die Wissenschaftlerin<br />

oder der Wissenschaftler einbringen wird und was die Mitwirkung<br />

bei acatech bedeutet. Wir sehen uns als Arbeitsakademie,<br />

nicht als Gelehrtengesellschaft. Wer ordentliches Mitglied wird, von<br />

dem erwarten wir dann auch Initiative. Und unsere Mitglieder engagieren<br />

sich: In unserem Energieprojekt ESYS wirken beispielsweise<br />

gut 100 Expertinnen und Experten, die allein 2015 in über 80 Arbeitsgruppentreffen<br />

zusammengetreten sind. Unsere Mitglieder engagieren<br />

sich ohne Honorar. Motivation für die Mitarbeit in unseren<br />

Gremien ist, dass die geleistete Arbeit nicht als Publikation im Regal<br />

verschwindet, sondern dass sie gesellschaftspolitische Wirkung<br />

entfaltet.<br />

develop 3 : Was will acatech in den nächsten Jahren erreichen?<br />

Hüttl: acatech ist die von der Bundesrepublik Deutschland legitimierte<br />

Stimme der Technikwissenschaften im In- und Ausland unter<br />

der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Unsere primäre Aufgabe<br />

ist die wissenschaftsbasierte, unabhängige Politikberatung.<br />

Wir organisieren unter anderem den Innovationsdialog der Bundesregierung.<br />

In Zukunft wollen wir uns noch deutlicher in den gesellschaftlichen<br />

Dialog einbringen. Wir wollen, dass Technik und Technologie<br />

zum weiteren Wohlergehen unserer Gesellschaft beitragen.<br />

Und dass die Menschen Technik als integralen Bestandteil unserer<br />

Kultur verstehen.<br />

develop 3 : Prof. Hüttl, vielen Dank für das informative Gespräch.<br />

Bild: bdw<br />

Interview: Wolfgang Hess, Redaktionsdirektor<br />

und Chefredakteur von bild der wissenschaft<br />

(bdw), die wie die develop 3 systems engineering<br />

in der Konradin Mediengruppe erscheint<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 15


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />

Dipl.-Ing. Arno Kühn, Projektleiter an der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechatronik IEM<br />

„Erfahrungen sammeln,<br />

Erfolgsgeschichten schreiben“<br />

Gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen arbeitet das Fraunhofer IEM im Kompetenzzentrum in<br />

NRW daran, kleinen und mittleren Unternehmen die Digitalisierung näher zu bringen. Für die konkrete<br />

Umsetzung müssen die Unternehmen allerdings auch ihre eigene Motivation mitbringen, sagt Dipl.-Ing.<br />

Arno Kühn, Projektleiter am Fraunhofer IEM.<br />

develop³: Herr Kühn, als Fraunhofer-Wissenschaftler arbeiten<br />

Sie oft mit mittelständischen Unternehmen zusammen. Wie<br />

sieht es dort in Sachen Digitalisierung aus?<br />

Kühn: Der Begriff Mittelstand ist breit gefasst. Gemeint ist sowohl<br />

der Kleinunternehmer, der auf der Schwelle vom Handwerks- zum<br />

Industriebetrieb steht, als auch das inhabergeführte, weltweit tätige<br />

Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Genauso vielfältig<br />

sieht es in Sachen Digitalisierung aus: kleine und mittlere Unternehmen<br />

stehen da auf sehr unterschiedlichen Stufen. Gerade bei kleineren<br />

Unternehmen, die aufgrund eines schnellen Wachstums die<br />

eine oder andere Entwicklungsstufe übersprungen haben, besteht<br />

im Hinblick auf Prozesse, Strukturen sowie Organisation und damit<br />

auch im Hinblick auf die Digitalisierung erheblich Handlungsbedarf.<br />

Hier ist die Digitalisierung Herausforderung und Chance zugleich.<br />

Kontakt<br />

INFO<br />

Digital in NRW.<br />

Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />

wird im Förderschwerpunkt<br />

„Mittelstand-Digital„ vom BMWi gefördert,<br />

bereitet die Themen Digitalisierung<br />

und Vernetzung gezielt für kleine und mittlere Unternehmen<br />

auf und macht konkrete Angebote für die gemeinsame<br />

Umsetzung. Dafür bündelt es Expertise aus den Regionen<br />

Rheinland (intelligente Produktionstechnik), Metropole Ruhr<br />

(intelligente Logistiksysteme und intelligente Wertschöpfungsnetzwerke)<br />

und OstWestfalenLippe (intelligente Automatisierung<br />

und Intelligente Technische Systeme). Hochschulen,<br />

Forschungseinrichten und regionale Cluster sind direkte<br />

Ansprechpartner vor Ort.<br />

www.digital-in-nrw.de<br />

develop³: Wie ist der Mittelstand in NRW auf die Digitalisierung<br />

vorbereitet? Welche Stolpersteine sehen Sie?<br />

Kühn: Das kommt auf die Perspektive an: Kleine und mittlere Unternehmen<br />

sind dabei, ihre Produkte und Prozesse schrittweise zu<br />

digitalisieren. Sie erreichen dadurch heute schon eine Steigerung<br />

der Effizienz innerhalb des Unternehmens. Hier ist die Digitalisierung<br />

häufig schon angekommen. Eine besondere Herausforderung<br />

ergibt sich aber durch die Effekte der Digitalisierung: Sie hat das<br />

Potential, ganze Geschäftsbereiche umzukrempeln und zu revolutionieren.<br />

Unternehmen müssen erkennen, dass sie neben dem<br />

eigentlichen Produkt das ganze Geschäftsmodell in Frage stellen<br />

müssen. Hier besteht bei vielen Mittelständlern noch Handlungs -<br />

bedarf.<br />

develop³: Gibt es eine Art „Rezept“ für KMU, sich dem Thema<br />

Digitalisierung zu nähern? Wo ist dabei der Unterschied zum<br />

Großunternehmen?<br />

Kühn: Kleine und mittlere Unternehmen müssen Geschwindigkeit<br />

aufnehmen, um in der Digitalisierung Schritt zu halten. Doch diese<br />

beschleunigte Entwicklung von Prozessen und Technologien und die<br />

stetige Diskussion der Industrie 4.0 in den Medien führt – verständlicherweise<br />

– auch zu Vorbehalten: Das Gefühl der Hilflosigkeit zum<br />

Beispiel durch fehlende Standards oder die Sorge um die IT-Sicherheit<br />

des eigenen Unternehmens können nur durch erste Erfahrungen<br />

mit der Industrie 4.0 abgebaut werden. Große Unternehmen<br />

starten hier großvolumige Innovationsprojekte. Im Mittelstand fehlt<br />

dafür typischerweise sowohl das Kapital als auch das notwendige<br />

Personal. Daher braucht es kleine, fokussierte Referenzprojekte, um<br />

intern im Unternehmen erste Erfahrungen zu sammeln und den<br />

Nutzen der Industrie 4.0 nachzuweisen. In kleinen und überschaubaren<br />

Schritten entwickeln Unternehmen dann auch erste eigene<br />

Erfolgsgeschichten im Hinblick auf die technischen und organisatorischen<br />

Herausforderungen der Industrie 4.0. So werden interne<br />

Barrieren erkannt und abgebaut und gleichzeitig wichtiges<br />

Knowhow für den digitalen Wandel aufgebaut.<br />

Digital in NRW.<br />

Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />

Tel. +49 231 9743 611<br />

info@digital-in-nrw.de<br />

16 develop 3 systems engineering 02 2016


KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

„In kleinen Schritten<br />

entwickeln Unternehmen<br />

eigene Erfolgsgeschichten<br />

im Hinblick<br />

auf die technischen<br />

und organisatorischen<br />

Herausforderungen<br />

der Industrie 4.0.“<br />

Bild: Fraunhofer IEM<br />

Dipl.-Ing. Arno Kühn, Projektleiter am Fraunhofer IEM, arbeitet daran, die Digitalisierung für<br />

mittelständische Unternehmen umsetzbar zu machen<br />

develop³: Was kann das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />

in NRW hier leisten?<br />

Kühn: Die Angebote des Kompetenzzentrums ermöglichen es<br />

Mittelständlern, sich der Industrie 4.0 zu nähern – egal auf welchem<br />

Level der Digitalisierung sich ihre Produkte und Prozesse befinden.<br />

Es bietet Informationsveranstaltungen, eröffnet den Zugang zu<br />

Demo-Zentren in Forschung und Industrie und macht Weiterbildungsangebote<br />

für die Industrie 4.0. Darüber hinaus unterstützt es<br />

Unternehmen beim Erstellen ihrer eigenen Digitalisierungs-Strategie<br />

und begleitet sie in konkreten Projekten. Für die konkrete<br />

Umsetzung der Industrie 4.0 müssen die Unternehmen natürlich<br />

eigene Motivation mitbringen. Ziel des Kompetenzzentrums ist es,<br />

das notwendige Wissen aufzubereiten, konkrete Beispiele aufzu -<br />

zeigen und umfangreiche Unterstützungsangebote zu machen, um<br />

mittelständische Unternehmen zum Schreiben ihrer eigenen<br />

Erfolgsgeschichten zu bringen.<br />

develop³: Das BMWi will KMU den Zugang zu den Themen<br />

Industrie 4.0/Digitalisierung leichter machen. Welchen Nutzen<br />

können solche politikgetriebenen Vorhaben Ihrer Meinung nach<br />

haben?<br />

Kühn: Heute bietet nahezu jeder Lösungen zum Thema Digitalisierung<br />

an und das Schlagwort Industrie 4.0 geistert teils ungefiltert<br />

durch die Öffentlichkeit. Nicht nur Mittelständler wissen da oft nicht,<br />

an wen sie sich zuerst wenden können. Große politische Initiativen<br />

sind wichtig, um für das Thema Digitalisierung breitflächig zu<br />

sensibilisieren. Aber auch die Bündelung der vielen verschiedenen<br />

Kompetenzträger in NRW ist eine Leistung: Wichtige Forschungseinrichtungen<br />

aus dem Rheinland, der Metropole Ruhr und Ostwestfalen-Lippe<br />

kooperieren nun und erarbeiten gemeinsam ein<br />

abgestimmtes Angebot. Hier bietet das vom BMWi geförderte<br />

Kompetenzzentrum als zentrale und kostenlose Anlaufstelle einen<br />

wirklichen Mehrwert.<br />

develop³: Besteht für KMU die Möglichkeit, sich über das Kompetenzzentrum<br />

leichter in Forschungsprojekte einzubringen?<br />

Kühn: Eine Aufgabe des Kompetenzzentrums ist es, kleine und<br />

mittlere Unternehmen zielgerecht mit Forschungsthemen und -partnern<br />

zusammenzubringen. Wir erarbeiten dafür zum Beispiel ein auf<br />

Umsetzungsbeispiele fokussiertes Forschungs- und Innovationsradar<br />

und vermitteln zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen.<br />

Außerdem werden die Services des Kompetenzzentrums,<br />

wie Info-Veranstaltungen, Demo-Touren und Konzeptions-Workshops<br />

von den beteiligten Forschungseinrichtungen angeboten.<br />

Allein dadurch lernen Unternehmen die Kompetenzen der Wissenschaftler<br />

kennen, knüpfen Kontakte, finden Gemeinsamkeiten und<br />

Synergien. Daraus werden sich Kooperationen in künftigen Forschungsprojekten<br />

ergeben.<br />

develop³: Welche Rolle spielt das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

in diesem Zusammenhang?<br />

Kühn: Das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ist eine Kernkompetenz für<br />

die Industrie 4.0. Die Komplexität technischer Systeme, aber auch<br />

organisatorischer Prozesse steigt im Zuge der Vernetzung und Digitalisierung<br />

enorm. Unternehmen wandeln sich vom reinen Produktzum<br />

Lösungsanbieter. Vor diesem Hintergrund benötigen sie passgenaue<br />

Lösungen. Im Kompetenzzentrum vermittelt das Fraunhofer<br />

IEM das Thema unter dem Stichwort <strong>Engineering</strong> 4.0: Wie gestaltet<br />

sich zukünftig die Entwicklung komplexer Systeme in der Industrie<br />

4.0? Mit welchen Methoden gelingt es uns, den vielfältigen Anforderungen<br />

in der Entwicklung zu begegnen? Welche Kompetenzen<br />

müssen Entwickler dafür künftig mitbringen? Wir machen Unternehmen<br />

darauf aufmerksam, dass in einer Zukunft der digitalen<br />

Produkte und Prozesse auch der Bereich Entwicklung neue Ansätze<br />

verfolgen muss.<br />

co<br />

de v elo p 3 systems engineering 02 2016 17


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

AUS DER FACHGRUPPE SE<br />

Bild: Fachgruppe SE<br />

Derzeit beschäftigen sich elf Teilnehmer<br />

aus fünf kleinen und mittleren<br />

Unternehmen im Rahmen eines<br />

Personalentwicklungsprogramm für<br />

berufserfahrene Fachkräfte des<br />

Spitzenclusters it’s OWL mit dem<br />

Ansatz des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Weiterbildung für Berufserfahrene in Sachen <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Eine gemeinsame Kommunikationsbasis<br />

Entwickler mit langjähriger Berufserfahrung sind im Rahmen der digitalen Transformation mit vielfältigen<br />

Veränderungen in ihren Aufgaben und Arbeitsweisen konfrontiert. Um diesen Prozess<br />

möglichst reibungslos zu gestalten und das Erfahrungswissen zu sichern, bietet der Spitzencluster<br />

it’s OWL individuelle, berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen an.<br />

Der eine arbeitet als CAD-Konstrukteur sehr detailliert und nah<br />

am Produkt und sucht den Blick für das Ganze. Der andere<br />

stellt sich als künftiger Entwicklungsleiter die Frage, wie er die Prozesse<br />

seiner Abteilung und die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen<br />

steuern kann. Michael Schürmann und Stephan Musiolik sind<br />

Teilnehmer des „Bildungsmotors“ im Spitzencluster it’s OWL. In<br />

diesem Zusammenhang beschäftigen sich derzeit elf Teilnehmer aus<br />

fünf kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Ansatz des <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong>. Den Rahmen bildet ein Personalentwicklungsprogramm<br />

für berufserfahrene Fachkräfte des Spitzenclusters it’s OWL.<br />

Den Blick für das Gesamtprojekt schulen<br />

Der Arbeitgeber von Michael Schürmann ist ein typischer Maschinen-<br />

und Anlagenbauer: Die IMA Klessmann GmbH in Lübbecke<br />

stellt Maschinen und Fertigungsstraßen für die Holzbearbeitung her.<br />

Michael Schürmann arbeitet als Konstrukteur auch mit Elektrokonstrukteuren<br />

und Softwareentwicklern gemeinsam an Projekten.<br />

„Mir und meinen Kollegen aus den verschiedenen Entwicklungs -<br />

bereichen fehlt da öfters der Blick auf das Gesamte“, erläutert<br />

Schürmann. Auch die gemeinsame Nutzung der digitalen CAD-<br />

Programme löse das Kommunikationsproblem nicht. Der Ansatz<br />

des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) war dem 58-jährigen Maschinenbautechniker<br />

vorher nicht bekannt. Auf das Angebot des Spitzenclus-<br />

ters it’s OWL hin informierte er sich und hat inzwischen erkannt,<br />

dass der Ansatz nicht nur für ihn, sondern auch für seine gesamte<br />

Abteilung interessant ist: „Frühzeitige bereichsübergreifende<br />

Zusammenarbeit zu Beginn eines Entwicklungsprojektes, wie wir<br />

sie mit Hilfe von <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> angehen, eröffnet viel mehr<br />

Möglichkeiten, als wenn jeder für sich arbeitet.“<br />

Optimierte Zusammenarbeit im Unternehmen<br />

Die Kommunikationsstrukturen in seiner Abteilung will auch<br />

Stephan Musiolik künftig mit Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

optimieren. Die Karl E. Brinkmann GmbH in Barntrup ist Hersteller<br />

von Komponenten für elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik.<br />

Die eigentliche Entwicklungsarbeit nimmt im Arbeitsalltag des Elektroingenieurs<br />

jetzt schon immer weniger Platz ein. „Ich bin eher<br />

koordinierend tätig und kümmere mich um die Interaktion zwischen<br />

den einzelnen Bereichen“, erklärt der 45-Jährige. Als künftiger<br />

Entwicklungsleiter und Schnittstelle zwischen seiner und anderen<br />

Abteilungen schreibt Stephan Musiolik der Koordination und Kommunikation<br />

eine immer wichtigere Rolle zu. „Technische Herausfor -<br />

derungen sind die immer höhere Komplexität unserer Produkte<br />

und der dazugehörige Entwicklungsprozess. SE ist für uns die<br />

Basis, um mit allen beteiligten Bereichen auf einer gemeinsamen<br />

Ebene kommunizieren zu können.“<br />

18 de v el op 3 systems engineering 02 2016


Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen<br />

Akademie der Technikwissenschaften<br />

Köpfe Seite 12<br />

SE-Glossar Seite 22<br />

Tools Seite 38<br />

Titelstory Seite 48<br />

AUS DER FACHGRUPPE SE<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

Bild: Fachgruppe SE<br />

Stephan Musiolik, Karl E. Brinkmann GmbH<br />

„Ich schule hier<br />

meinen Weitblick<br />

für das Gesamtprojekt<br />

und lerne,<br />

mich von dem<br />

engen Fokus auf<br />

das alltägliche<br />

Geschäft zu lösen.“<br />

Bild: Fachgruppe SE<br />

Michael Schürmann, IMA Klessmann GmbH<br />

„Frühzeitige bereichsübergreifende<br />

Zusammenarbeit<br />

zu Beginn<br />

eines Entwicklungs -<br />

projektes, wie wir sie<br />

mit Hilfe von <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong> angehen,<br />

eröffnet viel mehr<br />

Möglichkeiten, als wenn<br />

jeder für sich arbeitet.“<br />

MBSE als idealer Einstieg ins Projekt<br />

In verschiedenen Bausteinen beschäftigen sich die Teilnehmer des<br />

Weiterbildungsprogramms ein halbes Jahr lang mit dem Thema <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong>. Begleitet werden sie dabei von Wissenschaftlern<br />

der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechatronik IEM in<br />

Paderborn. Veranstaltungen am Nachmittag führen in die Fragestellungen<br />

und Methoden des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

(MBSE) ein. „Wir arbeiten oft in Kleingruppen zusammen. Unsere<br />

Seminare haben Workshop-Charakter, jeder kommt zu Wort, kann<br />

sich einbringen und <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ausprobieren und anwenden“,<br />

erläutert Anja Czaja vom Fraunhofer IEM.<br />

Die Methode Consens erweist sich dafür als besonders geeignet.<br />

Ein gemeinsames Entwicklungsproblem wird hier zunächst mithilfe<br />

von Kartentechnik grafisch abgebildet, das zu entwickelnde System<br />

wird mit allen Beteiligten gemeinsam modelliert und diskutiert. „Mit<br />

solch vermeintlich einfachen Mitteln gelingt uns der ideale Einstieg<br />

in das Projekt, bei dem alle Beteiligten mitgenommen werden“, sagt<br />

Dr.-Ing. Harald Anacker vom Fraunhofer IEM. Michael Schürmann<br />

bestätigt das: „Allein beim Erstellen des Umfeldmodells tauchen im<br />

Kurs Fragen auf, die bei uns im Unternehmen eigentlich erst später<br />

behandelt werden.“ Zudem werden auch Ansätze des Projekt- und<br />

Prozessmanagements vermittelt – besonders für Stephan Musiolik<br />

die ideale Grundlage für seine künftige Leitungsfunktion. „Ich schule<br />

hier meinen Weitblick für das Gesamtprojekt und lerne, mich von<br />

dem engen Fokus auf das alltägliche Geschäft zu lösen.“<br />

Zum Bildungsmotor it’s OWL<br />

Schüler, Studenten, Berufseinsteiger oder -erfahrene: Mit dem Ziel,<br />

den Fachkräftebedarf seiner Clusterunternehmen auch künftig zu<br />

decken und die Arbeitswelt in der Industrie 4.0 aktiv zu gestalten,<br />

bietet der Spitzencluster it’s OWL Qualifikationsmöglichkeiten entlang<br />

der gesamten Bildungskette. Ein Erfahrungsaustausch findet<br />

zudem auch auf gemeinsamen Veranstaltungen statt. Das nächste<br />

Weiterbildungsprogramm für berufserfahrene Fachkräfte im <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong> ist für den Herbst geplant. Bei Interesse wenden<br />

Sie sich bitte an: Klaus-Peter Jansen, it’s OWL Clustermanagement,<br />

Tel. 0521 96733286.<br />

co<br />

Die Autorin: Kirsten Harting,<br />

Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />

Zu dieser Rubrik<br />

Die zunehmende Komplexität von Maschinen und Anlagen stellt Unternehmen<br />

vor große Herausforderungen. Für die Produktentwicklung werden<br />

ein ganzheitliches Systemverständnis und die Betrachtung des gesamten<br />

Lebenszyklus erforderlich. Im Rahmen des Spitzenclusters it‘s<br />

OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe – wurde<br />

2014 die Fachgruppe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> gegründet. Ziel<br />

ist es, disziplinübergreifende Methoden für die Entwicklung von intelligenten<br />

Maschinen und Anlagen in die Praxis zu bringen. Partner sind<br />

• das Fraunhofer IEM (ehemals Fraunhofer-<br />

Projektgruppe Entwurfstechnik Mechatronik),<br />

• Dassault Systèmes,<br />

• die Netzwerke OWL Maschinenbau und<br />

• OWL ViProSim sowie<br />

• die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE).<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ist ein wichtiges Forschungsgebiet im Technologie-<br />

Netzwerk it‘s OWL. Entwurfstechniken unterschiedlicher Disziplinen<br />

werden zu einer übergreifenden Entwurfssystematik zusammengeführt,<br />

die in Modellierungs- und Simulationsmethoden verfügbar gemacht<br />

wird. Dadurch können Unternehmen die Effektivität und Effizienz ihrer<br />

Produktentwicklung steigern. Entwicklungszeiten werden verkürzt, Abstimmungsbedarfe<br />

und nachträgliche Änderungen entfallen und die Produktqualität<br />

steigt.<br />

www.its-owl.de/fachgruppeSE<br />

Hinweis: Veröffentlichungen der<br />

Fachgruppe SE in der develop3<br />

systems engineering finden<br />

Sie auch auf der Website der Fachgruppe<br />

SE. Zusätzlich besteht für<br />

Teilnehmer die Möglichkeit, ein<br />

Printabonnement zum ermäßigten<br />

Preis zu beziehen. Termine und Infos<br />

zur nächsten Veranstaltung finden<br />

Sie unter:<br />

Awww.its-owl.de/fachgruppeSE<br />

„Viele KMU sind<br />

ohne eine eigene<br />

Forschungsabteilung<br />

innovativ.“<br />

<strong>Systems</strong>pezifikation<br />

mit MBSE<br />

02 2016<br />

INFO<br />

Interdisziplinäre Produktentwicklung in der Praxis<br />

<strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />

synchronisieren<br />

Digitaler Zwilling<br />

ist der Schlüssel zu<br />

Industrie 4.0<br />

d ev el op 3 systems engineering 02 2016 19


MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

AUS DER<br />

Bild: GfSE<br />

World-Café-Ergebnis zum Thema Industrie 4.0 und SE<br />

SpecIF, Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s (TdSE) und SE-Weltkonferenz<br />

Breite Palette an <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Lassen sich Systemmodelle im <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> zusammenführen? Ja, mit dem Specification<br />

Interchange Format (SpecIF) kann das gelingen, denn damit soll der bereits vorangeschrittene Wandel<br />

von einer Dokumenten- zu einer Artefakt-zentrierten Arbeitsweise unterstützt werden. Mehr zum<br />

neuen Produkt im nachfolgenden Text verbunden mit einem Überblick über die noch folgenden<br />

<strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenzen in 2016.<br />

Täglich stellt eine Vielzahl methodischer Ansätze im <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

(SE) ihren Nutzen unter Beweis. Dazu gehören beispielsweise<br />

das Anforderungsmanagement, die Modellierung von Aufbau<br />

und Verhalten etwa mit UML/SysML sowie die Simulation unter Verwendung<br />

von Modelica und anderen Sprachen. Es gibt Informationen<br />

aus unterschiedlichen Quellen und Formaten, die mehr oder weniger<br />

starken Einfluss auf die Systemkonzeption und -entwicklung haben.<br />

In der Praxis gelingt es nicht oder nur mit Mühe, diese Daten in Verbindung<br />

zu setzen, denn die Informationen in getrennten Umgebungen<br />

(„Silos“) sind häufig inhaltlich inkonsistent. Verbreitete Modellierungs-<br />

Standards (etwa UML/SysML) sind Notationen, überlassen jedoch die<br />

Semantik den Werkzeugherstellern und Anwendern. Zum Datenaustausch<br />

gibt es viele Ansätze die Syntax, jedoch nur sehr wenige die Semantik<br />

betreffend. Hier setzt der Gedanke des Specification Interchange<br />

Format (SpecIF) an, mit dem der bereits vorangeschrittene<br />

Wandel von einer Dokumenten- zu einer Artefakt-zentrierten Arbeitsweise<br />

unterstützt werden soll. Dazu wird eine einfache und auf fundamentalen<br />

Eigenschaften beruhende logische Sprache für Systemmodelle<br />

definiert, die textuelle und graphische Inhalte in einen gemeinsamen<br />

Kontext zu stellen vermag. Syntax und Semantik sind Basis für jede<br />

Sprache und müssen somit klar formuliert werden. SpecIF schafft hierbei<br />

eine logische Ebene der Verständigung für die bekannten techni-<br />

schen Formate und Protokolle und ermöglicht auf diese Weise den Brückenschlag<br />

zwischen den Silos. Zudem unterstützt das die Verständigung<br />

zwischen den Disziplinen.<br />

Mit SpecIF wird eine Semantik für SE-Modelle erarbeitet, die eine übergreifende<br />

Suche und Navigation sowie einen automatischen Austausch<br />

zwischen verschiedenen Systemumgebungen ermöglicht. Der Nutzer<br />

gewinnt einen schnelleren und besseren Einblick in die Zusammenhänge,<br />

während er die ihm bekannten Sichten (Listen, Texte, Modelldiagramme...)<br />

wahrnimmt. Erste praktische Projekte haben bereits gezeigt,<br />

wie Geschäftsprozesse (BPMN), Systemlandschaften (FMC) und<br />

Anforderungen inhaltlich in Zusammenhang gebracht werden können.<br />

Im nächsten Schritt ist die Einbindung von SysML-Modellen bereits in<br />

Arbeit. Hierzu gibt es von Mitgliedern der GfSE viele Aktive im Projektumfeld<br />

und es werden weitere Teilprojekte definiert, zudem soll die Forschung<br />

eingebunden werden. Die GfSE bietet hier die Plattform, dieses<br />

Open-SE-Modell als Standard der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.<br />

Somit werden alle Ergebnisse unter Creative Commons 4.0 CC BY-<br />

SA veröffentlicht.<br />

Die Initiative steht allen Interessenten offen, insbesondere auch Nutzern<br />

mit konkreten Anwendungsfällen, die eine weitere Ausgestaltung<br />

und Validierung erlauben. Hervorzuheben ist hier Dr.-Ing. Oskar von<br />

Dungern als Initiator und Treiber der Initiative – ihm sei an dieser Stelle<br />

im Namen des Vorstands der GfSE gedankt. Die ersten Schritte hat er<br />

auf der Website http://specif.de/ veröffentlicht, welche nun auf der neu-<br />

20 develop 3 systems engineering 02 2016


AUS DER<br />

MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />

Zu dieser Rubrik<br />

INFO<br />

Bild: GfSE<br />

Die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) e.V. als<br />

deutsches Chapter des International Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

(INCOSE) ist seit 1997 die größte deutschsprachige<br />

Interessensvertretung rund um das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />

In der Rubrik ‚Aus der GfSE‘ berichten wir regelmäßig<br />

über aktuelle Aktivitäten und Initiativen. Mitglieder<br />

der GfSE erhalten die develop 3 systems engineering<br />

digital im Rahmen ihrer Mitgliedschaft über den<br />

Newsletter der GfSE.<br />

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ein Printabonnement zum<br />

ermäßigten Mitgliederpreis zu beziehen. Angaben zu Verfahren<br />

und Gutscheincode finden sich ebenfalls im Newsletter<br />

der GfSE.<br />

www.gfse.de<br />

Motivation von SpecIf – Brückenschlag zwischen den Disziplinen<br />

tralen Plattform der GfSE und für alle Interessierten als Open Source<br />

weiterentwickelt werden. Herr von Dungern wird weiterhin diese Idee<br />

voranbringen und koordinieren. Die Idee ist es, diesen Ansatz zu einem<br />

allgemeingültigen Vorgehen und Standard zu etablieren. Erste Kontakte<br />

zu anderen Standards hat es gegeben. Insgesamt ist es ein Samenkorn<br />

aus der GfSE und den aktiven Mitgliedern – zeigt aber die wachsende<br />

Vielfalt der Initiativen und Produkte. Weitere inhaltliche Veröffentlichungen<br />

sind in diesem Journal geplant und vorgesehen.<br />

TdSE mit anschließender Ergebniskonferenz<br />

Der Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE) (s. S. 31) ist in diesem Jahr<br />

von 25. bis 17. Oktober im Schaeffler-Konferenzzentrum zu Gast. Die<br />

Schaeffler Gruppe verfügt als ein weltweit führender integrierter Automobil-<br />

und Industriezulieferer über eine ausgeprägte Innovationskraft.<br />

Mit Präzisionskomponenten und Systemen in Motor, Getriebe und Fahrwerk<br />

sowie Wälz- und Gleitlagerlösungen für eine Vielzahl von Industrieanwendungen<br />

leistet die Schaeffler Gruppe einen entscheidenden Beitrag<br />

für die „Mobilität für morgen“. Mit dieser Zielrichtung ist das Engagement<br />

im Bereich SE wichtig und ein fester Bestandteil. In einer sich<br />

an den TdSE anschließenden Ergebniskonferenz am 28. Oktober werden<br />

deshalb die Ergebnisse des Konsortiums mecPro² unter Führung<br />

der Schaeffler Technologies AG und Co. KG vorgestellt (s. Seite 31).<br />

Fester Bestandteil des TdSE ist übrigens auch das einzigartige Tool-Vendor-Project<br />

(TVP), welches sich unter Ausstellern und Teilnehmern großer<br />

Beliebtheit erfreut. Ziel ist es, dass die Hersteller anhand eines definierten<br />

Beispiels mittels ihrer Werkzeuge das Verständnis von SE sowie<br />

Ansatz, Schwerpunkte und Lösungen präsentieren – und auf der Ausstellungsfläche<br />

und dem Vendoren-Marktplatz für weitere Diskussionen<br />

zur Verfügung stellen. Die Basis bildet hier eine Kaffeemaschine am<br />

Flughafen, die in jedem Jahr mit neuen Aufgabenstellungen erweitert<br />

wird. Damit bietet das TVP auch eine Plattform für einen vereinfachten<br />

Transfer in die wahren Probleme und Herausforderungen der Teilnehmer<br />

und bildet somit eine Brücke zwischen Anbietern und Teilnehmern.<br />

Jeder Hersteller hat dabei an seinen Stand ein Modell des Projektes<br />

und bietet am Tutorial-Tag ein 2-stündiges Seminar an.<br />

Ein Kernelement im Konzept der Konferenz ist es, den Teilnehmern direkte<br />

Ergebnisse mit auf den Heimweg zu geben. So bildet der Marktplatz<br />

den Kern und das Zentrum des Austausches und der Kommunikation<br />

unter den Teilnehmern. Weiterhin unterstützt das World Café den<br />

Ideen- und Erfahrungsaustausch zwischen einzelnen Teilnehmern, die<br />

entsprechend Hintergrund und Industrie unterschiedliche Erfolge und<br />

Best Practices mitbringen. Den Transfer und die Hinterfragung der Anwendbarkeit<br />

auf die eigene Branche und Firma sollen damit gefördert<br />

werden. Durch die kleinen und moderierten Gruppen zu einzelnen Themen<br />

des SE, wie etwa MBSE-Erfahrung oder SE in der innerbetrieblichen<br />

Ausbildung, wird dies dokumentiert und noch auf der Konferenz<br />

vorgestellt. Das ermöglicht es den Teilnehmern, diese Erkenntnisse in<br />

Form einer Zusammenfassung sofort und damit nutzbar anzuwenden.<br />

Das World Café bringt zudem Fremde zusammen, die sich so nicht ausgetauscht<br />

oder über Themen unterhalten hätten, womit sich neue Netzwerke<br />

bilden können. Neben diesen etablierten Elementen wird es zudem<br />

in diesem Jahr wieder neue spannende und informative Elemente<br />

für die Teilnehmer geben, die aktuell noch in der Ausarbeitung sind.<br />

Die <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Welt zu Gast in Europa<br />

