Develop³ Systems Engineering 02.2016
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM
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02 2016<br />
Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaften<br />
„Bei Robotik sowie<br />
Künstlicher Intelligenz<br />
liegt noch Wegstrecke<br />
vor uns.“<br />
Köpfe Seite 12<br />
Interdisziplinäre Produktentwicklung in der Praxis<br />
<strong>Systems</strong>pezifikation<br />
mit MBSE<br />
SE-Glossar Seite 22<br />
<strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />
synchronisieren<br />
Tools Seite 38<br />
Titelstory Seite 48<br />
Digitaler Zwilling<br />
ist der Schlüssel zu<br />
Industrie 4.0<br />
d ev el op 3 systems engineering 02 2016 1
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2 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016<br />
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EDITORIAL<br />
Digitaler Zwilling<br />
stellt den Durchblick sicher<br />
Der „digitale Zwilling“ ist eines der Kernelemente der Industrie-4.0-Diskussion.<br />
Doch was hat Industrie 4.0 mit der disziplinübergreifenden Zusammenarbeit zu tun,<br />
dem <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man sich vor<br />
Augen hält, dass Industrie 4.0 eine hohe Flexibilität und Freiheit bei der Wahl der<br />
Produktionsmittel erreichen will, ohne dass dazu jeder einzelne Schritt detailliert<br />
vorausgedacht werden muss. Denn auch ohne die Details – diese sollen quasi einem<br />
förderalen Grundmuster folgend „vor Ort“ und „adaptiv“ angegangen werden – ist die<br />
sich ergebende Komplexität enorm. In den Griff bekommen lässt sie sich nur über die<br />
Zusammenarbeit aller beteiligten Disziplinen, womit man ohne Umwege beim<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> landet.<br />
Gefordert werden hier neue Lehransätze – die nach und nach auch zu erkennen sind.<br />
So sind aus der Karlsruher Schule für Produktentwicklung (KaSPro) am KIT inzwischen<br />
Lehransätze für Studierende hervorgegangen, die sich unter anderem speziell mit dem<br />
Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) beschäftigen und vor allem dessen<br />
praktischen Einsatz trainieren. Und weil die Forscher um die Wichtigkeit des Austauschs<br />
mit der Industrie wissen, haben sie aus diesen Ideen auch gleich einen Workshop<br />
mit dem Titel „Systeme im Team Entwickeln und Modelliern (SysTEM)“ entwickelt<br />
, siehe Bericht ab S. 28. Wer Details insbesondere zum MBSE nachlesen<br />
möchte, findet diese übrigens in unserem „SE-Glossar“, das wir zusammen mit der<br />
Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) veröffentlichen (siehe develop 3 systems<br />
engineering 03/2015, S. 50f). Der inzwischen sechste Teil in dieser Ausgabe (ab<br />
S. 24) beschäftigt sich zudem mit dem Thema <strong>Systems</strong>pezifikation mittels MBSE.<br />
Genau auf solchen Wegen entstehen letztlich auch die so genannten „digitalen<br />
Zwillinge“, deren praktischer Nutzen bis weit in die reale Anwendung reicht – ein<br />
Stichwort ist hier die Varianten-orientierte Fertigung (siehe Titelstory ab S. 48).<br />
Gemeint ist damit, dass „zu jedem Gerät ein virtuelles Abbild benötigt wird, in dem<br />
alle Produktionsinformationen enthalten sind und auf das jederzeit zurückgegriffen<br />
werden kann. Aus diesem virtuellen Abbild bezieht der Prozess die Informationen für<br />
die einzelnen Fertigungsschritte, und die einzelnen Maschinen parametrieren sich<br />
damit selbst.“ Industrie 4.0 und <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> können damit in erheblichem<br />
Maße voneinander profitieren. Übrigens: Bezüglich der Themen dieser und folgender<br />
Ausgaben der develop 3 systems engineering freuen wir uns über Ihr Feedback!<br />
Dipl.-Ing. Michael Corban<br />
Chefredakteur<br />
develop 3 systems engineering<br />
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d ev el op 3 systems engineering 02 2016 3<br />
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Inhalt 02 2016<br />
TITELSTORY<br />
„Schlüssel ist immer<br />
ein digitaler Zwilling“<br />
Auf dem 21. Industrial Communication Congress (ICC)<br />
von Phoenix Contact standen Themen wie Energieeffizienz<br />
und Industrie 4.0 im Vordergrund. Am Rande der<br />
Veranstaltung erläuterten Experten des Unternehmens<br />
die zukünftige Rolle von Industrie-Steckverbindern.<br />
32<br />
Das entscheidende Element für die hochproduktive<br />
Anlage zur Stahlprofilverarbeitung<br />
bei Kaltenbach ist die sichere Beherrschung<br />
des wachsenden Softwareanteils. Für Rou -<br />
tine-Aufgaben greift das Unternehmen auf<br />
die mapp Technologie von B&R zurück.<br />
38<br />
Eplan und Cideon haben vor Kurzem den Syngineer vorgestellt –<br />
eine innovative Kommunikations- und Informationsplattform, die<br />
Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau optimale Voraus -<br />
setzungen für ein mechatronisches <strong>Engineering</strong> bietet.<br />
62<br />
Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck eröffnen<br />
bisher unerschlossene Möglichkeiten für die industrielle<br />
Serienproduktion. In Sachen Qualitätssicherung und Zertifizierung<br />
stellen sie aber auch neue Herausforderungen dar.<br />
Menschen und Unternehmen<br />
Meldungen<br />
Globale Arbeitsgruppe für einheitliche Standards ............................ 6<br />
Kostenlose E-CAD-Datenbibliothek von WSCAD wächst weiter ..... 7<br />
Positive Jahresbilanz der Plattform Industrie 4.0 ............................. 8<br />
Mitsubishi Electric unterstützt den Mittelstand ............................... 9<br />
Aus dem MES D.A.CH Verband: 4. Fachtagung MES im Fokus ..... 10<br />
Veranstaltungen/Publikationen<br />
Auvesy Roadshow 2016 – Versiondog vor Ort ................................ 11<br />
VDMA-Leitfaden zur Beherrschung von Cyberbedrohungen ......... 31<br />
Köpfe der Wissenschaft<br />
Prof. Reinhard Hüttl,<br />
Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) ............ 12<br />
Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM ............................................ 16<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> im Fokus<br />
Aus der Fachgruppe SE: Weiterbildung für Berufserfahrene .......... 18<br />
Aus der GfSE: SpecIF, TdSE und SE-Weltkonferenz ....................... 20<br />
Methoden<br />
SE-Glossar<br />
Teil 6: <strong>Systems</strong>pezifikation mit MBSE ........................................... 22<br />
Serie <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Teil 5: Der intelligente Ladewagen ................................................. 24<br />
Forschung<br />
Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE)<br />
der Karlsruher Schule für Produktentwicklung ............................... 26<br />
Paralleles Entwickeln<br />
Software-Technologie reduziert<br />
die Komplexität bei der Applikations-Entwicklung ......................... 32<br />
Tools<br />
Product Lifecycle Management (PLM)<br />
PLM endet nicht am Firmentor ...................................................... 34<br />
Rechtssichere Dokumentation von Schutzsystemen ..................... 36<br />
Systementwicklung/CAD<br />
Der Syngineer optimiert das interdisziplinäre <strong>Engineering</strong> ............ 38<br />
Systementwicklung/Simulation<br />
Unterstützung für KMU bis zur EU-Ebene möglich ........................ 40<br />
3D-CAD trifft auf das Internet of Things und Augmented Reality ... 42<br />
4 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016 2015
Kommunikation/Security/Industrie 4.0<br />
In fünf Schritten zur Cyber-Security ......................................... 52<br />
Anwendungen<br />
48<br />
Manufacturing Execution <strong>Systems</strong>/Leittechnik<br />
Die vier Räume der Datenintegration ...................................... 44<br />
Big Data<br />
Automations-Spezialist reduziert Taktzeiten um bis zu 30 %...<br />
46<br />
Titelstory<br />
Der digitale Zwilling als Schlüssel zu Industrie 4.0 .................. 48<br />
Industrie 4.0<br />
Serie: Kollaboration von Mensch und Maschine ...................... 54<br />
Connectivity von der Idee bis zum Produkt ............................. 58<br />
Energie- und Ressourceneffizienz<br />
Umweltschutz als Einsparungspotential .................................. 60<br />
Qualitätssicherung/Additive Fertigung<br />
Qualitätsprüfung in der Additiven Fertigung ............................ 62<br />
Rubriken<br />
Editorial ...................................................................................... 3<br />
Wir berichten über ..................................................................... 7<br />
Cartoon .................................................................................... 66<br />
Vorschau .................................................................................. 66<br />
Impressum .............................................................................. 66<br />
Gehen Sie auf die Überholspur.<br />
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d ev el op 3 systems engineering 02 2016 5
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
MELDUNGEN<br />
Bild: GS1 Global<br />
GS1: Globale Arbeitsgruppe für einheitliche Standards<br />
Grenzen überwinden<br />
„Industrie 4.0 ist kein Trend mehr, sondern wird gelebt. Auf der Hannover Messe<br />
haben das viele Unternehmen eindrucksvoll demonstriert. Aber die Vernetzung<br />
von Maschinen endet nicht an Unternehmensgrenzen“, erklärt Dr. Daniel Dünnebacke,<br />
Senior Branchenmanager Technische Industrien bei GS1 Germany.<br />
Die globale GS1 Technical Industries Advisory Group startete ihre Arbeit auf der HMI: Präsentation von<br />
Augmented Reality im Bereich Wartung und Reparatur am Stand von Honeywell<br />
Unternehmen und Verbände – darunter<br />
Bosch, Brainport Industries Association, Deutsche<br />
Bahn, Ericsson, Honeywell, Schaeffler,<br />
TNO/Smart Industry sowie der VDMA –<br />
gaben auf der Hannover Messe den Startschuss<br />
für eine globale Arbeitsgruppe. Ihr<br />
gemeinsames Ziel: eine Roadmap für den<br />
unternehmens- und sektorenübergreifenden<br />
Einsatz von Standards definieren. Denn erst<br />
Standards zur Identifikation von Produkten,<br />
Maschinen oder Sendungen sorgen unternehmensübergreifend<br />
für reibungslose Prozesse,<br />
schützen vor Fälschungen und ermöglichen<br />
ein lückenloses Tracking. Interessierte<br />
Unternehmen sind eingeladen, sich am Branchendialog<br />
zu beteiligen. Plattform dafür ist<br />
die globale Organisation GS1, deren Schnittstellenstandard<br />
EPCIS (Electronic Product<br />
Code Information Services) die Basis für die<br />
DIN SPEC 91329 „Erweiterung des EPCIS-<br />
Ereignismodells um aggregierte Produktionsereignisse<br />
zur Verwendung in betrieblichen<br />
Informationssystemen“ darstellt. Somit können<br />
über EPCIS Sensordaten mit Antworten<br />
auf die Fragen verknüpft werden, wann, was,<br />
wo und warum etwas passiert. Die Erarbeitung<br />
der DIN-Spezifikation erfolgte in enger<br />
Zusammenarbeit der FIR e. V. und des Werkzeugmaschinenlabors<br />
(WZL) – beides RWTH<br />
Aachen –, MSR Technologies, Psipenta Software<br />
<strong>Systems</strong>, Sick sowie dem Fraunhofer-<br />
Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />
IWU.<br />
ik<br />
www.gs1-germany.de<br />
F-AR: Lösungen und Trends in der Simulationsbranche<br />
Sichere und effiziente Produktionsanlagen<br />
Anfang April fand in Wien die Tagung SiP2016<br />
– Simulation in der Produktion statt. Im Rahmen<br />
dieser veranstaltung haben Unternehmen<br />
der Simula tionsbranche verschiedene<br />
Lösungen und Trends vorgestellt, die Anwender<br />
bei der Errichtung und auch beim Betrieb<br />
von sicheren und effizienten Produktionsanlagen<br />
unterstützen können. So wurden beispielsweise<br />
Werkzeuge des Digital Manufacturing<br />
von Siemens, die 3DExperience-<br />
Plattform in Zusammenhang mit der 3D-basierten<br />
Absicherung in der Fertigung von<br />
Dassault Systèmes sowie physikbasierte Simulationen<br />
von Machineering präsentiert.<br />
Außerdem zeigte Christian Daniel von der<br />
ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH<br />
anhand einiger Anwenderbeispiele, wie mit<br />
ISG-virtuos simulationsbasiertes <strong>Engineering</strong><br />
und virtu elle Inbetriebnahmen in Steuerungsechtzeit<br />
funktionieren können und Dr. Wolfgang<br />
Leidholdt von der Imk Automotive<br />
GmbH referierte über die Möglichkeiten und<br />
Probleme der Simulation von menschlicher<br />
Arbeit. Die nächsten Veranstaltungen des Vereins<br />
zur Förderung der Automation und Robotik<br />
F-AR in Wien sind das 12. Treffen der<br />
Plattform Automatisierungstechnik am 30.<br />
Juni sowie die Tagung RiU2016 – Roboter im<br />
Unterricht am 31. August. Der Verein bezweckt<br />
die Wahrung, Pflege und Förderung<br />
von Ausbildung und Qualifizierung sowie<br />
Wissenschaft und Forschung im Bereich der<br />
Automation sowie der Robotik. Er ist aus der<br />
Vision entstanden, eine kompetente und innovative<br />
Plattform zu schaffen, die als Vermittler<br />
von technischen Dienstleistungen und<br />
Know-how agiert.<br />
ik<br />
www.f-ar.at<br />
Siemens: Finanzierung als Erfolgsfaktor<br />
Weltweit Investitionen<br />
in Milliardenhöhe<br />
Industrie 4.0 führt bis 2025 allein in Deutschland<br />
schätzungsweise zu Investitionen in<br />
Höhe von 250 Mrd. Euro. Für die USA wird<br />
sogar mit rund 300 Mrd. U.S. Dollar in den<br />
kommenden drei Jahren gerechnet. Nur mit<br />
innovativen Ansätzen in der Finanzierung<br />
können diese notwendigen Investitionen realisiert<br />
werden. Davon sind auch die führenden<br />
Unternehmen der produzierenden Industrie<br />
– insbesondere im Mittelstand – überzeugt.<br />
Für sie gilt Finanzierung mittlerweile<br />
als einer der fünf entscheidenden Erfolgsfaktoren.<br />
Dies ergab eine globale Umfrage unter<br />
Finanzvorständen der produzierenden Industrie,<br />
die die Siemens Financial Services (SFS)<br />
im Rahmen eines Presse Round Table auf der<br />
Hannover Messe 2016 vorstellte.<br />
ik<br />
www.siemens.com<br />
6 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016
MELDUNGEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
WSCAD: Kostenlose E-CAD-Datenbibliothek wächst weiter<br />
Textsensitive Suchanfragen möglich<br />
Das E-CAD-Datenportal wscaduniverse.com wächst weiterhin. Täglich<br />
verzeichnet es durchschnittlich 2100 Suchanfragen und 3300<br />
Downloads. Aktuell sind mehr als 1,1 Mio. Artikeldaten im WSCADund<br />
Eplan-EDZ-Format von über 120 Herstellern verfügbar. Neu hinzu<br />
gekommen sind zum Beispiel namhafte Firmen aus der Automationsbranche<br />
und Gebäudeautomatisierung: unter ihnen Balluff, Lohmeier,<br />
Wenglor, Bartec, Siemens und Wago mit Datensätzen im WSCADund<br />
Eplan-Format sowie exklusiv im Eplan-Format die Hersteller<br />
Eldon, Iskra oder J. Schneider. Dementsprechend läuft der technische<br />
Ausbau des Datenportals auf Hochtouren. Neben den bekannt<br />
schnellen Such- und Filterfunktionen erleichtert inzwischen beispielsweise<br />
auch eine textsensitive Suche die Arbeit. Dadurch reagiert die<br />
Software in Echtzeit auf den eingegeben Suchbegriff und stellt<br />
die möglichen Ergebnisse in einem Autocomplete-Menü zur weiteren<br />
Auswahl dar. Anstelle einer fix vorgegebenen Vorauswahl nähern sich<br />
Suchende so intuitiv und sehr schnell den gewünschten Ergebnissen,<br />
besonders bei komplexen Herstellerangeboten.<br />
ik<br />
www.wscad.com<br />
In der E-CAD-Datenbibliothek D th von WSCAD erleichtert t inzwischen i eine<br />
textsensitive Suche die Arbeit<br />
Bild: WSCAD<br />
Wir berichten über<br />
acatech ..................................... 12<br />
Auvesy ...................................... 11<br />
B&R ......................................... 32<br />
Balluff ......................................... 7<br />
Bartec ......................................... 7<br />
BDI ........................................... 12<br />
Borg-Warner.............................<br />
54<br />
Bosch ......................................... 6<br />
Boston Consulting Group 54<br />
Brainport<br />
Industries Association 6<br />
Cideon......................................<br />
38<br />
Claas ........................................ 24<br />
Dassault Systèmes 6, 19, 24<br />
Deutsche Bahn...........................<br />
6<br />
Deutsche Telekom ...................... 7<br />
Eplan ........................................ 38<br />
Ericsson ..................................... 6<br />
F-AR............................................<br />
6<br />
Faulhaber ................................. 58<br />
Fraunhofer IEM 16, 19, 24<br />
Fraunhofer IWU .......................... 6<br />
Gemalto ................................... 52<br />
GfSE ....................... 19, 20, 22, 31<br />
GS1 ............................................ 6<br />
Guardus Solutions .................... 45<br />
Honeywell .................................. 6<br />
Imk Automotive..........................<br />
6<br />
ISG ............................................. 6<br />
it’s OWL .............................. 16, 18<br />
Kaltenbach ............................... 32<br />
KIT IPEK ................................... 26<br />
KTM ......................................... 42<br />
Lohmeier .................................... 7<br />