In diesem Jahr ist es übrigens wieder so weit, denn im 4-Jahres-Zyklus<br />

macht die SE-Weltkonferenz in Europa Halt. In diesem Jahr bietet sich<br />

die Chance, das weltweite SE-Netzwerk zu erweitern und an Fachvorträgen,<br />

Tutorials und Podiumsdiskussionen teilzunehmen. Die INCOSE<br />

Konferenz findet in diesem Jahr in Edinburgh von 18. bis 21. Juli 2016<br />

statt. Speziell für die Industrieteilnehmer haben die Arbeitsgruppen von<br />

Automotive, Healthcare, und Transportation einen Überblick als PDF zusammengestellt.<br />

Dieses beinhaltet sowohl die angesprochenen Aktivitäten<br />

und Treffen der Arbeitsgruppen als auch spezielle runde Tische zu<br />

diesen Themen. Der Zeitplan findet sich auf der Konferenzhomepage<br />

www.incose.org/symp2016/ unter dem Titel International Symposium<br />

2016. Weitere Themen sind natürlich die klassischen SE-Bereiche mit<br />

dem MBSE und weiteren aktuellen Entwicklungen.<br />

Der Autor:<br />

Sven-Olaf Schulze, Vorsitzender, GfSE<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 21


METHODEN<br />

SE-GLOSSAR<br />

SE-GLOSSAR<br />

Begriffe des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s – Teil 6<br />

<strong>Systems</strong>pezifikation mit MBSE<br />

Durch das wachsende Interesse am Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) kommt immer<br />

wieder die Diskussion über die richtige Modellierungssprache und die richtige Modellierungs -<br />

methode auf. Hier existieren viele Unklarheiten und genau genommen gibt es auch keine allgemeingültige<br />

Antwort. Hier sollen einige Grundlagen dargestellt werden, um dieser Diskussion auf die<br />

Sprünge zu helfen.<br />

Ziel des MBSE ist ein so genanntes Systemmodell. Es beinhaltet<br />

die Spezifikation des in der Entwicklung befindlichen Produkts.<br />

Zur Erstellung des Systemmodells bedarf es einer graphischen<br />

Modellierungssprache, eines Softwarewerkzeugs und einer<br />

Modellierungsmethode. Dieses Zusammenspiel wird häufig in dem<br />

MBSE-Dreieck dargestellt (siehe Abbildung) – es bildet den Startpunkt.<br />

Erst eine aufeinander abgestimmte Kombination der drei Elemente<br />

ermöglicht den wirksamen Einsatz des MBSE in einem Unternehmen.<br />

Dabei ist die Modellierungssprache isoliert betrachtet<br />

nur ein Ausdrucksmittel. Wie und zu welchem Zweck diese Sprache<br />

angewendet wird, wird durch eine Methode festgelegt. Die Methode<br />

gibt vor, was spezifiziert werden muss und in welcher Reihenfolge<br />

die Informationen entstehen.<br />

Modellierungssprachen<br />

Unglücklicherweise wird die Anwendung des MBSE meist<br />

auf die Nutzung einer Modellierungssprache reduziert.<br />

Eine Modellierungssprache wird durch die Syntax und<br />

Semantik definiert – die im Metamodell einer Sprache<br />

erarbeitet wurde. Einfach ausgedrückt: Die Syntax<br />

definiert die Elemente oder Konstrukte (im Vergleich<br />

zu unserer Muttersprache zum Beispiel<br />

Buchstaben) und regelt, wie Konstrukte (etwa<br />

Wörter) aus anderen wiederum gebildet werden.<br />

Zusätzlich wird festgelegt – jedoch<br />

nicht im Metamodell – wie die dazugehörige<br />

graphische Darstellungsform und<br />

Notation aussieht. Die Semantik als<br />

Teil des Modells zeigt, wie Modellkonstrukte<br />

miteinander verknüpft<br />

werden müssen, um eine Bedeutung zu haben. Damit ist aber nicht<br />

klar, welche Bedeutung ein Element oder eine Verknüpfung im jeweiligen<br />

Projektkontext hat.<br />

Die Modellierungssprachen im MBSE setzen vorwiegend auf graphische<br />

Darstellungen. Die Vorteile der graphischen Modellierung<br />

liegen in der Effektivität und Effizienz in Bezug auf die Bearbeitung,<br />

Wahrnehmung und Pflege der Modelle durch den Benutzer. Diese<br />

Vorteile werden jedoch nicht vollständig genutzt, da bei der Sprachdefinition<br />

die Wichtigkeit der Notation unterschätzt wird – die visuelle<br />

Repräsentation wird häufig als trivial angesehen. Die graphische<br />

Notation erhält dadurch fälschlicherweise einen ästhetischen Charakter,<br />

so dass die Auswahl der Ausdrucksmittel meist auf dem persönlichen<br />

Geschmack basiert und weniger auf wissenschaftlich<br />

fundierten Erkenntnissen. Im Bereich des Software-<strong>Engineering</strong>s<br />

wurde in Studien bestätigt, dass die visuelle Darstellung<br />

zum Verständnis des Modells wesentlich beiträgt – für die interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit im MBSE trifft das somit<br />

umso mehr zu.<br />

Modellierungsmethode<br />

Eine Modellierungsmethode gibt ein Vorgehen an<br />

die Hand, mit dem das Systemmodell Schritt für<br />

Schritt aufgebaut werden kann. Im Idealfall berücksichtigt<br />

die Methode dabei die grundlegenden<br />

Vorgehensweisen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s<br />

– das sind einerseits Prinzipien<br />

wie beispielsweise das Top-Down-Vorgehen,<br />

aber ergänzend auch das Definieren<br />

einer sauberen Systemgrenze,<br />

die die Fixierung des so ge-<br />

Bild: GfSE<br />

Das MBSE-Dreieck als Startpunkt zeigt das Zusammenspiel von Sprache, Methode und Werkzeug<br />

22 develop 3 systems engineering 02 2016


SE-GLOSSAR<br />

SE-GLOSSAR<br />

SAR<br />

SE-GLOSSAR<br />

Im Überblick<br />

MBSE-Modellierungsmethoden (Beispiele):<br />

• SysMod – <strong>Systems</strong> Modeling Toolbox<br />

www.model-based-systems-engineering.com<br />

•CONSENS– CONceptional design Specification Technique<br />

for the ENgineering of Complex <strong>Systems</strong><br />

www.selive.de<br />

•Harmony/SE<br />

http://t1p.de/itvw<br />

• OPM – Object Process Methodology<br />

https://en.wikipedia.org/wiki/Object_Process_Methodology<br />

• oosem – Object-oriented <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> Method<br />

www.omgwiki.org<br />

• LITHE – nach Ramos<br />

http://t1p.de/nybk<br />

PLUS<br />

SysML – und dann?<br />

SysML als eine Sprache des MBSE ist inzwischen weit verbreitet.<br />

Dennoch: Ein Einsatz allein der Sprache ist im Prinzip gar nicht möglich.<br />

Zusätzlich zur entsprechenden Methode muss die SysML als<br />

„allgemeingültige“ Sprache immer eine domänenspezifische Ausprägung<br />

erfahren. Will heißen: Für eine Anwendung beispielsweise<br />

in der Automobilindustrie muss immer noch festgelegt werden,<br />

welche Elemente zur Modellierung tatsächlich benötigt werden. Die<br />

SysML bietet hierfür nur eine Grundbesohlung – erst durch eine so<br />

genannte Profilbildung wird die Definition eines eigenen, erweiterten<br />

Metamodells möglich. Da dieses Profil aber immer auf das Basis-Metamodell<br />

der SysML zurückgeführt werden kann, erhält die<br />

SysML eine gewisse Mächtigkeit und Allgemeinverständlichkeit. Im<br />

Prinzip hat man aber mit der Profilbildung dann eine eigene Sprache<br />

definiert.<br />

Nicht Try-and-Error<br />

Die ersten Schritte mit dem MBSE sind häufig frustrierend. Entwickler<br />

oder Projektmanager müssen in andere Vorgehensweisen<br />

und ungewohnte Denkwelten eintauchen. Es ist dabei nicht ausreichend,<br />

nur das gewählte Tool zu beherrschen. MBSE kann als Weiterentwicklung<br />

des klassischen <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) betrachtet<br />

werden. Deshalb sollten sich potentielle Anwender zunächst mit<br />

dem SE im Allgemeinen vertraut machen und dann sukzessive an<br />

das MBSE herangehen.<br />

Die Autoren:<br />

Christian Tschirner und Sascha Ackva,<br />

Mitglieder des Vorstands der GfSE e.V.<br />

nannten „System-of-Interest“ ermöglicht. Inzwischen haben sich<br />

zahlreiche Modellierungsmethoden herausgebildet, wenngleich der<br />

Großteil seinen Ursprung in der Softwaretechnik hat. Der Kasten<br />

‚Im Überblick‘ listet einige etablierte Modellierungsmethoden mit<br />

Hinweisen zu weiteren Informationen auf.<br />

Werkzeuge<br />

Bei der Werkzeugwahl muss darauf geachtet werden, was mit der<br />

Modellierung grundsätzlich erreicht werden soll. Üblicherweise werden<br />

UML-Werkzeuge genutzt, die für das MBSE und beispielsweise<br />

die <strong>Systems</strong> Modeling Language (SysML) angepasst wurden. Die<br />

Bandbreite der möglichen Werkzeuge ist sehr groß. Diese Werkzeuge<br />

bieten sich an, wenn die <strong>Systems</strong>pezifikation etwa von mehreren<br />

Nutzern gleichzeitig erstellt werden soll oder fortführende Aktivitäten<br />

wie die Erzeugung von Softwarecode damit gleichzeitig<br />

stattfinden sollen. Für den Zweck einer verbesserten Kommunikation<br />

oder eines allgemeinen Systemverständnisses gibt es aber momentan<br />

auch noch viele Unternehmen, die zum Beispiel MS Visio<br />

für die Systemmodellierung nutzen – dabei akzeptieren sie bewusst<br />

den damit verbundenen höheren Aufwand.<br />

Zu dieser Rubrik<br />

‚In erster Linie geht es um Kommunikation‘ – das war der Titel<br />

der Titelstory der ersten Ausgabe der develop 3 systems<br />

engineering, die zur SPS IPC Drives 2014 erschien.<br />

Tatsächlich wird die Bedeutung von Kommunikation<br />

in Projekten häufig unterschätzt. Projekte sind heute höchst<br />

interdisziplinär und im Regelfall über Zeitzonen, Kulturkreise<br />

und Sprachräume verteilt. Die präzise und konsistente Verwendung<br />

von Begriffen wird somit zur Schlüsselkompetenz.<br />

Eine der ersten Aufgaben des <strong>Systems</strong> Engineers im Projekt<br />

ist deshalb die Schaffung eines Vokabulars, das eine eindeutige<br />

Kommunikation fördert. Zur Unterstützung dieser Aufgabe<br />

veröffentlichen wir in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft<br />

für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE)<br />

e.V. in jeder Ausgabe der develop 3 systems engineering<br />

Definitionen zu relevanten Begriffen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s;<br />

Ausgangspunkt hierfür ist die deutsche Übersetzung V.<br />

3.2.2 des Handbuchs <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> des International<br />

Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (INCOSE).<br />

Hinweis: Die hier vorgestellten Definitionen stellen wir bewusst<br />

zur Diskussion – wir freuen uns über Ihr Feedback<br />

dazu per Mail an:<br />

d3.redaktion@konradin.de<br />

INFO<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 23


METHODEN<br />

SERIE<br />

SERIE<br />

Teil 5: it‘s OWL-Querschnittsprojekt SE und Mobile Automation – Praxisbeispiel Claas<br />

Der intelligente Ladewagen<br />

Landmaschinen werden künftig immer intelligenter arbeiten. Damit das ein Erfolg wird, erprobt Claas<br />

in Kooperation mit dem Fraunhofer IEM und Dassault Systèmes Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />

Das daraus entstandene Entwicklungsprojekt Claas Cargos wurde auf der Hannover Messe zum<br />

realistischen Anschauungsbeispiel aus der Praxis, das die Vorteile der Methoden in der softwaregestützten<br />

Produktentwicklung verdeutlichte.<br />

Rollenwechsel der Landmaschinen: Bei Claas bestimmt inzwischen<br />

das Anbaugerät, wie schnell sich sein Traktor über das<br />

Feld bewegt. Ein Beispiel dafür ist der Claas Cargos. Der Ladewagen<br />

sammelt Informationen zu Menge und Beschaffenheit des Grases,<br />

berechnet die optimale Fahrtgeschwindigkeit und sendet sie an<br />

den Traktor. Dieser regelt daraufhin seine Geschwindigkeit und wird<br />

vom ehemals führenden zum ausführenden Part des Gesamtgespanns.<br />

Das Ergebnis ist eine ideale Maschinenauslastung, bei der<br />

der Fahrer deutlich entlastet und das Ernteergebnis optimiert wird.<br />

Grundlagen für den intelligenten Ladewagen sind Sensorik, eine<br />

umfangreiche Steuergerätetechnik und eine hochintegrierte Schnittstelle<br />

zum Traktor. Früher rein mechanische Systeme entwickeln<br />

sich damit auch bei Claas zu intelligenten technischen Systemen.<br />

Auf der Hannover Messe gliederte sich das <strong>Systems</strong>-<br />

<strong>Engineering</strong>-Projekt in das Product-Lifecycle-<br />

Management der 3DExperience-Plattform von<br />

Dassault Systèmes ein, das in Kooperation mit<br />

Claas an verschiedenen Stationen gezeigt wurde<br />

Bis der Cargos allerdings auf dem Feld mit seinen Sensoren messen<br />

und über intelligente Schnittstellen kommunizieren konnte,<br />

standen die Ingenieure vor einer komplexen Entwicklungsaufgabe.<br />

Daraus entstanden ist die heute am Markt erhältliche Software -<br />

lösung ICT Cruise Pilot – ein intelligentes mechatronisches System<br />

für die Steuerung der Fahrgeschwindigkeit des Traktors über sein<br />

jeweiliges Anbaugerät.<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> als effektive Herangehensweise<br />

Dass die Komplexität in Zukunft jedoch noch weiter zunimmt, davon<br />

ist das Unternehmen überzeugt. „An die Entwicklung von Claas<br />

werden derzeit ganz neue Herausforderungen gestellt“, erläutert<br />

Torsten Krafczinski, Projektleiter bei Claas. „Wir müssen verstärkt<br />

und von Beginn an auf die unterschiedlichen Schnittstellen unseres<br />

Entwicklungsprojektes achten: Sowohl technisch als auch organisatorisch<br />

eine fordernde Aufgabe.“ Schon bei der Entwicklung des<br />

Cargos stellten sich die Ingenieure deshalb die Frage, welche neuen<br />

Herangehensweisen der steigenden Vielschichtigkeit<br />

in der Entwicklung Rechnung tragen können.<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) ist dabei ein effektiver<br />

Ansatz. Zur Entwicklung der Funktion ICT Cuise<br />

Pilot wurde er daher erprobt. In Kooperation mit<br />

der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik<br />

Mechatronik IEM und Dassault Systèmes bauten<br />

die Claas-Entwickler ein Systemmodell auf und<br />

bildeten es in Vorbereitung auf die diesjährige<br />

Hannover Messe in der 3DExperience Plattform<br />

von Dassault Systèmes ab.<br />

Der erste Schritt dafür war die Erarbeitung eines<br />

gemeinsamen Verständnisses des Gesamtsystems<br />

Cargos. Dafür kam Consens zum Einsatz,<br />

eine Methode des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />

„Mit Consens beschreiben wir das zu entwickelnde<br />

System aus sieben verschiedenen<br />

Perspektiven, den sogenannten Partialmodellen“,<br />

erläutert Jörg Heihoff-Schwede vom Fraunhofer<br />

IEM. Die ersten Modelle, wie das Umfeldmodell,<br />

die Anwendungsszenarien, Funktionen und die<br />

Wirkstruktur entstanden im Workshop per Kartentechnik.<br />

Neben dem Gesamtsystem des Cargos<br />

erstellten die Projektpartner auch Modelle des ICT<br />

Cruise Pilot. Dann wurden alle Partialmodelle in der<br />

3DExperience-Plattform abgebildet, um eine späte-<br />

Bild: OWL<br />

24 develop 3 systems engineering 02 2016


SERIE<br />

SERIE<br />

SERIE<br />

Fahrer<br />

Systemmeldungen<br />

Bedieneingaben<br />

Traktor<br />

Telemetriedaten<br />

Telemetriesystem<br />

M<br />

ermöglicht es, den Cargos durch<br />

verschiedene Partialmodelle – hier<br />

das Umfeldmodell – zu beschreiben<br />

Stützlast<br />

Bedieneingaben<br />

Systemmeldungen<br />

Kugelkopf-Verbindung<br />

g<br />

IST-Geschwindigkeit<br />

SOLL-Geschwindigkeit<br />

Telemetriedaten<br />

Mechanische Energie<br />

Hydraulische Energie<br />

e<br />

Elektrische Energie<br />

Silo<br />

Wartung<br />

Erntegut<br />

Silokontur<br />

CARGOS<br />

Erntegut<br />

Kinetische Energie (Schneiden,Fördern, , Verdichten)<br />

Verschleiß<br />

Erntegut<br />

Topographie<br />

Feld<br />

Gewichtskraft (Bodenverdichtung)<br />

Straßenverhältnisse<br />

Feuchtigkeit<br />

Staub<br />

Wartung<br />

Wartungstechniker<br />

Gewichtskraft<br />

Gesetze, Normen, Richtlinien<br />

Straße<br />

Umwelt<br />

Rechtl. Rahmenbedingungen<br />

Bild: Claas<br />

re durchgängige softwaregestützte Entwicklung zu ermöglichen.<br />

„Alle Systemmodelle stehen zueinander in Beziehung und ergeben<br />

ein konsistentes Ganzes. Die Kenntnis über die Wechselwirkungen<br />

und Beziehungen innerhalb des Gesamtsystems sind für die erfolgreiche<br />

Entwicklung ausschlaggebend“, sagt Jörg Heihoff-Schwede.<br />

Frühzeitige Identifikation<br />

der Einwirkungen auf das Regelungssystem<br />

Die gründliche Systemmodellierung zu Projektbeginn macht sich<br />

also bezahlt. Aus Umfeldmodell und Anwendungsszenarien etwa<br />

identifizierten die Projektpartner Einwirkungen auf das Regelungssystem<br />

des Cargos. Wie reagiert das Steuergerät des Ladewagens<br />

auf Eingangs- und Ausgangsgrößen und wie werden diese verarbeitet?<br />

So konnten die Projektpartner bereits in der Workshop-Phase<br />

wichtige Informationen für die spätere softwaretechnische Umsetzung<br />

ziehen. „Mit Hilfe der Claas-Ingenieure konnten wir in kürzester<br />

Zeit die bestehenden CAD-Daten des Cargos gemeinsam mit<br />

den erarbeiteten Systemmodellen in die 3DExperience-Plattform<br />

einbinden und so ein durchgängiges <strong>Engineering</strong> ermöglichen“,<br />

erläutert Robert Klein, <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>-Solution Consultant,<br />

Dassault Systèmes. Für die Entwicklung intelligenter Landmaschinentechnik<br />

könnte <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> auch künftig eine Option<br />

sein. „Das methodische Herangehen in einem gemeinsamen Workshop<br />

haben wir als sehr zielführend für das weitere Vorgehen im<br />

Entwicklungsprozess empfunden. Innerhalb eines Workshop-Tages<br />

konnten wir alle relevanten Informationen identifizieren. Noch ein<br />

Vorteil: alle Entwickler waren gleich zu Beginn im Austausch“, sagt<br />

Torsten Krafczinski.<br />

Hannover Messe bildet Projektabschluss<br />

Besucher der Hannover Messe konnten sich am Messestand von<br />

Dassault Systèmes einen Eindruck vom <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-<br />

Projekt verschaffen. Das in die 3DExperience-Plattform integrierte<br />

Consens-Systemmodell des Cargos gliederte sich in das Product-<br />

Hintergrund<br />

Im Technologie-Netzwerk it‘s OWL – Intelligente Technische<br />

Systeme OstWestfalenLippe – entwickeln über 170 Unternehmen<br />

und Forschungseinrichtungen in 46 Projekten gemeinsam<br />

Lösungen für intelligente Produkte und Produktionssysteme.<br />

Das Spektrum reicht von intelligenten Automatisierungs-<br />

und Antriebslösungen über Maschinen, Fahrzeuge<br />

und Hausgeräte bis zu vernetzten Produktionsanlagen. Über<br />

ein innovatives Transferkonzept werden neue Technologien<br />

für eine Vielzahl von – insbesondere kleinen und mittelständischen<br />

– Unternehmen verfügbar gemacht. Ausgezeichnet<br />

im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung gilt<br />

it´s OWL als eine der größten Initiativen für<br />

Industrie 4.0 in Deutschland.<br />

www.its-owl.de<br />

Lifecycle-Management der Plattform ein, das in Kooperation mit<br />

Claas an verschiedenen Stationen gezeigt wurde. „Das gemeinsame<br />

Messekonzept mit einem Anwenderunternehmen und einem<br />

Forschungspartner ermöglichte uns, realistische Anschauungsbeispiele<br />

aus der Praxis zu schaffen und damit die Vorteile des <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong> in der softwaregestützten Produktentwicklung zu verdeutlichen,“<br />

so Robert Klein.<br />

co<br />

Die Autorin: Kirsten Harting,<br />

Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />

INFO<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 25


METHODEN<br />

FORSCHUNG<br />

Das Kreativitätslabor des IPEK:<br />

Eine optimale Workshopumgebung<br />

Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) in der Karlsruher Schule<br />

Neue Lehrkonzepte für die<br />

Aus- und Weiterbildung im Bereich MBSE<br />

Unter dem Titel „Fünf Jahre Forschung für die Anwendung“ wurde in Ausgabe 01/2016 der develop 3 systems<br />

engineering (S. 38ff) über die Forschungstätigkeiten bezüglich des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s im<br />

Rahmen der Karlsruher Schule für Produktentwicklung (KaSPro) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)<br />

berichtet. Ergänzend wird in diesem Beitrag nun das am KIT entwickelte SysML-Lehrkonzept vorgestellt,<br />

welches aus einer Vorlesung mit integrierten Übungen und einem semesterbegleitenden Entwicklungsprojekt<br />

besteht. Des Weiteren werden der mehrtägige SysTEM-Workshop und die Möglichkeiten vorgestellt, welche<br />

er für Unternehmen bietet, die am Einsatz der Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s interessiert sind.<br />

Der Bedarf nach modellbasierter Entwicklung zur ganzheitlichen<br />

Erfassung von interdisziplinären Entwicklungsaspekten (Zielsysteminhalte<br />

wie Ziele, Anforderungen und Funktionen und Objektsysteminhalte<br />

wie Konzepte und Struktur des <strong>Systems</strong>; vgl. [1])<br />

wächst. Hierfür bedarf es einer gemeinsamen interdisziplinären Modellierungssprache.<br />

Die <strong>Systems</strong> Modeling Language (SysML) hat<br />

sich als Standard in der modellbasierten Systementwicklung<br />

(MBSE, engl. model-based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>) etabliert. Seit vielen<br />

Jahren unterstützt das IPEK seine Kunden bei der Analyse von<br />

technischen Systemen und der Entwicklung von interdisziplinären<br />

Systemmodellen. In den nächsten Jahren wird das vermehrte<br />

Durchsetzen des MBSE in den Unternehmen erwartet. Für einen effizienten<br />

Einstieg bietet das IPEK einen mehrtägigen SysML-Workshop<br />

(SysTEM, Systeme im Team Entwickeln und Modellieren) an.<br />

Hierfür wurde das SysML-Lehrkonzept, welches sehr erfolgreich in<br />

der Lehre genutzt wird, auf industrielle Bedürfnisse angepasst sowie<br />

mit etablierten Methoden der Produktentwicklung kombiniert.<br />

Der Workshop vermittelt die SysML-Grundlagen in Theoriesessions<br />

mit integrierten Übungsphasen und führt eine mehrwertstiftende<br />

Kombination mit anderen Entwicklungsmethoden ein.<br />

1. SysML-Lehre am IPEK<br />

Im Austausch mit anderen Lehrenden aus dem Bereich des MBSE<br />

sind die Autoren zu dem Schluss gekommen, dass die SysML in der<br />

akademischen Lehre angekommen ist [2]. Eine durchgängige Verbreitung<br />

in der Lehre sowie fundierte didaktische Informationen für<br />

Lehrende von großen Gruppen (>100 Studierende) lagen jedoch<br />

noch nicht vor. Aus diesem Anlass wurde 2013 ein eigenes SysML-<br />

Lehrkonzept für die interdisziplinäre und fakultätsübergreifende<br />

Lehrveranstaltung „Mechatronische Systeme und Produkte“ [3] –<br />

für Studierende im 5. Semester des Bachelorstudiengangs Mechatronik<br />

– entwickelt. Das Lehrkonzept besteht aus einer Kombination<br />

von Vorlesung und einer in dieser integrierten Übungsphase [4][5].<br />

Im Rahmen eines semesterbegleitenden Entwicklungsprojekts<br />

26 develop 3 systems engineering 02 2016


FORSCHUNG<br />

METHODEN<br />

wenden die Studierenden in einem real-komplexen Entwicklungsprojekt<br />

[4][5] ihr neu erlerntes Wissen zum MBSE direkt an und steigern<br />

dadurch ihre Handlungskompetenz bezüglich der Zielsystementwicklung<br />

und Systemmodellierung. Im Folgenden wird die aktuelle<br />

Version des Lehrkonzeptes vorgestellt, sowie auf die Anwendbarkeit<br />

und den Mehrwert in der studentischen Projektarbeit eingegangen.<br />

Das SysML-Lehrkonzept behebt identifizierte Defizite bestehender<br />

SysML-Lehrformen [4] und baut auf den drei Säulen des<br />

Karlsruher Lehrmodells für Produktentwicklung (KaLeP) [6] – Lehre<br />

(Vorlesung, Übung und Entwicklungsprojekt), Umfeld (industrieähnliche<br />

Arbeitsumgebung) und Erwerb von Schlüsselqualifikationen –<br />

auf (vgl. auch [7]).<br />

• Vorlesung: Diese Phase führt SysML und die modellbasierte<br />

Systementwicklung (MBSE) theoretisch ein. Während der Einführung<br />

werden den Studierenden die Grundlagen und ein Verständnis<br />

für die wichtigsten SysML-Diagramme und deren Basiselemente<br />

vermittelt. Ein durchgängiges Beispiel wird nach und nach<br />

aufgebaut, welches alle gelehrten Aspekte beinhaltet.<br />

Eindrücke aus der Lehrveranstaltung MSuP: Studierende bei der Arbeit<br />

Bild: IPEK<br />

Short facts<br />

zum SysTEM-Workshop<br />

PLUS<br />

„Systeme im Team Entwickeln und Modelliern“<br />

• Dauer: in der Regel 3 Tage<br />

– kundenspezifische Anpassung ist möglich<br />

• Teilnehmer: 5-12 Teilnehmer<br />

• Methoden: Persona-Methode, User-Stories, Metaplan, SPAL-<br />

TEN-Problemlösungsmethodik, Strukturierte Fragebögen, Ishikawa,<br />

Kontinuierlicher Ideenspeicher (KIS), Brainwriting Pool,<br />

Contact & Channel-Ansatz (C&C2-A) und viele weitere.<br />

• Ort: Kreativitätslabor des IPEK oder geeigneter Seminarraum<br />

bei dem Interessenten vor Ort.<br />

• Übungsphase: Nach der Vorlesung findet eine Übungsphase mit<br />

Übungsunterlagen statt, in der die neu vermittelten Lehrinhalte<br />

direkt an einem Leitbeispiel praktisch angewendet werden. Um<br />

die Komplexität und damit die Einstiegshürde in die neue Sprache<br />

zu senken, sind für die Übungsaufgaben gewisse Modell -<br />

elemente vorgegeben. Auf diese Weise liegt der Fokus auf dem<br />

Anwenden der Sprache und nicht auf der Entwicklung eines<br />

Beispielsystems [5].<br />

• Projektarbeit: Eine Vertiefung und Anwendung in real-komplexen<br />

Fragestellungen findet parallel in der semesterbegleitenden<br />

Projektarbeit statt. Während der Projektarbeit unterstützt die<br />

SysML-Modellierung die studentischen Teams dabei, ein einheitliches<br />

Systemverständnis und einen strukturierten Entwicklungsprozess<br />

mit durchgängiger Vernetzung und Nachvollziehbarkeit<br />

von Anforderungen und Konzepten zu erreichen. Somit entwickeln<br />

die Studierenden Handlungskompetenz sowohl in der Entwicklung<br />

des Zielsystems als auch in der zugehörigen Modellierung<br />

der Inhalte.<br />

Bild: IPEK<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 27


METHODEN<br />

FORSCHUNG<br />

Bild: IPEK<br />

1.1 Kernelemente des<br />

SysML-Lehrkonzepts in der Lehre<br />

Die wichtigsten Kernelemente des universitäreren Lehrkonzeptes<br />

[7] werden im folgenden kurz genannt. Dabei stehen stets der<br />

Erwerb von Handlungskompetenz und die Anwendung von SysML<br />

im Vordergrund:<br />

• Trennung zwischen Sprach- & Methodikschulung und Softwareschulung:<br />

Das Lehrkonzept vermittelt die Grundlagen der<br />

SysML. Per Selbstlernvideos (Screencasts) wird später Unterstützung<br />

für die verwendete Software angeboten.<br />

• Fokussierung auf die Modellierung – durch vorgegebene<br />

Elemente: Die Teilnehmer werden hinsichtlich des Systemverständnisses<br />

durch vorgegebene Modellelemente unterstützt.<br />

Der Fokus liegt auf der korrekten Anwendung dieser Elemente –<br />

das heißt auf dem Erlernen des Modellierens.<br />

• Vorstellung eines Lösungsvorschlages und Diskussion von<br />

Modellierungsalternativen: Zur Reflexion der Teilnehmerlösung<br />

und zum Aufzeigen der möglichen Modellausprägungen, wird ein<br />

Lösungsvorschlag vorgestellt und gemeinsam diskutiert.<br />

• Hervorheben des Mehrwertes: Während der Vorlesung werden<br />

die Vorteile der Modellierung besprochen und im semester -<br />

begleitenden Projekt „erlebt“.<br />

• Begleitmaterial und durchgängige Beispiele: Den Studierenden<br />

stehen strukturierte Übungsblätter mit durchgängigen Beispielen<br />

zur Verfügung.<br />

• Unmittelbares Anwenden des Gelernten: Neben den Übungsphasen<br />

im Hörsaal ist das intensive Anwenden des Gelernten im<br />

Entwicklungsprojekt ein wichtiger Bestandteil für die Vertiefung<br />

und Reflexion der neuen Kompetenzen. Hierbei handelt es sich<br />

um Handlungskompetenz bezüglich der Entwicklung und Modellierung<br />

von Zielsystemen (Details siehe Kapitel 1.2), das heißt die<br />

Fähigkeit, den Lerngegenstand (SysML und passendes methodisches<br />

Vorgehen) produktiv anzuwenden.<br />

1.2 Einsatz von SysML in einem<br />

semesterbegleitenden Entwicklungsprojekt<br />

Die Vorlesung mit integrierter Übungsphase dient dazu, ein Grundverständnis<br />

für SysML zu entwickeln. Während des semesterbegleitenden<br />

Entwicklungsprojekts bauen die Studierenden diese Fähigkeiten<br />

vom ‚Verstehen‘ zum ‚produktiv Anwenden‘ weiter aus.<br />

Bei Fragen zur Modellierung Ihres Projekts können die Studierenden<br />

wöchentliche Kompetenz-Sprechstunden wahrnehmen. Eine Diskussion<br />

ihrer Modelle geschieht darüber hinaus in drei betreuten<br />

Meilensteinsitzungen während des Semesters. Nach der Modellierung<br />

mit Stift und Papier in der SysML-Schulung stehen den Teams<br />

für die Projektarbeit Whiteboards und memox-Karten zur Verfügung.<br />

Die Modellierung der Projektteams erfolgt mit Cameo <strong>Systems</strong> Modeler<br />