Machineering ............................. 6<br />
MathWorks .............................. 47<br />
MES D.A.CH Verband 10<br />
Mitsubishi Electric ..................... 9<br />
MSR Technologies......................<br />
6<br />
OWL Maschinenbau 19<br />
OWL ViProSim .......................... 19<br />
Phoenix Contact ....................... 48<br />
Plattform Industrie 4.0 8<br />
Procad ...................................... 34<br />
Psipenta Software <strong>Systems</strong> 6<br />
PTC .......................................... 42<br />
Rösberg .................................... 36<br />
RWTH Aachen ............................ 6<br />
Schaeffler ............................. 6, 31<br />
Schneider Electric .................... 42<br />
Schunk ..................................... 31<br />
Sick ............................................ 6<br />
Sicos BW ................................. 40<br />
Siemens ............................ 6, 7, 10<br />
Socomec..................................<br />
60<br />
Springer Vieweg ....................... 11<br />
Stiwa ........................................ 46<br />
Symposion ............................... 31<br />
Sysmex Corporation 42<br />
TNO/Smart Industry...................<br />
6<br />
UL ............................................ 62<br />
VDMA ........................ 6, 9, 31, 54<br />
Vuforia......................................<br />
42<br />
Wago..........................................<br />
7<br />
Wenglor ..................................... 7<br />
Westermo ................................ 52<br />
Wittenstein AG ......................... 54<br />
WSCAD......................................<br />
7<br />
ZVEI ......................................... 54<br />
Deutsche Telekom: Ohne Programmieren vom IoT profitieren<br />
Cloud Fieldbus vereinfacht Vernetzung<br />
Mit dem Cloud Fieldbus hat das<br />
Unternehmen auf der Hannover<br />
Messe einen neuen Service im<br />
Rahmen der Cloud der Dinge vorgestellt.<br />
Die Erweiterung der<br />
Plattform reduziert den Aufwand<br />
für die Anbindung von Maschinen<br />
und Anlagen, die das häufig<br />
eingesetzte Kommunikationsprotokoll<br />
Modbus TCP nutzen. Mit<br />
der einfachen Integration dieses<br />
De-facto-Standards in der Automatisierungstechnik<br />
profitieren<br />
daher vor allem produzierende<br />
Unternehmen schneller von den<br />
Möglichkeiten des Internet der<br />
Dinge. Dazu müssen sie ihre<br />
Maschinen und Anlagen lediglich<br />
mit einem speziellen Mobilfunkgateway<br />
verbinden und diese<br />
anschließend über die Benutzeroberfläche<br />
der Cloud der Dinge<br />
registrieren. Bislang war hier<br />
immer aufwändige Programmierarbeit<br />
nötig, nun greifen Unternehmen<br />
jedoch bereits nach<br />
wenigen Minuten über die Plattform<br />
auf ihre Maschinen und<br />
Anlagen sowie die erfassten<br />
Daten zu. Besonders für Mittelständler<br />
wird der Einstieg in die<br />
digitale Wirtschaft damit deutlich<br />
Bild: Deutsche Telekom<br />
Der Cloud Fieldbus soll den Aufwand<br />
für die Anbindung von Maschinen<br />
und Anlagen reduzieren<br />
einfacher. Statt in eigene Hardund<br />
Software sowie in die Integration<br />
zu investieren, buchen<br />
sie die Lösung flexibel zum Festpreis<br />
pro Maschine. Da die Telekom<br />
die Cloud der Dinge in ihren<br />
leistungsfähigen und sicheren<br />
Rechenzentren hostet, ist die<br />
Lösung zudem hochskalierbar.<br />
Mittelständler können so mit<br />
einem Pilotprojekt starten und<br />
ihr Geschäft dann Schritt für<br />
Schritt digitalisieren. ik<br />
www.telekom.com<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 7
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
MELDUNGEN<br />
Plattform Industrie 4.0: Positive Jahresbilanz und gemeinsamer Aktionsplan<br />
Gute Ideen und Prototypen<br />
„Wir bieten dem<br />
Mittelstand die<br />
Möglichkeit, seine<br />
Ideen auf Testfeldern<br />
auszuprobieren.“<br />
Bild: Florian Gaertner/phototek<br />
Reinhard Clemens von der Deutschen Telekom, Dr. Eberhard Veit, ehemals Festo AG, Sigmar<br />
Gabriel, Prof. Dr. Johanna Wanka, Prof. Dr. Reimund Neugebauer von der Fraunhofer-Gesellschaft,<br />
Jörg Hofmann von der IG Metall und Prof. Dr. Siegfried Russwurm von der Siemens AG (v.l.n.r.)<br />
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel<br />
und Bundesforschungsministerin Prof. Dr.<br />
Johanna Wanka stellten auf der Hannover<br />
Messe beim Zukunftsdialog „Industrie 4.0 –<br />
Digitale Transformation made in Germany“<br />
gemeinsam mit Vertretern des Leitungsgremiums<br />
zentrale Erfolge und Meilensteine aus<br />
einem Jahr Plattform Industrie 4.0 vor. „Die<br />
Plattform Industrie 4.0 hat sich seit ihrer<br />
Gründung vor einem Jahr zu einem der größten<br />
Netzwerke weltweit im Bereich Digitalisierung<br />
der Industrie entwickelt”, sagte<br />
Gabriel. Und Bundesforschungsministerin<br />
Wanka ergänzte: „Wir wissen, dass der Mittelstand<br />
gute Ideen und Prototypen entwickelt,<br />
aber noch unsicher ist, ob diese auch<br />
unter Bedingungen von Industrie 4.0 funktionieren.<br />
Wir starten deshalb ein Programm,<br />
bieten dem Mittelstand also die Möglichkeit,<br />
seine innovativen Ideen auf Testfeldern auszuprobieren.“<br />
Zusätzlich kündigte sie die Einrichtung<br />
einer zentralen Kontakt- und Koordinierungsstelle<br />
an der Universität Stuttgart an,<br />
die den Zugang von Unternehmen zu den<br />
Testzentren bundesweit erleichtern und<br />
Unternehmen auch zielgerichtet unterstützen<br />
soll. Außerdem werden die Initiativen „Labs<br />
Network Industrie 4.0“ und „Standardization<br />
Council Industrie 4.0“ die Standardisierung<br />
sowie den Praxistransfer bei Industrie 4.0 beschleunigen<br />
und ein gemeinsamer Aktionsplan<br />
der deutschen „Plattform Industrie 4.0“<br />
sowie der französischen „Alliance Industrie<br />
du Futur“ soll die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
produzierenden Industrien weiter ausbauen.<br />
Dieser Aktionsplan beschreibt die künftige<br />
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Digitalisierung<br />
und weist folgende Schwerpunkte<br />
auf: Anwendungsszenarien und -beispiele,<br />
Technologie und Testinfrastruktur, Standardisierung<br />
sowie Ausbildung und Veränderungen<br />
bei Kompetenzanforderungen und<br />
Arbeitsorganisation.<br />
ik<br />
www.plattform-i40.de<br />
8 de ve lo p 3 systems engineering 02 2016
MELDUNGEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Mitsubishi Electric: Den Mittelstand unterstützen<br />
Viele kleine Schritte<br />
VDMA: Studie zur Digitalkompetenz<br />
Fachverband mit neuem Namen<br />
Bild: Mitsubishi Electric Europe<br />
Der deutsche Mittelstand weiß um die Relevanz<br />
von Industrie 4.0 und anderen Initiativen<br />
für die Zukunftsfähigkeit seiner Betriebe.<br />
Dennoch scheitern Vorhaben häufig an den<br />
Investitionskosten. Wichtig ist es, zumindest<br />
schrittweise auf die Umsetzung von Industrie<br />
4.0 hinzuwirken, erklärt Thomas Lantermann:<br />
„Um große Visionen zu realisieren, sind viele<br />
kleine Schritte nötig. Das entspricht dem<br />
japanischen Kaizen Prinzip der kontinuierlichen<br />
Verbesserung. Auch der Mittelstand sollte<br />
dies beherzigen. Bei der Umsetzung können<br />
Mitsubishi Electric und die Partner der<br />
Schritt für Schritt Richtung<br />
Industrie 4.0: Ein Grundbaustein<br />
für die Umsetzung von<br />
Industrie 4.0 auch im Mittelstand<br />
ist die Anbindung der<br />
Produktion an ein MES- oder<br />
ERP-System<br />
e-F@ctory Alliance unterstützen.<br />
Ein Grundbaustein<br />
ist die Anbindung der Produktion<br />
an ein MES- oder<br />
ERP-System.“ Bereits seit<br />
2003 sorgt das MES-Modul<br />
in der Servomotoren-Großproduktion<br />
von Mitsubishi<br />
Electric in Nagoya Works<br />
für eine direkte Verbindung<br />
von Produktion und Unternehmensebene.<br />
Durch<br />
weitere Optimierungen gemeinsam mit<br />
Alliance-Partnern konnte die Produktivität des<br />
Werks um 180 % gesteigert sowie die Produktionszyklen<br />
um 60 % und Verarbeitungszeiten<br />
um 40 % reduziert werden. Im Rahmen<br />
der e-F@ctory Alliance arbeiten weltweit<br />
über 3000 Partnern aus unterschiedlichen<br />
Bereichen zusammen. Das zentrale Element<br />
bilden dabei offene Schnittstellen, über die<br />
sich Komponenten unterschiedlicher Hersteller<br />
in allen weltweit gängigen Netzwerken<br />
einfach miteinander verbinden lassen. ik<br />
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Der Fachverband trägt einen neuen Namen:<br />
VDMA Software und Digitalisierung<br />
Rund 40 % der Unternehmen im Maschinenund<br />
Anlagenbau haben bereits eine dezidierte<br />
Digitalisierungsstrategie. Diese ist allerdings<br />
häufig noch nicht schriftlich fixiert, wie ein<br />
erstes Zwischenergebnis der neuen Studie<br />
der VDMA Impuls-Stiftung zur Digitalisierungskompetenz<br />
im Maschinenbau aufzeigt.<br />
Aktuell untersucht dazu das Institut für Lernen<br />
und Innovation in Netzwerken (ILIN) der<br />
Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft<br />
zusammen mit dem Fraunhofer Institut<br />
für System- und Innovationsforschung (ISI)<br />
die Branche hinsichtlich dieser Thematik. Weiteren<br />
Zwischenergebnissen zufolge hat sich<br />
der Bereich aber erfolgreich auf den Weg<br />
gemacht. Vor dem Hintergrund der wachsenden<br />
strategischen Bedeutung der Digitalisierung<br />
im Maschinenbau hat der Vorstand des<br />
Fachverbandes zudem die Weichen für eine<br />
zukunftsorientierte Neuausrichtung gestellt.<br />
Um dies auch nach außen zu zeigen, trägt der<br />
Fachverband einen neuen Namen: VDMA<br />
Software und Digitalisierung.<br />
ik<br />
www.vdma.org<br />
Bild: VDMA Software und Digitalisierung<br />
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el op 3 systems engineering 02 2016 9
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
AUS DEM<br />
Erfolgreiche 4. Fachtagung MES im Fokus<br />
Schwerpunktthema Industrie 4.0<br />
Im Februar 2016 veranstaltete der MES D.A.CH Verband e.V. die vierte Fachtagung MES im Fokus.<br />
Dieses Mal fand sie bei der Siemens AG – Elektronikwerk Amberg statt. Etwa 90 Teilnehmer, davon<br />
66 Anwender, informierten sich dabei über neue Trends zu MES, Digitalisierung und Industrie 4.0.<br />
Prof. Dr. Jürgen Kletti, 1. Vorstand<br />
und Angelo Bindi, 2. Vorstand des<br />
MES D.A.CH Verbands auf der<br />
4. Fachtagung MES im Fokus (v.l.)<br />
Rege<br />
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Bild: MES D.A.CH Verband<br />
Bild: MES D.A.CH Verband<br />
MES im Fokus bietet eine kompakte und bewährte Plattform<br />
für alle, die sich ein Bild vom hohen Anwendernutzen machen<br />
wollen, der sich mit MES-Lösungen in der modernen Fertigung erzielen<br />
lässt. Bereits zum vierten Mal fand die Fachtagung des MES<br />
D.A.CH Verbands inzwischen statt. Nach Continental in Frankfurt am<br />
Main, B&R in Eggelsberg bei Salzburg und Beckhoff in Verl war nun<br />
die Siemens AG mit dem hochmodernen Elektronikwerk in Amberg<br />
Gastgeber der Veranstaltung. Die Resonanz bei den Anwendern war<br />
überwältigend; die Anzahl der Interessenten so hoch wie noch nie.<br />
Zwölf anwendungsbezogene Vorträge<br />
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Kletti, 1. Vorstand des MES D.A.CH Verband e.V.,<br />
eröffnete die Veranstaltung, in deren Rahmen an den beiden Tagen<br />
wichtige MES-Grundlagen sowie Branchenbeispiele vorgestellt wurden.<br />
Insgesamt zwölf anwendungsbezogene Vorträge vermittelten<br />
ein rundes Bild von der Automations- bis zur ERP-Ebene. Einen<br />
wesentlichen Schwerpunkt bildete dabei die herausragende Bedeutung<br />
von MES für die Industrie 4.0. Referenten der Unternehmen<br />
Orbis AG, Industrie Informatik GmbH, IGZ Ingenieurgesellschaft<br />
mbH, Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, camLine GmbH,<br />
Siemens Industry Software GmbH, Proxia Software AG, Opdenhoff<br />
Technologie GmbH und Syncos GmbH stellten beispielsweise MES-<br />
Lösungen für die Smart Factory vor.<br />
Wieviel MES braucht mein Unternehmen und wie sieht mein MES-<br />
Konzept und meine Roadmap aus? Diese Fragen beantwortete<br />
Dr.-Ing. Harald Hoff von der HIR GmbH. Stefan Hoppe, Vice President<br />
OPC Foundation, berichtete außerdem über neue Entwicklungen<br />
rund um OPC UA als die präferierte Schnittstellenlösung vom<br />
Sensor bis in die IT-Cloud für die Digitalisierung von Produktions -<br />
umgebungen. Zudem ermöglichten Diskussionsrunden die Vertiefung<br />
des gerade vermittelten Know-hows und bei einer Werksbesichtigung<br />
erhielten die Teilnehmer Einblick in die komplette Digitalisierung<br />
der Fertigung: In der Digital Lead Factory in Amberg (EWA)<br />
produziert Siemens mit 1200 Mitarbeitern Automatisierungskomponenten<br />
im Sekundentakt – Simatic S7 der neusten Generation,<br />
ET200 und HMI. Das Networking der Teilnehmer untereinander<br />
wurde durch das interessante Rahmenprogramm ebenfalls gezielt<br />
gefördert. Die Teilnehmer waren sich dementsprechend wieder<br />
einig: Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Die Planung für die<br />
nächste, 5. Fachtagung ‚MES im Fokus‘ beginnt in Kürze.<br />
Der Autor: Ronald Heinze,<br />
3. Vorstand des MES D.A.CH Verband e.V.<br />
Kontakt<br />
MES D.A.CH Verband e.V.<br />
Geschäftsstelle<br />
Ilsfeld-Auenstein<br />
Tel. +49 7062 6760-213<br />
info@mes-dach.de<br />
www.mes-dach.de<br />
INFO<br />
10 develop 3 systems engineering 02 2016
VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN<br />
Die Messe für Automation<br />
in der Bodenseeregion<br />
Auvesy: Roadshow 2016 „Versiondog vor Ort“<br />
Datenmanagement 4.0<br />
in der automatisierten Produktion<br />
Das herstellerunabhängige Datenmanagementsystem<br />
Versiondog<br />
hilft produzierenden Unternehmen<br />
dabei, Stillstands- und<br />
Wiederanlaufzeiten zu minimieren.<br />
Unter dem Motto „Datenmanagement<br />
4.0“ veranstaltet<br />
Auvesy für Kunden und Interessenten<br />
die diesjährige Roadshow<br />
„Versiondog vor Ort“ unter anderem<br />
am 28.06. in München und<br />
am 29.06. erstmals auch in der<br />
Schweiz in Basel. Die Veranstaltung<br />
mit integrierter Live-Präsentation<br />
und Hands-on-Session soll<br />
einen praxis- und anwender -<br />
orientierten Austausch zum<br />
Thema Datenmanagement mit<br />
Fokus auf die automatisierte Produktion<br />
ermöglichen. Anwender<br />
erhalten einen Einblick in die Version<br />
4.0 der Lösung. Als deren<br />
Highlights nennt der Anbieter die<br />
Webserverintegration für einen<br />
browserunabhängigen Datenzugriff<br />
und der Webclient „Anlagenstatus“<br />
als Dashboard für anlagenweit<br />
verteilte Gerätedaten.<br />
Vorträge mit den Themenschwerpunkten<br />
Audits und Cyber Security<br />
runden das Programm ab. mc<br />
www.versiondog.de/roadshow<br />
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In „Strategien der Produktion – Technologien, Konzepte<br />
und Wege in die Praxis“ beschreiben die Autoren, Engelbert<br />
Westkämper und Carina Löffler, die strategischen<br />
Konzepte für die Fabriken der<br />
Zukunft und ordnen diese in ein<br />
systematisches Vorgehen ein.<br />
Ausgangspunkt des Buches ist<br />
ein neues, ganzheitliches Verständnis<br />
des <strong>Systems</strong> Produk -<br />
tion, das mit der Produktentwicklung<br />
beginnt, mit dem ‚end of<br />
life‘ der Produkte endet und<br />
dabei auch sämtliche peripheren<br />
Dienste mit einschließt, die Einfluss<br />
auf Produktionsprozesse<br />
haben. „Unser Buch richtet sich<br />
an alle, die nach Konzepten und<br />
Wegen zum langfristigen Erhalt<br />
der Wettbewerbsfähigkeit und<br />
zum Wachstum suchen“, so die<br />
Autoren. Sie entwickeln einen methodischen Ansatz zur<br />
strategischen Planung und Implementierung neuer Technologien<br />
und Konzepte, beziehen Zukunftsvorstellungen<br />
und Wege zur strukturellen Anpassung der Produktionen<br />
von industriellen Unternehmen ein und bieten innovative<br />
Lösungen. Zudem liefern sie Hinweise zur Implementierung<br />
systemverändernder Technologien bis hin zu Industrie<br />
4.0. Der Aufbau des Buches steigert das Verständnis<br />
einzelner Strategie- und Technologielinien. Es basiert<br />
dabei auf langjährigen Erfahrungen in Industrieunternehmen<br />
sowie in der Forschung.<br />
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MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />
Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)<br />
„Bei Robotik sowie Künstlicher Intelligenz<br />
liegt noch Wegstrecke vor uns“<br />
Dem von BDI und acatech erstmals gemeinsam herausgegebenen Innovationsindikator folgend hat<br />
kein anderes Land der Welt so viele „Hidden Champions“ wie Deutschland – trotz der gleichzeitig<br />
dokumentierten Forschungslethargie vieler deutscher KMU. Über die Gründe dafür und den Stellenwert<br />
von Technologie allgemein sowie Industrie 4.0 sprach Wolfgang Hess, Redaktionsdirektor und<br />
Chefredakteur von bild der wissenschaft (bdw) – wie die develop 3 systems engineering eine Publika -<br />
tion der Konradin Mediengruppe –, mit Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der<br />
Technikwissenschaften (acatech).<br />
develop 3 : Prof. Hüttl, zur Jahreswende 2015/16 ist der sogenannte<br />
Innovationsindikator erstmals von acatech gemeinsam<br />
mit dem BDI mitherausgegeben worden. Weshalb?<br />
Hüttl: Die Entwicklung von Innovationen kostet Geld, ist aber auch<br />
eine zentrale Quelle nachhaltigen Wohlstands. Ein Kernelement unserer<br />
Akademie ist, dass alle Mitglieder Wissenschaftler sind und<br />
dass im Senat etwa 100 technologisch orientierte Unternehmen vertreten<br />
sind. Insofern haben wir einen guten Zugang zu Forschung<br />
und Entwicklung in Unternehmen, die etwa zwei Drittel der deutschen<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung von aktuell 83 Milliarden<br />
Euro bestreiten. Deswegen war der Innovationsindikator für<br />
uns schon immer wichtig. Die Chance, dass acatech sich daran beteiligt<br />
und wir uns inhaltlich einbringen können, haben wir gerne genutzt.<br />
Die Innovationslandschaft Deutschland international einzuordnen,<br />
sehen wir als wichtige Aufgabe.<br />
Zur Person<br />
INFO<br />
Reinhard Hüttl ist seit acht Jahren Präsident der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaften acatech. Sie wurde<br />
2008 gegründet und gehört zu den führenden der 22 Akademien<br />
für Technikwissenschaft in Europa. 1986 promovierte<br />
Hüttl (*1957) am Institut für Bodenkunde an der Universität<br />
in Freiburg im Breisgau und wurde Forschungsleiter des<br />
Bergbauunternehmens Kali und Salze AG. Nach wissenschaftlichen<br />
Stationen in Washington D.C., auf Hawaii, in<br />
Freiburg und Eberswalde wurde er 1993 auf den Lehrstuhl<br />
für Bodenschutz und Rekultivierung an der Brandenburgisch<br />
Technischen Universität Cottbus berufen. Seit 2007 ist er<br />
Wissenschaftlicher Vorstand des Helmholtz Zentrums Potsdam<br />
– Deutsches GeoForschungsZentrum. Reinhard Hüttl<br />
wurde für seine wissenschaftlichen Verdienste vielfach ausgezeichnet<br />
und ist Mitglied bei einer Reihe internationaler<br />
Forschungsorganisationen.<br />
develop 3 : Die aktuelle Studie beschreibt akribisch die Rolle der<br />
kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) im Innovationssystem.<br />
Zwei Kernaussagen stechen hervor: Einmal hat<br />
kein anderes Land der Welt so viele „Hidden Champions“ wie<br />
Deutschland – Weltmarktführer in einem definierten Sektor. Und<br />
andererseits dokumentieren viele deutsche KMU eher Forschungslethargie.<br />
Sie erzielen – so die Studie: „Innovationserfolge<br />
ohne formale Forschung und Entwicklung“. Wie interpretieren<br />
Sie das?<br />
Hüttl: Forschung bei klein- und mittelständischen Unternehmen<br />
lässt sich nicht allein an den formal ausgewiesenen Unternehmens-<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung messen. Unsere Typologie<br />
von innovativen KMU zeigt: Viele sind ohne eine eigene Forschungsabteilung<br />
innovativ. Sie entwickeln Neuheiten im Zusammenspiel<br />
kleiner Teams, weil sie besonders nah am Kunden sind. Es findet jedoch<br />
eine radikale Veränderung statt, bei der die Digitalisierung eine<br />
zentrale Rolle spielt – Stichwort „Industrie 4.0“. Wenn Unternehmen<br />
sich zu sehr auf bewährte Muster verlassen, gefährden sie ihre<br />
Marktposition. Dieser Veränderungsdruck ist bereits für Großunternehmen<br />
eine Herausforderung – umso mehr für Mittelständler. Zugleich<br />
entstehen Chancen für neue Unternehmen, denken Sie etwa<br />
an die Berliner Startup-Szene. Zentrale Herausforderungen in<br />
Deutschland sind deshalb unsere relativ niedrige Gründungsdynamik,<br />
die Wachstumsbedingungen für Startups und die Beteiligung<br />
von KMU an Forschungs- und Entwicklungskooperationen – denn<br />
diese scheitert oft schon an hohen bürokratischen Hürden.<br />
develop 3 : Seit einigen Jahren ist Industrie 4.0 das beherrschende<br />
Thema bei der zukünftigen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft.<br />
Was trägt acatech dazu bei?<br />
Hüttl: Unsere Akademie hat den Begriff geprägt und ihn anlässlich<br />
der Hannover Messe 2011 zusammen mit anderen in die große Öffentlichkeit<br />
gebracht. Maßgeblichen Anteil hat dabei mein Co-Präsident<br />
Henning Kagermann. Mit dem Begriff wollen wir auf die grundsätzliche<br />
Veränderung in der Industrieproduktion hinweisen. Die 4<br />
steht dabei für die vierte industrielle Revolution – nach der Dampfmaschine,<br />
der Elektrifizierung und Fließbandarbeit, der Mikroelektronik<br />
und Robotik folgt nun die Vernetzung und Individualisierung<br />
der Produktion und Dienstleistungen.<br />
12 develop 3 systems engineering 02 2016
Bild: D. Ausserhofer, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)<br />
Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)<br />
„Es findet eine<br />
radikale Veränderung<br />
statt, bei der die<br />
Digitalisierung eine<br />
zentrale Rolle<br />
spielt – Stichwort<br />
‚Industrie 4.0‘.“<br />
develop 3 : Was ist an Industrie 4.0 anderes als beim Computer<br />
Integrated Manufacturing (CIM)?<br />
Hüttl: CIM lief auf eine hochautomatisierte, zentral gesteuerte Produktion<br />
hinaus. Industrie 4.0 steht für Vernetzung und Individualisierung,<br />
was einer kopernikanischen Wende in den Fabrikhallen gleichkommt.<br />
Noch bestimmt der Produktionsprozess das Produkt, das<br />
millionenfach und gleichartig hergestellt wird. In der Industrie 4.0<br />
dagegen bestimmt das einzelne Produktionsstück seinen individuellen<br />
Produktionsprozess. Industrie 4.0 ebnet deshalb den Widerspruch<br />
zwischen billigen Massenprodukten und teuren Einzelstücken<br />
ein. Sie ermöglicht die individuelle Produktion zu den Preisen<br />
der Massenfertigung. Dabei geht es um mehr als die Einführung<br />
neuer Technologien. Industrie 4.0 wird auch die Arbeit verändern,<br />
weshalb wir bei dem Thema eng mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten.<br />
Wir brauchen unter anderem neue Ansätze im Bildungssystem,<br />
um die Menschen für die künftige Arbeitswelt zu<br />
qualifizieren. Industrie 4.0 ist eine Chance für alternde Gesellschaften,<br />
wie wir sie in Deutschland haben. Aber natürlich müssen wir<br />
die Belegschaften mitnehmen. Weiterbildung wird deshalb immer<br />
wichtiger: Auch Universitäten und Hochschulen müssen Programme<br />
für Mitarbeiter entwickeln. acatech experimentiert derzeit mit<br />
solchen Angeboten und startete zur Hannover Messe einen Online-<br />
Kurs „Hands-on Industrie 4.0“.<br />
develop 3 : Gehen wir einmal davon aus, dass der Weg zur Umsetzung<br />
von Industrie 4.0 100 Kilometer lang ist. Welche Strecke<br />
haben wir dann bislang zurückgelegt? Was schätzen Sie?<br />
Hüttl: Wir haben bisher wohl erst 15 Kilometer hinter uns. Sowohl<br />
bei der Robotik als auch bei der Künstlichen Intelligenz ist der Weg<br />
von der Forschung zur industriellen Umsetzung noch weit.<br />
develop 3 : Lassen Sie uns noch einmal auf den aktuellen Innovationsindikator<br />
zurückkommen: Demnach gibt es noch immer<br />
Berührungsängste zwischen Wissenschaftlern und KMU-Managern.<br />
Daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel<br />
geändert.<br />
Hüttl: An den Hochschulen hat sich viel getan. Denken Sie an die<br />
Dualen Studiengänge, oder auch an die Berufsakademien oder die<br />
vielen Weiterbildungsaktivitäten. In einem gebe ich Ihnen recht: Gegenüber<br />
führenden Forschungseinrichtungen haben kleinere Unternehmen<br />
noch zu viel Respekt – wir brauchen Plattformen, Initiativen<br />
und Programme mit möglichst niedrigen Einstiegshürden. Ein gutes<br />
Beispiel für den Abbau der Berührungsängste sind die 15 bundesweit<br />
ausgewiesenen Spitzencluster. Dort ist es gelungen, kleinere<br />
Unternehmen mit großen zusammenzubringen und die führenden<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen zu integrieren.<br />
develop 3 : Was müsste sich ändern, um dem deutschen Mittelstand<br />
Forschung schmackhaft zu machen?<br />
Hüttl: Kleinen und mittleren Unternehmen sollte man es möglichst<br />
einfach machen, an Kooperationen von Forschung und Wirtschaft<br />
teilzunehmen – also niedrige Zugangshürden. Zweitens brauchen<br />
wir ein stärkeres Bewusstsein, dass der Erfolg in einer Marktnische<br />
nicht davon abhalten sollte, gemeinsam mit Hilfe von Forschung<br />
neue Perspektiven zu entwickeln. Es wäre auch gut, wenn sich an<br />
der Reputation von Wissenschaftlern etwas verändern ließe, die<br />
noch vorrangig auf Publikationen in wichtigen internationalen Journalen<br />
beruht. Klar, der Nachweis von Gravitationswellen ist ein<br />
Durchbruch. Doch ist es von der Gesellschaft her betrachtet nicht<br />
ebenso ein Durchbruch, wenn Forscher und Praktiker gemeinsam<br />
den Reifenabrieb signifikant verringern? Dies würde die Feinstaubbelastung<br />
spürbar senken.<br />
develop 3 : Wie könnte man den Praxisbezug honorieren?<br />
Hüttl: Dadurch, dass der Wissenstransfer, den Wissenschaftler leisten,<br />
ins Rampenlicht gestellt wird. Oder dass bei nachgewiesenen<br />
Technologietransferleistungen eine weitere Stelle am Institut finanziert<br />
wird. Bei uns in der Helmholtz-Gemeinschaft ist man da schon<br />
unterwegs. Jede Arbeitsgruppe überlegt inzwischen, was aus ihrer<br />
Forschung zur Anwendung kommen könnte. Generell gilt: Wir Wissenschaftler<br />
sollten von uns aus auf den Mittelstand zugehen.<br />
develop 3 : Wie beurteilt die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften<br />
acatech generell den Stellenwert der Technologie in<br />
Deutschland?<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 13
ennenden Wasserhähne richtig gestellt. Doch wenn solche Bilder<br />
einmal in der Welt sind, bekommen sie eine Eigendynamik. Dafür<br />
sorgt schon das Internet. Und irgendwann paust sich das bis in die<br />
Politik durch, so dass selbst Forschung zum Hydraulic Fracturing<br />
nicht mehr gewünscht ist.<br />
develop 3 : Gegenwärtig gibt es fossile Brennstoffe im Übermaß.<br />
Und sie sind kostengünstiger denn je. Warum also sollte die Politik<br />
mit Fracking ein neues Fass aufmachen?<br />
Bild: acatech/S. Weigelt<br />
Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften<br />
(acatech)<br />
Hüttl: Wir haben zwei Strömungen: Zum einen sind die Deutschen<br />
gegenüber Technologien mit unmittelbarem persönlichen Nutzen<br />
sehr aufgeschlossen. Andererseits registrieren wir in Deutschland<br />
eine wachsende Zurückhaltung gegenüber neuen Technologien und<br />
technischen Großprojekten, deren Nutzen nicht unmittelbar ist.<br />
Manchmal sind die Signale sogar widersprüchlich – wenn beispielsweise<br />
ein teils sorgloser Umgang mit Daten im Internet neben einer<br />
recht stark ausgeprägten Sensibilität in diesem Bereich steht. Stärker<br />
als in vielen anderen Ländern sehen die Menschen in Deutschland<br />
mögliche Nachteile, Risiken oder sogar Gefahren. Bekannteste<br />
Beispiele sind Kernenergie, Gen- und Biotechnologie, aber auch Projekte<br />
wie Stuttgart 21 oder das Hydraulic Fracturing (Fracking). Der<br />
gesellschaftliche Widerstand hat beim Fracking dazu geführt, dass<br />
bereits die wissenschaftliche Erforschung weitgehend ausgesetzt<br />
ist. Damit jedoch schränken wir Handlungsoptionen ein, bevor sie<br />
näher untersucht sind.<br />
develop 3 : Zum Fracking hat acatech im Mai 2015 ein Positionspapier<br />
vorgelegt, in dem darauf verwiesen wird, dass durch Pilot-<br />
und Testprojekte Erfahrungen gesammelt und Risiken besser<br />
beurteilt werden könnten. Die Bundesregierung hat sich<br />
demgegenüber von dieser Technologie weitgehend distanziert.<br />
Offensichtlich hat Ihre Studie nicht gefruchtet.<br />
Hüttl: Die politische Entscheidung steht noch aus. Jedenfalls gingen<br />
vor sechs Jahren Bilder des brennenden Wasserhahns durch alle<br />
Medien und wurden zum Symbol der Fracking-Risiken. Die US-<br />
Dokumentation wurde sogar für einen Oskar nominiert. Hierzu haben<br />
wir die Forschung detailliert gesichtet. Wir konnten wissenschaftlich<br />
belegen, dass diese brennenden Wasserhähne nicht auf<br />
Fracking-Erdgas beruhen. Tatsächlich handelte es sich um Gase, die<br />
in Moor- und Torfgebieten natürlicherweise auftreten. Mehr noch, es<br />
stellte sich heraus, dass das US-Filmteam um die natürliche Ursache<br />
hinter dem Phänomen ‚brennender Wasserhahn‘ wusste. Auch<br />
die ARD-Sendung Panorama hatte zunächst über die brennenden<br />
Wasserhähne als Fracking-Risiko berichtet, dann aber für eine spätere<br />
Sendung mit uns zusammengearbeitet und die Ursache der<br />
Hüttl: Wir decken gegenwärtig 11 Prozent unseres Erdgasbedarfs<br />
aus heimischen Quellen. Nach der neuesten Studie der Bundesanstalt<br />
für Geowissenschaften und Rohstoffe könnten wir diesen Anteil<br />
mittels Fracking über 100 Jahre halten – also eine Technologie,<br />
die bei der Förderung von Tight-Gas in den vergangenen Jahrzehnten<br />
allein in Deutschland mehr als 300 Mal ohne Probleme eingesetzt<br />
wurde. Verzichten wir darauf, sind die heimischen Gasquellen<br />
vermutlich schon in zehn Jahren erschöpft. Dann wäre Deutschland<br />
vollständig abhängig von Gasimporten aus dem Ausland. Doch letztlich<br />
geht es hier um mehr als um Fracking, nämlich um die wirtschaftliche<br />
Nutzung des unterirdischen Raumes. Wie kann eine Gesellschaft,<br />
in der schon die Erforschung des Fracking so schwer<br />
möglich ist, jemals zu einer Entscheidung über ein atomares Endlager<br />
finden?<br />
develop 3 : Sind das Auslösen einer neuen gesellschaftlichen<br />
Kontroverse und die Beseitigung eines bereits bestehenden<br />
Problems nicht zwei Paar Stiefel?<br />
Hüttl: Fast keine Technologie ist für die Energiewende alternativlos.<br />
Eine Ausnahme bilden flexible Gaskraftwerke – zumindest für eine<br />
längere Übergangsphase; denn diese brauchen wir zu Absicherung<br />
der Grundlast. Dafür nur auf Gasimporte zu setzen und damit auch<br />
Umweltprobleme zu externalisieren, finde ich deshalb problematisch.<br />
Weil es sowohl beim Fracking als auch bei einem atomaren<br />
Endlager um die Nutzung des geologischen Untergrunds geht, sehe<br />
ich die Fracking-Debatte durchaus als Vorgeschmack auf die Endlagerdebatte.<br />
Wohlgemerkt: Die Gesellschaft entscheidet und die<br />
Wissenschaft muss akzeptieren, dass sich die Gesellschaft beziehungsweise<br />
die Politik gegen eine Technologie entscheidet. Die<br />
Fronten sollten sich jedoch nicht derart verhärten, dass die Wissenschaft<br />
nur mühevoll Gehör findet oder sogar die Erforschung einer<br />
neuen Technologie unmöglich wird. Es ist doch vielmehr so, dass<br />
erst die Forschung Optionen eröffnet, die dann eine adäquate<br />
Grundlage für gesellschaftspolitische Entscheidungen darstellen.<br />
Diese Entscheidungen können dann so oder so getroffen werden.<br />
develop 3 : Können die Sozialwissenschaften unserer Gesellschaft<br />
da weiterhelfen? Die Technikwissenschaften allein vermögen<br />
es ganz offensichtlich nicht.<br />
Hüttl: Ehe die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften 2008<br />
gegründet wurde, haben wir uns intensiv mit der Frage beschäftigt,<br />
was die Technikwissenschaften ausmachen soll. Unser Ergebnis lautete:<br />
Zu den Technikwissenschaften gehören nicht nur Ingenieurwissenschaften<br />
oder angewandte Naturwissenschaften, sondern<br />
ebenso Gesellschaftswissenschaften: Techniksoziologen, -historiker,<br />
-philosophen, Ökonomen, Risikoforscher, Ethiker und viele andere<br />
gehören zur Akademie. Nur mit dieser Breite können wir Technolo-<br />
14 develop 3 systems engineering 02 2016
KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
gien wie das Fracking im Hinblick auf die gesellschaftliche Bedeutung,<br />
auf Chancen und Risiken hin untersuchen. Technikwissenschaftler<br />
sind keineswegs Technokraten.<br />
develop 3 : Welche Zwischenergebnisse machen Sie bei den<br />
MINT-Initiativen aus, also beim Bemühen um das Verständnis<br />
junger Menschen bei Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften<br />
und Technik?<br />
Hüttl: Es gibt erste Erfolge. Beispielsweise werden Ingenieursstudiengänge<br />
weiblicher. Doch immer noch halten Klischees junge Menschen<br />
von einer Laufbahn im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich<br />
ab. Und immer noch gibt es Studiengänge mit 50 oder gar 60<br />
Prozent Abbrecherquote. Da muss man schon fragen, was sich in der<br />
Vorbereitung auf den Studiengang, aber auch im Curriculum tun lässt.<br />
Bei acatech gibt es eine Arbeitsgruppe, die das Thema Studienabbruch<br />
angeht. Hier geht es auch um eine Selbstreflexion der in diesem Bereich<br />
aktiven Hochschullehrer. Keine leichte Aufgabe, aber notwendig.<br />
„Ist es von der Gesellschaft her<br />
betrachtet nicht ebenso ein<br />
Durchbruch, wenn Forscher<br />
und Praktiker gemeinsam den<br />
Reifenabrieb signifikant<br />
verringern?“<br />
develop 3 : Hohe Abbrecherquoten in MINT-Studiengängen gibt<br />
es seit Jahrzehnten. Ich bezweifle, dass sich daran in den kommenden<br />
Jahres etwas ändern wird.<br />
Hüttl: Nach dem Motto „Einsicht ist der erste Schritt“ sollte man<br />
diese Arbeit nicht unterschätzen. Wenn sich eine acatech-Arbeitsgruppe<br />
mit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
für Veränderungen ausspricht, wird das gehört werden. Ich kann mir<br />
gut vorstellen, dass auf Basis unserer Vorschläge Initiativen und Pilotprogramme<br />
zur Verbesserung der Studienerfolge entstehen. Doch<br />
bei allen Optimierungen ist klar: Ein Flugzeug muss fliegen, eine Brücke<br />
muss tragen. Da gibt es keine Toleranz. Unter diesem Paradigma<br />