und wird durch einen Teamworkserver von NoMagic unterstützt.<br />

Hervorzuheben ist, dass mit Hilfe des Teamworkservers die<br />

kollaborative Zusammenarbeit über zwei räumlich getrennte Standorte<br />

ermöglicht wird [3]. Neben der real-komplexen Projektaufgabe<br />

wird somit auch eine realitätsnahe Arbeitsumgebung geschaffen.<br />

Für einen schnellen Einstieg in das effiziente Nutzen der Softwaretools<br />

werden diese durch Vorlagen und Screencasts (Lernvideos)<br />

eingeführt. Die Vorlage beinhaltet den Modellierungsablauf und die<br />

Mit SysML begleiteter Entwicklungsablauf<br />

und unterstützende Entwicklungsmethoden<br />

28 develop 3 systems engineering 02 2016


FORSCHUNG<br />

METHODEN<br />

Modellstruktur, welche aus der Vorlesung bekannt sind. Weiterhin<br />

sind die behandelten Diagramme mit einigen elementaren Modellbestandteilen<br />

zur Orientierung und Arbeitsersparnis vorhanden. In<br />

den Screencasts wird der Umgang mit der Software und der Vorlage<br />

anhand eines Beispiels Diagramm für Diagramm erläutert. Für die<br />

Überprüfung der Modellierung werden gewisse Diagramme aus<br />

dem Modell mittels Reporting-Mechanismus ausgeleitet. Hierzu erhalten<br />

die Studierenden nach Durchsicht ein qualifiziertes Feedback<br />

– sowohl zu der Modellierung an sich als auch zu den Modellinhalten.<br />

Eine Befragung der Studierenden hat drei Dinge bestätigt:<br />

• Bei der Modellierung von Gestalt werden die SysML-Modelle nur<br />

mit Ergänzungen durch Skizzen oder CAD-Screenshots aussagekräftig.<br />

Eine Integration von solchen visuellen Inhalten in SysML-<br />

Modelle ist derzeit noch Gegenstand der Forschung [8][9][10].<br />

• Die durchgängige SysML-Modellierung unterstützt die Teams dabei,<br />

ein einheitliches Systemverständnis und einen strukturierten<br />

Entwicklungsprozess mit durchgängiger Vernetzung und Nachvollziehbarkeit<br />

von Anforderungen zu erreichen.<br />

• Die vorgegebene Modellierreihenfolge und Bibliothekelemente<br />

bei der Modellierung sind hilfreich und der (Zeit-)Aufwand (zumindest)<br />

bei einer ersten groben Modellierung sinkt.<br />

Durch den Softwareeinsatz von Cameo <strong>Systems</strong> Modeler und Teamworkserver<br />

konnte den Teams der Mehrwert der SysML-Modellierung<br />

(insbesondere die vernetzten, konsistenten Daten und die Wiederverwendung<br />

der bereits erstellten Inhalte) deutlich vermittelt<br />

werden. Weiterhin wurde die Modellierung so gestaltet, dass die<br />

Übertragbarkeit zur weiteren Ausdetaillierung der Modelle mit Matlab<br />

Simulink und Simscape vereinfacht ist. Darüber hinaus ist beabsichtigt,<br />

Entwicklungsaktivitäten wie die physikalische Simulation<br />

mit Dymola zu integrieren und den modellbasierten Anteil im Entwicklungsprojekt<br />

zu intensivieren. Aktuell nehmen 80 Mechatronik-<br />

Studierende an der Lehrveranstaltung teil. Der Ausbau auf 280 Studierende<br />

und der Schaffung einer interdisziplinären Mischung aus<br />

Studierenden der Studiengänge ‚Mechatronik und Informationstechnik‘,<br />

‚Maschinenbau‘, ‚Elektro- und Informationstechnik‘ sowie<br />

Lehramtsstudierende der ‚Naturwissenschaft und Technik‘ (NwT) ist<br />

angestrebt und wird bis zum Wintersemester 2019 vollumfänglich<br />

umgesetzt.<br />

2. SysTEM-Workshop für Industriekunden:<br />

SysML-Grundlagen und Kreativitätsmethoden<br />

In der ersten Veröffentlichung des universitären SysML-Lehrkonzepts<br />

[4] war geplant, die SysML-Schulung als Workshop auszuführen.<br />

Auf Grund der Teilnehmerzahl von bis zu 280 Studierenden in<br />

der Lehre ist ein Workshop zur Einführung der Sprache nicht realisierbar.<br />

Für Industriekunden und ihre Bedürfnisse eignet sich ein<br />

praxisorientierter Workshop jedoch ausgezeichnet. So ist es möglich,<br />

in einem 2-3tägigen Workshop Kompetenzen für die Anwendung<br />

in der täglichen Entwicklungsarbeit zu erwerben. Selbstlernphasen<br />

werden im Vergleich mit dem universitären Lernen durch<br />

den Dialog mit den Experten und geeignetes Schulungsmaterial<br />

substituiert. Zudem haben die Schulungsteilnehmer in der Regel<br />

Fragestellungen aus der eigenen Tätigkeit, die in Bezug auf die Lerninhalte<br />

diskutiert werden sollen. Daher vermittelt das IPEK kundengerecht<br />

über die SysTEM-Workshops die zeitgemäßen Entwicklungsansätze<br />

des MBSE und kombiniert diese mehrwertstiftend mit<br />

Entwicklungsmethoden. Für die Entwicklung und Durchführung des<br />

Workshops werden die Kompetenzen aus der universitären SysML-<br />

Lehre, die langjährige Erfahrung aus Entwicklungsprojekten und<br />

Bild: IPEK<br />

Kreativ-Workshops [11][12] zusammengeführt, wodurch die Teilnehmer<br />

entwicklungsmethodische Kompetenzen erhalten.<br />

In dem SysTEM-Workshop erlernen die Teilnehmenden die Grundlagen<br />

der SysML und wenden diese anhand eines erprobten Prozesses<br />

in Kombination mit Entwicklungsmethoden an (vgl. Abbildung<br />

„Entwicklungsablauf“). So unterstützt beispielsweise die Persona-<br />

Methode [13] die Systemanalyse und Identifikation von kundenspezifischen<br />

Anforderungen, die Anwendung des Ishikawa-Diagramms<br />

strukturiert die Problemeingrenzung bei der Zielsystemerstellung,<br />

die Anwendung von situationsangepassten Kreativitätsmethoden<br />

unterstützt das Entwickeln von Ideen mit hohem Innovationspotenzial<br />

und die SPALTEN-Problemlösungsmethodik unterstützt alle Phasen<br />

der Entwicklungsprojekte [14]. Die praktischen Workshopeinheiten<br />

bauen eine ausgeprägte Handlungskompetenz bei den Teilnehmenden<br />

bezüglich der Systementwicklung (Ziel- und Objektsystem,<br />

vgl. [14]) und der begleitenden Modellierung mit SysML auf.<br />

2.1 Erfolgreiche Lehransätze im industriellen Umfeld<br />

Wesentliche Kernelemente des erprobten universitären SysML-<br />

Lehransatzes finden in den SysTEM-Workshops Anwendung:<br />

• Trennung zwischen Sprach- & Methodikschulung und Softwareschulung:<br />

Der Workshop wird ohne den Einsatz von Modellierungssoftware<br />

bestritten. Die Lernziele Erlernen und Anwenden<br />

der SysML-Grundlagen und Erlernen der Kombination<br />

von MBSE-Methodik und erprobter Entwicklungsmethodik (Auswahl<br />

der Methoden siehe oben) finden somit größere Beachtung.<br />

Auf Wunsch kann das erarbeitete Systemmodell mit professioneller<br />

Modellierungssoftware digitalisiert werden, wodurch die<br />

Analysemöglichkeiten der Modellinhalte erheblich zunehmen. Eine<br />

Einführung in die Software wird auf Wunsch angeboten.<br />

• Fokussierung auf die Modellierung – durch bekannte<br />

Beispiele: Der Workshop kann anhand von kundenspezifischen<br />

Beispielen durchgeführt werden. Durch die aus dem Arbeitsalltag<br />

bekannten Beispiele kann sich verstärkt auf die Modellierung<br />

mit der erlernten Modelliersprache SysML konzentriert werden.<br />

Der praxisrelevante Nutzen wird aufgezeigt und zudem werden<br />

im Laufe des Workshops projektrelevante Entwicklungsfortschritte<br />

gemacht, welche direkt in einem Systemmodell abgebildet<br />

werden. Dieses Modell unterstützt nach dem Workshop die weitere<br />

Entwicklung und kann weiter detailliert werden.<br />

Gemeinsame Arbeit an Systemmodellen<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 29


METHODEN<br />

FORSCHUNG<br />

• Diskussion von Modellierungsalternativen: Im Laufe des Workshops<br />

wird durch die Betreuung auf Modellierungsalternativen<br />

und deren Vor- und Nachteile hingewiesen. Die Modellierungskompetenzen<br />

der Teilnehmer werden reflektiert und verbessert.<br />

• Hervorheben des Mehrwertes: Bereits im Workshop werden<br />

die Mehrwerte situationsgerecht aufgezeigt. Zum Abschluss des<br />

Workshops werden weitere Mehrwerte kundenspezifisch erarbeitet.<br />

Hierbei werden unter anderem die Randbedingungen der<br />

Unternehmensstruktur und der Entwicklungsgegenstände<br />

einbezogen.<br />

• Begleitmaterial und durchgängige Beispiele: Die Teilnehmer<br />

erhalten eine umfangreiche Workshopdokumentation inklusive<br />

des erarbeiteten Systemmodells und weitere Materialien zur<br />

Vertiefung.<br />

• Unmittelbares Anwenden des Gelernten: Noch intensiver als<br />

in der universitären Lehre ist die Anwendung des Gelernten im<br />

Workshopkonzept verankert. Die bereits erwähnten kundeneigenen<br />

Beispiele steigern hierbei die Übertragbarkeit der neuen<br />

Kompetenzen auf den Arbeitsalltag. Bei geeigneter Projektsituation<br />

werden idealerweise die neuen Fähigkeiten bezüglich des<br />

MBSE mit SysML durch die Teilnehmer direkt im Anschluss in<br />

Entwicklungsprojekten des eigenen Unternehmens eingesetzt.<br />

Hierbei kann eine weitere Unterstützung durch die Experten des<br />

IPEK stattfinden.<br />

Bild: IPEK<br />

Eindrücke aus der<br />

Lehrveranstaltung<br />

MSuP: Studierende<br />

mit Ihren Systemen<br />

im Abschlusswettbewerb<br />

3. Zukünftige Entwicklung der<br />

MBSE-Lehr- und Weiterbildungsangebote<br />

Die Erkenntnisse aus der Lehreforschung finden kontinuierlich in kooperativ<br />

mit Unternehmen durchgeführten Projekten Anwendung.<br />

Für einen effizienten Einstieg in die modellbasierte Systementwicklung<br />

(MBSE) mit SysML wird daher der mehrtägige SysTEM-Workshop<br />

angeboten. Das bestehende Lehrkonzept wurde hierfür auf<br />

die industriellen Bedürfnisse angepasst und mit etablierten Methoden<br />

der Produktentwicklung kombiniert. Der Workshop vermittelt<br />

die SysML-Grundlagen in Theoriesessions mit integrierten Übungsphasen.<br />

Eine direkt anschließende Anwendung in gemeinsamen<br />

MBSE-Pilotprojekten ist möglich. Alle Erfahrungen des IPEK aus<br />

den Bereichen der Forschung (vgl. Beitrag „Fünf Jahre Forschung<br />

für die Anwendung“ in Ausgabe 01/2016 der develop 3 systems engineering<br />

[15] uvm., z.B. [8], [16]), Lehre (Ausbildung von Studierenden<br />

und Industriekunden, vgl. [5]) und Innovation (gemeinsame Entwicklungsprojekte<br />

mit der Industrie, vgl. [11]) werden auch zukünftig<br />

in die Lehrkonzepte einfließen und zu einer kontinuierlichen Verbesserung<br />

beitragen.<br />

co<br />

Kontakt<br />

IPEK – Institut für Produktentwicklung<br />

am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)<br />

Karlsruhe<br />

Sven Matthiesen<br />

sven.matthiesen@kit.edu<br />

www.ipek.kit.edu<br />

INFO<br />

Hinweis: Falls auch Sie dabei sein und mehr erfahren<br />

wollen zu neuen methodischen Impulsen für die Produktentwicklung<br />

oder Interesse haben an einem SysTEM-Workshop,<br />

berät Sie das IPEK gerne.<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] Albers, Albert; Klingler, Simon; Ebel, Björn: Modeling <strong>Systems</strong> of Objectives in <strong>Engineering</strong><br />

Design Practice. In: Proceedings of the International Conference on <strong>Engineering</strong><br />

Design, ICED 2013, 2013<br />

[2] Abulawi, Jutta: AW: Infos zu deiner Lehrveranstaltung „<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>“.<br />

17.06.2015<br />

[3] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Ludwig, Julian; Hohmann, Soeren: Iteratives<br />

Vorgehen in räumlich getrennten mechatronischen Entwicklungsteams – Das Wechselspiel<br />

von Synthese und testbasierter Analyse. In: VDI Mechatroniktagung 2015,<br />

2015<br />

[4] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Moeser, Georg; Munker, Florian: The Karlsruhe<br />

SysKIT Approach – A Three-Step SysML Teaching Approach for Mechatronic Students.<br />

In: 24th CIRP Design Conference. Milano, 2014<br />

[5] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Moeser, Georg: SysKIT 2.0 – Implementation<br />

of a SysML teaching approach and observations on systems modeling by mechatronic<br />

teams. In: International Conference on <strong>Engineering</strong> and Product Design Education,<br />

Loughborough, 2015<br />

[6] Breitschuh, Jan; Albers, Albert: Teaching and Testing in Mechanical <strong>Engineering</strong>. In:<br />

Musekamp, F; Spöttl, G; Becker, M (Hrsg.): Kompetenz im Studium und in der Arbeitswelt.<br />

Nationale und internationale Ansätze zur Erfassung von Ingenieurkompetenzen.<br />

Competence in Higher Education and the Working Environment. National<br />

and International Approaches for Assessing <strong>Engineering</strong> Competence, Berufliche Bildung<br />

in Forschung, Schule und Arbeitswelt / Vocational Education and Training: Research<br />

and Practice. Bd. 12. 1. Aufl. Frankfurt am Main; Peter Lang, 2014<br />

[7] Matthiesen, Sven; Moeser, Georg; Schmidt, Sebastian; Mueller, Marvin: Erfahrungsbericht<br />

aus der universitären SysML-Ausbildung vin Ingenieuren. In: 10. Ingenieurpädagogische<br />

Regionaltagung 2015, 2015<br />

[8] Moeser, Georg; Kramer, Christoph; Grundel, Martin; Neubert, Michael; Kümpel, Stephan;<br />

Scheithauer, Axel; Kleiner, Sven; Albers, Albert: Fortschrittsbericht zur modellbasierten<br />

Unterstützung der Konstrukteurstätigkeit durch FAS4M. In: Tag des <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong> 2015. Ulm, 2015<br />

[9] Moeser, Georg; Albers, Albert; Kümpel, Stephan: Usage of Free Sketches in MBSE.<br />

In: Proceedings First IEEE International Symposium on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>. Rom,<br />

2015<br />

[10] oose:eG; :em AG; IPEK - Institut für Produktentwicklung am KIT; Helmut-Schmidt-<br />

Universität: FAS4M - Functional Architectures of <strong>Systems</strong> for Mechanical Engineers.<br />

URL http://fas4m.de. - abgerufen am 2015-06-09<br />

[11]Albers, Albert; Turki, Tarak: INNO5 – Innovation in einer Woche, Neue Lösungen für<br />

technische Federn. In: Berliner-Kreis-Newsletter (2010), Nr. Ausgabe 1/2010, S. 6<br />

[12]Albers, Albert; Reiß, Nicolas; Bursac, Nikola; Walter, Benjamin; Gladysz, Bartosz: InnoFox<br />

– Situationsspezifische Methodenempfehlung im Produktentstehungsprozess.<br />

In: Stuttgarter Symposium für Produktentwicklung 2015 SSP 2015 : Binz, Bertsche,<br />

Bauer, Roth, 2015<br />

[13]Albers, Albert; Bursac, Nikola; Schmidt, Sebastian; Reiß, Nicolas: In den Kunden hineinversetzen<br />

– Wie in Entwicklungsprojekten die Kundenorientierung gesteigert<br />

werden kann. In: WiGeP News (2016), Nr. 1, S. 20–21<br />

[14]Albers, Albert; Braun, Andreas: A generalized framework to compass and to support<br />

complex product engineering processes. In: International Journal of Product Development<br />

Bd. 15 (2011), Nr. 1, S. 6–25<br />

[15] Albers, Albert; Matthiesen, Sven; Bursac, Nikola; Moeser, Georg; Klingler, Simon;<br />

Schmidt, Sebastian; Munker, Florian; Scherer, Helmut; Kurrle, Armin: Model-Based<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) in der Karlsruher Schule: Fünf Jahre Forschung für die<br />

Anwendung. In: Kohlhammer, K. (Hrsg.) develop 3 systems engineering (2016), Nr. 01<br />

2016, S. 38–41<br />

[16]Schmidt, Sebastian; Hölz, Kevin; Matthiesen, Sven: Use case detailing levels – Anwendungsfallmodellierung<br />

zur Unterstützung der Entwicklung handgehaltener Geräte.<br />

In: 26. DfX-Symposium. Herrsching, München, 2015<br />

Die Autoren:<br />

Sven Matthiesen, Albert Albers, Georg Moeser,<br />

Sebastian Schmidt, Nikola Bursac; alle IPEK<br />

30 develop 3 systems engineering 02 2016


VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN<br />

METHODEN<br />

Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE)<br />

Die <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenz für und mit der Industrie<br />

Der Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE) findet in diesem Jahr in Herzogenaurach<br />

im Konferenzzentrum der Schaeffler-Gruppe vom 25. bis<br />

zum 27. Oktober 2016 statt. In diesem Rahmen werden vielfältige Vorträge<br />

zu unterschiedlichen Themen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s gehalten.<br />

Auch deshalb stellt der TdSE die wohl wichtigste <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenz<br />

im deutschsprachigen Raum dar. Die Gesellschaft<br />

für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) als Veranstalterin verfolgt damit ihr<br />

satzungsgemäßes Ziel, die Industrie im Bereich SE sowohl zu vertreten<br />

als auch den Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine<br />

Plattform zu bieten. Die Hälfte der Beiträge kommt aus der Industrie<br />

und trifft auf wissenschaftliche Beiträge, die in einem TdSE-Buchband<br />

mit ISBN-Nummer veröffentlicht und somit der Allgemeinheit und den<br />

Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Interessant dürfte auch<br />

die Ergebniskonferenz im Anschluss an den TdSE am 28. Oktober<br />

sein: Vor drei Jahren begann das Konsortium mecPro² unter der Führung<br />

der Schaeffler Technologies AG und Co. KG eine Fragestellung im<br />

Bereich SE zu lösen – wie kann ein modellbasierter Entwicklungsprozess<br />

für cybertronische Produkte und Produktionssysteme vor dem<br />

Bild: GfSE<br />

Teilnehmer am TdSE 2015<br />

Hintergrund der Herausforderungen von Industrie 4.0 entwickelt und<br />

mit PLM-Systemen unterstützt werden? Die Konsortialpartner und die<br />

GfSE als assoziierter Partner des Verbundprojektes mecPro² stellen<br />

nun die Ergebnisse vor. Das Programm des TdSE wird Anfang Juli auf<br />

der Konferenzhomepage freigegeben. Über diese kann man sich auch<br />

zu den Seminaren sowie zur Ergebniskonferenz anmelden. co<br />

www.tdse.org<br />

VDMA-Leitfaden: Cyberbedrohungen beherrschen<br />

Handlungsempfehlungen für den Mittelstand –<br />

Mindestmaßnahmen für Industrie 4.0<br />

Symposion/Schunk: Industrie 4.0 – 100 Fragen – 100 Antworten<br />

Industrielle Revolution<br />

oder vorübergehender Hype?<br />

Auf Basis seines bereits veröffentlichten<br />

Leitfadens „Industrie<br />

4.0“ hat der VDMA einen Praxisleitfaden<br />

„Industrie 4.0 Security“<br />

herausgegeben. Er soll es ins -<br />

besondere den mittelständischen<br />

Mitgliedern des Verbandes<br />

ermöglichen, konkrete Umsetzungsmaßnahmen<br />

zu ergreifen<br />

und Sicherheitsanforderungen<br />

für eigene Produkte, Maschinen<br />

und Anlagen sowie Dienstleistungen<br />

umzusetzen. Wie wichtig<br />

dies ist, belegt Steffen Zimmermann,<br />

VDMA-Experte für Security,<br />

mit der Aussage, dass nur „57<br />

Prozent der Unternehmen einen<br />

der gängigen Security-Standards<br />

kennen und weniger als ein Drittel<br />

diese Standards anwenden.“<br />

Bereits mit der 2013 veröffentlichten<br />

Umfrage des VDMA zu<br />

„Industrial Security“ wurde festgestellt,<br />

dass Security-Vorfälle in<br />

29 % der Unternehmen zu Produktionsausfällen<br />

geführt haben.<br />

Um für die industrielle Zukunft<br />

gewappnet zu sein, müssen Hersteller<br />

und Integratoren eine<br />

sichere Basis schaffen, die die<br />

neuen Geschäftsmodelle der<br />

Digitalisierung unterstützt und so<br />

das notwendige Vertrauen in<br />

Industrie 4.0 sicherstellt. Zu den<br />

zentralen Bausteinen des Leitfadens<br />

zählen Mindestanforderungen<br />

an die Security zukünftiger<br />

Produkte und Services des<br />

Maschinen- und Anlagenbaus,<br />

Handlungsempfehlungen für zukünftige<br />

Produktionsumgebungen,<br />

Anforderungen an Weiterbildungsangebote<br />

sowie ein Tool<br />

zur Selbsteinschätzung des „Status<br />

Quo“ für KMU.<br />

mc<br />

industrie40.vdma.org<br />

Industrie 4.0 steht für einen fundamentalen<br />

Wandel in der industriellen<br />

Produktion. Der vorliegende<br />

Band „Industrie 4.0 – 100<br />

Fragen, 100 Antworten“der FAQ-<br />

Reihe erklärt deshalb die wichtigsten<br />

Konzepte und vermittelt<br />

Einsteigern und Fortgeschrittenen<br />

kurz und prägnant Wissenswertes<br />

zum Thema: Zehn Kapitel<br />

mit je zehn Fragen klären die zentralen<br />

Begriffe, Methoden, Werkzeuge<br />

und erläutern grundle -<br />

gende Zusammenhänge. Industrie<br />

4.0 basiert auf einer zentralen<br />

Idee: Die hierarchisch organisierte<br />

Steuerung der Produktion wird von einem<br />

Produktionsfluss abgelöst, der sich selbst organisiert<br />

und optimiert. Grundlage dafür ist die hochgradige<br />

Vernetzung zwischen Maschinen, Werkstoffen,<br />

Systemen und Menschen. Diese Entwicklung wirft<br />

nicht nur technologische Fragen auf, sondern führt<br />

auch zu neuen Geschäftsmodellen. Industrie 4.0 hat<br />

Auswirkungen auf Märkte, Arbeitsplätze sowie Ausund<br />

Weiterbildung. Der Autor, Markus Glück, ist<br />

Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der<br />

Schunk GmbH & Co. KG Spanntechnik und Greifsysteme<br />

sowie Professor für Produktionsmesstechnik<br />

an der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik<br />

der Hochschule Augsburg.<br />

mc<br />

www.symposion.de<br />

Symposion Publishing<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 31


METHODEN<br />

PARALLELES ENTWICKELN<br />

Software-Technologie reduziert die Komplexität bei der Applikations-Entwicklung<br />

Paralleles Entwickeln und Vernetzen<br />

der Entwicklerteams werden möglich<br />

Mit einer hochproduktiven Anlage zur Stahlprofilbearbeitung konnte Kaltenbach sein Kern-Know-how<br />

in einen klaren Wettbewerbsvorteil umwandeln. Entscheidendes Element ist dabei die sichere Beherrschung<br />

des wachsenden Softwareanteils – von der steuerungstechnischen Programmierung bis hin<br />

zur Einbindung in IT-Systeme. Für Routine-Aufgaben greifen die Lörracher auf die mapp Technology<br />

von B&R zurück, die mit getesteten Funktionen in Form von Softwarebausteinen die Entwicklungszeit<br />

deutlich verkürzt und eine Konzentration auf die eigentlichen Bearbeitungsprozesse ermöglicht.<br />

Eigentlich besteht unser neues Hochleistungsbearbeitungszentrum<br />

KDH 1084 aus zwei Maschinen“, berichtet Dr. Michael<br />

Kreis, Mitglied der Geschäftsleitung und zuständig für Forschung &<br />

Entwicklung bei der Kaltenbach GmbH + Co. KG in Lörrach. „Neben<br />

einer großen Bandsäge zum Ablängen der Profile verfügt die Anlage<br />

auch über ein Fräs-Bohr-Portal mit drei 3-Achs-Bearbeitungsspindeln.“<br />

Der Vorteil: Die innovative Neuentwicklung kann gleichzeitig<br />

sägen, bohren und fräsen – und zudem mehrere bis zu 25 m lange<br />

Stahlträger parallel bearbeiten –, was sich in einer um 30 bis 80 %<br />

höheren Produktivität bemerkbar macht.<br />

Virtuelle Inbetriebnahme als Schlüssel zum Erfolg<br />

Ein Blick auf den Zeitplan der KDH 1084 zeigt die enormen Herausforderungen<br />

an die Entwickler. Zum Projektstart Ende 2013 war zunächst<br />

nur klar, dass die neue Anlage eine echte Innovation bieten<br />

musste. Im Juli 2014 startete dann die Realisierungsphase mit dem<br />

Einstieg in die Detaillierung im November 2014. Zu diesem Zeitpunkt<br />

stand auch fest, wie die Steuerungsarchitektur final aussehen<br />

sollte, sodass die Software-Entwicklung starten konnte. Ungefähr<br />

drei Monate später begann die Montage des Prototypen, sodass im<br />

Mai 2015 mit der Live-Inbetriebnahme vor Ort begonnen werden<br />

konnte. Zu diesem Zeitpunkt blieben noch vier Wochen bis zur Vorstellung<br />

der Maschine anlässlich der Hausmesse im Juni 2015. „Angesichts<br />

der komplexen Maschine war das eine Rekordzeit“, erinnert<br />

sich der Entwicklungsleiter.<br />

Vieles laufe parallel in der KDH 1084, fährt Kreis fort, was die Anforderungen<br />

an die Entwickler deutlich erhöht habe – insbesondere die<br />

Softwareentwickler. „Die sich ergebende Komplexität konnten wir<br />

aber mit der Unterstützung von Partnern meistern.“ Zum Einsatz<br />

kam die 2014 von B&R vorgestellte mapp Technology – modulare<br />

und bereits getestete Softwarebausteine, die Basis-Funktionen bereitstellen<br />

und so die Entwicklungszeit verkürzen. „Ohne mapp hätten<br />

wir es nicht geschafft“, so der Entwicklungschef. „Wir hatten einen<br />

sehr sportlichen Projektplan: Innerhalb von nur drei Monaten<br />

galt es, unter anderem 20 CNC-Achsen zu programmieren – so viele,<br />

wie niemals zuvor in einer anderen Kaltenbach-Maschine.“ Keine<br />

einfache Aufgabe, denn angesichts der vielen parallel ablaufenden<br />

Prozesse müssen Kollisionen sicher ausgeschlossen werden.<br />

„In der Summe können wir auf diese Weise auch viel mehr Funktionen<br />

in Software umsetzen als früher“, betont Kreis, „ohne dass dafür<br />

die Entwicklermannschaft wachsen muss.“ Gerade dieser Punkt<br />

ist von hoher Bedeutung, wenn man sich die komplette Software-<br />

Architektur der Anlage vor Augen hält. Die Aufgaben umfassen dabei<br />

neben der klassischen Steuerungsebene mit SPS und CNC auch<br />

ein breites Bündel von PC-Software. Das beginnt bei der Maschinenbedienung<br />

und Auftragsverwaltung und reicht hinein bis in die<br />

Arbeitsvorbereitung beim Anwender mit der Anbindung an MESund<br />

ERP-Systeme. „Viel dieser Software schreiben wir selbst, was<br />

hohe Anforderungen an das Entwicklerteam stellt – bis hin zu der<br />

Frage, wie man solch ein Team aufbaut“, führt Kreis aus. Dabei gelte<br />

es, einen gemeinsamen Nenner zu finden für die klassisch maschinennahen<br />

Steuerungsprogrammierer mit dem Know-how rund um<br />

die Maschine und die Software-Architekten, deren Know-how in der<br />

Einbindung und Vernetzung mit übergeordneten Systemen liege.<br />

Bislang verursachten Säge-<br />

Bohrkombinationen für<br />

Stahlprofile hohe Stillstandszeiten,<br />

da immer nur eine der<br />

beiden Maschinen arbeiten<br />

kann. Mit der KDH 1084 steht<br />

ein Bearbeitungszentrum zur<br />

Verfügung, das die Prozessschritte<br />

gleichzeitig durchführt<br />

Bild: Kaltenbach<br />

32 develop 3 systems engineering 02 2016


PARALLELES ENTWICKELN<br />

METHODEN<br />

„Auch dabei sind Technologien wie mapp extrem hilfreich.“ Zudem:<br />

Wie bei den Bearbeitungsprozessen in der Maschine selbst setzt<br />

Kaltenbach auf das parallele Entwickeln und die Vernetzung der Entwicklerteams<br />

untereinander.<br />

Konzentration auf das eigene Kern-Know-how<br />

Betrachtet man allein die steuerungstechnische Seite der Programmierung,<br />

mussten für die KDH 1084 im Prinzip drei völlig unabhängig<br />

voneinander arbeitende 3-Achs-Maschinen so synchronisiert<br />

werden, dass die Spindeln problemlos arbeiten können. Zudem galt<br />

es, parallel auch die Bearbeitung mit der Bandsäge zu berücksichtigen<br />

– nur so erreicht das Bearbeitungszentrum die angestrebte hohe<br />

Produktivität. Hinzu kommt: „Solche Maschinen werden nicht<br />

wie etwa bei Fräsmaschinen von einem schlauen CAM-Spezialisten<br />

programmiert, sondern wir laden zunächst die Teilegeometrie, aus<br />

der dann vollautomatisch die Bearbeitungssequenz erzeugt wird“, er-<br />

Rund 160 mapp-Bausteine<br />

PLUS<br />

Mit den modularen Softwarebausteinen von B&R lässt sich die Entwicklung<br />

von Programmen vereinfachen, was die Entwicklungszeit für Maschinen<br />

und Anlagen um durchschnittlich 67 % verkürzen soll. mapp<br />

deckt insbesondere wiederkehrende Programmieraufgaben ab, indem es<br />

vorgefertigte Bausteine bereitstellt, die einfach zu bedienen und zudem<br />

bereits getestet sind – sogenannte Basis-Funktionen. Der Programmierer<br />

kann sich auf seine Hauptaufgabe konzentrieren: den Maschinenprozess<br />

in Software umzusetzen. Die mapp-Bausteine sind nahtlos in die<br />

B&R-Entwicklungsumgebung Automation Studio integriert und lassen<br />

sich einfach konfigurieren. Mehr als 160 Bausteine decken Mehrachssysteme<br />

ab, gekoppelt über Kurvenscheiben oder elektronische Getriebe,<br />

unterschiedliche Roboter-Kinematiken und vieles mehr.<br />

Bild: Kaltenbach<br />

Dr. Michael Kreis, Mitglied der<br />

Geschäftsleitung, Forschung &<br />

Entwicklung, Kaltenbach<br />

„Die Parallelisierung<br />

der Entwicklung zwischen<br />

der Konstruktion<br />

und dem Bau des Prototypen<br />

und der Software-Entwicklung<br />

führte<br />

in Summe zu einer<br />

Zeiteinsparung von<br />

60 bis 70 %.“<br />

läutert Michael Kreis. „Genau das ist unsere Kernkompetenz, auf<br />

die wir uns aufgrund der Nutzung der mapp Technology auch intensiv<br />

konzentrieren konnten.“ Statt den tausendsten Servoregler zu<br />

entwickeln, konnten sich die Kaltenbach-Entwickler auf den strukturierten<br />

und gleichzeitig dynamischen Ablauf aller parallel laufenden<br />

Bearbeitungsprozesse fokussieren – das Kern-Know-how der Lörracher.<br />

Für Basis-Funktionen wie etwa einen Servoregler greift man<br />

auf die fertigen Bausteine des mapp-Baukastens zurück, die B&R<br />

nicht nur bereitstellt, sondern gleichzeitig auch pflegt und updated.<br />

Insbesondere der letzte Punkt ist wesentlich, da im Laufe des Lebenszyklus<br />

einer Maschine typischerweise rund 70 % der Software-<br />

Kosten auf die Wartung der Software entfallen.<br />

Erfahrungen in der Praxis<br />

Rückblickend hat Kreis deswegen auch sein Team gefragt, welche<br />

Faktoren zum Erfolg des Projektes beigetragen haben. Dies waren:<br />

• mapp-Standardmodule, die erlauben, schneller zu entwickeln –<br />

auch deswegen, weil die Entwickler den Fokus auf das Knowhow<br />

lenken, mit dem sich die Maschine vom Wettbewerb abhebt;<br />

• die Möglichkeit, alle mapp-Bausteine nachzuverfolgen – was eine<br />

einfache und schnelle Diagnose ermöglicht, da man beispielsweise<br />

sofort sieht, welche Parameter eine Achse erhalten hat und<br />

welche Fehler genau aufgetreten sind;<br />

• der Einsatz von Acopos-Motorsystemen, die eine einfache Verkabelung<br />

mit Hybridkabeln ermöglichen;<br />

• der Einsatz der Sequencer-Technologie, um Abläufe zu synchronisieren<br />

und beispielsweise die gegenseitige Verriegelung zu realisieren;<br />

• die PVI-Schnittstelle (Process Visualization Interface), mit der sich<br />

die Kommunikation zwischen Windows-Anwendungen und<br />

B&R-Steuerungen leicht realisieren lässt sowie<br />

• die virtuelle Inbetriebnahme, mit der die Software-Entwicklung<br />

schon frühzeitig sehr zielgerichtet starten konnte, bevor der Prototyp<br />

fertig war.<br />

„Eigentlich mussten wir anschließend nur die Software aufspielen<br />

und schauen, ob alles auch in Wirklichkeit funktioniert“, fasst Kreis<br />

zusammen. Die virtuelle Inbetriebnahme sei ein richtiger Knackpunkt.<br />

Um diese virtuellen Tests zu ermöglichen, liefert B&R mit<br />

dem Automation Studio eine Automation Runtime als Betriebssystem<br />

mit. Hier kann der Code, der normalerweise auf der Echtzeit-<br />

CPU läuft, schon vorab auf dem Prozessorkern des Programmiersystems<br />

laufen.<br />

„Die Parallelisierung der Entwicklung zwischen der Konstruktion<br />

und dem Bau des Prototypen und der Software-Entwicklung führte<br />

in der Summe zu einer Zeiteinsparung von 60 bis 70 %“, fasst Michael<br />

Kreis die Erfahrungen bei der Entwicklung der KDH 1084 zusammen.<br />

Eine Leistung, die zudem ohne eine Super-Teamarbeit<br />

über Unternehmensgrenzen hinweg nicht möglich gewesen sei. co<br />

Kontakt<br />

B&R Industrie-Elektronik GmbH<br />

Bad Homburg<br />

Tel. +49 6172 40190<br />

www.br-automation.com<br />

Details zur mapp Technology:<br />

http://t1p.de/gn4x<br />

INFO<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 33


TOOLS<br />

PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />

Bild: Procad<br />

Collaborative PDM und PLM<br />

brauchen DMStec<br />

Wenn CAD-Daten und Dokumente mit Entwicklungspartnern ausgetauscht werden müssen<br />