muss die Qualität eines Studiums zwingend gewahrt bleiben.<br />
develop 3 : Die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten<br />
Forschung ist ein internationales Vorzeigemodell.<br />
Braucht es mit acatech noch eine weitere Organisation, die in<br />
dasselbe Horn bläst?<br />
Hüttl: Wir betreiben bei acatech keine primäre Forschung wie<br />
Fraunhofer, sondern führen Wissen zusammen und beraten auf dieser<br />
Basis Politik und Gesellschaft. Dafür bringen wir eine große wissenschaftliche<br />
Breite mit und integrieren forschende Unternehmen.<br />
develop 3 : acatech hat 468 Mitglieder – alles Professoren, alles<br />
höchst respektable Persönlichkeiten. Doch reicht eine Professorengruppe,<br />
um die Politik wissenschaftsbasiert zu beraten?<br />
Hüttl: Keine Sorge. In unserem Senat, der aktuell 104 Mitglieder<br />
hat, sind auch andere Kompetenzen vertreten. Und zweitens holen<br />
wir uns für die Arbeitsgruppen den nichtprofessoralen Sachverstand,<br />
den wir brauchen: In den von Wissenschaftlern geleiteten<br />
Gruppen arbeiten je nach Problemstellung auch Vertreter der Wirtschaft,<br />
Verbände, NGOs, Medien, Gewerkschaften mit. Eine unabhängige,<br />
fundierte akademische Basis bleibt jedoch die Voraussetzung<br />
unserer Arbeit, und da sind führende Professoren durchaus im<br />
Vorteil.<br />
develop 3 : Wie aktiv sind die acatech-Mitglieder? Sie haben<br />
doch sicher auch Mitläufer?<br />
Hüttl: acatech ist 2008 aus ursprünglich sieben wissenschaftlichen<br />
Landesakademien entstanden. Wir haben daher eine Reihe von Mitgliedern,<br />
die schon vor Längerem berufen wurden. Bei der Mitgliedschaft<br />
unterscheiden wir zwischen ordentlichen und entpflichteten<br />
ordentlichen Mitgliedern, die älter als 72 Jahre sind. Rund 70 sind<br />
aufgrund ihres Alters entpflichtet. Jedoch führe ich mit jedem Mitglied,<br />
das in die Akademie gewählt wird, ein persönliches Zuwahlgespräch.<br />
Wir besprechen, zu welchen Themen sich die Wissenschaftlerin<br />
oder der Wissenschaftler einbringen wird und was die Mitwirkung<br />
bei acatech bedeutet. Wir sehen uns als Arbeitsakademie,<br />
nicht als Gelehrtengesellschaft. Wer ordentliches Mitglied wird, von<br />
dem erwarten wir dann auch Initiative. Und unsere Mitglieder engagieren<br />
sich: In unserem Energieprojekt ESYS wirken beispielsweise<br />
gut 100 Expertinnen und Experten, die allein 2015 in über 80 Arbeitsgruppentreffen<br />
zusammengetreten sind. Unsere Mitglieder engagieren<br />
sich ohne Honorar. Motivation für die Mitarbeit in unseren<br />
Gremien ist, dass die geleistete Arbeit nicht als Publikation im Regal<br />
verschwindet, sondern dass sie gesellschaftspolitische Wirkung<br />
entfaltet.<br />
develop 3 : Was will acatech in den nächsten Jahren erreichen?<br />
Hüttl: acatech ist die von der Bundesrepublik Deutschland legitimierte<br />
Stimme der Technikwissenschaften im In- und Ausland unter<br />
der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Unsere primäre Aufgabe<br />
ist die wissenschaftsbasierte, unabhängige Politikberatung.<br />
Wir organisieren unter anderem den Innovationsdialog der Bundesregierung.<br />
In Zukunft wollen wir uns noch deutlicher in den gesellschaftlichen<br />
Dialog einbringen. Wir wollen, dass Technik und Technologie<br />
zum weiteren Wohlergehen unserer Gesellschaft beitragen.<br />
Und dass die Menschen Technik als integralen Bestandteil unserer<br />
Kultur verstehen.<br />
develop 3 : Prof. Hüttl, vielen Dank für das informative Gespräch.<br />
Bild: bdw<br />
Interview: Wolfgang Hess, Redaktionsdirektor<br />
und Chefredakteur von bild der wissenschaft<br />
(bdw), die wie die develop 3 systems engineering<br />
in der Konradin Mediengruppe erscheint<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 15
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />
Dipl.-Ing. Arno Kühn, Projektleiter an der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechatronik IEM<br />
„Erfahrungen sammeln,<br />
Erfolgsgeschichten schreiben“<br />
Gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen arbeitet das Fraunhofer IEM im Kompetenzzentrum in<br />
NRW daran, kleinen und mittleren Unternehmen die Digitalisierung näher zu bringen. Für die konkrete<br />
Umsetzung müssen die Unternehmen allerdings auch ihre eigene Motivation mitbringen, sagt Dipl.-Ing.<br />
Arno Kühn, Projektleiter am Fraunhofer IEM.<br />
develop³: Herr Kühn, als Fraunhofer-Wissenschaftler arbeiten<br />
Sie oft mit mittelständischen Unternehmen zusammen. Wie<br />
sieht es dort in Sachen Digitalisierung aus?<br />
Kühn: Der Begriff Mittelstand ist breit gefasst. Gemeint ist sowohl<br />
der Kleinunternehmer, der auf der Schwelle vom Handwerks- zum<br />
Industriebetrieb steht, als auch das inhabergeführte, weltweit tätige<br />
Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Genauso vielfältig<br />
sieht es in Sachen Digitalisierung aus: kleine und mittlere Unternehmen<br />
stehen da auf sehr unterschiedlichen Stufen. Gerade bei kleineren<br />
Unternehmen, die aufgrund eines schnellen Wachstums die<br />
eine oder andere Entwicklungsstufe übersprungen haben, besteht<br />
im Hinblick auf Prozesse, Strukturen sowie Organisation und damit<br />
auch im Hinblick auf die Digitalisierung erheblich Handlungsbedarf.<br />
Hier ist die Digitalisierung Herausforderung und Chance zugleich.<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Digital in NRW.<br />
Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />
wird im Förderschwerpunkt<br />
„Mittelstand-Digital„ vom BMWi gefördert,<br />
bereitet die Themen Digitalisierung<br />
und Vernetzung gezielt für kleine und mittlere Unternehmen<br />
auf und macht konkrete Angebote für die gemeinsame<br />
Umsetzung. Dafür bündelt es Expertise aus den Regionen<br />
Rheinland (intelligente Produktionstechnik), Metropole Ruhr<br />
(intelligente Logistiksysteme und intelligente Wertschöpfungsnetzwerke)<br />
und OstWestfalenLippe (intelligente Automatisierung<br />
und Intelligente Technische Systeme). Hochschulen,<br />
Forschungseinrichten und regionale Cluster sind direkte<br />
Ansprechpartner vor Ort.<br />
www.digital-in-nrw.de<br />
develop³: Wie ist der Mittelstand in NRW auf die Digitalisierung<br />
vorbereitet? Welche Stolpersteine sehen Sie?<br />
Kühn: Das kommt auf die Perspektive an: Kleine und mittlere Unternehmen<br />
sind dabei, ihre Produkte und Prozesse schrittweise zu<br />
digitalisieren. Sie erreichen dadurch heute schon eine Steigerung<br />
der Effizienz innerhalb des Unternehmens. Hier ist die Digitalisierung<br />
häufig schon angekommen. Eine besondere Herausforderung<br />
ergibt sich aber durch die Effekte der Digitalisierung: Sie hat das<br />
Potential, ganze Geschäftsbereiche umzukrempeln und zu revolutionieren.<br />
Unternehmen müssen erkennen, dass sie neben dem<br />
eigentlichen Produkt das ganze Geschäftsmodell in Frage stellen<br />
müssen. Hier besteht bei vielen Mittelständlern noch Handlungs -<br />
bedarf.<br />
develop³: Gibt es eine Art „Rezept“ für KMU, sich dem Thema<br />
Digitalisierung zu nähern? Wo ist dabei der Unterschied zum<br />
Großunternehmen?<br />
Kühn: Kleine und mittlere Unternehmen müssen Geschwindigkeit<br />
aufnehmen, um in der Digitalisierung Schritt zu halten. Doch diese<br />
beschleunigte Entwicklung von Prozessen und Technologien und die<br />
stetige Diskussion der Industrie 4.0 in den Medien führt – verständlicherweise<br />
– auch zu Vorbehalten: Das Gefühl der Hilflosigkeit zum<br />
Beispiel durch fehlende Standards oder die Sorge um die IT-Sicherheit<br />
des eigenen Unternehmens können nur durch erste Erfahrungen<br />
mit der Industrie 4.0 abgebaut werden. Große Unternehmen<br />
starten hier großvolumige Innovationsprojekte. Im Mittelstand fehlt<br />
dafür typischerweise sowohl das Kapital als auch das notwendige<br />
Personal. Daher braucht es kleine, fokussierte Referenzprojekte, um<br />
intern im Unternehmen erste Erfahrungen zu sammeln und den<br />
Nutzen der Industrie 4.0 nachzuweisen. In kleinen und überschaubaren<br />
Schritten entwickeln Unternehmen dann auch erste eigene<br />
Erfolgsgeschichten im Hinblick auf die technischen und organisatorischen<br />
Herausforderungen der Industrie 4.0. So werden interne<br />
Barrieren erkannt und abgebaut und gleichzeitig wichtiges<br />
Knowhow für den digitalen Wandel aufgebaut.<br />
Digital in NRW.<br />
Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />
Tel. +49 231 9743 611<br />
info@digital-in-nrw.de<br />
16 develop 3 systems engineering 02 2016
KÖPFE DER WISSENSCHAFT<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
„In kleinen Schritten<br />
entwickeln Unternehmen<br />
eigene Erfolgsgeschichten<br />
im Hinblick<br />
auf die technischen<br />
und organisatorischen<br />
Herausforderungen<br />
der Industrie 4.0.“<br />
Bild: Fraunhofer IEM<br />
Dipl.-Ing. Arno Kühn, Projektleiter am Fraunhofer IEM, arbeitet daran, die Digitalisierung für<br />
mittelständische Unternehmen umsetzbar zu machen<br />
develop³: Was kann das Kompetenzzentrum für den Mittelstand<br />
in NRW hier leisten?<br />
Kühn: Die Angebote des Kompetenzzentrums ermöglichen es<br />
Mittelständlern, sich der Industrie 4.0 zu nähern – egal auf welchem<br />
Level der Digitalisierung sich ihre Produkte und Prozesse befinden.<br />
Es bietet Informationsveranstaltungen, eröffnet den Zugang zu<br />
Demo-Zentren in Forschung und Industrie und macht Weiterbildungsangebote<br />
für die Industrie 4.0. Darüber hinaus unterstützt es<br />
Unternehmen beim Erstellen ihrer eigenen Digitalisierungs-Strategie<br />
und begleitet sie in konkreten Projekten. Für die konkrete<br />
Umsetzung der Industrie 4.0 müssen die Unternehmen natürlich<br />
eigene Motivation mitbringen. Ziel des Kompetenzzentrums ist es,<br />
das notwendige Wissen aufzubereiten, konkrete Beispiele aufzu -<br />
zeigen und umfangreiche Unterstützungsangebote zu machen, um<br />
mittelständische Unternehmen zum Schreiben ihrer eigenen<br />
Erfolgsgeschichten zu bringen.<br />
develop³: Das BMWi will KMU den Zugang zu den Themen<br />
Industrie 4.0/Digitalisierung leichter machen. Welchen Nutzen<br />
können solche politikgetriebenen Vorhaben Ihrer Meinung nach<br />
haben?<br />
Kühn: Heute bietet nahezu jeder Lösungen zum Thema Digitalisierung<br />
an und das Schlagwort Industrie 4.0 geistert teils ungefiltert<br />
durch die Öffentlichkeit. Nicht nur Mittelständler wissen da oft nicht,<br />
an wen sie sich zuerst wenden können. Große politische Initiativen<br />
sind wichtig, um für das Thema Digitalisierung breitflächig zu<br />
sensibilisieren. Aber auch die Bündelung der vielen verschiedenen<br />
Kompetenzträger in NRW ist eine Leistung: Wichtige Forschungseinrichtungen<br />
aus dem Rheinland, der Metropole Ruhr und Ostwestfalen-Lippe<br />
kooperieren nun und erarbeiten gemeinsam ein<br />
abgestimmtes Angebot. Hier bietet das vom BMWi geförderte<br />
Kompetenzzentrum als zentrale und kostenlose Anlaufstelle einen<br />
wirklichen Mehrwert.<br />
develop³: Besteht für KMU die Möglichkeit, sich über das Kompetenzzentrum<br />
leichter in Forschungsprojekte einzubringen?<br />
Kühn: Eine Aufgabe des Kompetenzzentrums ist es, kleine und<br />
mittlere Unternehmen zielgerecht mit Forschungsthemen und -partnern<br />
zusammenzubringen. Wir erarbeiten dafür zum Beispiel ein auf<br />
Umsetzungsbeispiele fokussiertes Forschungs- und Innovationsradar<br />
und vermitteln zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen.<br />
Außerdem werden die Services des Kompetenzzentrums,<br />
wie Info-Veranstaltungen, Demo-Touren und Konzeptions-Workshops<br />
von den beteiligten Forschungseinrichtungen angeboten.<br />
Allein dadurch lernen Unternehmen die Kompetenzen der Wissenschaftler<br />
kennen, knüpfen Kontakte, finden Gemeinsamkeiten und<br />
Synergien. Daraus werden sich Kooperationen in künftigen Forschungsprojekten<br />
ergeben.<br />
develop³: Welche Rolle spielt das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
in diesem Zusammenhang?<br />
Kühn: Das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ist eine Kernkompetenz für<br />
die Industrie 4.0. Die Komplexität technischer Systeme, aber auch<br />
organisatorischer Prozesse steigt im Zuge der Vernetzung und Digitalisierung<br />
enorm. Unternehmen wandeln sich vom reinen Produktzum<br />
Lösungsanbieter. Vor diesem Hintergrund benötigen sie passgenaue<br />
Lösungen. Im Kompetenzzentrum vermittelt das Fraunhofer<br />
IEM das Thema unter dem Stichwort <strong>Engineering</strong> 4.0: Wie gestaltet<br />
sich zukünftig die Entwicklung komplexer Systeme in der Industrie<br />
4.0? Mit welchen Methoden gelingt es uns, den vielfältigen Anforderungen<br />
in der Entwicklung zu begegnen? Welche Kompetenzen<br />
müssen Entwickler dafür künftig mitbringen? Wir machen Unternehmen<br />
darauf aufmerksam, dass in einer Zukunft der digitalen<br />
Produkte und Prozesse auch der Bereich Entwicklung neue Ansätze<br />
verfolgen muss.<br />
co<br />
de v elo p 3 systems engineering 02 2016 17
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
AUS DER FACHGRUPPE SE<br />
Bild: Fachgruppe SE<br />
Derzeit beschäftigen sich elf Teilnehmer<br />
aus fünf kleinen und mittleren<br />
Unternehmen im Rahmen eines<br />
Personalentwicklungsprogramm für<br />
berufserfahrene Fachkräfte des<br />
Spitzenclusters it’s OWL mit dem<br />
Ansatz des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Weiterbildung für Berufserfahrene in Sachen <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Eine gemeinsame Kommunikationsbasis<br />
Entwickler mit langjähriger Berufserfahrung sind im Rahmen der digitalen Transformation mit vielfältigen<br />
Veränderungen in ihren Aufgaben und Arbeitsweisen konfrontiert. Um diesen Prozess<br />
möglichst reibungslos zu gestalten und das Erfahrungswissen zu sichern, bietet der Spitzencluster<br />
it’s OWL individuelle, berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen an.<br />
Der eine arbeitet als CAD-Konstrukteur sehr detailliert und nah<br />
am Produkt und sucht den Blick für das Ganze. Der andere<br />
stellt sich als künftiger Entwicklungsleiter die Frage, wie er die Prozesse<br />
seiner Abteilung und die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen<br />
steuern kann. Michael Schürmann und Stephan Musiolik sind<br />
Teilnehmer des „Bildungsmotors“ im Spitzencluster it’s OWL. In<br />
diesem Zusammenhang beschäftigen sich derzeit elf Teilnehmer aus<br />
fünf kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Ansatz des <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong>. Den Rahmen bildet ein Personalentwicklungsprogramm<br />
für berufserfahrene Fachkräfte des Spitzenclusters it’s OWL.<br />
Den Blick für das Gesamtprojekt schulen<br />
Der Arbeitgeber von Michael Schürmann ist ein typischer Maschinen-<br />
und Anlagenbauer: Die IMA Klessmann GmbH in Lübbecke<br />
stellt Maschinen und Fertigungsstraßen für die Holzbearbeitung her.<br />
Michael Schürmann arbeitet als Konstrukteur auch mit Elektrokonstrukteuren<br />
und Softwareentwicklern gemeinsam an Projekten.<br />
„Mir und meinen Kollegen aus den verschiedenen Entwicklungs -<br />
bereichen fehlt da öfters der Blick auf das Gesamte“, erläutert<br />
Schürmann. Auch die gemeinsame Nutzung der digitalen CAD-<br />
Programme löse das Kommunikationsproblem nicht. Der Ansatz<br />
des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) war dem 58-jährigen Maschinenbautechniker<br />
vorher nicht bekannt. Auf das Angebot des Spitzenclus-<br />
ters it’s OWL hin informierte er sich und hat inzwischen erkannt,<br />
dass der Ansatz nicht nur für ihn, sondern auch für seine gesamte<br />
Abteilung interessant ist: „Frühzeitige bereichsübergreifende<br />
Zusammenarbeit zu Beginn eines Entwicklungsprojektes, wie wir<br />
sie mit Hilfe von <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> angehen, eröffnet viel mehr<br />
Möglichkeiten, als wenn jeder für sich arbeitet.“<br />
Optimierte Zusammenarbeit im Unternehmen<br />
Die Kommunikationsstrukturen in seiner Abteilung will auch<br />
Stephan Musiolik künftig mit Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
optimieren. Die Karl E. Brinkmann GmbH in Barntrup ist Hersteller<br />
von Komponenten für elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik.<br />
Die eigentliche Entwicklungsarbeit nimmt im Arbeitsalltag des Elektroingenieurs<br />
jetzt schon immer weniger Platz ein. „Ich bin eher<br />
koordinierend tätig und kümmere mich um die Interaktion zwischen<br />
den einzelnen Bereichen“, erklärt der 45-Jährige. Als künftiger<br />
Entwicklungsleiter und Schnittstelle zwischen seiner und anderen<br />
Abteilungen schreibt Stephan Musiolik der Koordination und Kommunikation<br />
eine immer wichtigere Rolle zu. „Technische Herausfor -<br />
derungen sind die immer höhere Komplexität unserer Produkte<br />
und der dazugehörige Entwicklungsprozess. SE ist für uns die<br />
Basis, um mit allen beteiligten Bereichen auf einer gemeinsamen<br />
Ebene kommunizieren zu können.“<br />
18 de v el op 3 systems engineering 02 2016
Prof. Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaften<br />
Köpfe Seite 12<br />
SE-Glossar Seite 22<br />
Tools Seite 38<br />
Titelstory Seite 48<br />
AUS DER FACHGRUPPE SE<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Bild: Fachgruppe SE<br />
Stephan Musiolik, Karl E. Brinkmann GmbH<br />
„Ich schule hier<br />
meinen Weitblick<br />
für das Gesamtprojekt<br />
und lerne,<br />
mich von dem<br />