PLM endet nicht am Firmentor<br />

Produkt Lifecycle Management (PLM) hat auch im Mittelstand Fuß gefasst. Auf Basis der Daten, die in<br />

PDM-Systemen stecken, werden inzwischen die Entwicklungs- und Änderungsprozesse gesteuert und<br />

dokumentiert. Vielfach gilt dies auch für Arbeitsabläufe in der Fertigung oder im Service. Die Wertschöpfungsketten,<br />

vor allem in auftragsbezogenen Anlagenbau, gehen allerdings vielfach über Unternehmensgrenzen<br />

hinaus. Gute PLM-Prozesse unterstützen deshalb auch die Zusammenarbeit und den<br />

Datenaustausch mit Entwicklungspartnern.<br />

Die Basis für PLM-Prozesse begann mit einer systematischen<br />

CAD-Datenverwaltung und entwickelte sich weiter zu PDM<br />

und PLM. Da Produkte nicht nur durch CAD-Modelle, Zeichnungen<br />

und Stücklisten beschrieben werden, muss für praktiziertes Produkt<br />

Lifecycle Management die Verwaltung beliebiger Dokumente hinzukommen.<br />

Nur so können die Personen, die Aufgaben im Prozess<br />

übernehmen, mit den erforderlichen Informationen versorgt werden.<br />

Ohne Dokumentenmanagement geht es also nicht.<br />

Von der Dokumenten- zur Prozesslenkung<br />

Die Verbesserung der Prozesseffizienz im Product Lifecycle entwickelt<br />

sich in Unternehmen meist evolutionär. Dokumentenmanagement<br />

auf Basis von Dokumentenstatus wie „Dokument in Arbeit“<br />

oder „Dokument freigegeben“ ist in vielen Produktdaten- oder Dokumentenmanagementsystemen<br />

üblich. Mehr Wirkung zeigt allerdings<br />

Dokumentenlenkung über Aufgaben (Tasks). Überall dort, wo<br />

<strong>Engineering</strong>-Unternehmen häufig wiederkehrende Abläufe mit<br />

mehreren beteiligten Personen steuern und automatisieren wollen,<br />

bietet sich die Arbeit mit so genannten PLM-Aufgabenakten an.<br />

Eine Aufgabenakte verknüpft Aufgaben, Daten und Dokumente miteinander.<br />

Denn in der Praxis technischer Unternehmen geht es<br />

stets um dokumenten- und datenintensive Prozesse. Aufgaben wiederum<br />

gehören zu Prozessen oder Projekten, deren zeitlicher Ablauf<br />

gesteuert wird. Eine solche erweiterte Ablauflogik ermöglicht die<br />

Automatisierung von Teilaufgaben. Herkömmliche Projektmanagement-Tools<br />

dagegen decken oft nur die Planung ab. Den eigentlichen<br />

Ablauf des Projektes und vor allem die Steuerung der Vielzahl<br />

von verbunden Dokumenten und Daten verbessern sie damit nicht.<br />

Für diesen Ansatz hat der PLM-Anbieter Procad sein Kernprodukt<br />

Pro.File um Pro.Ceed für PLM-Prozesse und Projekte erweitert. Aufgabenakten<br />

sind ein Kernelement von Pro.Ceed. Sie stellen sicher,<br />

dass sich alle Projektdokumente gesammelt in einer digitalen Akte<br />

befinden und alle Abteilungen mit aktuellen Unterlagen arbeiten,<br />

auf die auch der Außendienst und externe Partner Zugriff haben.<br />

Kernelement: die Aufgabenakte<br />

Von der Dokumentenlenkung geht die Entwicklung also weiter zur<br />

Prozess- und Projektlenkung über Aufgaben. Anwendungsfallbezogene<br />

Aufgabenakten, Prozesse und Projekte wie eine Änderungsakte<br />

in einem Änderungsprozess lassen sich darin über Anwendungsmenüs<br />

und Cockpits übergreifend bedienen und darstellen. Mit der<br />

Pro.Ceed-Basis erhält der Anwender das entsprechende Prozessund<br />

Projektmanagement, eine Visio-Integration zum Erstellen der<br />

Prozesse und optional eine Integration in MS Project zum Überführen<br />

von individuell geplanten Projekten nach Pro.Ceed. Auf dieser<br />

Basis werden die jeweiligen Anwendungspakete bzw. Kundenprozesse<br />

wie Änderungsmanagement realisiert.<br />

Externe Partner einbinden<br />

Viele Unternehmen haben Teile der Fertigung und auch der Entwicklung<br />

auf Partner ausgelagert. Konsequenterweise müsste diesen<br />

Partnern deshalb der unmittelbare Zugriff auf die PLM-Lösungen gegeben<br />

werden. Aus nachvollziehbaren Gründen, vor allem des<br />

Know-how-Schutzes, kommt dies aber für viele Unternehmen in der<br />

34 develop 3 systems engineering 02 2016


PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />

TOOLS<br />

Pro.Ceed ist nahtlos<br />

in Pro.File integriert<br />

Kontakt<br />

Procad GmbH & Co. KG<br />

Karlsruhe<br />

Tel.: +49 721 9656-0<br />

www.procad.de<br />

INFO<br />

Zu diesem Thema ist auch ein Webcast<br />

verfügbar<br />

t1p.de/9ueq<br />

Bild: Procad<br />

Regel nicht in Frage. Die Projektbeteiligten tauschen deshalb Daten<br />

und Dokumente über die hinlänglich bekannten Instrumente E-Mail<br />

und FTP aus, obwohl diese denkbar unpassend sind: zu unsicher,<br />

unhandlich und zeitaufwändig.<br />

Eine speziell für den Maschinen- und Anlagenbau entwickelte Lösung<br />

zum Austausch von auftrags- und projektbezogenen Dokumenten<br />

ist Proom. Über virtuelle Projekträume können Unternehmen<br />

damit große technische Dokumente mit Kunden, Partnern und<br />

Lieferanten kontrolliert austauschen. Die Plattform ist nahtlos in die<br />

PLM-Lösung Pro.File integriert.<br />

Dokumentenaustausch in Entwicklungsprojekten<br />

Die cloudbasierte Austauschplattform für technische Dokumente ist<br />

auf die Projektzusammenarbeit im Konstruktions- und Entwicklungsumfeld<br />

ausgerichtet. Sie ermöglicht eine gesteuerte und nachvollziehbare<br />

Zusammenarbeit in Projekten, sowohl mit Partnern innerhalb<br />

wie auch außerhalb der eigenen Organisation. In der Oberfläche<br />

der Plattform lassen sich so genannte Projekträume einrichten.<br />

Für ein neues Entwicklungsprojekt wird ein virtueller Projektraum<br />

in der Plattform angelegt. Dort kann der Administrator für die<br />

einzelnen Prozessbeteiligten Rollen und Zugriffsrechte anlegen,<br />

welche wiederum Dokumente beliebiger Größe gesteuert austauschen<br />

können.<br />

Kommunikation und Austausch von Dokumenten finden zentral und<br />

in Echtzeit über den Projektraum statt. Über ihn werden Daten und<br />

Aktionen synchronisiert. Das heißt, jeder Projektbeteiligte greift<br />

Neues Denken beim<br />

Dokumententausch<br />

PLUS<br />

Der PDM/PLM-Spezialist Procad hat mittels einer Umfrage unter 148<br />

deutschen Mittelständlern verschiedener Branchen zum Datenaustausch<br />

technischer Dokumente untersucht, inwieweit moderne Austauschplattformen<br />

bereits eingesetzt werden bzw. welche Gründe bislang dagegen<br />

sprechen. Demnach verwenden 65 % der Befragten beim Austausch<br />

technischer Dokumente mit Kunden, Partnern und Lieferanten veraltete<br />

Lösungen, also E-Mail (87 %), FTP (59 %) oder CD-ROM bzw. USB-Stick<br />

(48 %).<br />

kontrolliert auf die gleichen Dateien zu und es entsteht kein Wirrwarr<br />

von lokalen Kopien. Der Leiter eines Projektraums kann über<br />

ein ausgefeiltes Zutrittsberechtigungs-Konzept exakt steuern, wer<br />

wann was mit welchen Dateien tun darf. Über integrierte Monitoring-Funktionen<br />

lassen sich alle Aktivitäten nachvollziehen. Ein Versionsmanagement<br />

dokumentiert die Entwicklungsschritte. Durch das<br />

Synchronisieren der CAD-Daten über den Projektraum greifen Konstrukteure<br />

und Entwicklungspartner jederzeit Austauschprozess<br />

steigern.<br />

Projektzusammenarbeit im<br />

Konstruktions- und Entwicklungsumfeld<br />

Viele Procad-Kunden wie etwa die Muhr & Bender KG, Spezialist für<br />

hoch beanspruchbare Federkomponenten und Leichtbau in der Automobilindustrie,<br />

setzen Proom inzwischen für den Austausch technischer<br />

Dokumente mit externen Partnern ein. Marc Gajewski, bei<br />

Mubea verantwortlich für das Produkt- und Stammdatenmanagement:<br />

„Ausgangspunkt für die Einführung der Lösung war, dass unsere<br />

Konstrukteure und Entwickler Baugruppen mit Entwicklungspartnern<br />

austauschen wollten.“ Der Anstoß kam also weniger aus<br />

der IT als direkt aus der Fachabteilung. Bislang waren auch bei Mubea<br />

E-Mail und FTP im Unternehmen die gebräuchlichen Transportwege<br />

für technische Dokumente aus dem CAD- und Konstruktionsbereich.<br />

Teilweise wurden auch Freeware-Angebote genutzt. Weil<br />

Proom die branchentypischen Anforderungen im Maschinen- und<br />

Anlagenbau am besten abdeckt und zudem eine direkte Anbindung<br />

an die im Unternehmen eingesetzte PLM-Software Pro.File bietet,<br />

entschied sich Mubea für die Lösung. Das System läuft auf den eigenen<br />

Servern in der Mubea-IT-Abteilung. So will man die Daten jederzeit<br />

unter Kontrolle halten.<br />

Die Konstruktions- und Entwicklungsabteilung war die erste, die<br />

produktiv mit der Lösung zu arbeiten begann. Sie tauscht über die<br />

Plattform heute große CAD-Dateien mit externen Konstruktionsbüros<br />

aus. In der Lösung kann Mubea sogenannte virtuelle Projekträume<br />

einrichten und darüber an unterschiedliche Partner und Benutzergruppen<br />

gezielt Daten und Dokumente übermitteln bzw. von diesen<br />

empfangen. Auch das Marketing nutzt Proom für den Austausch<br />

von Unternehmenspräsentationen und Filmen mit externen<br />

Grafikpartnern. Knapp 300 interne und externe User arbeiten über<br />

die Plattform inzwischen zusammen. Ihre Einführung hat nach Ansicht<br />

von Marc Gajewski in vielfältiger Weise ihre Spuren im Unternehmen<br />

hinterlassen. Projekte werden damit deutlich schneller und<br />

mit höherer Transparenz durchgeführt.<br />

co<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 35


TOOLS<br />

PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />

Die vom Regelwerk geforderte Aktualität<br />

der Dokumentation lässt sich<br />

dann mit dem Dokumentations-Tool<br />

LiveDOK realisieren; sie kann per<br />

Tablet direkt vor Ort in der Anlage<br />

eingesehen werden<br />

Bild: Rösberg<br />

Rechtssichere Dokumentation von Schutzsystemen ist Anwalts Liebling<br />

Sicher im gesamten Anlagenlebenszyklus<br />

Auch in der Prozessindustrie müssen Errichter und Betreiber den oft schwierigen Spagat zwischen<br />

Wirtschaftlichkeit und Sicherheit schaffen. Mit der Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung<br />

hat der Gesetzgeber die Grenzen nun enger. Sie legt nicht nur die Pflicht zur Gewährleistung der<br />

Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers fest und macht klare Vorgaben zur<br />

Gefährdungsbeurteilung sowie zu Schutzmaßnahmen, sondern fordert auch die regelmäßige Aktualisierung<br />

von Dokumentation überwachungspflichtiger Anlagen.<br />

Richtlinien als europäische Instanzen erhalten durch nationale<br />

Verordnungen in Deutschland ihre Rechtsgültigkeit und definieren<br />

dabei die Pflichten eines Anlagenherstellers bzw. -betreibers.<br />

Die nationale Gesetzgebung verweist auf nationale Verordnungen<br />

und verleiht diesen den Rechtsstatus. Geht es um funktionale Sicherheit,<br />

steht die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) über<br />

allem.<br />

Norm als Anleitung und rechtliches Fundament<br />

Für die sichere Bereitstellung von Arbeitsmitteln, dazu gehören<br />

überwachungspflichtige Anlagen und deren Schutzsysteme, ist die<br />

Betriebssicherheitsverordnung einzuhalten. Die Anforderung an die<br />

Beschaffenheit von Arbeitsmitteln wird im einfachsten Falle erfüllt<br />

beispielsweise durch Einhalten nationaler Verordnungen wie die<br />

Druckgeräteverordnung, Maschinenverordnung, Bundesimmisionsschutzverordnung<br />

usw.<br />

Im nächsten Schritt verweisen die nationalen Verordnungen auf Normen,<br />

die untergliedert sind in Grundnorm (A-Norm), Gruppennorm<br />

(B-Norm) und Produktnorm (C-Norm). Die Normierungen werden<br />

von A über B nach C immer spezifischer. Widerspricht in konkreten<br />

Fällen die spezifischere Norm der unspezifischeren, behält die spezifischere<br />

Gültigkeit. Die Gruppennormen nehmen die Grundgedanken<br />

der Grundnorm auf und passen diese auf die speziellen Bedürfnisse<br />

und Gegebenheiten der jeweiligen Anwendungsgruppe an.<br />

Normen wie die DIN EN 61508 (A-Norm Funktionale Sicherheit),<br />

DIN EN 50156 (B-Norm Feuerungsanlagen), DIN EN 13849 bzw. DIN<br />

EN 62061 (B-Norm Maschinen) oder DIN EN 61511 bzw. VDI/VDE<br />

2180 (B-Norm Prozessanlagen) sind dann nicht nur gute Informationsquellen,<br />

sondern geben konkrete Anleitungen für Maßnahmen,<br />

wie man den auferlegten Pflichten gerecht wird. Nicht zuletzt bieten<br />

sie aber auch ein rechtliches Fundament, auf das sich der Anlagenbetreiber<br />

stützen kann.<br />

Den gesamten Sicherheitslebenszyklus im Blick<br />

Ein gutes Beispiel, wie eine Norm bei Planung und Umsetzung von<br />

funktionaler Sicherheit in einer Anlage unterstützt, gibt die DIN EN<br />

61508 (Grundnorm funktionale Sicherheit). Sie definiert unter anderem<br />

den Sicherheitslebenszyklus für Entwurf, Errichtung und Betrieb<br />

eines Schutzsystems, der ein hilfreiches Mittel zur Planung einer<br />

sicheren Anlage werden kann. Dieser beginnt natürlich mit Konzept<br />

und Festlegung des Umfangs. Darauf folgt dann unmittelbar<br />

die Gefahren- und Risikoanalyse, die konsequenterweise zur Festlegung<br />

von Schutzmaßnahmen führt, um das Risiko, das von einer<br />

Anwendung ausgeht, auf ein vertretbares Restrisiko zu mindern.<br />

Ein allseits bekanntes Beispiel dürfte hier die Risikobeurteilung (SIL-<br />

Klassifizierung) gemäß DIN EN 61508 sein. Oft wurde die Risikobeurteilung<br />

zu spät in der Planungsphase einer Anlage durchgeführt<br />

und ging dann auf Kosten der Sicherheit, weil das Budget für die<br />

Sensorik, Aktorik und Steuerungstechnik gemäß dem erforderlichen<br />

Sicherheits-Integritätslevel (SIL) nicht eingeplant war. Die Betriebssicherheitsverordnung<br />

definiert eine Fehlbeurteilung von Gefährdungen,<br />

sprich eine Fehlbeurteilung des erforderlichen SIL, nun als<br />

Straftatbestand im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes und zwar in<br />

Form einer fahrlässigen bzw. grob fahrlässigen Handlung. Das gibt<br />

dem Thema funktionale Sicherheit nun ein ganz neues Gewicht.“<br />

Rechtssichere Dokumentation gefragt<br />

Funktionale Sicherheit betrifft auch den Betrieb, die Wartung und Instandhaltung<br />

bis hin zur Anlagenänderung und Anlagenstilllegung.<br />

Spätestens hier wird deutlich, welche Rolle die aktuelle Dokumenta-<br />

36 develop 3 systems engineering 02 2016


PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />

TOOLS<br />

Bernd Rastatter<br />

Bild: Rösberg<br />

Bild: Rösberg<br />

Ziel der funktionalen Sicherheit ist es, das Risiko, das von einer Anwendung<br />

ausgeht, auf ein vertretbares Restrisiko zu mindern<br />

Übersicht über das Regelwerk der Betriebssicherheitsverordnung<br />

tion spielt. Die Dokumentation transportiert die Informationen im<br />

Rahmen des Managements der funktionalen Sicherheit zwischen<br />

den einzelnen Phasen des Lebenszyklusses. Einerseits ist ein sicherer<br />

Betrieb während des gesamten Lebenszyklusses nur dann möglich,<br />

wenn man den aktuellen Zustand (As Built) seiner Anlage genau<br />

kennt. Andererseits wird eine korrekte Anlagendokumentation<br />

dann als Nachweis wichtig, wenn ein Problemfall eintritt. Daher benennt<br />

die Betriebssicherheitsverordnung neben der Gefährdungsbeurteilung<br />

und den Schutzmaßnahmen nun auch die Pflicht zur Erstellung<br />

und zum Erhalt der Aktualität von Dokumentation.<br />

Neu ist, dass die Dokumentation in elektronischer Form erlaubt, ja<br />

sogar erwünscht ist. Dass sich eine Anlagendokumentation permanent<br />

verändert, dafür gibt es zahlreiche Gründe. Im Zuge von Wartung<br />

und Instandhaltung gilt es beispielsweise auf Basis der Betriebserfahrung<br />

die Wirksamkeit des Schutzsystems zu erhalten und<br />

diese per wiederkehrender Prüfung sowie Test nachzuweisen. Das<br />

muss dokumentiert werden, um rechtlichen Bestand zu haben. Die<br />

Sicherheitstechnik entwickelt sich weiter und eine Anlage wird<br />

durch den kombinierten Einsatz von betriebsbewährten sowie zeitgemäßen<br />

Lösungen auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten.<br />

Unterstützung bei komplexer Aufgabenstellung<br />

Die Betriebssicherheitsverordnung hebt die Themen funktionale Sicherheit<br />

und eine rechtssichere Dokumentation überwachungs-<br />

pflichtiger Anlagen auf ein neues Level. Die Unterstützung durch<br />

kompetente Partner, die sich im Dschungel der Richtlinien, Verordnungen<br />

und Normen gut auskennen, wird daher immer wichtiger.<br />

Die Automatisierungsexperten von Rösberg bieten Anlagenbetreibern<br />

und -errichtern Dienstleistungen rund um den Sicherheitslebenszyklus<br />

der funktionalen Sicherheit einer Anwendung.<br />

Gleichzeitig sind entsprechende Software-Tools nötig, die einen<br />

während des gesamten Lebenszyklus einer Anlage unterstützen,<br />

sowohl bei Planung und Realisierung als auch Dokumentation. Das<br />

PLT-CAE-System ProDOK des Automatisierungsexperten bietet dazu<br />

ein eigenes <strong>Engineering</strong>-Modul für funktionale Sicherheit. Es unterstützt<br />

den Anlagenbauer z.B. bei Ex(i)-Nachweisen, Dokumentation<br />

von Safety Instrumented Functions (SIF), Nachweis der Sicherheitsintegrität<br />

(SIL-Berechnung), und dem Nachweis der Betriebsbewährtheit<br />

(in Planung). Die vom Regelwerk geforderte Aktualität der<br />

Dokumentation lässt sich dann mit dem Dokumentations-Tool Live-<br />

DOK realisieren. Die damit erstellte elektronische Dokumentation<br />

ist überall in der Anlage z.B. per Tablet (am Markt bis Ex-Zone 1) verfügbar,<br />

durch intelligentes Revisionsmanagement stets auf dem aktuellen<br />

Stand und Änderungen lassen sich einfach einpflegen. Mit<br />

dem Plant Assist Manager wird über bedienergeführte Checklisten<br />

und willentliche Quittierung eine automatisierte, durchgängige Dokumentation<br />

von einzelnen Arbeitsabläufen (z.B. Tankabfüllung, wiederkehrende<br />

Prüfung) möglich. Der Anlagenbetreiber wir somit mit<br />

einem Gesamtpaket aus Software-Lösung und Dienstleistung unterstützt,<br />

um den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit erfolgreich<br />

zu meistern.<br />

ge<br />

Der Autor: Bernd Rastatter ist Prokurist und Vertriebsleiter<br />

bei der Rösberg <strong>Engineering</strong> GmbH<br />

Kontakt<br />

Rösberg <strong>Engineering</strong> GmbH<br />

Karlsruhe<br />

Tel. +49 721 95018-0<br />

www.roesberg.com<br />

INFO<br />

Bild:<br />

Rösber berg<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 37


TOOLS<br />

SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />

Die mechatronische Kommunikationsplattform<br />

Syngineer hatte auf<br />

der Hannover Messe Premiere<br />

Bild: Eplan<br />

Der Syngineer optimiert das interdisziplinäre <strong>Engineering</strong><br />

Innovative Kommunikationsplattform<br />

Vor einiger Zeit präsentierten Eplan und Cideon den ‚Syngineer‘ – eine innovative Kommunikations- und<br />

Informationsplattform, die Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau optimale Voraussetzungen für<br />

ein mechatronisches <strong>Engineering</strong> bietet. MCAD-, ECAD- und SPS-Software sind über die mechatronische<br />

Struktur direkt miteinander verbunden. Das erleichtert die Synchronisation der Disziplinen und<br />

beschleunigt dadurch die Konstruktions- und Entwicklungsprozesse in Mechanik, Steuerungstechnik<br />

und SPS-Software erheblich.<br />

In Hannover fiel der Startschuss für den Syngineer. Die Kommunikations-<br />

und Informationsplattform ermöglicht eine mechatronische<br />

Arbeitsweise in Teams und über Disziplingrenzen hinweg. Sie<br />

bietet den einfachen Einstieg in das mechatronische <strong>Engineering</strong>,<br />

das abteilungsübergreifend die Zusammenarbeit in Mechanik,<br />

Steuerungstechnik und SPS-Software unterstützt. Der Syngineer<br />

bildet die mechatronische Struktur der Maschine ab, bestehend aus<br />

ihren Anforderungen, Funktionen und Komponenten. Die Kommunikationsplattform<br />

bietet einen skalierbaren Einstieg für Unterneh-<br />

Maximilian Brandl, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung von<br />

Eplan und Cideon<br />

„Mit dem Syngineer<br />

schaffen wir eine gemeinsame<br />

Sicht auf<br />

die zu konstruierende<br />

Maschine. Abstimmungs-<br />

und Verwaltungsaufwände<br />

im <strong>Engineering</strong>-<br />

Prozess werden minimiert – Konstruktions-<br />

und Entwicklungsprozesse<br />

parallelisiert und damit verkürzt“<br />

Bild: Eplan<br />

men jeder Größe, die wirkungsvolle <strong>Engineering</strong>-Unterstützung,<br />

schnelle Direktkommunikation und effiziente Ergebnisse suchen.<br />

Um die Anforderungen an eine Maschine für alle beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />

transparent darzustellen, werden diese im Syngineer<br />

mechatronisch definiert. Maximilian Brandl, Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung von Eplan und Cideon, erklärt: „Mit dem Syngineer<br />

schaffen wir eine gemeinsame Sicht auf die zu konstruierende<br />

Maschine. Abstimmungs- und Verwaltungsaufwände zwischen den<br />

verschiedenen <strong>Engineering</strong>-Prozessen werden so strukturiert und<br />

automatisiert – Konstruktions- und Entwicklungsprozesse damit parallelisiert<br />

und deutlich verkürzt.“<br />

Synchronisation der <strong>Engineering</strong>-Prozesse<br />

Voraussetzung ist, dass alle am Prozess beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />

sich auf eine klare, einheitliche und transparente mechatronische<br />

Struktur einigen. Anforderungen und Funktionsweisen werden<br />

in dieser Struktur definiert und dokumentiert. So können beispielsweise<br />

Kundenanforderungen und deren Umsetzung in Technologien<br />

und Funktionen die Basis für diese Strukturen bilden, die<br />

dann bis auf die mechatronischen Komponenten detailliert werden<br />

können. Die Bandbreite reicht von einfachen bis hin zu komplexen<br />

Strukturen aus dem Bereich <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />

Add-in für Autorensysteme<br />

Die verschiedenen Autorensysteme, also Eplan, MCAD- und SPS-<br />

Software, werden über ein Browser-Add-in gekoppelt und so an die<br />

Kommunikationsplattform angebunden. Der gleiche Kommunikationsprozess<br />

ist darüber hinaus auch für unterschiedliche MCAD-<br />

Systeme möglich. Im zweiten Schritt lassen sich die <strong>Engineering</strong>-<br />

38 develop 3 systems engineering 02 2016


SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />

TOOLS<br />

Mechanik, Steuerungstechnik<br />

und SPS-Software sind über<br />

den Syngineer direkt miteinander<br />

verbunden<br />

Bild: Eplan<br />

Prozesse der verschiedenen Disziplinen, die heute vielfach sequenziell<br />

durchlaufen werden, stärker parallelisieren. Dazu werden die<br />

Komponenten der Autorensysteme mit der mechatronischen Struktur<br />

im Syngineer per Drag & Drop verknüpft. Eplan als Hersteller der<br />

CAE-Software und Cideon als Spezialist für mechanische <strong>Engineering</strong>prozesse<br />

und CAD-Software bringen hier ihre Expertise ein.<br />

Durch eine erste Kooperation mit 3S-Smart Software Solutions (Codesys)<br />

fließt ebenfalls Expertenwissen im Bereich SPS-Softwareentwicklung<br />

ein. Der führende Spezialist im Bereich Automatisierung<br />

hat die Synchronisation der SPS-Programmbausteine sowie<br />

der Steuerungssimulation als Add-in entwickelt. Natürlich ist die<br />

Kommunikationsplattform systemoffen konzipiert, sodass zukünftig<br />

weitere Autorensysteme integriert werden können.<br />

Interdisziplinäre Prozesse<br />

Um die Disziplinen effektiv zu vernetzen, bedarf es der Cloud-Technologie.<br />

Sie bietet die Option, in Echtzeit und standortübergreifend<br />

miteinander zu kommunizieren. Dafür wird ein Host in der Cloud installiert,<br />

der über einen Browser den Zugang ermöglicht. Änderungen<br />

oder neue Anforderungen können direkt den jeweils betroffenen<br />

Disziplinen zugewiesen werden. Diese werden dann zeitgleich<br />

Des Syngineer im Überblick<br />

PLUS<br />

• Volle Transparenz: über den Status und Fertigstellungsgrad in der Produktentwicklung<br />

quer über alle beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />

• Optimale Zusammenarbeit: Einbindung der Autorensysteme ermöglicht die<br />

Verknüpfung von Komponenten mit der mechatronischen Struktur<br />

• Tiefe Integration: MCAD, ECAD und SPS-Systeme sind über die mechatronische<br />

Struktur direkt miteinander verbunden<br />

• Skalierbarer Einstieg: Der Syngineer bietet die Möglichkeit, Schritt für Schritt<br />

in das Thema Mechatronisches <strong>Engineering</strong> einzusteigen<br />

•Realtime-Informationsaustausch: immer auf dem neuesten Stand über Änderungen<br />

und aktuellen Status<br />

• Direkte Kommunikation: Konstrukteure können mit anderen am <strong>Engineering</strong>-<br />

Prozess beteiligten Disziplinen per Syngineer kommunizieren<br />

• Mechatronische Stückliste: Die Bauanleitung für eine mechatronisch synchronisierte<br />

Stückliste wird an das jeweilige PDM/PLM-System übergeben<br />

• Offenheit: Durch die Softwarearchitektur ist der Syngineer<br />

offen für die Anbindung anderer Autoren- und PDM/PLM-<br />

Systeme<br />

Kontakt<br />

Eplan Software & Service<br />

Monheim am Rhein<br />

Tel. +49 2173 3964-0<br />

www.eplan.de<br />

INFO<br />

informiert und können nach Erledigung des Auftrags ihren mechatronischen<br />

Erledigungsstatus verändern. Aufgaben lassen sich individuell<br />

von jedem Projektbeteiligten zuweisen, aufteilen und erledigen.<br />

Automatische Benachrichtigungen über Veränderungen vermeiden<br />

Fehler und sichern eine abteilungsübergreifende Kommunikation.<br />

Kommentare und Chat-Funktion<br />

Sind die Autorensysteme miteinander über die Kommunikationsplattform<br />

verknüpft, können die Konstrukteure zusätzlich online über<br />

eine Chat-Funktion kommunizieren. Mit einem System automatischer<br />

Benachrichtigungen werden zudem die Konstrukteure aller<br />

beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen über Veränderungen in anderen<br />

Bereichen informiert. So erhalten zum Beispiel der Mechanik-Konstrukteur<br />

und der Softwareentwickler automatisch eine Benachrichtigung,<br />

wenn der Elektrotechniker einen Elektromotor gegen ein anderes<br />

Modell austauscht. Sie können dann überprüfen, ob diese Änderung<br />

Einfluss auf ihre eigene Arbeit hat.<br />

Mechatronische Stückliste<br />

Entscheidend ist: Der Syngineer konkurriert nicht mit einem PDModer<br />

PLM-System, sondern erweitert dessen Funktionsumfang.<br />

Nach wie vor werden die disziplinspezifischen Prozesse mit dem<br />

gemeinsamen PDM/PLM-System verwaltet. Durch die Verknüpfung<br />

der Komponenten aus den disziplinspezifischen Autorensystemen<br />

mit der Kommunikationsplattform wird aus diesen Verknüpfungs-Informationen<br />

die Bauanleitung für die mechatronische Stückliste an<br />

das PDM/PLM-System übergeben. Dadurch müssen die mechanische<br />

und die elektrotechnische Stückliste nicht mehr manuell abgeglichen<br />

werden, um Dubletten bei der Bestellung zu vermeiden. Voraussetzung<br />

ist, dass sowohl die mechanische Konstruktion als auch<br />

die Elektrokonstruktion eine Schnittstelle zum PDM/PLM-System<br />

besitzen, die von Eplan und Cideon bereits für viele PDM/PLM-Systeme<br />

entwickelt wurden.<br />

ge<br />

Nach Informationen von Eplan Software & Service in Monheim<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 39


TOOLS<br />

SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />

Simulationstechnologie am HLRS im Einsatz für eine Strömungssimulation<br />

Bild: HLRS<br />

Unterstützung bis zur EU-Ebene möglich<br />

Simulation für KMU<br />

Simulationstechnologien leisten in der Produktgestaltung und -optimierung wertvolle Hilfestellung und<br />

sind manchmal sogar wettbewerbsentscheidend – gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen.<br />

Viele KMU wissen aber nicht, wie sie sich dem Thema nähern können, um die Technologien gewinnbringend<br />

einzusetzen. Partner und Förderprogramme – bis hoch zur EU-Ebene – helfen hier weiter.<br />

Für Großunternehmen gehört es längst zum Alltag: Sie nutzen<br />

die Vorteile von Simulationstechnologien, um Investitionen für<br />

Neu- und Weiterentwicklungen so gering wie möglich zu halten und<br />

auf diese Weise am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Mit Hilfe der<br />

Technologien ersetzen diese Unternehmen die zeit- und kostenintensive<br />

Herstellung und Prüfung von realen Prototypen oder Systemen.<br />

Zudem erhalten sie somit die Möglichkeit, das Produktverhalten<br />

unter unterschiedlichen Einsatzbedingungen und in verschiedenen<br />

Umgebungen zu analysieren. Denn die Parameter zu Test- und<br />

Forschungszwecken sind jederzeit veränderbar, sodass sie die Experimente<br />

beliebig oft anpassen, wiederholen und vergleichen können.<br />

Der Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kennt<br />

die Vorteile. Viele finden aber nicht den richtigen Zugang zu den<br />

Simulationstechnologien, da sie sehr anspruchsvoll in Bezug auf<br />

die erforderlichen Rechnerkapazitäten sind. Außerdem übersteigen<br />

die dafür notwendigen Investitionen meist die finanziellen Möglichkeiten<br />

der Unternehmen und darüber hinaus verfügen KMU selten<br />

schon über das notwendige technische Know-how. Daraus ergibt<br />

sich, dass bislang viel zu wenige KMU das Potenzial von Simula -<br />

tionstechnologien ausreichend nutzen. Und dadurch werden Wettbewerbsvorteile<br />

verschenkt.<br />

Partner, Förderprogramme<br />

sowie Projekte helfen weiter<br />

Unterstützung können KMU in Form von Partnern und Förderprogrammen<br />

finden: Rechenzentren – wie zum Beispiel das Höchst -<br />

leistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) – bieten ihre Rechnerkapazitäten<br />

zu für KMU attraktiven und rein nutzungsbasierten Preisen<br />

an. Darüber hinaus stehen Forschungsinstitute, Softwarehersteller<br />

und Dienstleister sowie spezielle branchen- und lösungsorientierte<br />

40 develop 3 systems engineering 02 2016


SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />

TOOLS<br />

Kontakt<br />

INFO<br />

Der Höchstleistungsrechner von Cray im HLRS<br />

Solution Center für Kooperationen zur Verfügung und auch auf<br />

Landes- und auf Bundesebene gibt es zahlreiche Förderprogramme,<br />

die auf finanzieller Seite Unterstützung geben.<br />

Eine weitere interessante Möglichkeit bietet sich für KMU innerhalb<br />

des EU-Projekts Fortissimo (Factories of the Future Resources,<br />

Technology, Infrastructure and Services for Simulation and Modelling),<br />

das sich aktuell mit „Fortissimo 2“ in der zweiten Runde befindet<br />

– die 53 Projekte der ersten Runde laufen bereits. Bei diesem<br />

Projekt geht es darum, eine webbasierte Plattform aufzubauen, die<br />

es KMU erleichtert, Höchstleistungsrechner für ihre Simulationen zu<br />

nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Projekte<br />

können dabei zum Beispiel aus den Bereichen Gießtechnik,<br />

Umweltschutz, Städteplanung, Flugzeugdesign, Automobil oder<br />

Mechatronik kommen; aber auch Vorschläge für neue Anwendungen<br />

sind willkommen. Während es beim ersten Fortissimo-Projekt<br />

außerdem ausschließlich um das Feld des Höchstleistungsrechnens<br />

ging, hat das Nachfolgeprojekt die Plattform für weitere Themen<br />

wie Big Data Analytics und Multi-Physik-Kopplung geöffnet. KMU<br />

können dementsprechend nun auch Projekte einreichen, bei denen<br />

sie Fragestellungen aus diesen Bereichen mit Unterstützung erfahrener<br />

Fortissimo-Projektpartner bearbeiten. Das Gesamtfördervolumen<br />

der Ausschreibung liegt bei mehr als 1,3 Mio. Euro. Einzelne<br />

Projekte werden mit maximal 250.000 Euro gefördert. Der erste<br />

Open Call für Projektvorschläge für Fortissimo 2 endete am 18. Mai<br />

mit über 70 Einreichungen sehr erfolgreich. Der Zweite ist für den<br />

Herbst 2016 geplant.<br />

Bild: HLRS<br />

Sicos BW GmbH<br />

Stuttgart<br />

Tel. +49 711 2172828-0<br />

www.sicos-bw.de<br />

Direkt zu den zahlreichen Förderprogrammen<br />

auf Landes- und auf Bundesebene:<br />

www.foerderdatenbank.de<br />

Details zum EU-Projekt Fortissimo sowie<br />

zum Open Call für Projektvorschläge:<br />

www.fortissimo-project.eu<br />

Alle Informationen aus einer Hand<br />

Interessierte Unternehmen erhalten bei Sicos BW als Fortissimo-<br />

Botschafter in Deutschland alle Informationen sowie Beratung und<br />

Unterstützung im Bewerbungsprozess – aber auch Hilfestellung<br />

zum Thema Simulationstechnologie im Allgemeinen. 2011 vom<br />

Karlsruher Institut für Technologie und der Universität Stuttgart<br />

gegründet, richtet sich Sicos BW speziell an KMU – schwerpunktmäßig<br />

in Baden-Württemberg, aber auch bundesweit. Das Unternehmen<br />

hilft Simulations-Neulingen mit allen notwendigen Informationen<br />

weiter. Dadurch, dass das Ministerium für Wissenschaft, Forschung<br />

und Kunst Baden-Württemberg unterstützend im Hintergrund<br />

steht, arbeitet der Simulationsexperte nicht gewinnorientiert,<br />

und die Beratungsdienstleistung ist neutral und kostenlos.<br />

Besteht bei den ratsuchenden Unternehmen nach der ersten Informationsweitergabe<br />

ein weitergehendes Interesse, bekommen sie<br />

von Sicos BW Antworten auf grundlegende Fragen, beispielsweise<br />

zu Anwendungsmöglichkeiten oder möglichen Werkzeugen, und<br />

Unterstützung dabei, eine funktionsfähige Arbeitskonstellation zu<br />

erhalten – inklusive Zugang zu den Höchstleistungsrechnern. Kann<br />

das Unternehmen dann die Simulation eigenständig oder mit passenden<br />

Partnern in seinen Entwicklungsprozess einbinden, hat<br />

Sicos BW sein Ziel erreicht.<br />

Alle Branchen sind willkommen<br />

Die Beratung ist branchenübergreifend. Neben dem schwerpunktmäßig<br />

anfragenden Industrie- und Technologiesektor sind es auch<br />

nicht direkt offensichtliche Bereiche wie Wirtschaft und Finanzen,<br />

die zu möglichen Anwendungsfeldern für Simulationstechnologien<br />

zählen. Automobil- und Fahrzeugbau, Bauen und Gebäudetechnik,<br />

Biotechnologie und Medizintechnik, Chemie und Pharmazie, Elektronik<br />

und Elektrotechnik, Energie und Umwelt, Luft- und Raumfahrt,<br />

Maschinen- und Anlagenbau sowie Transport sind und bleiben<br />

aber die Hauptanwendungsfelder.<br />

ik<br />

Der Autor: Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer<br />

der Sicos BW GmbH<br />

Bild: Sicos BW<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 41


TOOLS<br />

SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />

3D-CAD trifft auf das Internet of Things und Augmented Reality<br />

Neue Interaktionswege<br />

Produkte existieren mittlerweile oft gleichzeitig – sowohl in der digitalen als auch in der physikalischen, der<br />

realen Welt. Dies eröffnet Unternehmen viele neue Möglichkeiten, stellt sie aber auch vor Herausforderungen.<br />

PTC bietet deshalb von der einzigartigen Kennzeichnungsform bis hin zur Umsetzung von Augmented-Reality-<br />

Erlebnissen unterschiedliche Werkzeuge an, mit denen das vorhandene Potential ausgeschöpft werden kann.<br />

Dank des Internet of Things (IoT) bewegen sich die digitale und<br />

die reale Welt aufeinander zu. Diese Annäherung wirkt sich<br />

auch darauf aus, wie Produkte entwickelt, gefertigt, betrieben und<br />

gewartet werden. Nur die Art und Weise, wie wir mit ihnen interagieren,<br />

hat sich bisher noch nicht gewandelt. Ein Zustand der, davon<br />

ist PTC überzeugt, nicht anhalten wird, da es am Markt bereits eine<br />

neue Technologie gibt, mit der es uns gelingt, unsere Interaktionen<br />

und Erfahrungen ebenfalls zu modifizieren: Die sogenannte erweiterte<br />

Realität – häufig auch als Augmented Reality oder AR bezeichnet<br />

– ist eine Technologie, die es erlaubt, mit digitalen Informationen<br />

in Form von Computergrafiken die reale Ansicht der physikalischen<br />

Welt zu überlagern. Jedes zukünftige AR-Szenario verwendet dafür<br />

Daten aus verschiedenen Systemen wie CAD, PLM oder SLM und<br />

setzt auf IoT-Plattformen wie ThingWorx als Basis auf. Um daraus<br />

ein AR-Erlebnis zu schaffen, können Unternehmen auf Plattformen<br />

wie Vuforia zurückgreifen. Speziell für die Anforderungen der Entwickler<br />

konzipiert, stellt dessen Kernstück, die Vuforia Engine, das<br />

digitale Auge in den Applikationen dar. Es wird mithilfe sogenannter<br />

Software Development Kits oder SDKs in die eigenen Applikationen<br />

eingefügt und kann die Dinge im Anzeigebereich der Kamera identifizieren.<br />

Dazu gehören Bilder, Objekte und sogar Worte.<br />

Von der ThingMark zum Augmented Reality-Erlebnis<br />

Etwas Wichtiges fehlt aber noch, wenn es darum geht, ein Ding und<br />

seinen digitalen Zwilling – also die entsprechenden digitalen Informationen<br />

zu einem realen Objekt – zu identifizieren: eine einzig -<br />

artige Kennzeichnung. Barcodes, QR-Codes und Ähnliches haben<br />

ihre Grenzen und erweisen sich für AR-Erlebnisse als unzureichend,<br />

da sie gleichzeitig auch das Erscheinungsbild des Produktes verändern.<br />

Deshalb wurde die ThingMark entwickelt. Damit lassen sich<br />

alle Dinge bis hin zur Seriennummer identifizieren. Gleichzeitig genießen<br />

Entwickler ein hohes Maß an Flexibilität, da das verwendete<br />

Bild beliebigen Ursprungs sein kann – etwa ein Firmenlogo oder ein<br />

Bild, das die Marke repräsentiert. Der Code besteht aus<br />

unterschiedlichen Elementen und je mehr Elemente verwendet<br />

werden, desto mehr Daten werden damit verbunden.<br />

Augmented Reality<br />

ermöglicht es, die reale<br />

Ansicht der physikalischen<br />

Welt mit digitalen<br />

Informationen in Form<br />

von Computergrafiken<br />

zu überlagern<br />

Bild: PTC<br />

42 develop 3 systems engineering 02 2016


Bild: PTC<br />

Bild: PTC<br />

Identifizierung des Objekts und Aufruf der entsprechenden<br />

Applikation in Vuforia View Enterprise über die ThingMark<br />

Das ganze Motorrad des PTC-Kunden KTM mit der ThingMark – einer<br />

Kennzeichnung zur eindeutigen Identifizierung des digitalen Zwillings<br />

Um dann einen echten Mehrwert erzielen zu können, werden entsprechende<br />

Anwendungen benötigt. Sie generieren die erweiterten,<br />

digitalen Inhalte für die physikalische Welt und reichern sie entsprechend<br />

an. Der explosive Anstieg an genutzten intelligenten,<br />

mobilen Endgeräten wie Telefonen und Tablets sorgt zudem dafür,<br />

dass AR auch in der Mitte der Gesellschaft ankommt. In den nächsten<br />

12 bis 18 Monaten erwartet uns erneut ein rasanter Zuwachs<br />

bei brandneuen tragbaren Geräten wie Brillen, Schutzbrillen und<br />

sogar Helmen von Unternehmen wie ODG, Microsoft, Magic Leap,<br />

Oculus, Epson, Daqri und vielen anderen.<br />

Allerdings sehen wir uns bereits jetzt mit einer ausufernden Menge<br />

an speziellen Apps für die jeweils vernetzten Produkte konfrontiert.<br />

In einer Fabrik mit hunderten verschiedenen Maschinen, jede mit<br />

eigenen spezifischen Daten, kommen außerdem noch die unterschiedlichen<br />

Rollen und Interessen der Manager, Maschinenbediener,<br />

Servicetechniker und anderer dazu. Wie sollen die Menschen<br />

erkennen, mit welchen der intelligenten, vernetzten Dinge sie individuell<br />

interagieren können? Wie sollen sie die App ausmachen, mit<br />

der genau dieses Ding verbunden ist? Und wie sollen sämtliche<br />

Apps auf dem neuesten Stand gehalten werden? Eine Applikation<br />

für jedes Ding kann offensichtlich nicht die Antwort sein. Um dieses<br />

Problem zu adressieren, erweitert PTC seine IoT-Plattform um<br />

Vuforia View Enterprise. Damit wird sich die Auslieferung von Apps<br />

fundamental verändern.<br />

Vuforia View Enterprise<br />

und Vuforia Experience Service<br />

Es gibt nur noch eine einzige App: Vuforia View Enterprise. Damit ist<br />

es nicht länger nötig, unterschiedliche Anwendungen herunter -<br />

zuladen, zu installieren, auf dem neuesten Stand zu halten und zu<br />

wissen, wann diese eingesetzt werden können. Vuforia View Enterprise<br />

erkennt sämtliche intelligenten, vernetzten Dinge anhand der<br />

ThingMark und zeigt – basierend auf dem spezifischen Anwender,<br />

seinem Standort und dem betrachteten Produkt - die entsprechenden<br />

Informationen. Vergleichbar mit dem Web-Browser, der den<br />

Anwendern das Potenzial des World Wide Web erschlossen hat,<br />

bietet Vuforia View Enterprise von PTC quasi beliebig viele Möglichkeiten,<br />

mit der stark wachsenden Anzahl an intelligenten, vernetzten<br />

Produkten und Systemen zu interagieren.<br />

Daneben bildet Vuforia Experience Service eine weitere entscheidende<br />

Komponente des neuen Angebots von PTC. Er ist vergleichbar<br />

mit einem Web-Server für die Bereitstellung von Inhalten und<br />

das Kernstück des neuen Vuforia-Studio-Angebots. Die relevanten<br />

Informationen, die vom Vuforia Experience Service verwaltet werden,<br />

umfassen die digitale Produktdefinition ebenso wie der<br />

Betriebs- und Wartungsverlauf. Diese Inhalte, die die digitale Definition<br />

mit der physikalischen Instanz eines Gerätes verknüpfen, nennt<br />

man den digitalen Zwilling. Dieser kann auf unterschiedlichen<br />

Geräten in vielen verschiedenen Formen dargestellt werden: als<br />

Text in Tabellen, mit Pegeln und Nummern in einer 2D-Anzeige oder<br />

im Zusammenhang mit einer CAD-generierten 3D-Grafik.<br />

Vuforia Studio Enterprise<br />

Werden diese Inhalte durch Augmented Reality im Kontext der<br />

Dinge selbst präsentiert, sind sie am wirksamsten. Eine derartige<br />

Erfahrung heute zu ermöglichen, ist jedoch kompliziert, teuer und<br />

zeitaufwendig. PTC ist deshalb überzeugt, dass Unternehmen einfach<br />

einsetzbare Werkzeuge brauchen, mit denen sie neue Ansätze<br />

schnell ausprobieren und erfolgreich umsetzen können. Hier kommt<br />

nun Vuforia Studio Enterprise ins Spiel. Es wird Unternehmen<br />

erlauben, sich sämtliche wichtigen Informationen des digitalen Zwillings<br />

zu beschaffen und darauf aufbauend schnell und einfach mit -<br />

hilfe umfassender 3D-Grafik und Augmented Reality intuitive Erlebnisse<br />

für diese Dinge zu gestalten. In einer Umgebung, in der nicht<br />

codiert werden muss und die ohne komplexe SDKs auskommt,<br />

wird es möglich sein, 3D-Grafiken per Drag & Drop aus dem CAD-<br />

System zu übernehmen, eine mobile, benutzerfreundliche Repräsentation<br />

zu generieren, bei der auf die proprietären Internetprotokolle<br />

verzichtet wird, und die 3D-Inhalte mit Daten der Dinge selbst<br />

oder aus anderen Systemen wie PLM, SLM oder ALM abzurunden.<br />

Es gibt schon zahlreiche Unternehmen, die diese Technologie testen.<br />

In den meisten Fällen für den Service-Bereich wie etwa bei den<br />

PTC-Kunden Schneider Electric, KTM und der Sysmex Corporation.<br />

Aber das ist nur der Anfang und es wird dank innovativer Lösungen<br />

wie Vuforia Studio Enterprise von PTC zukünftig einfach sein, Derartiges<br />

zu entwickeln.<br />

ik<br />

Der Autor: Jim Heppelmann, Präsident und CEO bei PTC<br />

Kontakt<br />

PTC, Inc.<br />

Needham (USA)<br />

Tel. +1 781 370-5000<br />

www.ptc-de.com<br />

Weitere Informationen zu den Lösungen und<br />

Möglichkeiten finden Sie unter:<br />

http://developer.vuforia.com/studio<br />

INFO<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 43


ANWENDUNGEN<br />

MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS/LEITTECHNIK<br />

Der Scada-Layer sammelt die<br />

Prozessdaten und gibt diese an<br />

das MES weiter<br />

Bild: Guardus<br />

Vernetzte Kommunikationswelten in Industrie-4.0-Technosphären<br />

Die vier Räume der Datenintegration<br />

In den Fertigungsorganisationen der Zukunft bleibt nichts wie es war. Entgegen zentralistischer<br />

Planungs- und Steuerungsinstanzen findet das intelligente Werkstück künftig ohne fremde oder<br />

menschliche Hilfe den optimalen Weg durch die Fertigung. Damit diese autonome Technosphäre<br />

entstehen kann, müssen alle Akteure in einem Netzwerkverbund agieren und interaktiv kommunizieren.<br />

Es bedarf der vollständigen Verschmelzung industrieller Technologien und IT-Systeme.<br />

Erste Geige im integrierten Industrie-4.0-Orchester spielen die<br />

Software-Systeme – allen voran Manufacturing Execution Systeme<br />

wie Guardus MES. Sie sind der Klebstoff zwischen Automatisierungskomponenten<br />

und ERP-Systemen. Zudem zeichnen sie für die<br />

Software-basierte Interaktion zwischen Mensch, Produkt, Maschine<br />

und Prozess verantwortlich. Um diese Aufgabe jedoch erfüllen zu können,<br />

bedarf es einer nahtlosen Anbindung der Maschinen-IT sowie der<br />

Mess- und Prüfsysteme an ein MES. Nur so entsteht eine Kommunikationswelt,<br />

in der die so genannten Cyber Physical <strong>Systems</strong> prozessstabil<br />

und -sicher gedeihen können. Darüber hinaus ist die Abbildung vollständiger<br />

Datenbeziehungen Voraussetzung für das Bewegungsprofil<br />

der intelligenten Werkstücke – also die Rückverfolgbarkeit des gefertigten<br />

Teils, wie es bereits jetzt schon bei sicherheitsrelevanten Produkten<br />

vom Qualitätsmanagement her gefordert wird. Betrachtet man den<br />

Integrationsanspruch von Cyber Physical <strong>Systems</strong> genauer, kristallisieren<br />

sich vier Räume heraus.<br />

Integrationsraum 1 – Das intelligente Werkstück<br />

Am Anfang muss ein Werkstück wissen, wer es ist. Schließlich hängt<br />

an der Information der gesamte Werdegang vom Rohteil hin zum Endprodukt.<br />

Dieses Bewusstsein halten MES per Definition vor, da die<br />

Shopfloor-IT sämtliche qualitäts- und produktionsrelevanten Produktund<br />

Prozessdaten verwaltet, visualisiert und überwacht. Die Übertragung<br />

dieser Informationen – etwa durch eine eindeutige Seriennummer<br />

– auf das Bauteil kann beispielsweise über RFID-Technologien<br />

oder andere Speichermedien geschehen. Ein Beispiel aus der Praxis:<br />

Die auf dem Werkstück mitgeführte Seriennummer wird über einen<br />

Scanner in Guardus MES eingelesen. Nun werden Mitarbeiter und<br />

Anlage anhand des identifizierten Produktes vom MES informiert, wie<br />

der Produktionsprozess auszusehen hat – sprich: was mit dem Produkt<br />

gemacht werden muss. Gleichzeitig wird der Produktidentifikationsprozess<br />

dafür verwendet, alle folgenden Prozessdaten dem Produkt zuzuordnen<br />

und dessen Bewegungsprofil für die Rückverfolgung aufzuzeichnen.<br />

Diese Abläufe setzen ein integriertes MES voraus.<br />

Integrationsraum 2 – Weg zur richtigen Maschine<br />

Bei der Frage, wie nun das Smart Object samt RFID-Tag seinen Weg<br />

durch die Produktion findet, machen verschiedene Denkansätze die<br />

Runde. Der erste propagiert, dass das Teil selbst über detaillierte Informationen<br />

zu seinen Produktions- und Montagevorgängen verfügt und<br />

selbständig entscheidet. Dieser Ansatz scheint nicht nur unter den Aspekten<br />

Datenschutz und -sicherheit riskant. Hinzu kommt der betriebswirtschaftliche<br />

Blickwinkel: Die Planung einer kostenoptimalen Produktionsabfolge<br />

benötigt komplexe Berechnungen, die unter anderem<br />

Maschinenstundensätze, Anlagenkapazitäten sowie Stückkostensätze<br />

und aktuelle Reihenfolge-Planungen umfassen. Diese Bewertung kann<br />

ein singuläres Werkstück nicht alleine bewältigen, wodurch die Gefahr<br />

besteht, dass die Produktionsplanung nicht wirtschaftlich vonstattengehen<br />

kann. Viel schwerwiegender wirken sich darüber hinaus die<br />

aktuellen Megatrends aus. Egal ob Big Data, Cloud oder SaaS – allen<br />

aktuellen IT-Wegweisern liegt die zentralisierte Datenhaltung zugrunde.<br />

Der zweite Gedanke zur Werkstück-Navigation sieht eine zentrale<br />

MES-Instanz zur Steuerung der Produktionsabfolge vor, da deren integrierte<br />

Datenbasis alle Beziehungen zwischen Werkzeug, Material,<br />

44 develop 3 systems engineering 02 2016


MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS/LEITTECHNIK<br />

ANWENDUNGEN<br />

Kontakt<br />

INFO<br />

Guardus Solutions AG<br />

Ulm<br />

Tel. +49 731 880177-0<br />

www.guardus-mes.de<br />

Bild: Guardus<br />

Die Abbildung vollständiger Datenbeziehungen<br />

ist eine Voraussetzung für das Bewe-<br />

gungsprofil intelligenter Werkstücke<br />

Maschine, Produkt und Mensch über sämtliche Anlagen und Prozesse<br />

hinweg in sich vereint. Das Werkstück meldet sich mit seiner Seriennummer<br />

an der Anlage an, die die Information zur Identifizierung an<br />

das MES übergibt. Dieses eruiert anhand der Seriennummer alle<br />

entsprechenden Einstelldaten sowie die Prozessparameter (z.B. DNC-<br />

Programme) der jeweiligen Anlage und schickt sie an die Maschinen-IT.<br />

Ist der Produktionsprozess angestoßen, verlangt das MES von den<br />

Akteuren alle relevanten Produkt- und Prozessdaten, die während der<br />

Herstellung entstehen und zum Zwecke der Prozess- und Qualitätsüberwachung<br />

benötigt werden.<br />

Die so skizzierte Datenintegration hat jedoch auch Hemmschwellen zu<br />

überwinden. Zum einen zeichnet sich der Maschinenbestand in vielen<br />

Fertigungsbereichen durch eine hohe Heterogenität hinsichtlich<br />

Lebensalter und Hersteller aus. Manche Produktionsmaschinen verfügen<br />

dabei über moderne Automatisierungs- und Steuerungskonzepte<br />

zur Produktionsdatenübernahme – zum Beispiel über intelligente OPC-<br />

Server-Strukturen – während andere nur rudimentäre Integrationsmöglichkeiten<br />

bieten. Eine Vielzahl an Automatisierungsprogrammen mit<br />

unterschiedlichen Technologieständen muss daher harmonisiert werden,<br />

um alle Daten vereinheitlichen und zusammenführen zu können.<br />

Einen wirtschaftlichen Weg aus diesem Dilemma bieten Layer-basierte<br />

Integrationskonzepte. Darin werden die Anlagen auf ihrer Steuerungsebene<br />

um ein maschinenherstellerunabhängiges Interface ergänzt. Die<br />

Sensorik dieses Bausteins empfängt die Maschinensignale und leitet<br />

sie über ein standardisiertes Gateway an die übergeordnete Scada-<br />

Ebene (den Datensammler der Automatisierung) weiter. Der Scada-<br />

Layer sammelt nun die erforderlichen Prozessdaten der angeschlossenen<br />

Teilnehmer und gibt sie selektiert sowie verdichtet an das MES<br />

weiter. Grundlage für den Transfer sind Konfigurationstabellen, die<br />

exakt beschreiben, welche Prozessparameter in welcher Aggregationsstufe<br />

pro Maschine (Station, Workcenter, etc.) benötigt werden. Ein<br />

ähnlicher Integrationsprozess empfiehlt sich auch bei den umgebenden<br />

Mess- und Prüfsystemen. Darüber hinaus ist auch der umgekehrte<br />

Kommunikationsweg vom MES in die Anlagen-IT möglich.<br />

Dieses Konzept entwickelt sich mehr und mehr zum sichersten und<br />

kostengünstigsten Weg, viele verschiedene Produktionseinheiten mit<br />

einer standardisierten Schnittstelle für die Maschinendatenintegration<br />

zum MES zu versehen. Die Layer-basierte Topologie spiegelt sich<br />

bereits heute in der ISO 22400-2 „Key performance indicators (KPIs)<br />

for manufacturing operations management“ sowie der IEC 62264<br />

„Enterprise Control System Integration“ wider. Im Rahmen der Industrie-4.0-Vision<br />

wurden auch erste Ansätze in Form eines Referenz-<br />

Architekturmodells für Industrie 4.0 (RAMI) veröffentlicht, die das<br />

Architekturmodell der IEC 62264 integrieren.<br />

Integrationsraum 3 – Der Weg ist das Ziel<br />

Ist der Automatisierungsgrad einer Industrie-4.0-Technoshpäre besonders<br />

hoch, sammelt die Prozessleitebene oftmals auch produkt- und<br />

prozessrelevante MES-Informationen – der Interaktionskreis ist<br />

geschlossen. Leider kommen im realen Fertigungsalltag mehrere<br />

Anlagenhersteller zum Zug, wodurch die jeweils integrierten MES-<br />

Bausteine lediglich das Prozessdaten-Bruchstück der verketteten<br />

Maschinenanlagen verwalten. Ein Produkt durchläuft im Rahmen<br />

seiner Herstellung jedoch normalerweise mehrere Fertigungsstufen,<br />

die automatisierungstechnisch voneinander unabhängig sind, sodass<br />

sich kein vollständiges Datenbild über alle Prozessparameter ergeben<br />

kann. Aufgrund dessen bedarf es einer unabhängigen MES-Instanz, die<br />

alle Prozessparameter von Anlagen verschiedener Hersteller in einer<br />

integrierten Datenbasis speichert.<br />

Integrationsraum 4 – Für den Fall der Fälle<br />

Auch Cyber Physical <strong>Systems</strong> sind vor Qualitätsproblemen nicht gefeit.<br />

Gerade die hohe Komplexität der zugrundeliegenden Infrastruktur<br />

macht das Konstrukt störanfällig. Es bedarf also einer umfassenden<br />

Traceability aller Komponenten. Nur so kann im Fehlerfall die Ursache<br />

schnell und sicher identifiziert werden. Ein lückenloses Bewegungs -<br />

profil auf Einzelteilebene lässt sich dank der drei beschriebenen Integrationsräume<br />

praktikabel umsetzen. An jedem Meldepunkt einer<br />

Anlage identifiziert sich das Werkstück mittels eineindeutiger Seriennummer,<br />

wobei die im Produktionsprozess entstehenden Produkt- und<br />

Prozessdaten zugeordnet und abgespeichert werden.<br />

Die Herausforderung bei Industrie 4.0 wird sein, integrative Prozesse,<br />

die heute bereits schon vereinzelt angewandt werden, zu standardisieren<br />

und allgemeingültig aufzustellen. Gleichzeitig gilt es, die Produktion<br />

stärker als bislang mit IT-gestützten Prozessen auszustatten und visionäre<br />

Aspekte stets auf den Einzelfall zu überprüfen, ob diese auch<br />

betriebswirtschaftlich sinnvoll angewendet werden können.<br />

Der Autor: Andreas Kirsch, Vorstand Guardus Solutions AG<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 45


Bild: Stiwa<br />

Automations-Spezialist reduziert Taktzeiten um bis zu 30 %<br />

Big-Data-Analyse macht’s möglich<br />

Die Stiwa Group ist ein erfahrener Partner im Bereich Produkt- und Hochleistungsautomation. Die rund<br />

1300 Mitarbeiter des Unternehmens produzieren an sechs Standorten automatisierte Zuführ-, Verpackungs-<br />

und Transportsysteme sowie Montage- und Prozessmodule. Mit Hilfe eines modernen Anlagenleitstandes<br />

basierend auf Matlab, AMS ZPoint-CI und AMS Analysis-CI konnte das Unternehmen<br />

die eigenen Produktionsanlagen optimieren und die Gesamtproduktion steigern.<br />