engen Fokus auf<br />
das alltägliche<br />
Geschäft zu lösen.“<br />
Bild: Fachgruppe SE<br />
Michael Schürmann, IMA Klessmann GmbH<br />
„Frühzeitige bereichsübergreifende<br />
Zusammenarbeit<br />
zu Beginn<br />
eines Entwicklungs -<br />
projektes, wie wir sie<br />
mit Hilfe von <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> angehen,<br />
eröffnet viel mehr<br />
Möglichkeiten, als wenn<br />
jeder für sich arbeitet.“<br />
MBSE als idealer Einstieg ins Projekt<br />
In verschiedenen Bausteinen beschäftigen sich die Teilnehmer des<br />
Weiterbildungsprogramms ein halbes Jahr lang mit dem Thema <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong>. Begleitet werden sie dabei von Wissenschaftlern<br />
der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechatronik IEM in<br />
Paderborn. Veranstaltungen am Nachmittag führen in die Fragestellungen<br />
und Methoden des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
(MBSE) ein. „Wir arbeiten oft in Kleingruppen zusammen. Unsere<br />
Seminare haben Workshop-Charakter, jeder kommt zu Wort, kann<br />
sich einbringen und <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ausprobieren und anwenden“,<br />
erläutert Anja Czaja vom Fraunhofer IEM.<br />
Die Methode Consens erweist sich dafür als besonders geeignet.<br />
Ein gemeinsames Entwicklungsproblem wird hier zunächst mithilfe<br />
von Kartentechnik grafisch abgebildet, das zu entwickelnde System<br />
wird mit allen Beteiligten gemeinsam modelliert und diskutiert. „Mit<br />
solch vermeintlich einfachen Mitteln gelingt uns der ideale Einstieg<br />
in das Projekt, bei dem alle Beteiligten mitgenommen werden“, sagt<br />
Dr.-Ing. Harald Anacker vom Fraunhofer IEM. Michael Schürmann<br />
bestätigt das: „Allein beim Erstellen des Umfeldmodells tauchen im<br />
Kurs Fragen auf, die bei uns im Unternehmen eigentlich erst später<br />
behandelt werden.“ Zudem werden auch Ansätze des Projekt- und<br />
Prozessmanagements vermittelt – besonders für Stephan Musiolik<br />
die ideale Grundlage für seine künftige Leitungsfunktion. „Ich schule<br />
hier meinen Weitblick für das Gesamtprojekt und lerne, mich von<br />
dem engen Fokus auf das alltägliche Geschäft zu lösen.“<br />
Zum Bildungsmotor it’s OWL<br />
Schüler, Studenten, Berufseinsteiger oder -erfahrene: Mit dem Ziel,<br />
den Fachkräftebedarf seiner Clusterunternehmen auch künftig zu<br />
decken und die Arbeitswelt in der Industrie 4.0 aktiv zu gestalten,<br />
bietet der Spitzencluster it’s OWL Qualifikationsmöglichkeiten entlang<br />
der gesamten Bildungskette. Ein Erfahrungsaustausch findet<br />
zudem auch auf gemeinsamen Veranstaltungen statt. Das nächste<br />
Weiterbildungsprogramm für berufserfahrene Fachkräfte im <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> ist für den Herbst geplant. Bei Interesse wenden<br />
Sie sich bitte an: Klaus-Peter Jansen, it’s OWL Clustermanagement,<br />
Tel. 0521 96733286.<br />
co<br />
Die Autorin: Kirsten Harting,<br />
Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />
Zu dieser Rubrik<br />
Die zunehmende Komplexität von Maschinen und Anlagen stellt Unternehmen<br />
vor große Herausforderungen. Für die Produktentwicklung werden<br />
ein ganzheitliches Systemverständnis und die Betrachtung des gesamten<br />
Lebenszyklus erforderlich. Im Rahmen des Spitzenclusters it‘s<br />
OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe – wurde<br />
2014 die Fachgruppe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> gegründet. Ziel<br />
ist es, disziplinübergreifende Methoden für die Entwicklung von intelligenten<br />
Maschinen und Anlagen in die Praxis zu bringen. Partner sind<br />
• das Fraunhofer IEM (ehemals Fraunhofer-<br />
Projektgruppe Entwurfstechnik Mechatronik),<br />
• Dassault Systèmes,<br />
• die Netzwerke OWL Maschinenbau und<br />
• OWL ViProSim sowie<br />
• die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE).<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ist ein wichtiges Forschungsgebiet im Technologie-<br />
Netzwerk it‘s OWL. Entwurfstechniken unterschiedlicher Disziplinen<br />
werden zu einer übergreifenden Entwurfssystematik zusammengeführt,<br />
die in Modellierungs- und Simulationsmethoden verfügbar gemacht<br />
wird. Dadurch können Unternehmen die Effektivität und Effizienz ihrer<br />
Produktentwicklung steigern. Entwicklungszeiten werden verkürzt, Abstimmungsbedarfe<br />
und nachträgliche Änderungen entfallen und die Produktqualität<br />
steigt.<br />
www.its-owl.de/fachgruppeSE<br />
Hinweis: Veröffentlichungen der<br />
Fachgruppe SE in der develop3<br />
systems engineering finden<br />
Sie auch auf der Website der Fachgruppe<br />
SE. Zusätzlich besteht für<br />
Teilnehmer die Möglichkeit, ein<br />
Printabonnement zum ermäßigten<br />
Preis zu beziehen. Termine und Infos<br />
zur nächsten Veranstaltung finden<br />
Sie unter:<br />
Awww.its-owl.de/fachgruppeSE<br />
„Viele KMU sind<br />
ohne eine eigene<br />
Forschungsabteilung<br />
innovativ.“<br />
<strong>Systems</strong>pezifikation<br />
mit MBSE<br />
02 2016<br />
INFO<br />
Interdisziplinäre Produktentwicklung in der Praxis<br />
<strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />
synchronisieren<br />
Digitaler Zwilling<br />
ist der Schlüssel zu<br />
Industrie 4.0<br />
d ev el op 3 systems engineering 02 2016 19
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
AUS DER<br />
Bild: GfSE<br />
World-Café-Ergebnis zum Thema Industrie 4.0 und SE<br />
SpecIF, Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s (TdSE) und SE-Weltkonferenz<br />
Breite Palette an <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Lassen sich Systemmodelle im <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> zusammenführen? Ja, mit dem Specification<br />
Interchange Format (SpecIF) kann das gelingen, denn damit soll der bereits vorangeschrittene Wandel<br />
von einer Dokumenten- zu einer Artefakt-zentrierten Arbeitsweise unterstützt werden. Mehr zum<br />
neuen Produkt im nachfolgenden Text verbunden mit einem Überblick über die noch folgenden<br />
<strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenzen in 2016.<br />
Täglich stellt eine Vielzahl methodischer Ansätze im <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
(SE) ihren Nutzen unter Beweis. Dazu gehören beispielsweise<br />
das Anforderungsmanagement, die Modellierung von Aufbau<br />
und Verhalten etwa mit UML/SysML sowie die Simulation unter Verwendung<br />
von Modelica und anderen Sprachen. Es gibt Informationen<br />
aus unterschiedlichen Quellen und Formaten, die mehr oder weniger<br />
starken Einfluss auf die Systemkonzeption und -entwicklung haben.<br />
In der Praxis gelingt es nicht oder nur mit Mühe, diese Daten in Verbindung<br />
zu setzen, denn die Informationen in getrennten Umgebungen<br />
(„Silos“) sind häufig inhaltlich inkonsistent. Verbreitete Modellierungs-<br />
Standards (etwa UML/SysML) sind Notationen, überlassen jedoch die<br />
Semantik den Werkzeugherstellern und Anwendern. Zum Datenaustausch<br />
gibt es viele Ansätze die Syntax, jedoch nur sehr wenige die Semantik<br />
betreffend. Hier setzt der Gedanke des Specification Interchange<br />
Format (SpecIF) an, mit dem der bereits vorangeschrittene<br />
Wandel von einer Dokumenten- zu einer Artefakt-zentrierten Arbeitsweise<br />
unterstützt werden soll. Dazu wird eine einfache und auf fundamentalen<br />
Eigenschaften beruhende logische Sprache für Systemmodelle<br />
definiert, die textuelle und graphische Inhalte in einen gemeinsamen<br />
Kontext zu stellen vermag. Syntax und Semantik sind Basis für jede<br />
Sprache und müssen somit klar formuliert werden. SpecIF schafft hierbei<br />
eine logische Ebene der Verständigung für die bekannten techni-<br />
schen Formate und Protokolle und ermöglicht auf diese Weise den Brückenschlag<br />
zwischen den Silos. Zudem unterstützt das die Verständigung<br />
zwischen den Disziplinen.<br />
Mit SpecIF wird eine Semantik für SE-Modelle erarbeitet, die eine übergreifende<br />
Suche und Navigation sowie einen automatischen Austausch<br />
zwischen verschiedenen Systemumgebungen ermöglicht. Der Nutzer<br />
gewinnt einen schnelleren und besseren Einblick in die Zusammenhänge,<br />
während er die ihm bekannten Sichten (Listen, Texte, Modelldiagramme...)<br />
wahrnimmt. Erste praktische Projekte haben bereits gezeigt,<br />
wie Geschäftsprozesse (BPMN), Systemlandschaften (FMC) und<br />
Anforderungen inhaltlich in Zusammenhang gebracht werden können.<br />
Im nächsten Schritt ist die Einbindung von SysML-Modellen bereits in<br />
Arbeit. Hierzu gibt es von Mitgliedern der GfSE viele Aktive im Projektumfeld<br />
und es werden weitere Teilprojekte definiert, zudem soll die Forschung<br />
eingebunden werden. Die GfSE bietet hier die Plattform, dieses<br />
Open-SE-Modell als Standard der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.<br />
Somit werden alle Ergebnisse unter Creative Commons 4.0 CC BY-<br />
SA veröffentlicht.<br />
Die Initiative steht allen Interessenten offen, insbesondere auch Nutzern<br />
mit konkreten Anwendungsfällen, die eine weitere Ausgestaltung<br />
und Validierung erlauben. Hervorzuheben ist hier Dr.-Ing. Oskar von<br />
Dungern als Initiator und Treiber der Initiative – ihm sei an dieser Stelle<br />
im Namen des Vorstands der GfSE gedankt. Die ersten Schritte hat er<br />
auf der Website http://specif.de/ veröffentlicht, welche nun auf der neu-<br />
20 develop 3 systems engineering 02 2016
AUS DER<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Zu dieser Rubrik<br />
INFO<br />
Bild: GfSE<br />
Die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) e.V. als<br />
deutsches Chapter des International Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
(INCOSE) ist seit 1997 die größte deutschsprachige<br />
Interessensvertretung rund um das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />
In der Rubrik ‚Aus der GfSE‘ berichten wir regelmäßig<br />
über aktuelle Aktivitäten und Initiativen. Mitglieder<br />
der GfSE erhalten die develop 3 systems engineering<br />
digital im Rahmen ihrer Mitgliedschaft über den<br />
Newsletter der GfSE.<br />
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ein Printabonnement zum<br />
ermäßigten Mitgliederpreis zu beziehen. Angaben zu Verfahren<br />
und Gutscheincode finden sich ebenfalls im Newsletter<br />
der GfSE.<br />
www.gfse.de<br />
Motivation von SpecIf – Brückenschlag zwischen den Disziplinen<br />
tralen Plattform der GfSE und für alle Interessierten als Open Source<br />
weiterentwickelt werden. Herr von Dungern wird weiterhin diese Idee<br />
voranbringen und koordinieren. Die Idee ist es, diesen Ansatz zu einem<br />
allgemeingültigen Vorgehen und Standard zu etablieren. Erste Kontakte<br />
zu anderen Standards hat es gegeben. Insgesamt ist es ein Samenkorn<br />
aus der GfSE und den aktiven Mitgliedern – zeigt aber die wachsende<br />
Vielfalt der Initiativen und Produkte. Weitere inhaltliche Veröffentlichungen<br />
sind in diesem Journal geplant und vorgesehen.<br />
TdSE mit anschließender Ergebniskonferenz<br />
Der Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE) (s. S. 31) ist in diesem Jahr<br />
von 25. bis 17. Oktober im Schaeffler-Konferenzzentrum zu Gast. Die<br />
Schaeffler Gruppe verfügt als ein weltweit führender integrierter Automobil-<br />
und Industriezulieferer über eine ausgeprägte Innovationskraft.<br />
Mit Präzisionskomponenten und Systemen in Motor, Getriebe und Fahrwerk<br />
sowie Wälz- und Gleitlagerlösungen für eine Vielzahl von Industrieanwendungen<br />
leistet die Schaeffler Gruppe einen entscheidenden Beitrag<br />
für die „Mobilität für morgen“. Mit dieser Zielrichtung ist das Engagement<br />
im Bereich SE wichtig und ein fester Bestandteil. In einer sich<br />
an den TdSE anschließenden Ergebniskonferenz am 28. Oktober werden<br />
deshalb die Ergebnisse des Konsortiums mecPro² unter Führung<br />
der Schaeffler Technologies AG und Co. KG vorgestellt (s. Seite 31).<br />
Fester Bestandteil des TdSE ist übrigens auch das einzigartige Tool-Vendor-Project<br />
(TVP), welches sich unter Ausstellern und Teilnehmern großer<br />
Beliebtheit erfreut. Ziel ist es, dass die Hersteller anhand eines definierten<br />
Beispiels mittels ihrer Werkzeuge das Verständnis von SE sowie<br />
Ansatz, Schwerpunkte und Lösungen präsentieren – und auf der Ausstellungsfläche<br />
und dem Vendoren-Marktplatz für weitere Diskussionen<br />
zur Verfügung stellen. Die Basis bildet hier eine Kaffeemaschine am<br />
Flughafen, die in jedem Jahr mit neuen Aufgabenstellungen erweitert<br />
wird. Damit bietet das TVP auch eine Plattform für einen vereinfachten<br />
Transfer in die wahren Probleme und Herausforderungen der Teilnehmer<br />
und bildet somit eine Brücke zwischen Anbietern und Teilnehmern.<br />
Jeder Hersteller hat dabei an seinen Stand ein Modell des Projektes<br />
und bietet am Tutorial-Tag ein 2-stündiges Seminar an.<br />
Ein Kernelement im Konzept der Konferenz ist es, den Teilnehmern direkte<br />
Ergebnisse mit auf den Heimweg zu geben. So bildet der Marktplatz<br />
den Kern und das Zentrum des Austausches und der Kommunikation<br />
unter den Teilnehmern. Weiterhin unterstützt das World Café den<br />
Ideen- und Erfahrungsaustausch zwischen einzelnen Teilnehmern, die<br />
entsprechend Hintergrund und Industrie unterschiedliche Erfolge und<br />
Best Practices mitbringen. Den Transfer und die Hinterfragung der Anwendbarkeit<br />
auf die eigene Branche und Firma sollen damit gefördert<br />
werden. Durch die kleinen und moderierten Gruppen zu einzelnen Themen<br />
des SE, wie etwa MBSE-Erfahrung oder SE in der innerbetrieblichen<br />
Ausbildung, wird dies dokumentiert und noch auf der Konferenz<br />
vorgestellt. Das ermöglicht es den Teilnehmern, diese Erkenntnisse in<br />
Form einer Zusammenfassung sofort und damit nutzbar anzuwenden.<br />
Das World Café bringt zudem Fremde zusammen, die sich so nicht ausgetauscht<br />
oder über Themen unterhalten hätten, womit sich neue Netzwerke<br />
bilden können. Neben diesen etablierten Elementen wird es zudem<br />
in diesem Jahr wieder neue spannende und informative Elemente<br />
für die Teilnehmer geben, die aktuell noch in der Ausarbeitung sind.<br />
Die <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Welt zu Gast in Europa<br />
In diesem Jahr ist es übrigens wieder so weit, denn im 4-Jahres-Zyklus<br />
macht die SE-Weltkonferenz in Europa Halt. In diesem Jahr bietet sich<br />
die Chance, das weltweite SE-Netzwerk zu erweitern und an Fachvorträgen,<br />
Tutorials und Podiumsdiskussionen teilzunehmen. Die INCOSE<br />
Konferenz findet in diesem Jahr in Edinburgh von 18. bis 21. Juli 2016<br />
statt. Speziell für die Industrieteilnehmer haben die Arbeitsgruppen von<br />
Automotive, Healthcare, und Transportation einen Überblick als PDF zusammengestellt.<br />
Dieses beinhaltet sowohl die angesprochenen Aktivitäten<br />
und Treffen der Arbeitsgruppen als auch spezielle runde Tische zu<br />
diesen Themen. Der Zeitplan findet sich auf der Konferenzhomepage<br />
www.incose.org/symp2016/ unter dem Titel International Symposium<br />
2016. Weitere Themen sind natürlich die klassischen SE-Bereiche mit<br />
dem MBSE und weiteren aktuellen Entwicklungen.<br />
Der Autor:<br />
Sven-Olaf Schulze, Vorsitzender, GfSE<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 21
METHODEN<br />
SE-GLOSSAR<br />
SE-GLOSSAR<br />
Begriffe des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s – Teil 6<br />
<strong>Systems</strong>pezifikation mit MBSE<br />
Durch das wachsende Interesse am Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) kommt immer<br />
wieder die Diskussion über die richtige Modellierungssprache und die richtige Modellierungs -<br />
methode auf. Hier existieren viele Unklarheiten und genau genommen gibt es auch keine allgemeingültige<br />
Antwort. Hier sollen einige Grundlagen dargestellt werden, um dieser Diskussion auf die<br />
Sprünge zu helfen.<br />
Ziel des MBSE ist ein so genanntes Systemmodell. Es beinhaltet<br />
die Spezifikation des in der Entwicklung befindlichen Produkts.<br />
Zur Erstellung des Systemmodells bedarf es einer graphischen<br />
Modellierungssprache, eines Softwarewerkzeugs und einer<br />
Modellierungsmethode. Dieses Zusammenspiel wird häufig in dem<br />
MBSE-Dreieck dargestellt (siehe Abbildung) – es bildet den Startpunkt.<br />
Erst eine aufeinander abgestimmte Kombination der drei Elemente<br />
ermöglicht den wirksamen Einsatz des MBSE in einem Unternehmen.<br />
Dabei ist die Modellierungssprache isoliert betrachtet<br />
nur ein Ausdrucksmittel. Wie und zu welchem Zweck diese Sprache<br />
angewendet wird, wird durch eine Methode festgelegt. Die Methode<br />
gibt vor, was spezifiziert werden muss und in welcher Reihenfolge<br />
die Informationen entstehen.<br />
Modellierungssprachen<br />
Unglücklicherweise wird die Anwendung des MBSE meist<br />
auf die Nutzung einer Modellierungssprache reduziert.<br />
Eine Modellierungssprache wird durch die Syntax und<br />
Semantik definiert – die im Metamodell einer Sprache<br />
erarbeitet wurde. Einfach ausgedrückt: Die Syntax<br />
definiert die Elemente oder Konstrukte (im Vergleich<br />
zu unserer Muttersprache zum Beispiel<br />
Buchstaben) und regelt, wie Konstrukte (etwa<br />
Wörter) aus anderen wiederum gebildet werden.<br />
Zusätzlich wird festgelegt – jedoch<br />
nicht im Metamodell – wie die dazugehörige<br />
graphische Darstellungsform und<br />
Notation aussieht. Die Semantik als<br />
Teil des Modells zeigt, wie Modellkonstrukte<br />
miteinander verknüpft<br />
werden müssen, um eine Bedeutung zu haben. Damit ist aber nicht<br />
klar, welche Bedeutung ein Element oder eine Verknüpfung im jeweiligen<br />
Projektkontext hat.<br />
Die Modellierungssprachen im MBSE setzen vorwiegend auf graphische<br />
Darstellungen. Die Vorteile der graphischen Modellierung<br />
liegen in der Effektivität und Effizienz in Bezug auf die Bearbeitung,<br />
Wahrnehmung und Pflege der Modelle durch den Benutzer. Diese<br />
Vorteile werden jedoch nicht vollständig genutzt, da bei der Sprachdefinition<br />
die Wichtigkeit der Notation unterschätzt wird – die visuelle<br />
Repräsentation wird häufig als trivial angesehen. Die graphische<br />
Notation erhält dadurch fälschlicherweise einen ästhetischen Charakter,<br />
so dass die Auswahl der Ausdrucksmittel meist auf dem persönlichen<br />
Geschmack basiert und weniger auf wissenschaftlich<br />
fundierten Erkenntnissen. Im Bereich des Software-<strong>Engineering</strong>s<br />
wurde in Studien bestätigt, dass die visuelle Darstellung<br />
zum Verständnis des Modells wesentlich beiträgt – für die interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit im MBSE trifft das somit<br />
umso mehr zu.<br />
Modellierungsmethode<br />
Eine Modellierungsmethode gibt ein Vorgehen an<br />
die Hand, mit dem das Systemmodell Schritt für<br />
Schritt aufgebaut werden kann. Im Idealfall berücksichtigt<br />
die Methode dabei die grundlegenden<br />
Vorgehensweisen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s<br />
– das sind einerseits Prinzipien<br />
wie beispielsweise das Top-Down-Vorgehen,<br />
aber ergänzend auch das Definieren<br />
einer sauberen Systemgrenze,<br />
die die Fixierung des so ge-<br />
Bild: GfSE<br />
Das MBSE-Dreieck als Startpunkt zeigt das Zusammenspiel von Sprache, Methode und Werkzeug<br />
22 develop 3 systems engineering 02 2016
SE-GLOSSAR<br />
SE-GLOSSAR<br />
SAR<br />
SE-GLOSSAR<br />
Im Überblick<br />
MBSE-Modellierungsmethoden (Beispiele):<br />
• SysMod – <strong>Systems</strong> Modeling Toolbox<br />
www.model-based-systems-engineering.com<br />
•CONSENS– CONceptional design Specification Technique<br />
for the ENgineering of Complex <strong>Systems</strong><br />
www.selive.de<br />
•Harmony/SE<br />
http://t1p.de/itvw<br />
• OPM – Object Process Methodology<br />
https://en.wikipedia.org/wiki/Object_Process_Methodology<br />
• oosem – Object-oriented <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> Method<br />
www.omgwiki.org<br />
• LITHE – nach Ramos<br />
http://t1p.de/nybk<br />
PLUS<br />
SysML – und dann?<br />
SysML als eine Sprache des MBSE ist inzwischen weit verbreitet.<br />
Dennoch: Ein Einsatz allein der Sprache ist im Prinzip gar nicht möglich.<br />
Zusätzlich zur entsprechenden Methode muss die SysML als<br />
„allgemeingültige“ Sprache immer eine domänenspezifische Ausprägung<br />
erfahren. Will heißen: Für eine Anwendung beispielsweise<br />
in der Automobilindustrie muss immer noch festgelegt werden,<br />
welche Elemente zur Modellierung tatsächlich benötigt werden. Die<br />
SysML bietet hierfür nur eine Grundbesohlung – erst durch eine so<br />
genannte Profilbildung wird die Definition eines eigenen, erweiterten<br />
Metamodells möglich. Da dieses Profil aber immer auf das Basis-Metamodell<br />
der SysML zurückgeführt werden kann, erhält die<br />
SysML eine gewisse Mächtigkeit und Allgemeinverständlichkeit. Im<br />
Prinzip hat man aber mit der Profilbildung dann eine eigene Sprache<br />
definiert.<br />
Nicht Try-and-Error<br />
Die ersten Schritte mit dem MBSE sind häufig frustrierend. Entwickler<br />
oder Projektmanager müssen in andere Vorgehensweisen<br />
und ungewohnte Denkwelten eintauchen. Es ist dabei nicht ausreichend,<br />
nur das gewählte Tool zu beherrschen. MBSE kann als Weiterentwicklung<br />
des klassischen <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) betrachtet<br />
werden. Deshalb sollten sich potentielle Anwender zunächst mit<br />
dem SE im Allgemeinen vertraut machen und dann sukzessive an<br />
das MBSE herangehen.<br />
Die Autoren:<br />
Christian Tschirner und Sascha Ackva,<br />
Mitglieder des Vorstands der GfSE e.V.<br />
nannten „System-of-Interest“ ermöglicht. Inzwischen haben sich<br />
zahlreiche Modellierungsmethoden herausgebildet, wenngleich der<br />
Großteil seinen Ursprung in der Softwaretechnik hat. Der Kasten<br />
‚Im Überblick‘ listet einige etablierte Modellierungsmethoden mit<br />
Hinweisen zu weiteren Informationen auf.<br />
Werkzeuge<br />
Bei der Werkzeugwahl muss darauf geachtet werden, was mit der<br />
Modellierung grundsätzlich erreicht werden soll. Üblicherweise werden<br />
UML-Werkzeuge genutzt, die für das MBSE und beispielsweise<br />
die <strong>Systems</strong> Modeling Language (SysML) angepasst wurden. Die<br />
Bandbreite der möglichen Werkzeuge ist sehr groß. Diese Werkzeuge<br />
bieten sich an, wenn die <strong>Systems</strong>pezifikation etwa von mehreren<br />
Nutzern gleichzeitig erstellt werden soll oder fortführende Aktivitäten<br />
wie die Erzeugung von Softwarecode damit gleichzeitig<br />
stattfinden sollen. Für den Zweck einer verbesserten Kommunikation<br />
oder eines allgemeinen Systemverständnisses gibt es aber momentan<br />
auch noch viele Unternehmen, die zum Beispiel MS Visio<br />
für die Systemmodellierung nutzen – dabei akzeptieren sie bewusst<br />
den damit verbundenen höheren Aufwand.<br />
Zu dieser Rubrik<br />
‚In erster Linie geht es um Kommunikation‘ – das war der Titel<br />
der Titelstory der ersten Ausgabe der develop 3 systems<br />
engineering, die zur SPS IPC Drives 2014 erschien.<br />
Tatsächlich wird die Bedeutung von Kommunikation<br />
in Projekten häufig unterschätzt. Projekte sind heute höchst<br />
interdisziplinär und im Regelfall über Zeitzonen, Kulturkreise<br />
und Sprachräume verteilt. Die präzise und konsistente Verwendung<br />
von Begriffen wird somit zur Schlüsselkompetenz.<br />
Eine der ersten Aufgaben des <strong>Systems</strong> Engineers im Projekt<br />
ist deshalb die Schaffung eines Vokabulars, das eine eindeutige<br />
Kommunikation fördert. Zur Unterstützung dieser Aufgabe<br />
veröffentlichen wir in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft<br />
für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE)<br />
e.V. in jeder Ausgabe der develop 3 systems engineering<br />
Definitionen zu relevanten Begriffen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s;<br />
Ausgangspunkt hierfür ist die deutsche Übersetzung V.<br />
3.2.2 des Handbuchs <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> des International<br />
Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (INCOSE).<br />
Hinweis: Die hier vorgestellten Definitionen stellen wir bewusst<br />
zur Diskussion – wir freuen uns über Ihr Feedback<br />
dazu per Mail an:<br />
d3.redaktion@konradin.de<br />
INFO<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 23
METHODEN<br />
SERIE<br />
SERIE<br />
Teil 5: it‘s OWL-Querschnittsprojekt SE und Mobile Automation – Praxisbeispiel Claas<br />
Der intelligente Ladewagen<br />
Landmaschinen werden künftig immer intelligenter arbeiten. Damit das ein Erfolg wird, erprobt Claas<br />
in Kooperation mit dem Fraunhofer IEM und Dassault Systèmes Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />
Das daraus entstandene Entwicklungsprojekt Claas Cargos wurde auf der Hannover Messe zum<br />
realistischen Anschauungsbeispiel aus der Praxis, das die Vorteile der Methoden in der softwaregestützten<br />
Produktentwicklung verdeutlichte.<br />
Rollenwechsel der Landmaschinen: Bei Claas bestimmt inzwischen<br />
das Anbaugerät, wie schnell sich sein Traktor über das<br />
Feld bewegt. Ein Beispiel dafür ist der Claas Cargos. Der Ladewagen<br />
sammelt Informationen zu Menge und Beschaffenheit des Grases,<br />
berechnet die optimale Fahrtgeschwindigkeit und sendet sie an<br />
den Traktor. Dieser regelt daraufhin seine Geschwindigkeit und wird<br />
vom ehemals führenden zum ausführenden Part des Gesamtgespanns.<br />
Das Ergebnis ist eine ideale Maschinenauslastung, bei der<br />
der Fahrer deutlich entlastet und das Ernteergebnis optimiert wird.<br />
Grundlagen für den intelligenten Ladewagen sind Sensorik, eine<br />
umfangreiche Steuergerätetechnik und eine hochintegrierte Schnittstelle<br />
zum Traktor. Früher rein mechanische Systeme entwickeln<br />
sich damit auch bei Claas zu intelligenten technischen Systemen.<br />
Auf der Hannover Messe gliederte sich das <strong>Systems</strong>-<br />
<strong>Engineering</strong>-Projekt in das Product-Lifecycle-<br />
Management der 3DExperience-Plattform von<br />
Dassault Systèmes ein, das in Kooperation mit<br />
Claas an verschiedenen Stationen gezeigt wurde<br />
Bis der Cargos allerdings auf dem Feld mit seinen Sensoren messen<br />
und über intelligente Schnittstellen kommunizieren konnte,<br />
standen die Ingenieure vor einer komplexen Entwicklungsaufgabe.<br />
Daraus entstanden ist die heute am Markt erhältliche Software -<br />
lösung ICT Cruise Pilot – ein intelligentes mechatronisches System<br />
für die Steuerung der Fahrgeschwindigkeit des Traktors über sein<br />
jeweiliges Anbaugerät.<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> als effektive Herangehensweise<br />
Dass die Komplexität in Zukunft jedoch noch weiter zunimmt, davon<br />
ist das Unternehmen überzeugt. „An die Entwicklung von Claas<br />
werden derzeit ganz neue Herausforderungen gestellt“, erläutert<br />
Torsten Krafczinski, Projektleiter bei Claas. „Wir müssen verstärkt<br />
und von Beginn an auf die unterschiedlichen Schnittstellen unseres<br />
Entwicklungsprojektes achten: Sowohl technisch als auch organisatorisch<br />
eine fordernde Aufgabe.“ Schon bei der Entwicklung des<br />
Cargos stellten sich die Ingenieure deshalb die Frage, welche neuen<br />
Herangehensweisen der steigenden Vielschichtigkeit<br />
in der Entwicklung Rechnung tragen können.<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (SE) ist dabei ein effektiver<br />
Ansatz. Zur Entwicklung der Funktion ICT Cuise<br />
Pilot wurde er daher erprobt. In Kooperation mit<br />
der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik<br />
Mechatronik IEM und Dassault Systèmes bauten<br />
die Claas-Entwickler ein Systemmodell auf und<br />
bildeten es in Vorbereitung auf die diesjährige<br />
Hannover Messe in der 3DExperience Plattform<br />
von Dassault Systèmes ab.<br />
Der erste Schritt dafür war die Erarbeitung eines<br />
gemeinsamen Verständnisses des Gesamtsystems<br />
Cargos. Dafür kam Consens zum Einsatz,<br />
eine Methode des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />
„Mit Consens beschreiben wir das zu entwickelnde<br />
System aus sieben verschiedenen<br />
Perspektiven, den sogenannten Partialmodellen“,<br />
erläutert Jörg Heihoff-Schwede vom Fraunhofer<br />
IEM. Die ersten Modelle, wie das Umfeldmodell,<br />
die Anwendungsszenarien, Funktionen und die<br />
Wirkstruktur entstanden im Workshop per Kartentechnik.<br />
Neben dem Gesamtsystem des Cargos<br />
erstellten die Projektpartner auch Modelle des ICT<br />
Cruise Pilot. Dann wurden alle Partialmodelle in der<br />
3DExperience-Plattform abgebildet, um eine späte-<br />
Bild: OWL<br />
24 develop 3 systems engineering 02 2016
SERIE<br />
SERIE<br />
SERIE<br />
Fahrer<br />
Systemmeldungen<br />
Bedieneingaben<br />
Traktor<br />
Telemetriedaten<br />
Telemetriesystem<br />
M<br />
ermöglicht es, den Cargos durch<br />
verschiedene Partialmodelle – hier<br />
das Umfeldmodell – zu beschreiben<br />
Stützlast<br />
Bedieneingaben<br />
Systemmeldungen<br />
Kugelkopf-Verbindung<br />
g<br />
IST-Geschwindigkeit<br />
SOLL-Geschwindigkeit<br />
Telemetriedaten<br />
Mechanische Energie<br />
Hydraulische Energie<br />
e<br />
Elektrische Energie<br />
Silo<br />
Wartung<br />
Erntegut<br />
Silokontur<br />
CARGOS<br />
Erntegut<br />
Kinetische Energie (Schneiden,Fördern, , Verdichten)<br />
Verschleiß<br />
Erntegut<br />
Topographie<br />
Feld<br />
Gewichtskraft (Bodenverdichtung)<br />
Straßenverhältnisse<br />
Feuchtigkeit<br />
Staub<br />
Wartung<br />
Wartungstechniker<br />
Gewichtskraft<br />
Gesetze, Normen, Richtlinien<br />
Straße<br />
Umwelt<br />
Rechtl. Rahmenbedingungen<br />
Bild: Claas<br />
re durchgängige softwaregestützte Entwicklung zu ermöglichen.<br />
„Alle Systemmodelle stehen zueinander in Beziehung und ergeben<br />
ein konsistentes Ganzes. Die Kenntnis über die Wechselwirkungen<br />
und Beziehungen innerhalb des Gesamtsystems sind für die erfolgreiche<br />
Entwicklung ausschlaggebend“, sagt Jörg Heihoff-Schwede.<br />
Frühzeitige Identifikation<br />
der Einwirkungen auf das Regelungssystem<br />
Die gründliche Systemmodellierung zu Projektbeginn macht sich<br />
also bezahlt. Aus Umfeldmodell und Anwendungsszenarien etwa<br />
identifizierten die Projektpartner Einwirkungen auf das Regelungssystem<br />
des Cargos. Wie reagiert das Steuergerät des Ladewagens<br />
auf Eingangs- und Ausgangsgrößen und wie werden diese verarbeitet?<br />
So konnten die Projektpartner bereits in der Workshop-Phase<br />
wichtige Informationen für die spätere softwaretechnische Umsetzung<br />
ziehen. „Mit Hilfe der Claas-Ingenieure konnten wir in kürzester<br />
Zeit die bestehenden CAD-Daten des Cargos gemeinsam mit<br />
den erarbeiteten Systemmodellen in die 3DExperience-Plattform<br />
einbinden und so ein durchgängiges <strong>Engineering</strong> ermöglichen“,<br />
erläutert Robert Klein, <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>-Solution Consultant,<br />
Dassault Systèmes. Für die Entwicklung intelligenter Landmaschinentechnik<br />
könnte <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> auch künftig eine Option<br />
sein. „Das methodische Herangehen in einem gemeinsamen Workshop<br />
haben wir als sehr zielführend für das weitere Vorgehen im<br />
Entwicklungsprozess empfunden. Innerhalb eines Workshop-Tages<br />
konnten wir alle relevanten Informationen identifizieren. Noch ein<br />
Vorteil: alle Entwickler waren gleich zu Beginn im Austausch“, sagt<br />
Torsten Krafczinski.<br />
Hannover Messe bildet Projektabschluss<br />
Besucher der Hannover Messe konnten sich am Messestand von<br />
Dassault Systèmes einen Eindruck vom <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-<br />
Projekt verschaffen. Das in die 3DExperience-Plattform integrierte<br />
Consens-Systemmodell des Cargos gliederte sich in das Product-<br />
Hintergrund<br />
Im Technologie-Netzwerk it‘s OWL – Intelligente Technische<br />
Systeme OstWestfalenLippe – entwickeln über 170 Unternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen in 46 Projekten gemeinsam<br />
Lösungen für intelligente Produkte und Produktionssysteme.<br />
Das Spektrum reicht von intelligenten Automatisierungs-<br />
und Antriebslösungen über Maschinen, Fahrzeuge<br />
und Hausgeräte bis zu vernetzten Produktionsanlagen. Über<br />
ein innovatives Transferkonzept werden neue Technologien<br />
für eine Vielzahl von – insbesondere kleinen und mittelständischen<br />
– Unternehmen verfügbar gemacht. Ausgezeichnet<br />
im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung gilt<br />
it´s OWL als eine der größten Initiativen für<br />
Industrie 4.0 in Deutschland.<br />
www.its-owl.de<br />
Lifecycle-Management der Plattform ein, das in Kooperation mit<br />
Claas an verschiedenen Stationen gezeigt wurde. „Das gemeinsame<br />
Messekonzept mit einem Anwenderunternehmen und einem<br />
Forschungspartner ermöglichte uns, realistische Anschauungsbeispiele<br />
aus der Praxis zu schaffen und damit die Vorteile des <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> in der softwaregestützten Produktentwicklung zu verdeutlichen,“<br />
so Robert Klein.<br />
co<br />
Die Autorin: Kirsten Harting,<br />
Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />
INFO<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 25
METHODEN<br />
FORSCHUNG<br />
Das Kreativitätslabor des IPEK:<br />
Eine optimale Workshopumgebung<br />
Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) in der Karlsruher Schule<br />
Neue Lehrkonzepte für die<br />
Aus- und Weiterbildung im Bereich MBSE<br />
Unter dem Titel „Fünf Jahre Forschung für die Anwendung“ wurde in Ausgabe 01/2016 der develop 3 systems<br />
engineering (S. 38ff) über die Forschungstätigkeiten bezüglich des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s im<br />
Rahmen der Karlsruher Schule für Produktentwicklung (KaSPro) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)<br />
berichtet. Ergänzend wird in diesem Beitrag nun das am KIT entwickelte SysML-Lehrkonzept vorgestellt,<br />
welches aus einer Vorlesung mit integrierten Übungen und einem semesterbegleitenden Entwicklungsprojekt<br />
besteht. Des Weiteren werden der mehrtägige SysTEM-Workshop und die Möglichkeiten vorgestellt, welche<br />
er für Unternehmen bietet, die am Einsatz der Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s interessiert sind.<br />
Der Bedarf nach modellbasierter Entwicklung zur ganzheitlichen<br />
Erfassung von interdisziplinären Entwicklungsaspekten (Zielsysteminhalte<br />
wie Ziele, Anforderungen und Funktionen und Objektsysteminhalte<br />
wie Konzepte und Struktur des <strong>Systems</strong>; vgl. [1])<br />
wächst. Hierfür bedarf es einer gemeinsamen interdisziplinären Modellierungssprache.<br />