Die Herausforderung bestand darin, mit Hilfe von AMS ZPoint-CI<br />

auch große Produktionsdatensätze aus der eigenen Fertigung<br />

in Fast-Echtzeit zu erfassen, die Daten mittels Matlab zu analysieren<br />

und daraus optimale Trajektorien bzw. Bahnkurven zu bestimmen.<br />

Das Unternehmen konnte die Gesamtzykluszeit in der Fertigung um<br />

etwa 30 % verkürzen, kann nun auch umfangreiche Datensätze in<br />

Sekundenschnelle analysieren und die Bereitstellung von Algorithmen<br />

für mehrere Maschinen optimieren.<br />

Spezialist für Hochleistungsautomation<br />

Mit Hauptsitz in Attnang-Puchheim, Österreich, ist die Stiwa Group<br />

einer der Branchenführer im Bereich Hochleistungsautomation. Die<br />

rund 1300 Mitarbeiter des Unternehmens an sechs Standorten versorgen<br />

die Kunden mit automatisierten Zuführ-, Verpackungs- und<br />

Transportsystemen sowie mit Montage- und Prozessmodulen. Die<br />

Ingenieure verwenden Matlab, um große Mengen von Produktionsdaten,<br />

die vom Anlagenleitstand AMS ZPoint-CI in Fast-Echtzeit er-<br />

fasst werden, zu analysieren. Diese Vorgehensweise erlaubt es ihnen,<br />

zeitoptimale Trajektorien für Maschinen zu berechnen, Zykluszeiten<br />

für Produktionssysteme zu verkürzen und die Produktionsmenge<br />

zu steigern.<br />

Die Herausforderung<br />

„Mit Matlab und der eigenen Fertigungssoftware können wir Algorithmen<br />

verwenden, um die Produktionskapazität von mechanischen<br />

Systemen zu maximieren, Systemprobleme in der Software<br />

festzustellen und zu beheben und die Daten, die wir erfassen,<br />

schnell zu analysieren, um die Automationsanlagen zu optimieren“,<br />

sagt Alexander Meisinger, Vertriebsleiter für Manufacturing Software<br />

bei Stiwa. Alle acht Sekunden erfasst ein typisches Stiwa-System<br />

mehr als 9 Mbyte von unbearbeiteten Produktionsdaten in<br />

46 develop 3 systems engineering 02 2016


BIG DATA<br />

ANWENDUNGEN<br />

Alle acht Sekunden erfasst ein typisches<br />

Stiwa-System mehr als 9 Mbyte<br />

von unbearbeiteten Produktionsdaten<br />

in 150.000 Datensätzen<br />

150.000 Datensätzen, die Geräuschentwicklung, Drehmoment und<br />

weitere Maschinenmesswerte erfassen. Diese Daten müssen gefiltert<br />

und verarbeitet werden, um angemessene Toleranzen zu ermitteln,<br />

zeitoptimierte Trajektorien für Roboter oder flexible Übertragungssysteme<br />

zu berechnen oder den Prozess zu verändern – zum<br />

Beispiel durch Anpassung der Riemenspannung.<br />

In der Vergangenheit haben Ingenieure Datenauswerte-Algorithmen<br />

in Programmiersprachen wie IEC 61131-3/Strukturierter Text geschrieben.<br />

Dieser Ansatz war schwerfällig und wurde undurchführbar,<br />

als die Algorithmen immer komplexer wurden. Mit dem Algorithmus<br />

für die Trajektorien-Planung wird beispielsweise eine Bahn<br />

durch vier Positionen unter Einhaltung der Gelenkbeschränkungen<br />

berechnet. Für jede Änderung am Algorithmus wurde ein Tag für die<br />

SPS-Code-Implementierung und ein weiterer Tag für die Fehlerbeseitigung<br />

benötigt.<br />

Stiwa musste deshalb die Entwicklung und Ausführung komplexer<br />

Algorithmen zur Gewinnung von hilfreichen Informationen aus umfangreichen<br />

Datensätzen beschleunigen. Das Unternehmen benötigte<br />

eine Entwicklungsumgebung mit integrierten Datenanalysefunktionen,<br />

sodass sich die Ingenieure auf die Problemlösung und<br />

nicht auf hardwarenahe Implementierungsdetails konzentrieren<br />

konnten. Sie wollten Werkzeuge verwenden, mit denen die meisten<br />

Ingenieure vertraut waren. Die Werkzeuge mussten die Integration<br />

von Algorithmen in das vorhandene .net-Produktivsystem des Unternehmens<br />

erleichtern. Stiwa wollte die Ausführung von Algorithmen<br />

durch den Zugriff auf die vorhandene Mehrkernprozessor-Infrastruktur<br />

beschleunigen.<br />

Kontakt<br />

The MathWorks GmbH<br />

Ismaning<br />

Tel. +49 89 45235-6700<br />

de.mathworks.com<br />

Weitere Informationen über Stiwa:<br />

www.stiwa.com<br />

INFO<br />

Die Lösung<br />

Das Unternehmen hat sich für Matlab entschieden, um einen Workflow<br />

für Datenanalyse und die Optimierung der Gesamtproduktionsmenge<br />

zu implementieren. Bei diesem Workflow importieren Ingenieure<br />

heute Maschinen- und Produktdaten in Matlab, und anschließend<br />

filtern, resamplen und visualisieren sie die Daten, um Probleme<br />

und weitere Optimierungsmöglichkeiten zu ermitteln. Die Ingenieure<br />

entwickeln Algorithmen in Matlab, um die Datenanalyse zu<br />

automatisieren und zeitoptimale Trajektorien für Robotik-Komponenten<br />

zu planen.<br />

Die Algorithmen nutzen Funktionen der Optimization Toolbox zur Berechnung<br />

dieser optimalen Trajektorien basierend auf festgelegten<br />

Einschränkungen, einschließlich Geschwindigkeit und Platzbegrenzung.<br />

Das Team verwendet die Parallel Computing Toolbox, um Trajektorien-Berechnungen<br />

durch Ausführung der Optimierung auf den<br />

Computerarbeitsplätzen mit bis zu sechs Prozessorkernen zu beschleunigen.<br />

Sie verwenden die implizite Parallelisierung der Optimierungsfunktion<br />

und vektorisieren anschließend den Algorithmus,<br />

um die Leistung der impliziten Parallelisierung noch weiter zu verbessern.<br />

„Mit Matlab und Compiler SDK<br />

zur Integration in ein .net-<br />

Produktionssystem können wir<br />

den Algorithmus auf mehreren<br />

Maschinen bereitstellen.“<br />

Vor der Parallelisierung des Codes optimieren die Ingenieure ihre Algorithmen<br />

mithilfe des Matlab Profiler, um die Funktionen zu ermitteln,<br />

die die meiste Zeit in Anspruch nehmen. Nach den Unit-Tests<br />

verwendet das Team den Compiler und das Compiler SDK, um ihre<br />

fertigen Algorithmen als .net-Komponenten zu verpacken. Die .net-<br />

Komponenten werden einer letzten Prüfungsrunde unterzogen, bevor<br />

sie in ein Produktivsystem integriert werden. Die Integration dieser<br />

Komponenten in den Anlagenleitstand basierend auf AMS<br />

ZPoint-CI und AMS Analysis-CI ermöglicht geschlossene Regelkreise<br />

in der Produktion. Die .net-Komponenten und die Matlab-Algorithmen<br />

werden etwa alle 10 Sekunden aufgerufen, um die erfassten<br />

Daten zu analysieren und die Maschinenparameter einzustellen.<br />

Die Ergebnisse<br />

Die Gesamtzykluszeit konnte um 30 % verkürzt werden. „Durch die<br />

zeitoptimierte Trajektorienplanung, die wir durchgeführt haben,<br />

konnten wir die Taktzeit für unsere Bearbeitungsverfahren um 30 %<br />

verkürzen, was zu einer deutlichen Erhöhung der Produktionsmenge<br />

geführt hat“, sagt Meisinger. Umfangreiche Datensätze werden<br />

in Sekundenschnelle analysiert. „Um effektiv arbeiten zu können,<br />

müssen unsere Algorithmen eine riesige Menge von Daten in Fast-<br />

Echtzeit analysieren“, sagt Martin Werner, Entwicklungsingenieur<br />

Software-Tools bei Stiwa. „Wir haben diese hohe Leistungsfähigkeit<br />

durch die Optimierung unserer Matlab-Algorithmen mit dem Matlab<br />

Profiler und durch Ausführung von Trajektorienoptimierungen auf<br />

mehreren Rechenkernen mit der Parallel Computing Toolbox erreicht.“<br />

Auch die Bereitstellung der Algorithmen an mehreren Maschinen<br />

wurde optimiert. „Unter Verwendung von Matlab Compiler<br />

SDK zur Integration unserer Algorithmen in ein .net-Produktionssystem<br />

können wir den Algorithmus leicht auf mehreren Maschinen<br />

bereitstellen“, sagt Robert Schoßleitner, Leiter des Geschäftsbereichs<br />

Manufacturing Software.<br />

ge<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 47


Steckverbinder für Industrie 4.0 müssen bis 100 GBit übertragen<br />

„Schlüssel ist immer<br />

ein digitaler Zwilling“<br />

Auf dem 21. Industrial Communication Congress (ICC), der vor einigen<br />

Wochen bei Phoenix Contact in Bad Pyrmont stattfand, standen die<br />

Themen Energieeffizienz und Industrie 4.0 im Vordergrund. Die Referenten<br />

gingen während der zweitägigen Veranstaltung den Fragen<br />

nach, welche Rolle ein ganzheitliches Energiemanagement im Kontext<br />

von Industrie 4.0 spielt, wie sie durch zustandsabhängige Wartung<br />

eine höhere Energieeffizienz erzielen und welche Intelligenz die<br />

Energiewende braucht. Am Rande der Veranstaltung erläuterte Frank<br />

Knafla, welche Bedeutung Industrie 4.0 für die Industrie hat. Franz-<br />

Josef Niebur beschrieb darüber hinaus, welche Rolle in Zukunft<br />

Industrie-Steckverbinder spielen werden.<br />

48 develop 3 systems engineering 02 2016


TITELSTORY<br />

ANWENDUNGEN<br />

develop 3 : Der ICC beschäftigt sich neben dem Thema Energie-<br />

Effizienz vor allem mit Industrie 4.0. Welche Bedeutung messen<br />

Sie dem Thema allgemein…<br />

Knafla: Der Wunsch nach individuellen Produkten treibt auch die<br />

Entwicklung im industriellen Umfeld an. Das dokumentiert sich beispielsweise<br />

darin, dass wir heute zunehmend Komponenten, Systeme<br />

und Lösungen über Portale konfigurierbar anbieten müssen.<br />

Bisher können wir Produkte in großen Stückzahlen automatisiert<br />

und kostengünstig produzieren. Doch wie lassen sich die dabei gesammelten<br />

Erfahrungen auf die automatisierte Fertigung individueller<br />

Produkte übertragen? Das ist die Herausforderung, vor der wir<br />

stehen. Es muss uns gelingen, ein individuelles Produkt zu den Kosten<br />

der Massenfertigung herzustellen. Das verstehen wir unter Industrie<br />

4.0. Diese Entwicklung betrifft alle Wertschöpfungsstufen<br />

und erfordert die horizontale und vertikale Integration von Wertschöpfungsnetzwerken.<br />

Die Nutzung des Internets sowie wandelbarer<br />

Automatisierungskonzepte, die vertikale Integration und der<br />

Einsatz industrieller Kommunikation sind Methoden, um diese Ziele<br />

zu erreichen.<br />

develop 3 : …aber auch für das Unternehmen Phoenix Contact bei?<br />

Knafla: Phoenix Contact produziert einerseits Geräte und Varianten<br />

in großen Stückzahlen mit Methoden der klassischen Automatisierung<br />

in hocheffizienten Produktionsprozessen. Das IO-System Axioline<br />

beispielsweise besteht aus etwa 200 Varianten. Seltene Typen<br />

aus diesem Portfolio können wir jedoch nicht mehr Losgrößen-orientiert<br />

fertigen. Aufgabe unseres Bereichs Manufacturing Solutions<br />

ist es deshalb, eine Varianten-orientierte Fertigung zu ermöglichen,<br />

um so auch kleine Losgrößen vollautomatisiert, teilautomatisiert<br />

oder auch von Hand zu produzieren. Der Schlüssel dazu, so wie wir<br />

das in der Fertigung ansatzweise realisiert haben, ist ein digitaler<br />

Zwilling. Zu jedem Gerät wird ein virtuelles Abbild benötigt, in dem<br />

alle Produktionsinformationen enthalten sind und auf das jederzeit<br />

zurückgegriffen werden kann. Aus diesem virtuellen Abbild bezieht<br />

der Prozess die Informationen für die einzelnen Fertigungsschritte,<br />

und die einzelnen Maschinen parametrieren sich damit selbst.<br />

develop 3 : Wie sieht die Fabrik der Zukunft überhaupt aus? Was<br />

wird produziert, in welchen Stückzahlen, an welchen Orten, auf<br />

welchen Maschinen und mit welchen Materialien?<br />

Knafla: Die Fabrik der Zukunft muss in der Lage sein, auch Produkte<br />

zu fertigen, die heute noch gar nicht bekannt sind, auf Maschinen,<br />

die zwar jetzt verfügbar, aber zukünftig auch beliebig erweiterbar<br />

sind. Die Produktionsprozesse sollten deshalb flexibel und wandelbar<br />

ausgelegt sein. Prozessmodule sollten in die Anlage integrierbar<br />

sein, sowohl mechanisch als auch per digitaler Beschreibung. Für eine<br />

Industrie-4.0-Produktion sind deshalb Modularität und Wandelbarkeit<br />

der Anlagen wichtigste Kriterien. Mit minimalem <strong>Engineering</strong><br />

muss es außerdem möglich sein, ein neues Produkt in die Fertigung<br />

einzuführen. So definieren wir die smarte Fabrik der Zukunft.<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

Die modularen und skalierbaren Automationskonzepte<br />

der Industrie 4.0 erfordern den Einsatz von<br />

Komponenten, die einfach an unterschiedliche<br />

Anwendungen angepasst werden können<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 49


ANWENDUNGEN<br />

TITELSTORY<br />

„Der Steckverbinder der Zukunft<br />

erfüllt einerseits seine technische<br />

Funktion, andererseits ist er<br />

eine eindeutig identifizierte<br />

Komponente im System.“<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

Frank Knafla und Franz-Josef Niebur<br />

Die Experten<br />

PLUS<br />

develop 3 : Ist Industrie 4.0 der Nachfolger des in den 80er-Jahren<br />

diskutierten und wohl gescheiterten CIMs? Wo liegen die<br />

Unterschiede und warum wird Industrie 4.0 erfolgreich sein?<br />

Knafla: Bei CIM war es das Ziel, eine menschenleere, hochautomatisierte<br />

Fertigung zu realisieren. Gescheitert ist CIM an den fehlenden<br />

Technologien und dem Anspruch, die hohe Komplexität mit einem<br />

Mal zu bewältigen. Heute schauen wir auf die Prozesse, nutzen<br />

die uns aktuell zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und beziehen<br />

auch die Menschen mit ein. Wir müssen den Arbeitskräften<br />

Assistenzsysteme zur Verfügung stellen, sodass sie rollen- oder aufgabenbasiert<br />

ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen können. Das bedeutet<br />

aber auch, dass die Mitarbeiter jederzeit eine andere Aufgabe<br />

übernehmen müssen. Kollaborierende Roboter bieten darüber hinaus<br />

die Möglichkeit, Maschinen und Menschen enger zusammenzubringen,<br />

ohne die Sicherheitsregeln zu verletzen. Wir sprechen<br />

heute von einer prozessautomatisierten Wertschöpfungskette. Unterschied<br />

ist auch, dass die Einführung Schritt für Schritt erfolgen<br />

wird.<br />

develop 3 : Welche Schritte sind heute erforderlich, um eines Tages<br />

Industrie 4.0 zu erreichen? Welche Rolle spielen dabei Modelle<br />

bzw. die semantische Beschreibung von Produkten und<br />

Prozessen? Während der Vorträge sind die Begriffe AutomationML<br />

und eClass gefallen.<br />

• Dipl.-Ing. Frank Knafla, Master Specialist Industrie 4.0,<br />

Control <strong>Systems</strong><br />

• Dipl.-Phys. Franz-Josef Niebur, Leiter Produktmarketing<br />

Pluscon Field Device Connectors<br />

Knafla: Bei AutomationML und eClass handelt es sich um zwei Umsetzungsempfehlungen<br />

der Plattform Industrie 4.0 zur Erstellung digitaler<br />

Beschreibungen. eClass ist ein Standard, der ursprünglich als<br />

Kataloginformationssystem entstanden ist. Er enthält Merkmale<br />

und Eigenschaften. Mit AutomationML wird definiert, wie Geräte<br />

funktional zusammenarbeiten und wie sie verbunden werden müssen,<br />

um die gewünschte Lösung zu erhalten. Jeder Anwender<br />

muss in der Lage sein, diese Daten maschinell zu erfassen und zu<br />

interpretieren. Aufgrund dieser Anforderungen wurde AutomationML<br />

zur Beschreibung der Verkettung von Eigenschaften gewählt.<br />

Während AutomationML die Syntax bildet, ist eClass die Semantik.<br />

Damit eClass die Anforderungen optimal erfüllt, wird an seiner Erweiterung<br />

gearbeitet. Hinzu kommt der Begriff der Verwaltungsschale.<br />

Möchte ich eine Industrie-4.0-Komponente in ein Industrie-4.0-System<br />

bringen, muss ich wissen, über welche Dienste ich<br />

Zugriff auf die digitale Beschreibung habe und über welche Dienste<br />

der Artikel mit dem System kommuniziert. Deshalb müssen auch<br />

die Kommunikationsdienste standardisiert werden, schon weil<br />

Komponenten unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren<br />

müssen. Im ersten Schritt wird derzeit über eine eindeutige<br />

Identifizierbarkeit geredet, im zweiten Schritt über die Kommunikation,<br />

wie beispielsweise auf die digitale Beschreibung zugegriffen<br />

werden kann. Auch am Thema Security wird in entsprechenden Gremien<br />

gearbeitet.<br />

develop 3 : Entscheidungen in der Industrie 4.0 sollen auf Basis<br />

aktueller und aussagekräftiger Informationen gefällt werden.<br />

Wo entstehen die Daten und wo werden sie gespeichert? Wie<br />

werden sie ausgewertet?<br />

Knafla: Es gibt Unternehmen, die eine hohe Expertise bei der Auswertung<br />

von Daten haben. Es gibt Unternehmen, die eine hohe Expertise<br />

bei Cloud-Diensten haben, und es gibt Unternehmen, die<br />

Daten in die Cloud liefern, wie die Sensor- oder die Steuerungshersteller.<br />

Mit diesen Daten sind prinzipiell verschiedene Geschäftsmodelle<br />

möglich. Letztendlich ist es aber erforderlich, die Analyse der<br />

Daten mit dem Prozess zu kombinieren. Schon deshalb ist eine intensive<br />

Kooperation erforderlich zwischen dem, der den Prozess<br />

kennt, und dem, der die Auswertung durchführt. Daraus lässt sich<br />

dann evtl. ein geeignetes Dienstleistungsangebot formulieren. Die<br />

Daten gehören dabei dem Betreiber, der einen uneingeschränkten<br />

Zugriff hat. ‚Facebook-Szenarien‘ werden sich in der industriellen<br />

Praxis schwer durchsetzen lassen.<br />

develop 3 : Was zeichnet Industrie-4.0-Komponenten wie etwa<br />

Steckverbinder aus?<br />

50 develop 3 systems engineering 02 2016


TITELSTORY<br />

ANWENDUNGEN<br />

Kontakt<br />

INFO<br />

Phoenix Contact GmbH & Co. KG<br />

Blomberg<br />

Tel. +49 5235 3-12000<br />

www.phoenixcontact.de<br />

Rundsteckverbinder in den etablierten Größen M8 und M12<br />

bieten eine durchgängige Lösung, um Kommunikationsteilnehmer<br />

der automatisierten Produktion zuverlässig zu verkabeln.<br />

Ob Signale, Daten oder Leistung – dank ihrer Vielseitigkeit können<br />

sie einfach an unterschiedliche Anwendungen angepasst<br />

werden. Damit eignen sie sich auch optimal für die modularen<br />

und skalierbaren Automationskonzepte der Industrie 4.0<br />

Bild: Phoenix Contact<br />

Niebur: Man muss differenzieren. Werden in der klassischen Industrieanwendung<br />

beispielsweise Kamerasysteme eingesetzt, wird<br />

man noch eine Weile mit 10 GBit und der heute verfügbaren Technik<br />

zurechtkommen. An der Schnittstelle zwischen der industriellen Anlage<br />

und dem Office-Bereich werden die Daten weiter verdichtet,<br />

sodass hier auch das Datenvolumen weiter zunehmen wird. Da werden<br />

zukünftig sicherlich Datenraten von 25, 50 oder 100 GBit gefordert<br />

sein. Auch wir entwickeln unsere Komponenten permanent<br />

weiter und bieten heute industrietaugliche Lösungen bis 10 GBit an.<br />

Ein weiterer Schritt besteht darin, die von den einzelnen Normungsgremien<br />

an uns herangetragenen Anforderungen zu erfüllen, wobei<br />

diese im Wesentlichen die Technologie betreffen. Nebensprechen,<br />

Schirmung, etc.; das sind die Herausforderungen, mit denen wir<br />

uns vorrangig befassen. Nächstes Ziel sind dann die 25 GBit.<br />

Knafla: Erste Assoziation ist immer: das hat etwas mit Automatisierung<br />

zu tun. Mit Netzwerktechnik, dem Internet der Dinge und der<br />

Cloud. Andererseits besagt die Definition, dass jede Industrie-<br />

4.0-Komponente ein digitales Abbild hat und dass sie eindeutig<br />

identifizierbar ist. Gebe ich Reihenklemmen oder Steckverbindern<br />

einen digitalen Zwilling und definiere ich, in welcher Instanz und in<br />

welcher Verbindung das Bauelement eingesetzt wird, wie ich außerdem<br />

über eine eindeutige Differenzierung den Zugang zu diesem digitalen<br />

Zwilling habe, dann ist auch ein Steckverbinder eine Industrie-4.0-Komponente.<br />

Den Steckverbinder der Zukunft zeichnet aus,<br />

dass er seine technische Funktion erfüllt, anderseits aber eine eindeutig<br />

identifizierte Komponente im System ist.<br />

develop 3 : All diese Aspekte machen eines deutlich: Modularität<br />

und Kommunikation in modernen Anlagen werden deutlich zunehmen.<br />

Bedeutet das auch, dass der Bedarf an Steckverbindern<br />

wachsen wird?<br />

Niebur: Einerseits sind es die elektromechanischen Eigenschaften,<br />

wie Staub- und Wasserdichtigkeit in IP65/67 oder ein robuster Aufbau,<br />

die ein Steckverbinder erfüllen muss. Andererseits muss eine<br />

permanente Weiterentwicklung der Steckverbinder erfolgen, beispielsweise<br />

bei den Übertragungseigenschaften. Noch vor kurzem<br />

waren 100 MBit Standard, heute sind bereits Applikationen mit<br />

1 GBit verbreitet und erste Anwendungen werden schon mit<br />

10 GBit aufgebaut. Der Bedarf an geeigneten Steckverbindern wird<br />

deshalb weiter wachsen.<br />

develop 3 : Die Diskussion ‚RJ45 oder M12‘ ist noch gegenwärtig.<br />

X-kodierte M12-Steckverbinder erlauben Datenraten bis<br />

10 GBit/s, S-, T- und Y-kodierte Steckverbinder ermöglichen die<br />

Übertragung von Daten und Leistung. Reicht deren Performance<br />

für Industrie 4.0-Lösungen? Oder befinden sich neue Generationen<br />

schon in der Entwicklung?<br />

develop 3 : Werden sich zukünftige Steckverbinder beispielsweise<br />

in der Bauform von den heutigen unterscheiden?<br />

Niebur: Der Praktiker hat sich an RJ45 und M12 gewöhnt. Davon<br />

werden sich auch zukünftige Lösungen nicht weit entfernen. Im Vordergrund<br />

unserer Bemühungen steht, die verfügbaren Steckverbinder<br />

so weiterzuentwickeln, dass sie für die nächst höhere Datenübertragungsrate<br />

ertüchtigt werden. Dass auch die Miniaturisierung<br />

ein Thema ist, zeigt sich bei M8. Dort ist ein Trend zur 100-MBit-<br />

Übertragung zu erkennen, und es wird der Wunsch geäußert, auch<br />

die 1-GBit-Übertragung auf dem M8 zu realisieren. Eines unserer<br />

letzten Projekte war die Entwicklung eines kompakten industriellen<br />

Steckverbinders auf der Basis von RJ45. Um die hohen Anforderungen<br />

zu erfüllen, haben wir die Komponente in ein robustes Metallgehäuse<br />

integriert. Zusätzliche Federn sorgen für Resistenz gegen<br />

mechanische Einflüsse. Auch alle geltenden Vorschriften beim Test<br />

wurden erfüllt. Der Steckverbinder ist als IP20-Variante und als<br />

Push-Pull-Stecker auch in der Variante 14 verfügbar.<br />

develop 3 : Hinzu kommen weitere Codierungen bei M12.<br />

Niebur: Der Vorteil der M12-Hybridvarianten in Y-Kodierung besteht<br />

darin, dass sie Daten und Power gleichzeitig übertragen. Auch mit<br />

den S- und T-kodierten M12-Power-Steckverbindern wurde den Forderungen<br />

nach weiterer Miniaturisierung entsprochen. Sie übertragen<br />

bis zu 16 A und ersetzen zu einem erheblichen Teil M17- und<br />

M23-Steckverbinder. M12 mit K-, L- und M-Kodierungen eignen sich<br />

für spezielle Anwendungen wie Motoren und Kleinsteuerungen.<br />

Interview: Andreas Gees, develop 3 systems engineering<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 51


ANWENDUNGEN KOMMUNIKATION/SECURITY/INDUSTRIE 4.0<br />

Intrusion-Detection-Systeme<br />

überwachen und analysieren<br />

die Aktivitäten in einem<br />

Netzwerk<br />

Bild: Westermo<br />

Der RedFox-Switch, der als Layer-2- und als Layer-<br />

3-Variante verfügbar ist, bietet auf allen elf GBit-Ports<br />

parallel GBit-Geschwindigkeit<br />

Bild: Westermo<br />

Unternehmens-Netzwerke ausfall- und zugriffssicher konfigurieren<br />

In fünf Schritten zur Cyber-Security<br />

Daten sind das neue Gold. Für Cyber-Kriminelle bedeuten sie mehr als eine Cash Cow. Nicht umsonst<br />

wurden laut dem Chipkartenhersteller Gemalto in der ersten Jahreshälfte 2015 mehr als 200 Millionen<br />

Datensätze gestohlen oder gingen verloren – und das mit steigender Tendenz. Aber längst sind nicht<br />

mehr nur Privatpersonen oder Regierungen das Ziel von Cyber-Angriffen. Industrielle Produktionsanlagen,<br />

Energieunternehmen, Wasserversorgungen, selbst Ingenieurbüros – als Weg in große Unternehmen<br />

– geraten zunehmend ins Visier von Cyberkriminellen.<br />

Seit Stuxnet sollte allen Verantwortlichen in den verschiedenen<br />

industriellen Automationsbereichen klar geworden sein, dass<br />

auch ihre Anlagen Ziel von Hackerangriffen sein können. Doch die<br />

Wirklichkeit zeichnet ein anderes Bild. Denn leider entsprechen viele<br />

Anlagen-Infrastrukturen nicht mehr den gestiegenen Standards<br />

einer vernetzten Industrie. Aktuelle Firmware-Stände und ein Patch-<br />

Management sind eine Seltenheit, ebenso fehlen ein Notfallplan mit<br />

klaren Vorgaben sowie geschultes Personal. Auch das Beibehalten<br />

von Standardpasswörtern, die Uneinigkeit zwischen IT und Automatisierern<br />

oder der unzureichend gesicherte Zugriff von der Ferne<br />

sind nur wenige Beispiele aus der Praxis. Dazu ist es oft die Hardware,<br />

die den Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Da werden<br />

Layer-2- und Layer-3-Funktionen nicht optimal genutzt oder die Datenkommunikation<br />

schon bei der Planung eines Infrastruktur-Netzwerks<br />

nur ungenügend ausfall- und zugriffssicher konfiguriert. Die<br />

Folge ist eine regelrechte Einladung für unbefugte Zugriffe.<br />

Das BSI sieht in seinem Ranking die Infektion mit Schadsoftware<br />

über Internet und Intranet an erster Stelle, gefolgt von einem Ein-<br />

schleusen von Schadsoftware über Wechseldatenträger und externe<br />

Hardware und dem so genannten Social <strong>Engineering</strong>, dem Erlangen<br />

eines unberechtigten Zugangs zu Informationen oder IT-Systemen<br />

durch Aushorchen von Mitarbeitern. Die Gefahr, damit das Ziel<br />

eines Angriffs zu werden und als Unternehmen großen wirtschaftlichen<br />

Schaden zu nehmen, ist somit beträchtlich. Und die Bedrohung<br />

unserer digitalen Infrastrukturen wächst stetig.<br />

Wie also schützt man komplexe, vernetzte industrielle Steuerungssysteme<br />

vor Cyber-Angriffen? Zuallererst sollte man sich der Bedrohung<br />

bewusst sein, ausreichende Kompetenzen mit entsprechendem<br />

Budget bereitstellen und die interne Verantwortung festlegen.<br />

Nur wer Sicherheitssysteme mit Zugangskontrollen und -schutz implementiert,<br />

diese auf dem aktuellen Stand hält und die Komplexität<br />

des Netzwerks reduziert, ist auf Angriffe vorbereitet. Ein kompetentes<br />

Team ist von entscheidender Bedeutung. Nur wer sein Netzwerk<br />

kennt, kann es schützen.<br />

Perimeterschutz<br />

Ein Perimeter bildet die Firewall nach außen und muss besonders<br />

abgesichert werden. Dabei sollte ein gewisser Komfort wie der externe<br />

Zugriff auf das Netzwerk möglich sein. Fernzugriffe, die aller-<br />

52 develop 3 systems engineering 02 2016


KOMMUNIKATION/SECURITY/INDUSTRIE 4.0<br />

ANWENDUNGEN<br />

Kontakt<br />

INFO<br />

Westermo Data Communications GmbH<br />

Waghäusel<br />

Tel. +49 7254 95400-0<br />

www.westermo.de<br />

Weitere Informationen über das WeOS:<br />

http://t1p.de/z8w1<br />

Bild: Westermo<br />

Daten-Übertragung über nicht<br />

vertrauenswürde Netzwerke<br />

dings nicht ausreichend gesichert sind, ergeben ein erhöhtes Risiko.<br />

Findet der Angreifer hier einen verwundbaren Punkt in der Perimeter-Firewall,<br />

die die Schnittstelle zum Internet bildet, wird dieser an<br />

dieser Stelle ansetzen. Das Sperren von Ports und Protokollen zählt<br />

zu den einfachsten Mitteln, den Perimeter zu härten. Ein Perimeterschutz<br />

alleine ist allerdings nicht ausreichend. Firewalls und Virenschutz<br />

müssen Bestandteile einer Sicherheitsstrategie sein.<br />

Netzwerk-Segregation<br />

Eine dieser Taktiken ist die Segmentierung oder Segregation von<br />

Netzwerken – eine gute Methode, um das Risiko für die einzelnen<br />

Schichten des gesamten Netzwerks zu verringern. Durch die Aufteilung<br />

in kleine Sicherheits-Zonen (Subnetze) kann der Netzwerk-Verkehr<br />

überwacht und entsprechend eingeschränkt werden. Man gibt<br />

nur diesen Verkehr frei, der vom Steuerungssystem auch wirklich<br />

benötigt wird. Sollte es ein Angreifer nun in eines der Teilnetze geschafft<br />

haben, hindert ihn die nächste Firewall an der Grenze zu einer<br />

anderen Zone, sich ungehindert ausbreiten zu können.<br />

Übertragung über nicht vertrauenswürde Netze<br />

Bei kritischer Infrastruktur werden Daten oft zwischen physischen<br />

Sicherheitszonen übertragen und manchmal auch über Medien, die<br />

von Dritten verwaltet werden. Sofern die Daten nicht geschützt<br />

sind, bevor sie eine physische Sicherheitszone, wie ein Kontrollraum,<br />

verlassen, können sie abgefangen und manipuliert werden.<br />

Diese Daten während der Übertragung zu schützen, ist entscheidend<br />

für den gesicherten Betrieb und alle WeOS-Routing-Geräte haben<br />

die Fähigkeit, sichere Kanäle zwischen sich selbst und einem<br />

anderen vergleichbaren Gerät herzustellen. Die sicheren Kanäle bieten<br />

einen logischen Schutz,vergleichbar mit einer physischen Sicherheit<br />

und unterstützen andere Sicherheitsanwendungen wie Perimeterschutz<br />

und Netztrennung über den sicheren Kanal.<br />

Spoofing-Schutz<br />

Beim ARP-Spoofing wird dem Absender eine falsche Adresszuordnung<br />

übermittelt. Ein Anwendungsbeispiel aus der Praxis ist das<br />

Mithören der Daten, die über einen Switch gesendet werden (Manin-the-Middle-Angriff).<br />

Somit hat der Angreifer die Möglichkeit, diese<br />

Daten mitzulesen und entsprechend zu verändern, sofern diese<br />

unverschlüsselt sind. Durch Vortäuschung eines funktionierenden<br />

<strong>Systems</strong> auf dem Prozessleitsystem wird es für den Anlagenbetreiber<br />

schwierig, Probleme zu erkennen. Eine effektive Maßnahme,<br />

um dem ARP-Spoofing vorzubeugen, ist die Verwendung von Layer-<br />

3-Switches. Das Konzept dieser Switches sieht vor, die Verbindung<br />

nicht nur anhand der MAC-Adresse zu identifizieren, sondern auch<br />

anhand der IP-Adresse. Häufige Änderungen der MAC/IP-Zuordnung<br />

werden vom Switch bemerkt und gegebenenfalls verhindert.<br />

Intrusion Detection<br />

Intrusion-Detection-Systeme (IDS) überwachen und analysieren die<br />

Aktivitäten in einem Netzwerk. Dabei werden die Konfigurationen<br />

und Schwachstellen analysiert, sowie die Datei-Integrität bewertet.<br />

Die Systeme können typische Angriffs-Muster erkennen, abnormale<br />

Aktivitäts-Muster analysieren und Verletzungen der Anwender-Policies<br />

aufspüren. Das System wird auch aktiv, sollte das Netzwerk<br />

des Administrators in irgendeiner anderen Form kompromittiert<br />

sein. Einige IDS-Produkte der Enterprise-Klasse sind auch in der Lage,<br />

direkt auf entdeckte Bedrohungen reagieren. Das IDS kann eine<br />

Firewall ergänzen oder auch auf dem zu überwachenden Computersystem<br />

laufen und so die Sicherheit von Netzwerken erhöhen.<br />

Für die Zukunft gerüstet<br />

Nur wer sein System vor unberechtigten Zugriffen und Attacken von<br />

außen schützt und auf hochwertige Komponenten setzt, kann sicher<br />

sein. Der Security-Spezialist Westermo hat seine Routing-Switches<br />

über das intelligente Betriebssystem WeOS mit Cyber-Abwehrfunktionen<br />

ausgestattet. Mit Port-basierender Firewall, Netzwerk-Segmentierung,<br />

VPN-Lösungen, Intrusion Detection und Spoofing-<br />

Schutz wird die Cyber-Security-Architektur eines Netzwerks gut verstärkt.<br />

Dabei gilt zu beachten, dass auch der modernste Cyber-<br />

Schutz auf Dauer nichts nützt, wenn das Personal nicht ausreichend<br />

geschult ist. Nur so lässt sich das Beste aus einem System herausholen<br />

und ein Netzwerk ausreichend vor unberechtigten Zugriffen<br />

und Cyber-Attacken schützen.<br />

ge<br />

Der Autor: Erwin Lasinger, Cyber-Security-Spezialist bei der<br />

Westermo Data Communications GmbH<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 53


ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />

Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine in der Industrie 4.0<br />

Selbstorganisation<br />

und Kollaboration im Team<br />

Verstanden und diskutiert wird Industrie 4.0 heute überwiegend als techno -<br />

logischer Ansatz. Dabei ist und bleibt der Mensch der wichtigste Faktor in der<br />

Fabrikhalle der Zukunft – und soll es nach übereinstimmenden Aussagen auch<br />

bleiben. Eine Analyse der Auswirkungen und Erwartungen auf die humanoide<br />

Arbeitswelt von morgen.<br />

Selbstorganisierende Produktionsprozesse in menschenleeren<br />

Fabrikhallen – so wird häufig die Arbeitswelt von morgen<br />

beschrieben. Dabei ist das mehr Fiction als Science. Der Mensch<br />

bleibt Zentrum aller Aktivitäten. Allerdings werden sich die Anforderungen<br />

an Ausbildung, Arbeitsleistung und an die Kollaboration mit<br />

Maschinen ändern. Den aktuellen Stand der Forschung bringt die<br />

Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation<br />

(IAO) „Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0“ auf den<br />

Punkt. Demnach gehört die Zukunft nicht Mensch oder Maschine,<br />

sondern Mensch UND Maschine. Denn der Mensch besitzt assoziative,<br />

sensorische und taktile Fähigkeiten, die auch in Zukunft nicht<br />

von Maschinen oder Computern ersetzt werden können.<br />

Menschen sind erstaunlich flexibel und beherrschen innerhalb<br />

kürzester Zeit eine Fülle von Aufgaben. Maschinen dagegen sind in<br />

gewissem Rahmen statisch. Sie sind für eine Aufgabe ausgelegt<br />

und die können sie gut. Aber eben nur diese eine. Die Studie<br />

kommt zu dem Schluss, dass der automatisierbare Anteil der Arbeit<br />

weiter konsequent automatisiert werden wird. In diesem Rahmen<br />

stellt Professor Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer IPA fest: „Der<br />

Trend geht immer mehr zu kreativen Tätigkeiten: Benötigt werden<br />

Innovationsprozesse, kreative Geschäftsmodell-Entwicklungsprozesse<br />

und wir brauchen die Entwicklung von neuen Technologien –<br />

hier ist der Mensch gefragt. Beim Betrieb dieser Technologien muss<br />

der Mensch gleichzeitig planerisch und ausführend tätig sein. Er<br />

muss dort zur Verfügung stehen, wo die Maschine nicht weiterkommt.“<br />

Andere Experten pflichten an gleicher Stelle bei: „Die<br />

Fabrik der Zukunft ist ebenso wenig menschenleer, wie heutige<br />

Büros papierlos sind“, meint etwa Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung beim Zentralverband Elektrotechnik- und<br />

Elektronikindustrie e.V. (ZVEI).<br />

Gute Nachrichten also für die mehr als 7,7 Millionen Beschäftigten<br />

im deutschen Produktionssektor? Ja und Nein. Experten prognostizieren<br />

eine Veränderung der Beschäftigung von rund 1,5 Millionen<br />

Arbeitsplätzen – nach oben oder unten, soweit die aktuelle Bandbreite<br />

der Prognosen. Die Boston Consulting Group (BCG) zählt zu<br />

den Optimisten und erwartet in den nächsten zehn Jahren allein im<br />

Bild: kasto / Fotolia.com<br />

deutschen Maschinenbau 100.000 neue Arbeitsplätze. Die Ursache<br />

sieht die BCG in einer gesteigerten Produktivität, die 4 bis 15 % der<br />

Gesamtkosten ausmachen kann. Das entspräche in Summe einem<br />

zusätzlichen Wachstum von 1,1 % des Bruttoinlandsproduktes. Die<br />

tatsächliche Entwicklung wird vom Automatisierungsgrad, den<br />

Lohnkosten und weiteren Schlüsselfaktoren abhängen. Aktuell kostet<br />

eine Arbeitnehmerstunde in Deutschland knapp 40 Euro. Im Vergleich:<br />

Die USA liegen bei 28 Euro, Japan bei 22 Euro, China bei<br />

5 Euro. Trotz der relativ hohen Arbeitskosten in Deutschland sehen<br />

nahezu alle (97 %) im Rahmen der Fraunhofer-Studie befragten<br />

Unternehmen menschliche Arbeit in der Produktion weiterhin als<br />

entscheidend an.<br />

54 develop 3 systems engineering 02 2016


INDUSTRIE 4.0<br />

ANWENDUNGEN<br />

Irren ist menschlich – Angst auch<br />

In der Produktion der Zukunft werden Menschen zunehmend eine<br />

steuernde Funktion einnehmen. Harte Muskelarbeit und den einfacheren<br />

Teil der Denkarbeit übernehmen Maschinen. Die Bedeutung<br />

handwerklicher Fähigkeiten nimmt in gleichem Maße ab. Das Anforderungsprofil<br />

an die Menschen wird sich auf allen Ebenen ändern.<br />

Das erfordert die Investition nicht nur in Industrie-4.0-Prozesse, sondern<br />

auch in die Ausbildung- und Fortbildung. Akzeptanz erwächst<br />

aus Wissen. Wenn ein Mensch versteht, was Industrie 4.0 für<br />

seinen Arbeitsplatz bedeutet, dann akzeptiert er auch Veränderungen.<br />

Dabei sind die Ausgangssituationen durchaus unterschiedlich.<br />

Digital Natives fragen sich zum Beispiel, warum sie nicht alle<br />

Maschinen über Tablets steuern können. Oder warum die Arbeitseinteilung<br />

nicht über SmartPhones via Social Media kommuniziert<br />

Die assoziativen, sensorischen<br />

und taktilen Fähigkeiten des<br />

Menschen sind einzigartig<br />

wird. Ältere Mitarbeiter dürfen andererseits nicht mit dem Klischee<br />

belastet werden, dass sie unzugänglich für moderne Informationsund<br />

Kommunikationsmittel sind. Sie müssen mitgenommen werden<br />

und zeigen dann auch Begeisterung.<br />

Widerstände wachsen aber nicht nur in der Produktionshalle, sondern<br />

auch in den Management-Etagen. Auch dort wird sich das<br />

Anforderungsprofil wandeln: Die Unterschiede zwischen Entscheider<br />

und Produktionsarbeiter werden sich verringern. Von Führungskräften<br />

wird vermehrt <strong>Engineering</strong>- und Fach-Wissen gefordert –<br />

betriebswirtschaftliche Kenntnisse reichen im Rahmen von Indus-<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 55


ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />

Bild: Clemens Hess / Fraunhofer IPA<br />

„Der Mensch<br />

muss dort zur<br />

Verfügung stehen,<br />

wo die<br />

Maschine nicht<br />

weiterkommt.“<br />

Prof. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts<br />

für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)<br />

Bild: Haslauer / ZVEI<br />

„Die Fabrik<br />

der Zukunft ist<br />

ebenso wenig<br />

menschenleer,<br />

wie heutige<br />

Büros papierlos<br />

sind.“<br />

Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der Geschäftsführung beim<br />

Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI)<br />

trie-4.0-Strategien nicht mehr aus. Vorgesetzte müssen zukünftig<br />

die bestehenden Fertigungsmethoden und Logistikketten genau<br />

kennen, verstehen und gegebenenfalls optimieren können. Zwar<br />

wird die Leitungsebene durch die dezentrale Selbstorganisation der<br />

Systeme in punkto Planungs- und Steuerungsfunktionen entlastet –<br />

mit Industrie-4.0-Systemen kommt ein Hierarchieabbau innerhalb<br />

der Fabrikorganisation. Insgesamt werden Führungskräfte nach Einschätzung<br />

vieler Experten durch Industrie-4.0-Technologien von<br />

Standardaufgaben in der Chefetage entlastet. Sie werden wieder<br />

vermehrt am Ort des Geschehens wirken: nahe bei der Produktion<br />

und mitten im Team. Das klassische Shopfloor Management<br />

gewinnt damit an Bedeutung. Und angesichts der Systemkomplexität<br />

wird dem „Trouble Shooting“ wiederum eine wachsende Bedeutung<br />

zukommen.<br />

Die Angst des Menschen, durch Maschinen ersetzt zu werden, ist<br />

so alt wie die Ablösung des Webstuhls durch die Webmaschine. Die<br />

Ängste des Managements sind diffiziler: Innerhalb vernetzter Strukturen<br />

sind nicht nur die Anforderungen komplexer, im System können<br />

auch Entscheidungen transparent nachvollzogen und exakt evaluiert<br />

werden. Vom Manager zum Teamplayer: Dieser Wechsel wird<br />

in Deutschland Zeit und Geduld brauchen, weil die Organisation<br />

nach Abteilungen in unserer Firmenstruktur verwurzelt ist. Eine<br />

strategische Neuausrichtung kann aber nur gelingen, wenn das<br />

Management Mitarbeiter in die Veränderungen einbindet und sie<br />

nicht nur verwaltet. Dazu zählen Vorab-Informationen, Umfragen,<br />

der Aufbau von Teamgeist, die Akzeptanz anderer Meinungen und<br />

gegebenenfalls auch die Modifikation der eigenen Pläne. Auf lange<br />

Sicht bietet die Teamorientierung aber nur Vorteile – für das Unternehmen,<br />

für Entscheider, für Mitarbeiter. Alle Beteiligten werden<br />

durch eine gemeinsame Zielerfüllung eine höhere Befriedigung finden.<br />

Die Verfügbarkeit von Informationen erleichtert den Einstieg in<br />

eigenverantwortliches Handeln, im Gegensatz zum bloßen Ausführen<br />

von erteilten Aufgaben.<br />

Wissen ist Macht – die Ausbildung<br />

Früher reichte eine Ausbildung oder ein Studium für ein ganzes<br />

Arbeitsleben. Heute kommen Innovationszyklen deutlich schneller<br />

als die Ausbildungszyklen. In Folge wird interdisziplinäre Aus- und<br />

Weiterbildung zur Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmen.<br />

Allerdings sind nach Einschätzung der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

die Berufsschulen und Universitäten nicht ausreichend vorbereitet.<br />

„Ausbildung ist häufig noch auf die Anforderungen des 19. und<br />

20. Jahrhunderts ausgerichtet“, stellen die Münchner im Rahmen<br />

einer Untersuchung fest, die sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung<br />

auf die Arbeitswelt beschäftigt. Mittlerweile kommt aber<br />

Bewegung in die Unterrichtspläne. Das belegt Jörg Friedrich, Leiter<br />

der Abteilung Bildung beim Verband Deutscher Maschinen- und<br />

Anlagenbau (VDMA): „Wir erarbeiten gerade neue Inhalte für die<br />

Ausbildung in den Metall- und Elektroberufen“.<br />

Das Problem dabei: Es lässt sich nicht für alle Berufe vorhersagen,<br />

wie sehr vernetzte Produktionsstrukturen sie verändern werden.<br />

Zu dieser Serie<br />

INFO<br />

Wir begleiten Sie auf dem Weg zu Industrie 4.0: In Form<br />

einer titelübergreifenden Artikelreihe der Konradin Mediengruppe,<br />

die Ihnen Impulse, Informationen und Erfahrungen an<br />

die Hand gibt. Bisher sind erschienen:<br />

• Evolutionäre Weiterentwicklung – aber der Beginn<br />

einer neuen Ära – Übersichtsbeitrag in develop 3 systems<br />

engineering 01/2016, S. 14ff<br />

• Die neun Module der Zukunft – die Forschungsanlage<br />

Smart Factory KL treibt die Industrie-4.0-Standardisierung<br />

voran, Industrieanzeiger 11/2016, S. 22ff<br />

• Schrittmacher der Zukunft – Intelligente Feldkomponenten,<br />

elektro AUTOMATION 05/2016, S. 24ff<br />

Übrigens: Bleiben Sie mit uns am Ball. Falls Sie eine<br />

der Publikationen noch nicht kennen und keinen Serienteil<br />

verpassen wollen, können Sie unverbindlich ein Probeheft<br />

anfordern:<br />

www.direktabo.de/de/industrie.html<br />

Oder Sie senden uns einfach eine Mail mit dem Stichwort<br />

„Serie Industrie 4.0“ und dem Namen der gewünschten<br />

Publikation an:<br />

d3.redaktion@konradin.de<br />

56 develop 3 systems engineering 02 2016


INDUSTRIE 4.0<br />

ANWENDUNGEN<br />

Bild: Wittenstein<br />

Dr. Manfred Wittenstein, Vorstand für Technologie<br />

und Innovation bei der Wittenstein AG<br />

„Wir brauchen<br />

einen Produktionsinformatiker,<br />

der die Informations-<br />

und die<br />

Produktionstechnik<br />

näher<br />

zusammen -<br />

bringt.“<br />

Bild: Jim Rakete / DFKI<br />

„Fachkräfte<br />

werden aufgrund<br />

des demografischen<br />

Wandels in<br />

Zukunft wahrscheinlich<br />

länger<br />

arbeiten.“<br />

Prof. Wolfgang Wahlster, Professor für Informatik und CEO des<br />

Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI)<br />

Klar ist nur: Die Grenzen zwischen den Berufsbildern schwinden.<br />

Nach einer Ausbildung zum Instandhalter warten Nachwuchskräfte<br />

heute zum Beispiel nicht nur Maschinen, sondern arbeiten darüber<br />

hinaus mit Robotern und werten für Predictive Maintenance Daten<br />

in Echtzeit aus. Diese Flexibilität bringt nicht jeder mit. Der Kampf<br />

um die besten Köpfe wird sich daher intensivieren.<br />

Neue Berufe oder ein neues Ausbildungssystem sieht der VDMA<br />

indes nicht. Laut der Studie „Industrie 4.0 – Qualifizierung 2025“<br />

werden das Duale Studium und die bestehenden beruflichen Fortbildungssysteme<br />

sogar noch wichtiger werden. Der klassische Meister<br />

wird laut VDMA allerdings an Bedeutung verlieren. An seine<br />

Stelle tritt der fachübergreifend ausgebildete Spezialist mit IT-Erfahrung,<br />

der lebenslang lernt. On-the-Job, im unternehmenseigenen<br />

Trainingszentrum und/oder durch externe Schulungsangebote.<br />

Dr. Manfred Wittenstein, Vorstand für Technologie und Innovation<br />

bei der Wittenstein AG, bringt in der erwähnten IAO-Studie die Meinung<br />

vieler Experten auf den Punkt: „Wir müssen die Informationsund<br />

die Produktionstechnik näher zusammenbringen und diese<br />

Gebiete vereinen, beispielsweise in einer Ausbildung zum Produktionsinformatiker.<br />

Wir brauchen dort keine Informatiker – die werden<br />

nicht die Probleme der Produktion lösen. Wir müssen die Verständigung<br />

zwischen den Einzeldisziplinen weiter verstärken, damit die<br />

Probleme in eine Informatiksprache übersetzt werden können“.<br />

Flexibilität von Maschine und Mensch<br />

Was wird sich direkt an den Arbeitsplätzen ändern? Volatile Märkte,<br />

vernetzte Strukturen und kleinere Losgrößen erfordern nicht nur<br />

Flexibilität in den Prozessen, sondern auch von allen handelnden<br />

Personen. Bereits heute weicht in sechs von zehn Unternehmen<br />

mindestens einmal pro Woche die tatsächliche Arbeitszeit um mehr<br />

als 30 Minuten von der Normarbeitszeit ab. Die Organisation<br />

zukünftiger Arbeitspläne ist mit klassischen Methoden nicht zu<br />

schaffen. Deshalb werden Mitarbeiter im Rahmen von Industrie 4.0<br />

ebenfalls mit modernen Kommunikationstechnologien ausgestattet.<br />

Borg-Warner in Ludwigsburg, Zulieferer der Automobilindustrie für<br />

Komponenten und Systeme für den Antriebsstrang, hat zum Beispiel<br />

firmenweit eine App eingeführt, mit der sich Mitarbeiter über<br />

ihre Smartphones aktiv für außerordentliche Projekteinsätze bewerben<br />

können. Den Zuschlag erhält dann nicht der Schnellste oder wer<br />

gut mit dem Schichtführer kann. Zusätzliche soziale Kriterien wie<br />

bereits absolvierte Überstunden oder auch Kompetenz für den<br />

jeweiligen Auftrag fließen mit ein.<br />

Weitere Hardware wird die Mensch-Maschine-Kommunikation vereinfachen:<br />

Augmented-Assistenzsysteme. Das könnte so aussehen<br />

wie bei VW in Wolfsburg. Dort wird in der Produktionslogistik<br />

bereits eine 3D-Datenbrille genutzt. Der Träger erhält in seinem<br />

Sichtfeld Informationen zu Komponenten, zum Beispiel die Teilenummer.<br />

Die Kamera der Brille dient als Barcode-Scanner. Entnimmt<br />

der Mitarbeiter ein falsches Teil, wird er durch eine rote Einblendung<br />

gewarnt. Mit der Datenbrille hat der Mitarbeiter beide<br />

Hände frei und er wird durch die Kamera visuell unterstützt. So kann<br />

er qualifizierter als bisher eingesetzt werden. Er geht durch die Halle<br />

und sieht sofort, wo sein Auftrag plus die dafür notwendigen Materialien<br />

und Informationen sind.<br />

Die Zukunft der Zukunft<br />

Was bringt Industrie 4.0 dem Menschen im Unternehmen? Die<br />

Prognosen fallen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Manche<br />

Experten sehen in Industrie 4.0 die Lösung des demographischen<br />

Wandels. Professor Wahlster, Experte für künstliche Intelligenz am<br />

DFKI, sagt in der Studie „Produktionsarbeit der Zukunft“ voraus:<br />

„Wir wissen, dass Fachkräfte aufgrund des demografischen Wandels<br />

in Zukunft wahrscheinlich länger arbeiten müssen. Dafür brauchen<br />

wir eine Fähigkeitsunterstützung mithilfe einer neuen Generation<br />

industrieller Assistenzsysteme im physischen, aber auch im<br />

kognitiven Bereich, damit auch ältere Arbeiter ihre immer komplexeren<br />

Aufgaben ohne Gesundheitsbelastungen und mit Freude an der<br />

Arbeit bewältigen können.“ Andere warnen dagegen vor dem<br />

Schreckgespenst des gläsernen Arbeiters unter der Fuchtel der totalen<br />

Datenkontrolle. Die Wahrheit ist wohl nicht so einfach. Industrie<br />

4.0 wird inzwischen durchaus kontrovers diskutiert, die ersten<br />

Roboter wurden schon wieder abgebaut. Zum Beispiel bei Toyota.<br />

Nach mehreren kostspieligen Rückrufaktionen werden dort wieder<br />

verstärkt manuelle Arbeitsplätze eingeführt. Roboter haben es eben<br />

auch nicht immer leicht.<br />

Der Autor: Michael Grupp, Redakteur in Stuttgart,<br />

im Auftrag der Konradin Mediengruppe<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 57


ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />

Alle Unternehmen der<br />

Faulhaber-Gruppe arbeiten<br />

vernetzt: von<br />

der Ideengewinnung<br />

bis zu Lieferung und<br />

Vermarktung<br />

Bild: Faulhaber<br />

Connectivity von der Idee bis zum Produkt<br />

Industrie 4.0 als gelebte Praxis<br />

Industrie 4.0 mit dem Ziel einer intelligenten Fabrik ist ein zentrales Thema. Schritt für Schritt werden<br />

die damit angestrebten Veränderungen auch Realität. Die zunehmende Integration von Systemen und<br />

Funktionen sowie die immer enger werdende Vernetzung und Kommunikation der Komponenten untereinander<br />

können maßgeblich die Effizienz, Flexibilität, Sicherheit und Nachhaltigkeit der Industrieautomation<br />

verbessern. Doch was bedeutet das für die unterschiedlichen Unternehmen? Wie lässt sich<br />

Industrie 4.0 leben?<br />

Inzwischen gibt es Antworten auf diese Frage, denn es gibt Beispiele<br />

dafür, wie der Vernetzungs- oder Connectivity-Gedanke die<br />

Prozesse in Entwicklung und Produktion sowie die Kommunikationswege<br />

zwischen den Menschen im Unternehmen verändern<br />

kann. Die intelligente Vernetzung beschreibt die Fähigkeit zum Finden,<br />

Einrichten und zur Nutzung von Verbindungen zwischen Menschen,<br />

Werkzeugen, Maschinen, Unternehmen, Material, Produkten<br />

und Software. Das Ziel ist es, die Informations- und Materialflüsse<br />

rasch und transparent zu steuern. Daraus ergeben sich für Unternehmen<br />

neue Aufgaben.<br />

Wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang sind stark individualisierte<br />

und gleichzeitig kostengünstige Produkte und das effiziente<br />

Handling kleiner Bestellmengen ab Losgröße 1 bei kurzen<br />

Lieferzeiten. Das verlangt eine möglichst hohe Flexibilität sowohl<br />

bei den Produktionsanlagen als auch bei der Materialbereitstellung<br />

und natürlich auch von den Mitarbeitern. Dazu muss die Vernetzung<br />

mithilfe aller zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten<br />

aktiv betrieben werden.<br />

Intelligente Vernetzung rechnet sich<br />

Der Antriebsspezialist Faulhaber hat sich dieser Herausforderung<br />

bereits frühzeitig gestellt und den Connectivity-Gedanken in seiner<br />

ganzen Vielschichtigkeit in die Praxis umgesetzt. Das betrifft konsequent<br />

alle Bereiche an allen Standorten: die Entwicklung ebenso<br />

wie die Werkzeuge, die Produktion, die Produkte und die Mitarbei-<br />

ter. Überall werden der Informationsfluss und die direkte, schnelle<br />

Kommunikation innerhalb der Standorte und untereinander zum<br />

zentralen Thema. Der Nutzen ist beachtlich, denn kürzere Entwicklungs-<br />

und Lieferzeiten rechnen sich nicht nur für das Unternehmen<br />

selbst, sondern auch die Anwender haben dies schnell schätzen gelernt.<br />

So arbeiten bei der Entwicklung neuer Produkte und applikationsspezifischer<br />

Lösungen die Ingenieure der unterschiedlichen<br />

Standorte in Deutschland, der Schweiz und Ungarn je nach Bedarf<br />

und den jeweiligen Kernkompetenzen eng zusammen. Die Voraussetzungen<br />

für diese gegenseitige Unterstützung schaffen einheitlich<br />

gestaltete und harmonisierte Prozesse, klar definierte Methoden,<br />

identische Formulare, eine gemeinsame Datenbasis und exakt festgelegte,<br />

schnelle Kommunikationswege.<br />

Von der Idee zum Produkt<br />

Anschaulich wird das, wenn man zum Beispiel die Entwicklung eines<br />

applikationsspezifischen Speed Controller näher betrachtet: Auf<br />

die entsprechend der benötigten Leistungsklasse ausgewählte<br />

Hardware-Vorbaugruppe werden Firmware und Parametersatz aufgespielt.<br />

Dazu gehören beispielsweise die Auswahl zwischen DCoder<br />

EC-Motoren sowie der Encoder- und Sensormerkmale. Anschließend<br />

wird der Controller an die Applikation angepasst, also individuell<br />

parametriert. Dabei lassen sich unterschiedliche Betriebsarten<br />

berücksichtigen. Dieses One-Piece-Flow-Konzept sorgt für kurze<br />

Reaktionszeiten, da lagerhaltige Hardware-Komponenten nur noch<br />

kundenspezifisch programmiert werden müssen.<br />

Die Prozesse bei der Erstellung einer solchen kundenspezifischen<br />

Software sind natürlich ebenfalls klar definiert. Die Abläufe von Pro-<br />

58 develop 3 systems engineering 02 2016


INDUSTRIE 4.0<br />

ANWENDUNGEN<br />

Das One-Piece-Flow-Baugruppenkonzept<br />

sorgt für kurze Reak-<br />

tionszeiten, da sich lagerhaltige<br />

Hardware-Komponenten schnell<br />

kundenspezifisch programmieren<br />

lassen<br />

Bild: Faulhaber<br />

Projekte werden vom<br />

Endtermin aus rückwärts<br />

geplant<br />

dukt-Design und der Produktion sind miteinander verzahnt<br />

und nutzen gemeinsame Datenbanken und Systeme<br />

(PLM, ERP und Prüfplandatenbank), in denen alle Dokumente<br />

hinterlegt sind. Das PLM-System unterstützt<br />

dabei den Entstehungsprozess des virtuellen Produkts<br />

durch das systematische Zusammenführen der entstehenden<br />

Produktdaten und deren Bereitstellung entlang<br />

des gesamten Produktlebenszyklus. Das ERP-System<br />

dient dann der Steuerung der erforderlichen Ressourcen<br />

des physischen Produkts.<br />

Der Kommunikationsfluss zwischen den beteiligten Mitarbeitern<br />

ist durch die Nutzung zeitgemäßer Medien<br />

deutlich verbessert. Per Videokonferenzen tauschen sich<br />

die Vertreter aus Vertrieb, Applikation, Produktionsplanung,<br />

Einkauf und Controlling in regelmäßigen Abständen<br />

aus. Letztendlich läuft der gesamte Entwicklungsprozess<br />

schneller ab. Dazu trägt auch bei, dass Projekte grundsätzlich vom<br />

Endtermin her rückwärts geplant werden. Im besten Fall ist ein Produkt<br />

dann schon deutlich vor dem zugesagten Liefertermin beim<br />

Kunden.<br />

Kontakt<br />

Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG<br />

Schönaich<br />

Tel. +49 7031 6380<br />

www.faulhaber.com<br />

INFO<br />

Vernetzung für eine flexible Produktion<br />

Zu einer einheitlichen, durchgängigen Dokumentation im Sinne der<br />

Connectivity gehören natürlich auch die Arbeitsabläufe in der Produktion<br />

und die eingesetzten Produktionsmittel. Das erhöht die Flexibilität<br />

in der Produktion. Produziert wird immer auftragsbezogen,<br />

wobei die Mitarbeiter sich problemlos an unterschiedlichen Produktionslinien<br />

zurechtfinden, bei Bedarf sogar an anderen Standorten.<br />

Dafür sorgen einheitliche Produktionsregeln. Letztendlich lassen<br />

sich durch diese Connectivity und Standardisierung Engpässe vermeiden<br />

und eine gleichmäßige Auslastung erreichen.<br />

Der Trend zu höherer Integration<br />

In der Antriebstechnik geht der Trend heute zu höherer Integration,<br />

z.B. von Sicherheitsfunktionen. Jede Integration führt dabei zu höherer<br />

Komplexität, muss aber gleichzeitig mit möglichst niedrigen<br />

Kosten realisiert werden. Auch hier ist für Faulhaber Vernetzung der<br />

Schlüssel zum Erfolg. Standortübergreifende Koordination von Kernkompetenzen,<br />

enge Verzahnung mit den eigenen Lieferanten sowie<br />

Networking mit Forschungsinstituten und Verbänden schaffen hierfür<br />

die besten Voraussetzungen. Den Connectivity-Gedanken in die<br />

Praxis umzusetzen zahlt sich für alle Beteiligten aus, da sich in jedem<br />

organisatorischen Bereich eines Unternehmens von klaren<br />

Strukturen, gemeinsamen Arbeitsplattformen und klar definierten<br />

Kommunikationswegen profitieren lässt. Das fängt bei Entwicklung<br />

und Produktion an und hört bei Logistik, IT, Personalabteilung und<br />

Marketing noch lange nicht auf. Unternehmen, die Industrie 4.0 leben<br />

wollen, sollten sich darum dem Thema Vernetzung ganz besonders<br />

annehmen.<br />

ge<br />

Bild: Faulhaber<br />

Ellen-Christine Reiff und Alex Homburg, Redaktionsbüro<br />

Stutensee, für die Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 59


ANWENDUNGEN<br />

ENERGIE- UND RESSOURCENEFFIZIENZ<br />

Energiemanagement nach DIN EN ISO 50001<br />

Umweltschutz als Einsparungspotential<br />

Die Umweltziele der Bundesregierung lassen sich nur durch eine gemeinsame Anstrengung erreichen.<br />

Große Unternehmen sind deshalb mittlerweile verpflichtet, einen Beitrag zu leisten und ihren Energieverbrauch<br />

zu verringern. Moderne Messlösungen und funktionale Software schaffen dabei die Grundlage<br />

für einen nachhaltigen Optimierungsprozess.<br />

Seit dem 5. Dezember 2015 müssen Unternehmen nachweisen,<br />

dass sie ihren Energieverbrauch durch ein Energie-Audit nach<br />

DIN EN 16247-1 regelmäßig überprüfen lassen und Potenzial für<br />

Einsparungen und Effizienzverbesserungen ermitteln. Betroffen<br />

sind Unternehmen, die nach der Definition der Europäischen Kommission<br />

als Nicht-KMU gelten, also 250 und mehr Mitarbeiter haben<br />

sowie einen Jahresumsatz von mindestens 50 Mio. Euro und eine<br />

Jahresbilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro. Aber auch kleinere<br />