Die <strong>Systems</strong> Modeling Language (SysML) hat<br />
sich als Standard in der modellbasierten Systementwicklung<br />
(MBSE, engl. model-based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>) etabliert. Seit vielen<br />
Jahren unterstützt das IPEK seine Kunden bei der Analyse von<br />
technischen Systemen und der Entwicklung von interdisziplinären<br />
Systemmodellen. In den nächsten Jahren wird das vermehrte<br />
Durchsetzen des MBSE in den Unternehmen erwartet. Für einen effizienten<br />
Einstieg bietet das IPEK einen mehrtägigen SysML-Workshop<br />
(SysTEM, Systeme im Team Entwickeln und Modellieren) an.<br />
Hierfür wurde das SysML-Lehrkonzept, welches sehr erfolgreich in<br />
der Lehre genutzt wird, auf industrielle Bedürfnisse angepasst sowie<br />
mit etablierten Methoden der Produktentwicklung kombiniert.<br />
Der Workshop vermittelt die SysML-Grundlagen in Theoriesessions<br />
mit integrierten Übungsphasen und führt eine mehrwertstiftende<br />
Kombination mit anderen Entwicklungsmethoden ein.<br />
1. SysML-Lehre am IPEK<br />
Im Austausch mit anderen Lehrenden aus dem Bereich des MBSE<br />
sind die Autoren zu dem Schluss gekommen, dass die SysML in der<br />
akademischen Lehre angekommen ist [2]. Eine durchgängige Verbreitung<br />
in der Lehre sowie fundierte didaktische Informationen für<br />
Lehrende von großen Gruppen (>100 Studierende) lagen jedoch<br />
noch nicht vor. Aus diesem Anlass wurde 2013 ein eigenes SysML-<br />
Lehrkonzept für die interdisziplinäre und fakultätsübergreifende<br />
Lehrveranstaltung „Mechatronische Systeme und Produkte“ [3] –<br />
für Studierende im 5. Semester des Bachelorstudiengangs Mechatronik<br />
– entwickelt. Das Lehrkonzept besteht aus einer Kombination<br />
von Vorlesung und einer in dieser integrierten Übungsphase [4][5].<br />
Im Rahmen eines semesterbegleitenden Entwicklungsprojekts<br />
26 develop 3 systems engineering 02 2016
FORSCHUNG<br />
METHODEN<br />
wenden die Studierenden in einem real-komplexen Entwicklungsprojekt<br />
[4][5] ihr neu erlerntes Wissen zum MBSE direkt an und steigern<br />
dadurch ihre Handlungskompetenz bezüglich der Zielsystementwicklung<br />
und Systemmodellierung. Im Folgenden wird die aktuelle<br />
Version des Lehrkonzeptes vorgestellt, sowie auf die Anwendbarkeit<br />
und den Mehrwert in der studentischen Projektarbeit eingegangen.<br />
Das SysML-Lehrkonzept behebt identifizierte Defizite bestehender<br />
SysML-Lehrformen [4] und baut auf den drei Säulen des<br />
Karlsruher Lehrmodells für Produktentwicklung (KaLeP) [6] – Lehre<br />
(Vorlesung, Übung und Entwicklungsprojekt), Umfeld (industrieähnliche<br />
Arbeitsumgebung) und Erwerb von Schlüsselqualifikationen –<br />
auf (vgl. auch [7]).<br />
• Vorlesung: Diese Phase führt SysML und die modellbasierte<br />
Systementwicklung (MBSE) theoretisch ein. Während der Einführung<br />
werden den Studierenden die Grundlagen und ein Verständnis<br />
für die wichtigsten SysML-Diagramme und deren Basiselemente<br />
vermittelt. Ein durchgängiges Beispiel wird nach und nach<br />
aufgebaut, welches alle gelehrten Aspekte beinhaltet.<br />
Eindrücke aus der Lehrveranstaltung MSuP: Studierende bei der Arbeit<br />
Bild: IPEK<br />
Short facts<br />
zum SysTEM-Workshop<br />
PLUS<br />
„Systeme im Team Entwickeln und Modelliern“<br />
• Dauer: in der Regel 3 Tage<br />
– kundenspezifische Anpassung ist möglich<br />
• Teilnehmer: 5-12 Teilnehmer<br />
• Methoden: Persona-Methode, User-Stories, Metaplan, SPAL-<br />
TEN-Problemlösungsmethodik, Strukturierte Fragebögen, Ishikawa,<br />
Kontinuierlicher Ideenspeicher (KIS), Brainwriting Pool,<br />
Contact & Channel-Ansatz (C&C2-A) und viele weitere.<br />
• Ort: Kreativitätslabor des IPEK oder geeigneter Seminarraum<br />
bei dem Interessenten vor Ort.<br />
• Übungsphase: Nach der Vorlesung findet eine Übungsphase mit<br />
Übungsunterlagen statt, in der die neu vermittelten Lehrinhalte<br />
direkt an einem Leitbeispiel praktisch angewendet werden. Um<br />
die Komplexität und damit die Einstiegshürde in die neue Sprache<br />
zu senken, sind für die Übungsaufgaben gewisse Modell -<br />
elemente vorgegeben. Auf diese Weise liegt der Fokus auf dem<br />
Anwenden der Sprache und nicht auf der Entwicklung eines<br />
Beispielsystems [5].<br />
• Projektarbeit: Eine Vertiefung und Anwendung in real-komplexen<br />
Fragestellungen findet parallel in der semesterbegleitenden<br />
Projektarbeit statt. Während der Projektarbeit unterstützt die<br />
SysML-Modellierung die studentischen Teams dabei, ein einheitliches<br />
Systemverständnis und einen strukturierten Entwicklungsprozess<br />
mit durchgängiger Vernetzung und Nachvollziehbarkeit<br />
von Anforderungen und Konzepten zu erreichen. Somit entwickeln<br />
die Studierenden Handlungskompetenz sowohl in der Entwicklung<br />
des Zielsystems als auch in der zugehörigen Modellierung<br />
der Inhalte.<br />
Bild: IPEK<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 27
METHODEN<br />
FORSCHUNG<br />
Bild: IPEK<br />
1.1 Kernelemente des<br />
SysML-Lehrkonzepts in der Lehre<br />
Die wichtigsten Kernelemente des universitäreren Lehrkonzeptes<br />
[7] werden im folgenden kurz genannt. Dabei stehen stets der<br />
Erwerb von Handlungskompetenz und die Anwendung von SysML<br />
im Vordergrund:<br />
• Trennung zwischen Sprach- & Methodikschulung und Softwareschulung:<br />
Das Lehrkonzept vermittelt die Grundlagen der<br />
SysML. Per Selbstlernvideos (Screencasts) wird später Unterstützung<br />
für die verwendete Software angeboten.<br />
• Fokussierung auf die Modellierung – durch vorgegebene<br />
Elemente: Die Teilnehmer werden hinsichtlich des Systemverständnisses<br />
durch vorgegebene Modellelemente unterstützt.<br />
Der Fokus liegt auf der korrekten Anwendung dieser Elemente –<br />
das heißt auf dem Erlernen des Modellierens.<br />
• Vorstellung eines Lösungsvorschlages und Diskussion von<br />
Modellierungsalternativen: Zur Reflexion der Teilnehmerlösung<br />
und zum Aufzeigen der möglichen Modellausprägungen, wird ein<br />
Lösungsvorschlag vorgestellt und gemeinsam diskutiert.<br />
• Hervorheben des Mehrwertes: Während der Vorlesung werden<br />
die Vorteile der Modellierung besprochen und im semester -<br />
begleitenden Projekt „erlebt“.<br />
• Begleitmaterial und durchgängige Beispiele: Den Studierenden<br />
stehen strukturierte Übungsblätter mit durchgängigen Beispielen<br />
zur Verfügung.<br />
• Unmittelbares Anwenden des Gelernten: Neben den Übungsphasen<br />
im Hörsaal ist das intensive Anwenden des Gelernten im<br />
Entwicklungsprojekt ein wichtiger Bestandteil für die Vertiefung<br />
und Reflexion der neuen Kompetenzen. Hierbei handelt es sich<br />
um Handlungskompetenz bezüglich der Entwicklung und Modellierung<br />
von Zielsystemen (Details siehe Kapitel 1.2), das heißt die<br />
Fähigkeit, den Lerngegenstand (SysML und passendes methodisches<br />
Vorgehen) produktiv anzuwenden.<br />
1.2 Einsatz von SysML in einem<br />
semesterbegleitenden Entwicklungsprojekt<br />
Die Vorlesung mit integrierter Übungsphase dient dazu, ein Grundverständnis<br />
für SysML zu entwickeln. Während des semesterbegleitenden<br />
Entwicklungsprojekts bauen die Studierenden diese Fähigkeiten<br />
vom ‚Verstehen‘ zum ‚produktiv Anwenden‘ weiter aus.<br />
Bei Fragen zur Modellierung Ihres Projekts können die Studierenden<br />
wöchentliche Kompetenz-Sprechstunden wahrnehmen. Eine Diskussion<br />
ihrer Modelle geschieht darüber hinaus in drei betreuten<br />
Meilensteinsitzungen während des Semesters. Nach der Modellierung<br />
mit Stift und Papier in der SysML-Schulung stehen den Teams<br />
für die Projektarbeit Whiteboards und memox-Karten zur Verfügung.<br />
Die Modellierung der Projektteams erfolgt mit Cameo <strong>Systems</strong> Modeler<br />
und wird durch einen Teamworkserver von NoMagic unterstützt.<br />
Hervorzuheben ist, dass mit Hilfe des Teamworkservers die<br />
kollaborative Zusammenarbeit über zwei räumlich getrennte Standorte<br />
ermöglicht wird [3]. Neben der real-komplexen Projektaufgabe<br />
wird somit auch eine realitätsnahe Arbeitsumgebung geschaffen.<br />
Für einen schnellen Einstieg in das effiziente Nutzen der Softwaretools<br />
werden diese durch Vorlagen und Screencasts (Lernvideos)<br />
eingeführt. Die Vorlage beinhaltet den Modellierungsablauf und die<br />
Mit SysML begleiteter Entwicklungsablauf<br />
und unterstützende Entwicklungsmethoden<br />
28 develop 3 systems engineering 02 2016
FORSCHUNG<br />
METHODEN<br />
Modellstruktur, welche aus der Vorlesung bekannt sind. Weiterhin<br />
sind die behandelten Diagramme mit einigen elementaren Modellbestandteilen<br />
zur Orientierung und Arbeitsersparnis vorhanden. In<br />
den Screencasts wird der Umgang mit der Software und der Vorlage<br />
anhand eines Beispiels Diagramm für Diagramm erläutert. Für die<br />
Überprüfung der Modellierung werden gewisse Diagramme aus<br />
dem Modell mittels Reporting-Mechanismus ausgeleitet. Hierzu erhalten<br />
die Studierenden nach Durchsicht ein qualifiziertes Feedback<br />
– sowohl zu der Modellierung an sich als auch zu den Modellinhalten.<br />
Eine Befragung der Studierenden hat drei Dinge bestätigt:<br />
• Bei der Modellierung von Gestalt werden die SysML-Modelle nur<br />
mit Ergänzungen durch Skizzen oder CAD-Screenshots aussagekräftig.<br />
Eine Integration von solchen visuellen Inhalten in SysML-<br />
Modelle ist derzeit noch Gegenstand der Forschung [8][9][10].<br />
• Die durchgängige SysML-Modellierung unterstützt die Teams dabei,<br />
ein einheitliches Systemverständnis und einen strukturierten<br />
Entwicklungsprozess mit durchgängiger Vernetzung und Nachvollziehbarkeit<br />
von Anforderungen zu erreichen.<br />
• Die vorgegebene Modellierreihenfolge und Bibliothekelemente<br />
bei der Modellierung sind hilfreich und der (Zeit-)Aufwand (zumindest)<br />
bei einer ersten groben Modellierung sinkt.<br />
Durch den Softwareeinsatz von Cameo <strong>Systems</strong> Modeler und Teamworkserver<br />
konnte den Teams der Mehrwert der SysML-Modellierung<br />
(insbesondere die vernetzten, konsistenten Daten und die Wiederverwendung<br />
der bereits erstellten Inhalte) deutlich vermittelt<br />
werden. Weiterhin wurde die Modellierung so gestaltet, dass die<br />
Übertragbarkeit zur weiteren Ausdetaillierung der Modelle mit Matlab<br />
Simulink und Simscape vereinfacht ist. Darüber hinaus ist beabsichtigt,<br />
Entwicklungsaktivitäten wie die physikalische Simulation<br />
mit Dymola zu integrieren und den modellbasierten Anteil im Entwicklungsprojekt<br />
zu intensivieren. Aktuell nehmen 80 Mechatronik-<br />
Studierende an der Lehrveranstaltung teil. Der Ausbau auf 280 Studierende<br />
und der Schaffung einer interdisziplinären Mischung aus<br />
Studierenden der Studiengänge ‚Mechatronik und Informationstechnik‘,<br />
‚Maschinenbau‘, ‚Elektro- und Informationstechnik‘ sowie<br />
Lehramtsstudierende der ‚Naturwissenschaft und Technik‘ (NwT) ist<br />
angestrebt und wird bis zum Wintersemester 2019 vollumfänglich<br />
umgesetzt.<br />
2. SysTEM-Workshop für Industriekunden:<br />
SysML-Grundlagen und Kreativitätsmethoden<br />
In der ersten Veröffentlichung des universitären SysML-Lehrkonzepts<br />
[4] war geplant, die SysML-Schulung als Workshop auszuführen.<br />
Auf Grund der Teilnehmerzahl von bis zu 280 Studierenden in<br />
der Lehre ist ein Workshop zur Einführung der Sprache nicht realisierbar.<br />
Für Industriekunden und ihre Bedürfnisse eignet sich ein<br />
praxisorientierter Workshop jedoch ausgezeichnet. So ist es möglich,<br />
in einem 2-3tägigen Workshop Kompetenzen für die Anwendung<br />
in der täglichen Entwicklungsarbeit zu erwerben. Selbstlernphasen<br />
werden im Vergleich mit dem universitären Lernen durch<br />
den Dialog mit den Experten und geeignetes Schulungsmaterial<br />
substituiert. Zudem haben die Schulungsteilnehmer in der Regel<br />
Fragestellungen aus der eigenen Tätigkeit, die in Bezug auf die Lerninhalte<br />
diskutiert werden sollen. Daher vermittelt das IPEK kundengerecht<br />
über die SysTEM-Workshops die zeitgemäßen Entwicklungsansätze<br />
des MBSE und kombiniert diese mehrwertstiftend mit<br />
Entwicklungsmethoden. Für die Entwicklung und Durchführung des<br />
Workshops werden die Kompetenzen aus der universitären SysML-<br />
Lehre, die langjährige Erfahrung aus Entwicklungsprojekten und<br />
Bild: IPEK<br />
Kreativ-Workshops [11][12] zusammengeführt, wodurch die Teilnehmer<br />
entwicklungsmethodische Kompetenzen erhalten.<br />
In dem SysTEM-Workshop erlernen die Teilnehmenden die Grundlagen<br />
der SysML und wenden diese anhand eines erprobten Prozesses<br />
in Kombination mit Entwicklungsmethoden an (vgl. Abbildung<br />
„Entwicklungsablauf“). So unterstützt beispielsweise die Persona-<br />
Methode [13] die Systemanalyse und Identifikation von kundenspezifischen<br />
Anforderungen, die Anwendung des Ishikawa-Diagramms<br />
strukturiert die Problemeingrenzung bei der Zielsystemerstellung,<br />
die Anwendung von situationsangepassten Kreativitätsmethoden<br />
unterstützt das Entwickeln von Ideen mit hohem Innovationspotenzial<br />
und die SPALTEN-Problemlösungsmethodik unterstützt alle Phasen<br />
der Entwicklungsprojekte [14]. Die praktischen Workshopeinheiten<br />
bauen eine ausgeprägte Handlungskompetenz bei den Teilnehmenden<br />
bezüglich der Systementwicklung (Ziel- und Objektsystem,<br />
vgl. [14]) und der begleitenden Modellierung mit SysML auf.<br />
2.1 Erfolgreiche Lehransätze im industriellen Umfeld<br />
Wesentliche Kernelemente des erprobten universitären SysML-<br />
Lehransatzes finden in den SysTEM-Workshops Anwendung:<br />
• Trennung zwischen Sprach- & Methodikschulung und Softwareschulung:<br />
Der Workshop wird ohne den Einsatz von Modellierungssoftware<br />
bestritten. Die Lernziele Erlernen und Anwenden<br />
der SysML-Grundlagen und Erlernen der Kombination<br />
von MBSE-Methodik und erprobter Entwicklungsmethodik (Auswahl<br />
der Methoden siehe oben) finden somit größere Beachtung.<br />
Auf Wunsch kann das erarbeitete Systemmodell mit professioneller<br />
Modellierungssoftware digitalisiert werden, wodurch die<br />
Analysemöglichkeiten der Modellinhalte erheblich zunehmen. Eine<br />
Einführung in die Software wird auf Wunsch angeboten.<br />
• Fokussierung auf die Modellierung – durch bekannte<br />
Beispiele: Der Workshop kann anhand von kundenspezifischen<br />
Beispielen durchgeführt werden. Durch die aus dem Arbeitsalltag<br />
bekannten Beispiele kann sich verstärkt auf die Modellierung<br />
mit der erlernten Modelliersprache SysML konzentriert werden.<br />
Der praxisrelevante Nutzen wird aufgezeigt und zudem werden<br />
im Laufe des Workshops projektrelevante Entwicklungsfortschritte<br />
gemacht, welche direkt in einem Systemmodell abgebildet<br />
werden. Dieses Modell unterstützt nach dem Workshop die weitere<br />
Entwicklung und kann weiter detailliert werden.<br />
Gemeinsame Arbeit an Systemmodellen<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 29
METHODEN<br />
FORSCHUNG<br />
• Diskussion von Modellierungsalternativen: Im Laufe des Workshops<br />
wird durch die Betreuung auf Modellierungsalternativen<br />
und deren Vor- und Nachteile hingewiesen. Die Modellierungskompetenzen<br />
der Teilnehmer werden reflektiert und verbessert.<br />
• Hervorheben des Mehrwertes: Bereits im Workshop werden<br />
die Mehrwerte situationsgerecht aufgezeigt. Zum Abschluss des<br />
Workshops werden weitere Mehrwerte kundenspezifisch erarbeitet.<br />
Hierbei werden unter anderem die Randbedingungen der<br />
Unternehmensstruktur und der Entwicklungsgegenstände<br />
einbezogen.<br />
• Begleitmaterial und durchgängige Beispiele: Die Teilnehmer<br />
erhalten eine umfangreiche Workshopdokumentation inklusive<br />
des erarbeiteten Systemmodells und weitere Materialien zur<br />
Vertiefung.<br />
• Unmittelbares Anwenden des Gelernten: Noch intensiver als<br />
in der universitären Lehre ist die Anwendung des Gelernten im<br />
Workshopkonzept verankert. Die bereits erwähnten kundeneigenen<br />
Beispiele steigern hierbei die Übertragbarkeit der neuen<br />
Kompetenzen auf den Arbeitsalltag. Bei geeigneter Projektsituation<br />
werden idealerweise die neuen Fähigkeiten bezüglich des<br />
MBSE mit SysML durch die Teilnehmer direkt im Anschluss in<br />
Entwicklungsprojekten des eigenen Unternehmens eingesetzt.<br />
Hierbei kann eine weitere Unterstützung durch die Experten des<br />
IPEK stattfinden.<br />
Bild: IPEK<br />
Eindrücke aus der<br />
Lehrveranstaltung<br />
MSuP: Studierende<br />
mit Ihren Systemen<br />
im Abschlusswettbewerb<br />
3. Zukünftige Entwicklung der<br />
MBSE-Lehr- und Weiterbildungsangebote<br />
Die Erkenntnisse aus der Lehreforschung finden kontinuierlich in kooperativ<br />
mit Unternehmen durchgeführten Projekten Anwendung.<br />
Für einen effizienten Einstieg in die modellbasierte Systementwicklung<br />
(MBSE) mit SysML wird daher der mehrtägige SysTEM-Workshop<br />
angeboten. Das bestehende Lehrkonzept wurde hierfür auf<br />
die industriellen Bedürfnisse angepasst und mit etablierten Methoden<br />
der Produktentwicklung kombiniert. Der Workshop vermittelt<br />
die SysML-Grundlagen in Theoriesessions mit integrierten Übungsphasen.<br />
Eine direkt anschließende Anwendung in gemeinsamen<br />
MBSE-Pilotprojekten ist möglich. Alle Erfahrungen des IPEK aus<br />
den Bereichen der Forschung (vgl. Beitrag „Fünf Jahre Forschung<br />