Firmen sind als Partner- oder verbundene Unternehmen audit -<br />

pflichtig. Das Problem auszusitzen ist keine Option; das mit der Umsetzung<br />

betraute Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

(BAFA) führt seit dem Jahresanfang 2016 Stichproben durch und<br />

kann, sofern Unternehmen ihrer Verpflichtung nicht nachkommen,<br />

Bußgelder verhängen.<br />

Ende 2015 ist das Gesetz über Energiedienstleistungen (EDL-G) in<br />

Kraft getreten. Statt die darin geforderten Energie-Audits durchführen<br />

zu lassen, können Unternehmen auch ein Energiemanagement-System<br />

betreiben. Der Remote-Monitor und Buskoppler Diris<br />

Digiware D-50 von Socomec ermöglicht für ein solches System die<br />

lokale Überwachung aller angeschlossenen Geräte<br />

Handlungsbedarf bleibt aufrecht<br />

Auch nach Verstreichen des Stichtages bleibt der Handlungsbedarf<br />

in Bezug auf das Gesetz über Energiedienstleistungen (EDL-G)<br />

bestehen. Wenn Unternehmen beispielsweise ihren Status als<br />

KMU verlieren, weil sie wachsen und in zwei aufeinander folgenden<br />

Jahren die Schwellenwerte überschreiten, müssen sie innerhalb<br />

von eineinhalb Jahren die Bestimmungen des EDL-G ebenfalls erfüllen.<br />

Vom Energie-Audit sind diejenigen Unternehmen befreit, die ein<br />

Energiemanagement-System nach DIN EN ISO 50001 oder ein Umweltmanagement-System<br />

nach dem Eco-Management and Audit<br />

Scheme (EMAS) bereits betreiben oder einzuführen beabsichtigen.<br />

Manche Unternehmen haben sich aus Zeit- und Kostengründen fürs<br />

erste für das Energie-Audit nach DIN EN 16247-1 entschieden, um<br />

sich so Luft für die Einführung eines Energiemanagements zu verschaffen.<br />

Beim Audit wird im Abstand von maximal vier Jahren<br />

durch einen qualifizierten Energieberater der Energieverbrauch des<br />

Unternehmens analysiert. Dafür werden die verbrauchsrelevanten<br />

Daten und Verhaltensweisen erfasst und ausgewertet. Aus der Ist-<br />

Situation wird das Einsparpotenzial abgeleitet, wirtschaftlich bewertet<br />

und ein Maßnahmenkatalog zur Verbrauchsreduktion erstellt.<br />

Der Aufwand an Mitarbeiterressourcen und Kosten für einen solchen<br />

Vorgang sind deutlich geringer als für<br />

ein Energiemanagement-System: Für ein<br />

Unternehmen nahe an der Schwelle zum<br />

KMU schätzt die Europäische Kommission<br />

die durchschnittlichen Kosten auf etwa<br />

4000 Euro pro Audit. Die tatsächlichen<br />

Kosten können stark variieren und hängen<br />

beispielsweise von der Art des Unternehmens<br />

ab, der Unternehmensgröße und<br />

nicht zuletzt davon, ob und welche Daten<br />

zum Energieverbrauch im Unternehmen<br />

bereits verfügbar sind.<br />

Bild: Socomec<br />

Vom Audit zum System<br />

Die Erfolgsaussichten für Energieeinsparungen<br />

auf der Grundlage des Audits sind<br />

gut. Allerdings fordert das EDL-G lediglich<br />

die Überprüfung des Energieverbrauches.<br />

Die Umsetzung verbrauchssenkender<br />

Maßnahmen ist dem Unternehmen überlassen,<br />

wodurch der Zweck des Gesetzes,<br />

den Energieverbrauch zu verringern, verpuffen<br />

kann. Dies lässt sich durch ein<br />

Energiemanagement-System verhindern,<br />

bei dessen Einführung die Ergebnisse<br />

eines Audits gute Dienste leisten können.<br />

60 develop 3 systems engineering 02 2016


ENERGIE- UND RESSOURCENEFFIZIENZ<br />

ANWENDUNGEN<br />

Diris Digiware ermöglicht eine Zusammenstellung der<br />

Messlösung aus Stromsensoren, Strommessmodulen,<br />

Spannungsmessmodul, Anzeigegerät und Buskoppler<br />

Bild: Socomec<br />

Ein solches System stellt einen kontinuierlichen, organisierten Prozess<br />

dar, der Einfluss auf die betrieblichen Abläufe nimmt und deshalb<br />

ein sehr hohes Potenzial besitzt, Einsparmöglichkeiten fortlaufend<br />

zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Die<br />

DIN EN ISO 50001 gibt die Richtschnur für seine Einführung vor und<br />

beschreibt die Anforderungen sowie die Vorgehensweise beim<br />

Anstoßen, der Umsetzung und der Kontrolle des Prozesses. Startpunkt<br />

ist hier ebenfalls die Bestandsaufnahme. Da jedoch nur optimiert<br />

werden kann, was sich messen lässt, erfordern Energiemanagement-Systeme<br />

zusätzlich die fortlaufende und möglichst exakte<br />

Erfassung der Verbrauchsdaten. Dafür muss in vielen Fällen<br />

zunächst eine Messstellen-Infrastruktur auf- oder ausgebaut werden.<br />

Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Nachrüstung<br />

bestehender Anlagen dar. Entscheidend ist, ob die Lösung möglichst<br />

schnell und damit kostengünstig eingebaut und ob die Anlagen<br />

während des Einbaus weiterbetrieben werden können. Zudem<br />

spielt der Platzbedarf der Komponenten im Schaltschrank eine Rolle.<br />

Hier bietet sich eine Messlösung in kompakter Bauweise an, wie<br />

sie Socomec mit Diris Digiware entwickelt hat. Sie lässt sich aus<br />

Stromsensoren, Strommessmodulen, Spannungsmessmodul und<br />

Anzeigegerät zusammenstellen, wobei einzelne Module platzsparend<br />

gemeinsam genutzt werden können.<br />

Schneller Einbau in Bestandsanlagen<br />

Für neue Anlagen werden Stromsensoren zum Durchstecken angeboten,<br />

in Bestandssystemen reduzieren teilbare und flexible Sensoren<br />

den Aufwand für die Nachrüstung. Sie kann im laufenden<br />

Betrieb vorgenommen werden, da keine Leitungen abgeklemmt<br />

und wieder verbunden werden müssen. Das Plug-&-Play-Konzept<br />

von Diris Digiware vermeidet zudem Anschluss- und Installationsfehler.<br />

Die Messgenauigkeit nach IEC 61557-12 liegt bei Klasse 0,5<br />

für die gesamte Messkette bei 2 bis 120 % des Primärstroms und<br />

bei Klasse 0,2 für das Messgerät allein.<br />

Damit die Daten der einzelnen Messpunkte für die spätere Auswertung<br />

und Analyse genutzt werden können, müssen sie gesammelt<br />

und zusammengeführt werden. Der Buskoppler Diris G von Socomec<br />

ermöglicht dies. Er erfasst die Daten aller Funkfrequenz- und<br />

RS485-Modbus-Geräte – auch für die Messung von Medien wie<br />

Gas und Wasser – und kann einzeln oder in Architekturen mit mehreren<br />

Buskopplern in Kaskaden- oder Parallelschaltung eingesetzt<br />

werden. Auf einem Anzeigegerät wie dem Diris Digiware D-50<br />

können vor Ort alle angeschlossenen Geräte auf dem Bildschirm<br />

abgebildet werden. Der darin integrierte Webserver Webview<br />

dient der Leistungsüberwachung der elektrischen Größen in Echtzeit<br />

und zur Meldung von Überschreitungen der Schwellenwerte.<br />

Er archiviert außerdem die Mess- und Verbrauchsdaten und ermöglicht<br />

die Auswertung der Daten mit zahlreichen Anzeige- und<br />

Darstellungsoptionen. Das System lässt sich zudem mit einem<br />

Touchscreen-Tablet ergänzen, das im Schaltschrank installiert oder<br />

per Ethernet oder WiFi-Kabel angeschlossen werden kann.<br />

Daten auswerten<br />

Schlussendlich werden die erfassten Daten zur Weiterverarbeitung<br />

an die Software übergeben. Dafür bietet die Lösung Vertelis Hyperview<br />

über eine intuitiv bedienbare Benutzerkonsole verschiedene<br />

Analyse- und Auswertungsfunktionen an. Je nach Anzahl der Zählund<br />

Messgeräte kann Hyperview auf einem lokalen Server oder in<br />

einer Cloud gehostet werden. Die Software ermöglicht die Aufbereitung<br />

aller energiespezifischen Daten im Hinblick auf die Festlegung<br />

der Energiepolitik, der Energieziele sowie der Maßnahmenplanung.<br />

Anhand der Verbrauchsdaten lassen sich die größten Verbraucher<br />

identifizieren sowie Verbrauchsspitzen, Trends und Faktoren ermitteln<br />

und verfolgen, die den Verbrauch beeinflussen. Dabei kann die<br />

Auswertung beispielsweise nach den Medien, der Verwendung der<br />

Energie, nach Standorten, Gebäuden oder Kostenstellen erfolgen.<br />

Auch Lieferverträge können erfasst und Abrechnungen simuliert<br />

werden, um Möglichkeiten zur Kostensenkung zu identifizieren.<br />

Darüber hinaus ist es möglich, Verbrauchswerte verschiedener<br />

Standorte miteinander oder in Abhängigkeit von externen Größen<br />

zu vergleichen und Prognosen zu erstellen.<br />

ik<br />

Der Autor: Steffen Breiter,<br />

Marketing Manager Deutschland / Österreich, Socomec GmbH<br />

Kontakt<br />

Socomec GmbH<br />

Mannheim<br />

Steffen Breiter, Region Marketing Manager D/A<br />

Tel: +49 621 71684-0<br />

steffen.breiter@socomec.com<br />

www.socomec.com<br />

Weitere Informationen zur Energiemessung<br />

und -überwachung in elektrischen Anlagen:<br />

http://t1p.de/0g7g<br />

INFO<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 61


ANWENDUNGEN<br />

QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />

Integration in Prozessabläufe sicherstellen<br />

Qualitätsprüfung<br />

in der Additiven Fertigung<br />

Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck eröffnen un -<br />

geahnte Möglichkeiten für die industrielle Serienproduktion. In<br />

Sachen Qualitätssicherung, Prüfung und Zertifizierung stellen<br />

diese revolutionären Technologien alle Beteiligten aber auch<br />

vor neue Herausforderungen: die Hersteller, die sich die Möglichkeiten<br />

des Customizing in industriellem Maßstab erschließen<br />

wollen, ebenso wie Normierungsorganisationen, Zertifizierungsunternehmen<br />

und Schulungsanbieter.<br />

Zu den großen Vorteilen der Additiven Fertigung gehört es, dass<br />

Unternehmen durch sie Teile mit variablem Design herstellen<br />

und eine kundenindividuelle Massenproduktion aufnehmen können.<br />

Die Technologie ist inzwischen so ausgereift und hat ein solch<br />

hohes Niveau erreicht, dass Unternehmen aus Luftfahrt und Medizintechnik<br />

sie bereits regelmäßig verwenden, um mit ihr Funktionsteile<br />

für Nischenanwendungen herzustellen. Aber auch für die industrielle<br />

Serienfertigung sind die neuen Technologien hochrelevant.<br />

Additive Manufacturing bietet die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit<br />

zu erhöhen und die Qualität zu steigern, indem Produkte langlebiger,<br />

widerstandsfähiger und leichter werden. Bereits heute können<br />

Hersteller durch 3D-Druck Komponenten mit komplexeren<br />

Funktionen fertigen, ihre Kosten reduzieren, die Produktion beschleunigen<br />

und die Supply Chain für ihre Fertigung verkürzen.<br />

Je weiter und schneller sich der 3D-Druck in der Fertigungsindustrie<br />

aber verbreitet, desto wichtiger wird es, die mit ihm hergestellten<br />

Teile zu prüfen und zu zertifizieren – das beginnt bereits bei der Materialauswahl<br />

und muss auch den späteren Produkteinsatz berücksichtigen.<br />

Kontakt<br />

UL in Deutschland<br />

Neu-Isenburg (Zeppelinheim)<br />

Tel. +49 69 4898-100<br />

info.de@ul.com<br />

http://germany.ul.com/<br />

INFO<br />

Bild: Oleksiy Mark/Fotolia.com<br />

Die Additive Fertigung entwächst derzeit<br />

ihren begrenzten Anfängen im Rapid<br />

Prototyping. Immer mehr Unternehmen<br />

erkennen, dass das Verfahren ihnen<br />

auch in der Serienproduktion ungeahnte<br />

Möglichkeiten eröffnet<br />

ISO/TC 261 und ASTM F42<br />

treiben die Standardisierung voran<br />

Wegen der inhärenten Charakteristik des Prozesses unterscheiden<br />

sich Produkte aus Additiver Fertigung erheblich von solchen aus<br />

konventioneller Produktion. Wenn die Qualität auf jeder Stufe des<br />

Additiven Fertigungsprozesses sichergestellt werden soll, um Teile<br />

mit einem konstant hohen Qualitätsniveau zu produzieren, ist es<br />

notwendig, nicht nur das fertige Produkt zu prüfen, sondern auch<br />

Prüfungen während des Prozesses durchzuführen. Eine der größten<br />

Herausforderungen für die Qualitätssicherung und Zertifizierung in<br />

der Additiven Fertigung besteht darin, geeignete Standards zu<br />

schaffen: für die Materialien, die Prozesse und die Produkte. Die<br />

Entwicklung entsprechender Standards wird derzeit von zwei Normierungsorganisationen<br />

in gemeinsamer Arbeit vorangetrieben:<br />

von „ISO/TC 261 Additive Manufacturing“ und vom „ASTM International<br />

Technical Committee F42 on Additive Manufacturing Technologies“.<br />

Nach eingehenden Beratungen haben ISO/TC 261 und ASTM<br />

F42 Ende 2013 ein koordiniertes Vorgehen beschlossen: einen<br />

„Joint Plan for Additive Manufacturing Standards Development“.<br />

UL-Themenseite zum<br />

Additive Manufacturing:<br />

http://industries.ul.com/additive-manufacturing<br />

Struktur der neuen Normen<br />

Die Normierungsverfahren sind dabei in drei Ebenen gegliedert: die<br />

General Top-Level Standards, die Category Standards und schließlich<br />

die Specialized Standards. Bei der allgemeinen Normierung auf<br />

62 develop 3 systems engineering 02 2016


QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />

ANWENDUNGEN<br />

der obersten Ebene geht es um Terminologie, um Prozesse und Materialien,<br />

um allgemeine Testmethoden sowie um Design und Datenformate.<br />

Von der nächsten, der Kategorie-Ebene an unterscheidet<br />

der Normierungsplan jeweils zwischen drei Bereichen: Raw Materials,<br />

Process/Equipment und Finished Parts. Bei den Rohmaterialien<br />

geht es auf der Kategorie-Ebene um Metallpulver, Polymerpulver,<br />

Photopolymer-Kunstharze, Keramik etc. Im Bereich Prozesse<br />

und Ausrüstung befassen sich die Normen beispielsweise mit<br />

Powder Bed Fusion, also mit thermischen Pulverbett-Fusionsprozessen,<br />

oder mit Material-Extrusion. Bei den Normen für Endprodukte<br />

geht es auf der Kategorie-Ebene unter anderem um mechanische<br />

Testmethoden, sei es für Metalle, Polymere oder andere Werkstoffe.<br />

Auf der untersten Ebene der Specialized AM Standards sei hier<br />

der Bereich Finished Parts hervorgehoben – denn hier sind ausdrücklich<br />

applikationsspezifische Normen vorgesehen: für den Luftfahrtbereich,<br />

die Medizintechnik, die Automobilindustrie etc.<br />

Der Zeithorizont für die Normierung<br />

Die meisten Normen aus der obersten, der allgemeinen Ebene sind<br />

bereits veröffentlicht. „ISO 17296-2:2015 Additive manufacturing,<br />

General principles, Part 2” etwa gibt einen Überblick über Prozesskategorien<br />

und Rohmaterialien. Auch die Teile 3 und 4 liegen bereits<br />

vor, während sich Teil 1, der sich mit der allgemeinen Terminologie<br />

der Additiven Fertigung beschäftigt, derzeit noch in der Zustimmungsphase<br />

befindet. Für die Schaffung neuer Standards lassen<br />

sich durchaus auch bereits bestehende Normen als Vorlage nutzen.<br />

So können beispielsweise viele existierende Material-Prüfungsnormen<br />

unmittelbar auf die Additive Fertigung übertragen werden. Einige<br />

nachgeordnete Normen, die sich mit den Rohmaterialien befassen,<br />

sind bereits veröffentlicht, wie etwa: „F2924-14 Standard Specification<br />

for Additive Manufacturing Titanium-6 Aluminum-4 Vanadium<br />

with Powder Bed Fusion” oder „F3091/F3091M-14 Standard<br />

Specification for Powder Bed Fusion of Plastic Materials“. Eine große<br />

Zahl weiterer neuer Normen befindet sich derzeit in der Vorschlagsphase.<br />

Aufgrund der aktuellen Roadmap darf man davon<br />

ausgehen, dass der Löwenanteil der Normen für den Bereich der<br />

Additiven Fertigung in einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren<br />

vorliegen dürfte.<br />

• Aufgabe 1: Prüfung des Metallpulvers<br />

Der erste Schritt in der Qualitätssicherung für ein per 3D-Druck hergestelltes<br />

Produkt besteht darin, bereits die Rohmaterialien zu prüfen<br />

und zu charakterisieren. Denn die Materialeigenschaften des<br />

Endprodukts hängen stark von etwaigen Schwankungen der Eigenschaften<br />

des Rohmaterials ab. Schon verschiedene Chargen desselben<br />

Pulverrohmaterial-Produzenten beispielsweise können sich signifikant<br />

unterscheiden. Und Additive Fertigung mit Metallen findet<br />

im Wesentlichen mit einem Metallpulver als Rohmaterial statt –<br />

Ausnahmen sind das Verfahren der Ultrasonic Consolidation, bei<br />

dem Metallfolien benutzt werden, und die Electron Beam Free<br />

Form Fabrication (EBFF), die mit Metalldraht arbeitet. Die Eigenschaften<br />

des Metallpulvers spielen für die Qualität immer eine zentrale<br />

Rolle: sei es die chemische Zusammensetzung des Pulvers,<br />

die Größenverteilung der Partikel, die Fließfähigkeit oder die Temperatur.<br />

Auch die Dichte des Pulverrohmaterials hat einen wichtigen<br />

Einfluss auf die Porosität des fertigen Produkts. Es ist darum für<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 63


ANWENDUNGEN<br />

QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />

den Hersteller unerlässlich, die Eigenschaften eines Metallpulvers<br />

zu überprüfen, bevor er es zur Additiven Fertigung verwendet. Es<br />

gilt also, entsprechende Kriterien für das Benchmarking der Rohmaterialien<br />

zu entwickeln und angemessene Methoden für die Probenahme<br />

zu wählen – mit Proben, die für die Rohmaterial-Charge tatsächlich<br />

repräsentativ sind. Nur durch stringente Prüfmethoden für<br />

die Eigenschaften des Metallpulvers wird ein Hersteller auch konsistente<br />

Eigenschaften seiner gefertigten Teile sicherstellen.<br />

• Aufgabe 2: Prüfung des Fertigungsprozesses<br />

Im Prozess der Additiven Fertigung gibt es ebenfalls viele Variablen,<br />

die auf das Ergebnis einen entscheidenden Einfluss haben. Entsprechend<br />

sind auch prozessbegleitende Prüfungen unerlässlich –<br />

das sogenannte In-Process-Testing –, damit der Fertigungsprozess<br />

innerhalb der erforderlichen Toleranzbereiche stattfindet. Dazu<br />

braucht es Verfahren und Methoden, mit denen die Variablen auf<br />

verschiedenen Stufen des Prozesses effektiv kontrolliert werden<br />

können – etwa um eine Kontamination des Pulverrohmaterials<br />

durch die Handling-Vorgänge auszuschließen. Wenn die entsprechenden<br />

Methoden entwickelt sind, ist es wichtig, dafür zu sorgen,<br />

dass die Anforderungen auf jeder Stufe des Fertigungsprozesses erfüllt<br />

werden und ihre Erfüllung nachgewiesen werden kann.<br />

Additive Manufacturing<br />

PLUS<br />

Weitere Informationen zu den<br />

Grundlagen und Anwendungen des<br />

Additive Manufacturing finden Sie<br />

auch im Buch 3D-Drucken von<br />

Andreas Gebhardt: Additive Manufacturing<br />

ist heute nicht nur ein<br />

unverzichtbares Werkzeug zur<br />

direkten digitalen Herstellung von<br />

Modellen und Prototypen, sondern<br />

auch ein Fertigungsverfahren zur<br />

Produktion von Endprodukten aus<br />

Kunststoff und Metall. Mit der<br />

Vorstellung kleiner und preiswerter<br />

Maschinen und dem Vordringen<br />

dieser Technologie in private Bereiche<br />

hat sich der Begriff 3D-Drucker<br />

durchgesetzt. Das Fachbuch zeigt die unterschiedlichen<br />

Möglichkeiten vom Anschauungsmodell bis hin zum kom -<br />

plexen, aus Metall gesinterten Produkt genauso auf, wie die<br />

relevanten technischen Aspekten des 3D-Druckens. Zudem<br />

geht der Autor auf die Auswirkungen der veränderten Methode<br />

der Herstellung und die damit verbundenen Aspekte<br />

einer neuen Art der Organisation der Produktion ein und<br />

vermittelt sowohl Studenten als auch Praktikern schnell und<br />

anschaulich die wesentlichen Fakten.<br />

http://t1p.de/gq8a<br />

„Je weiter und schneller sich<br />

der 3D-Druck in der Fertigungsindustrie<br />

verbreitet,<br />

desto wichtiger wird es, die<br />

mit ihm hergestellten Teile zu<br />

prüfen und zu zertifizieren.“<br />

• Aufgabe 3: Prüfung der produzierten Teile<br />

Die Qualitätsprüfung für additiv gefertigte Metallprodukte ähnelt<br />

der, die man auch für alle gegossenen oder geschmiedeten Teile anwenden<br />

würde. Allerdings unterscheidet sich das Vorgehen. So<br />

kann man konventionell gefertigte Teile beispielsweise mit Wirbelstromsonden<br />

zerstörungsfrei prüfen. Sehr viele Produkte aus Additiver<br />

Fertigung weisen allerdings relativ komplexe Formen auf, so<br />

dass in diesen Fällen eigens entwickelte Sonden nötig werden können.<br />

Derzeit wird 3D-Druck eingesetzt, um einzelne Komponenten<br />

größerer Teile oder Baugruppen zu fertigen. Die Qualitätsprüfung<br />

muss also ebenso auf Ebene der Komponente stattfinden wie auf<br />

Ebene der größeren Baugruppe – um zu gewährleisten, dass die additiv<br />

gefertigte Komponente auch den funktionalen Anforderungen<br />

der Baugruppe genügt. Zu den Aufgaben, die im Zusammenhang<br />

mit Prüfung und Zertifizierung noch zu bewältigen sind, zählt aber:<br />

Richtlinien und Regeln zu entwickeln, die für die Compliance von<br />

Komponenten gelten, die durch Additive Fertigung produziert werden.<br />

Dazu sind Anstrengungen im Bereich Qualitätskontrolle nötig,<br />

im Bereich der koordinierten Normenentwicklung, aber auch im Bereich<br />

der Gesundheits- und Sicherheitsaspekte.<br />

Training in Sachen Additiver Fertigung<br />

Was Qualitätssicherung, Validierung, Prüfung und Zertifizierung der<br />

Produkte aus Additiver Fertigung angeht, muss man derzeit noch relativ<br />

große Lücken konstatieren. ISO und ATSM arbeiten durch ihre<br />

Normierungsanstrengungen daran, diese Lücke zu schließen. Aber<br />

auch global agierende Organisationen für Produktsicherheit und Zertifizierung<br />

wie UL tun bereits einiges, um das Wachstum der Additiven<br />

Fertigung voranzutreiben und Unternehmen bei diesem wichtigen<br />

Schritt zu unterstützen. Einerseits kooperiert UL mit beiden Normierungsorganisationen,<br />

ISO und ATSM, aber UL hilft Unternehmen<br />

auch ganz direkt: durch umfassendes und neutrales Know-how<br />

über Additive Fertigung aus einer Hand. Konkret unterstützt UL dabei,<br />

unternehmensinterne Standards und Guidelines für Additive<br />

Fertigung zu erarbeiten. Auch durch ein umfangreiches Trainingsportfolio<br />

für die Mitarbeiter werden Unternehmen beim Schritt in<br />

die Additive Fertigung unterstützt. Zudem hilft UL durch umfassende<br />

Beratungsleistungen und die Entwicklung von Best Practices bei<br />

der Adaption der neuen Technologie. Denn eines scheint sicher – ob<br />

man die Technologie nun Additive Manufacturing, Generative Fertigung<br />

oder 3D-Druck nennt: Sie wird die Zukunft der Fertigungsindustrie<br />

prägen.<br />

co<br />

Der Autor: Khalid Rafi, Ph.D., Lead Development Engineer –<br />

Additive Manufacturing / 3D printing bei UL, Singapur<br />

64 develop 3 systems engineering 02 2016


Praxistag<br />

Serialisierung +<br />

Rückverfolgbarkeit<br />

Der Weg zu fälschungssicheren<br />

Produkten in Pharma und Food<br />

Es erwarten Sie informative Vorträge und spannende Diskussionen am<br />

Mittwoch, 22. Juni 2016 | Dorint Kongresshotel | Mannheim<br />

Diese Fragen stehen im Fokus des Praxistags:<br />

• Sind Ihre Produkte gut gegen Angriffe von Produktpiraten geschützt?<br />

• Welche Sicherheitsmerkmale haben sich in der Praxis bewährt<br />

und wie werden sie appliziert?<br />

• Ist die EU-Richtlinie 2011/62/EU auch für Lebensmittelproduzenten<br />

interessant?<br />

Jetzt anmelden!<br />

Weitere Infos unter<br />

prozesstechnik-online.de/praxistag-serialisierung<br />

Kontakt: Lena Pfizenmaier, Projektmanagement<br />

E-Mail: lena.pfizenmaier@konradin.de | Phone: +49 711 7594-520<br />

Veranstalter: Partner (Stand Mai 2016):<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 65


INSERENTENVERZEICHNIS<br />

IMPRESSUM<br />

EPLAN Software & Service GmbH & Co. KG,<br />

Monheim ........................................................... 7-8<br />

untitled exhibitions GmbH,<br />

Stuttgart .............................................................. 11<br />

K.A. Schmersal GmbH & Co. KG,<br />

Wuppertal ............................................................. 3<br />

Zum Schluss...<br />

Smarte Produkte für Industrie 4.0<br />

WSCAD electronic GmbH,<br />

Bergkirchen ........................................................... 5<br />

Digitaler Zwilling aus anderer Sicht...<br />

Cartoon: Erik Liebermann<br />

Vorschau auf Ausgabe 3/2016<br />

Fördersystem definieren, Einbauvariante<br />

wählen, Nutzlast bestimmen:<br />

Statt der Qual der Wahl bietet<br />

Lenze vordefinierte passende<br />

mechatronische Antriebslösungen<br />

für eine klar umrissene Applikation.<br />

Wir sprechen mit Technik-Chef<br />

Frank Maier über das Thema Industrie<br />

4.0 und die Frage, warum<br />

die mechatronischen Einheiten in<br />

Kombination mit dem Smartphone<br />

aus seiner Sicht echte Vertreter<br />

der Industrie 4.0 sind.<br />

ISSN 2363–6726<br />

Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />

Verlag: Konradin-Verlag<br />

Robert Kohlhammer GmbH<br />

Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen,<br />

Germany<br />

Geschäftsführer: Peter Dilger<br />

Verlagsleiter: Peter Dilger<br />

Chefredakteur:<br />

Dipl.-Ing. Michael Corban (co),<br />

Phone + 49 711 7594–417<br />

Redaktion:<br />

Dr.-Ing. Ralf Beck (bec), Phone +49 711 7594–424;<br />

Dipl.-Ing. Andreas Gees (ge), Phone +49 711 7594–293;<br />

Irene Knap B.A. (ik), Phone +49 711 7594–446;<br />

Jens-Peter Knauer (jpk), Phone +49 711 7594–407;<br />

Bettina Tomppert (bt), Phone +49 711 7594–286<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Birgit Niebel,<br />

Phone +49 711 7594–349, Fax –1349,<br />

E-Mail: birgit.niebel@konradin.de,<br />

Layout: Vera Müller, Phone +49 711 7594–422<br />

Gesamtanzeigenleiter:<br />

Andreas Hugel,<br />

Phone +49 711 7594–472<br />

E-Mail: ea.anzeigen@konradin.de<br />

Auftragsmanagement:<br />

Josephine Linseisen Phone +49 711 7594–315<br />

Leserservice:<br />

Ute Krämer,<br />

Phone +49 711 7594–5850, Fax –15850,<br />

E-Mail: ute.kraemer@konradin.de<br />

Erscheinungsweise:<br />

Vier Mal jährlich<br />

Bezug:<br />

develop 3 systems engineering wird nur an qualifizierte<br />

Empfänger kostenlos geliefert. Mitglieder der Gesellschaft für <strong>Systems</strong><br />

<strong>Engineering</strong> e.V. (GfSE) und der Fachgruppe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

im Spitzencluster it’s OWL erhalten die Zeitschrift digital im Rahmen<br />

Ihrer Mitgliedschaft, ergänzend können diese ein vergünstigtes<br />

Abonnement direkt beim Verlag bestellen.<br />

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Inland 21,20 € einschl. Versandkosten und MwSt.,<br />

Ausland 22,80 € einschl. Versandkosten.<br />

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Bestellungen erbitten wir direkt an den Verlag. Sofern die Lieferung<br />

nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich bestellt war,<br />

läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />

Bezugszeit:<br />

Das Abonnement kann erstmals vier Wochen zum Ende des ersten<br />

Bezugsjahres gekündigt werden.<br />

Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils<br />

vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen aus tech nischen<br />

Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />

Auslandsvertretungen:<br />

Großbritannien: Jens Smith Partnership, The Court, Long Sutton,<br />

Hook, Hamp shire RG29 1TA, Phone 01256 862589, Fax 01256 862182;<br />

Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweiz: IFF media ag, Frank<br />

Stoll, Technoparkstrasse 3, CH-8406 Winterthur, Phone +41 52 633 08<br />

88, Fax +41 52 633 08 99, f.stoll@iff-media.ch; Japan: Mediahouse, Kudankita<br />

2-Chome Building, 2–3–6, Kudankita, Chiyoda-ku, Tokyo 102,<br />

Phone 03 3234–2161, Fax 03 3234–1140; USA, Kanada: D.A. Fox Advertising<br />

Sales, Inc., Detlef Fox, 5 Penn Plaza, 19th Floor, New York, NY<br />

10001, Phone +1 212 8963881, Fax +1 212 6293988 detleffox@ comcast.net<br />

Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors, nicht<br />

unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte keine Gewähr.<br />

Alle in develop 3 erscheinenden Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, auch Übersetzungen, vorbehalten. Reproduktionen,<br />

gleich welcher Art, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />

Druck:<br />

Konradin Druck GmbH,<br />

Leinfelden-Echterdingen<br />

Printed in Germany<br />

© 2016 by Konradin-Verlag<br />

Robert Kohlhammer GmbH,<br />

Leinfelden-Echterdingen<br />

Bild: Lenze<br />

66 develop 3 systems engineering 02 2016


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Joachim Linckh<br />

Phone +49 711 7594-565<br />

joachim.linckh@konradin.de<br />

develop 3 systems engineering 02 2016 67


Fokus: Interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

in Industrie 4.0-Zeiten<br />

26. Oktober 2016 | Parkhotel Stuttgart Messe-Airport<br />

Themen des ENGINEERING CAMPUS<br />

Datenkommunikation/Security<br />

Fernzugriff und Cloud-Computing<br />

sicher kommunizieren<br />

mobile Wartungskonzepte<br />

drahtlose Kommunikation<br />

<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />

Smarte Produkte erfordern smarte Prozesse<br />

Anforderungsmanagement im Griff<br />

Wertschöpfung im Wandel<br />

Modellbildung & Simulation<br />

Sensortechnologie<br />

Komponente mit System –<br />

Analytik inbegriffen<br />

Schneller Zugriff auf Sensordaten<br />

Von der Datensammlung zur Information<br />

Industrie 4.0<br />

Die smarte Fabrik hebt Effizienzpotenziale<br />

Das Produkt als Datenträger<br />

Standardisierung im Fokus<br />

Jetzt anmelden!<br />

Weitere Infos unter www.engineering-campus.de<br />

Fragen? Ihr Kontakt: Andrea Kimmich, Projektmanagement<br />

E-Mail: andrea.kimmich@konradin.de | Phone: +49 711 7594-325<br />

Ein gemeinsames Event von:<br />

Konstruktion<br />

Entwicklung<br />

Management<br />

68 develop 3 systems engineering 02 2016

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