für die Anwendung“ in Ausgabe 01/2016 der develop 3 systems engineering<br />
[15] uvm., z.B. [8], [16]), Lehre (Ausbildung von Studierenden<br />
und Industriekunden, vgl. [5]) und Innovation (gemeinsame Entwicklungsprojekte<br />
mit der Industrie, vgl. [11]) werden auch zukünftig<br />
in die Lehrkonzepte einfließen und zu einer kontinuierlichen Verbesserung<br />
beitragen.<br />
co<br />
Kontakt<br />
IPEK – Institut für Produktentwicklung<br />
am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)<br />
Karlsruhe<br />
Sven Matthiesen<br />
sven.matthiesen@kit.edu<br />
www.ipek.kit.edu<br />
INFO<br />
Hinweis: Falls auch Sie dabei sein und mehr erfahren<br />
wollen zu neuen methodischen Impulsen für die Produktentwicklung<br />
oder Interesse haben an einem SysTEM-Workshop,<br />
berät Sie das IPEK gerne.<br />
Literaturverzeichnis<br />
[1] Albers, Albert; Klingler, Simon; Ebel, Björn: Modeling <strong>Systems</strong> of Objectives in <strong>Engineering</strong><br />
Design Practice. In: Proceedings of the International Conference on <strong>Engineering</strong><br />
Design, ICED 2013, 2013<br />
[2] Abulawi, Jutta: AW: Infos zu deiner Lehrveranstaltung „<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>“.<br />
17.06.2015<br />
[3] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Ludwig, Julian; Hohmann, Soeren: Iteratives<br />
Vorgehen in räumlich getrennten mechatronischen Entwicklungsteams – Das Wechselspiel<br />
von Synthese und testbasierter Analyse. In: VDI Mechatroniktagung 2015,<br />
2015<br />
[4] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Moeser, Georg; Munker, Florian: The Karlsruhe<br />
SysKIT Approach – A Three-Step SysML Teaching Approach for Mechatronic Students.<br />
In: 24th CIRP Design Conference. Milano, 2014<br />
[5] Matthiesen, Sven; Schmidt, Sebastian; Moeser, Georg: SysKIT 2.0 – Implementation<br />
of a SysML teaching approach and observations on systems modeling by mechatronic<br />
teams. In: International Conference on <strong>Engineering</strong> and Product Design Education,<br />
Loughborough, 2015<br />
[6] Breitschuh, Jan; Albers, Albert: Teaching and Testing in Mechanical <strong>Engineering</strong>. In:<br />
Musekamp, F; Spöttl, G; Becker, M (Hrsg.): Kompetenz im Studium und in der Arbeitswelt.<br />
Nationale und internationale Ansätze zur Erfassung von Ingenieurkompetenzen.<br />
Competence in Higher Education and the Working Environment. National<br />
and International Approaches for Assessing <strong>Engineering</strong> Competence, Berufliche Bildung<br />
in Forschung, Schule und Arbeitswelt / Vocational Education and Training: Research<br />
and Practice. Bd. 12. 1. Aufl. Frankfurt am Main; Peter Lang, 2014<br />
[7] Matthiesen, Sven; Moeser, Georg; Schmidt, Sebastian; Mueller, Marvin: Erfahrungsbericht<br />
aus der universitären SysML-Ausbildung vin Ingenieuren. In: 10. Ingenieurpädagogische<br />
Regionaltagung 2015, 2015<br />
[8] Moeser, Georg; Kramer, Christoph; Grundel, Martin; Neubert, Michael; Kümpel, Stephan;<br />
Scheithauer, Axel; Kleiner, Sven; Albers, Albert: Fortschrittsbericht zur modellbasierten<br />
Unterstützung der Konstrukteurstätigkeit durch FAS4M. In: Tag des <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> 2015. Ulm, 2015<br />
[9] Moeser, Georg; Albers, Albert; Kümpel, Stephan: Usage of Free Sketches in MBSE.<br />
In: Proceedings First IEEE International Symposium on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>. Rom,<br />
2015<br />
[10] oose:eG; :em AG; IPEK - Institut für Produktentwicklung am KIT; Helmut-Schmidt-<br />
Universität: FAS4M - Functional Architectures of <strong>Systems</strong> for Mechanical Engineers.<br />
URL http://fas4m.de. - abgerufen am 2015-06-09<br />
[11]Albers, Albert; Turki, Tarak: INNO5 – Innovation in einer Woche, Neue Lösungen für<br />
technische Federn. In: Berliner-Kreis-Newsletter (2010), Nr. Ausgabe 1/2010, S. 6<br />
[12]Albers, Albert; Reiß, Nicolas; Bursac, Nikola; Walter, Benjamin; Gladysz, Bartosz: InnoFox<br />
– Situationsspezifische Methodenempfehlung im Produktentstehungsprozess.<br />
In: Stuttgarter Symposium für Produktentwicklung 2015 SSP 2015 : Binz, Bertsche,<br />
Bauer, Roth, 2015<br />
[13]Albers, Albert; Bursac, Nikola; Schmidt, Sebastian; Reiß, Nicolas: In den Kunden hineinversetzen<br />
– Wie in Entwicklungsprojekten die Kundenorientierung gesteigert<br />
werden kann. In: WiGeP News (2016), Nr. 1, S. 20–21<br />
[14]Albers, Albert; Braun, Andreas: A generalized framework to compass and to support<br />
complex product engineering processes. In: International Journal of Product Development<br />
Bd. 15 (2011), Nr. 1, S. 6–25<br />
[15] Albers, Albert; Matthiesen, Sven; Bursac, Nikola; Moeser, Georg; Klingler, Simon;<br />
Schmidt, Sebastian; Munker, Florian; Scherer, Helmut; Kurrle, Armin: Model-Based<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) in der Karlsruher Schule: Fünf Jahre Forschung für die<br />
Anwendung. In: Kohlhammer, K. (Hrsg.) develop 3 systems engineering (2016), Nr. 01<br />
2016, S. 38–41<br />
[16]Schmidt, Sebastian; Hölz, Kevin; Matthiesen, Sven: Use case detailing levels – Anwendungsfallmodellierung<br />
zur Unterstützung der Entwicklung handgehaltener Geräte.<br />
In: 26. DfX-Symposium. Herrsching, München, 2015<br />
Die Autoren:<br />
Sven Matthiesen, Albert Albers, Georg Moeser,<br />
Sebastian Schmidt, Nikola Bursac; alle IPEK<br />
30 develop 3 systems engineering 02 2016
VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN<br />
METHODEN<br />
Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE)<br />
Die <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenz für und mit der Industrie<br />
Der Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (TdSE) findet in diesem Jahr in Herzogenaurach<br />
im Konferenzzentrum der Schaeffler-Gruppe vom 25. bis<br />
zum 27. Oktober 2016 statt. In diesem Rahmen werden vielfältige Vorträge<br />
zu unterschiedlichen Themen des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s gehalten.<br />
Auch deshalb stellt der TdSE die wohl wichtigste <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Konferenz<br />
im deutschsprachigen Raum dar. Die Gesellschaft<br />
für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) als Veranstalterin verfolgt damit ihr<br />
satzungsgemäßes Ziel, die Industrie im Bereich SE sowohl zu vertreten<br />
als auch den Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine<br />
Plattform zu bieten. Die Hälfte der Beiträge kommt aus der Industrie<br />
und trifft auf wissenschaftliche Beiträge, die in einem TdSE-Buchband<br />
mit ISBN-Nummer veröffentlicht und somit der Allgemeinheit und den<br />
Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Interessant dürfte auch<br />
die Ergebniskonferenz im Anschluss an den TdSE am 28. Oktober<br />
sein: Vor drei Jahren begann das Konsortium mecPro² unter der Führung<br />
der Schaeffler Technologies AG und Co. KG eine Fragestellung im<br />
Bereich SE zu lösen – wie kann ein modellbasierter Entwicklungsprozess<br />
für cybertronische Produkte und Produktionssysteme vor dem<br />
Bild: GfSE<br />
Teilnehmer am TdSE 2015<br />
Hintergrund der Herausforderungen von Industrie 4.0 entwickelt und<br />
mit PLM-Systemen unterstützt werden? Die Konsortialpartner und die<br />
GfSE als assoziierter Partner des Verbundprojektes mecPro² stellen<br />
nun die Ergebnisse vor. Das Programm des TdSE wird Anfang Juli auf<br />
der Konferenzhomepage freigegeben. Über diese kann man sich auch<br />
zu den Seminaren sowie zur Ergebniskonferenz anmelden. co<br />
www.tdse.org<br />
VDMA-Leitfaden: Cyberbedrohungen beherrschen<br />
Handlungsempfehlungen für den Mittelstand –<br />
Mindestmaßnahmen für Industrie 4.0<br />
Symposion/Schunk: Industrie 4.0 – 100 Fragen – 100 Antworten<br />
Industrielle Revolution<br />
oder vorübergehender Hype?<br />
Auf Basis seines bereits veröffentlichten<br />
Leitfadens „Industrie<br />
4.0“ hat der VDMA einen Praxisleitfaden<br />
„Industrie 4.0 Security“<br />
herausgegeben. Er soll es ins -<br />
besondere den mittelständischen<br />
Mitgliedern des Verbandes<br />
ermöglichen, konkrete Umsetzungsmaßnahmen<br />
zu ergreifen<br />
und Sicherheitsanforderungen<br />
für eigene Produkte, Maschinen<br />
und Anlagen sowie Dienstleistungen<br />
umzusetzen. Wie wichtig<br />
dies ist, belegt Steffen Zimmermann,<br />
VDMA-Experte für Security,<br />
mit der Aussage, dass nur „57<br />
Prozent der Unternehmen einen<br />
der gängigen Security-Standards<br />
kennen und weniger als ein Drittel<br />
diese Standards anwenden.“<br />
Bereits mit der 2013 veröffentlichten<br />
Umfrage des VDMA zu<br />
„Industrial Security“ wurde festgestellt,<br />
dass Security-Vorfälle in<br />
29 % der Unternehmen zu Produktionsausfällen<br />
geführt haben.<br />
Um für die industrielle Zukunft<br />
gewappnet zu sein, müssen Hersteller<br />
und Integratoren eine<br />
sichere Basis schaffen, die die<br />
neuen Geschäftsmodelle der<br />
Digitalisierung unterstützt und so<br />
das notwendige Vertrauen in<br />
Industrie 4.0 sicherstellt. Zu den<br />
zentralen Bausteinen des Leitfadens<br />
zählen Mindestanforderungen<br />
an die Security zukünftiger<br />
Produkte und Services des<br />
Maschinen- und Anlagenbaus,<br />
Handlungsempfehlungen für zukünftige<br />
Produktionsumgebungen,<br />
Anforderungen an Weiterbildungsangebote<br />
sowie ein Tool<br />
zur Selbsteinschätzung des „Status<br />
Quo“ für KMU.<br />
mc<br />
industrie40.vdma.org<br />
Industrie 4.0 steht für einen fundamentalen<br />
Wandel in der industriellen<br />
Produktion. Der vorliegende<br />
Band „Industrie 4.0 – 100<br />
Fragen, 100 Antworten“der FAQ-<br />
Reihe erklärt deshalb die wichtigsten<br />
Konzepte und vermittelt<br />
Einsteigern und Fortgeschrittenen<br />
kurz und prägnant Wissenswertes<br />
zum Thema: Zehn Kapitel<br />
mit je zehn Fragen klären die zentralen<br />
Begriffe, Methoden, Werkzeuge<br />
und erläutern grundle -<br />
gende Zusammenhänge. Industrie<br />
4.0 basiert auf einer zentralen<br />
Idee: Die hierarchisch organisierte<br />
Steuerung der Produktion wird von einem<br />
Produktionsfluss abgelöst, der sich selbst organisiert<br />
und optimiert. Grundlage dafür ist die hochgradige<br />
Vernetzung zwischen Maschinen, Werkstoffen,<br />
Systemen und Menschen. Diese Entwicklung wirft<br />
nicht nur technologische Fragen auf, sondern führt<br />
auch zu neuen Geschäftsmodellen. Industrie 4.0 hat<br />
Auswirkungen auf Märkte, Arbeitsplätze sowie Ausund<br />
Weiterbildung. Der Autor, Markus Glück, ist<br />
Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der<br />
Schunk GmbH & Co. KG Spanntechnik und Greifsysteme<br />
sowie Professor für Produktionsmesstechnik<br />
an der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik<br />
der Hochschule Augsburg.<br />
mc<br />
www.symposion.de<br />
Symposion Publishing<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 31
METHODEN<br />
PARALLELES ENTWICKELN<br />
Software-Technologie reduziert die Komplexität bei der Applikations-Entwicklung<br />
Paralleles Entwickeln und Vernetzen<br />
der Entwicklerteams werden möglich<br />
Mit einer hochproduktiven Anlage zur Stahlprofilbearbeitung konnte Kaltenbach sein Kern-Know-how<br />
in einen klaren Wettbewerbsvorteil umwandeln. Entscheidendes Element ist dabei die sichere Beherrschung<br />
des wachsenden Softwareanteils – von der steuerungstechnischen Programmierung bis hin<br />
zur Einbindung in IT-Systeme. Für Routine-Aufgaben greifen die Lörracher auf die mapp Technology<br />
von B&R zurück, die mit getesteten Funktionen in Form von Softwarebausteinen die Entwicklungszeit<br />
deutlich verkürzt und eine Konzentration auf die eigentlichen Bearbeitungsprozesse ermöglicht.<br />
Eigentlich besteht unser neues Hochleistungsbearbeitungszentrum<br />
KDH 1084 aus zwei Maschinen“, berichtet Dr. Michael<br />
Kreis, Mitglied der Geschäftsleitung und zuständig für Forschung &<br />
Entwicklung bei der Kaltenbach GmbH + Co. KG in Lörrach. „Neben<br />
einer großen Bandsäge zum Ablängen der Profile verfügt die Anlage<br />
auch über ein Fräs-Bohr-Portal mit drei 3-Achs-Bearbeitungsspindeln.“<br />
Der Vorteil: Die innovative Neuentwicklung kann gleichzeitig<br />
sägen, bohren und fräsen – und zudem mehrere bis zu 25 m lange<br />
Stahlträger parallel bearbeiten –, was sich in einer um 30 bis 80 %<br />
höheren Produktivität bemerkbar macht.<br />
Virtuelle Inbetriebnahme als Schlüssel zum Erfolg<br />
Ein Blick auf den Zeitplan der KDH 1084 zeigt die enormen Herausforderungen<br />
an die Entwickler. Zum Projektstart Ende 2013 war zunächst<br />
nur klar, dass die neue Anlage eine echte Innovation bieten<br />
musste. Im Juli 2014 startete dann die Realisierungsphase mit dem<br />
Einstieg in die Detaillierung im November 2014. Zu diesem Zeitpunkt<br />
stand auch fest, wie die Steuerungsarchitektur final aussehen<br />
sollte, sodass die Software-Entwicklung starten konnte. Ungefähr<br />
drei Monate später begann die Montage des Prototypen, sodass im<br />
Mai 2015 mit der Live-Inbetriebnahme vor Ort begonnen werden<br />
konnte. Zu diesem Zeitpunkt blieben noch vier Wochen bis zur Vorstellung<br />
der Maschine anlässlich der Hausmesse im Juni 2015. „Angesichts<br />
der komplexen Maschine war das eine Rekordzeit“, erinnert<br />
sich der Entwicklungsleiter.<br />
Vieles laufe parallel in der KDH 1084, fährt Kreis fort, was die Anforderungen<br />
an die Entwickler deutlich erhöht habe – insbesondere die<br />
Softwareentwickler. „Die sich ergebende Komplexität konnten wir<br />
aber mit der Unterstützung von Partnern meistern.“ Zum Einsatz<br />
kam die 2014 von B&R vorgestellte mapp Technology – modulare<br />
und bereits getestete Softwarebausteine, die Basis-Funktionen bereitstellen<br />
und so die Entwicklungszeit verkürzen. „Ohne mapp hätten<br />
wir es nicht geschafft“, so der Entwicklungschef. „Wir hatten einen<br />
sehr sportlichen Projektplan: Innerhalb von nur drei Monaten<br />
galt es, unter anderem 20 CNC-Achsen zu programmieren – so viele,<br />
wie niemals zuvor in einer anderen Kaltenbach-Maschine.“ Keine<br />
einfache Aufgabe, denn angesichts der vielen parallel ablaufenden<br />
Prozesse müssen Kollisionen sicher ausgeschlossen werden.<br />
„In der Summe können wir auf diese Weise auch viel mehr Funktionen<br />
in Software umsetzen als früher“, betont Kreis, „ohne dass dafür<br />
die Entwicklermannschaft wachsen muss.“ Gerade dieser Punkt<br />
ist von hoher Bedeutung, wenn man sich die komplette Software-<br />
Architektur der Anlage vor Augen hält. Die Aufgaben umfassen dabei<br />
neben der klassischen Steuerungsebene mit SPS und CNC auch<br />
ein breites Bündel von PC-Software. Das beginnt bei der Maschinenbedienung<br />
und Auftragsverwaltung und reicht hinein bis in die<br />
Arbeitsvorbereitung beim Anwender mit der Anbindung an MESund<br />
ERP-Systeme. „Viel dieser Software schreiben wir selbst, was<br />
hohe Anforderungen an das Entwicklerteam stellt – bis hin zu der<br />
Frage, wie man solch ein Team aufbaut“, führt Kreis aus. Dabei gelte<br />
es, einen gemeinsamen Nenner zu finden für die klassisch maschinennahen<br />
Steuerungsprogrammierer mit dem Know-how rund um<br />
die Maschine und die Software-Architekten, deren Know-how in der<br />
Einbindung und Vernetzung mit übergeordneten Systemen liege.<br />
Bislang verursachten Säge-<br />
Bohrkombinationen für<br />
Stahlprofile hohe Stillstandszeiten,<br />
da immer nur eine der<br />
beiden Maschinen arbeiten<br />
kann. Mit der KDH 1084 steht<br />
ein Bearbeitungszentrum zur<br />
Verfügung, das die Prozessschritte<br />
gleichzeitig durchführt<br />
Bild: Kaltenbach<br />
32 develop 3 systems engineering 02 2016
PARALLELES ENTWICKELN<br />
METHODEN<br />
„Auch dabei sind Technologien wie mapp extrem hilfreich.“ Zudem:<br />
Wie bei den Bearbeitungsprozessen in der Maschine selbst setzt<br />
Kaltenbach auf das parallele Entwickeln und die Vernetzung der Entwicklerteams<br />
untereinander.<br />
Konzentration auf das eigene Kern-Know-how<br />
Betrachtet man allein die steuerungstechnische Seite der Programmierung,<br />
mussten für die KDH 1084 im Prinzip drei völlig unabhängig<br />
voneinander arbeitende 3-Achs-Maschinen so synchronisiert<br />
werden, dass die Spindeln problemlos arbeiten können. Zudem galt<br />
es, parallel auch die Bearbeitung mit der Bandsäge zu berücksichtigen<br />
– nur so erreicht das Bearbeitungszentrum die angestrebte hohe<br />
Produktivität. Hinzu kommt: „Solche Maschinen werden nicht<br />
wie etwa bei Fräsmaschinen von einem schlauen CAM-Spezialisten<br />
programmiert, sondern wir laden zunächst die Teilegeometrie, aus<br />
der dann vollautomatisch die Bearbeitungssequenz erzeugt wird“, er-<br />
Rund 160 mapp-Bausteine<br />
PLUS<br />
Mit den modularen Softwarebausteinen von B&R lässt sich die Entwicklung<br />
von Programmen vereinfachen, was die Entwicklungszeit für Maschinen<br />
und Anlagen um durchschnittlich 67 % verkürzen soll. mapp<br />
deckt insbesondere wiederkehrende Programmieraufgaben ab, indem es<br />
vorgefertigte Bausteine bereitstellt, die einfach zu bedienen und zudem<br />
bereits getestet sind – sogenannte Basis-Funktionen. Der Programmierer<br />
kann sich auf seine Hauptaufgabe konzentrieren: den Maschinenprozess<br />
in Software umzusetzen. Die mapp-Bausteine sind nahtlos in die<br />
B&R-Entwicklungsumgebung Automation Studio integriert und lassen<br />
sich einfach konfigurieren. Mehr als 160 Bausteine decken Mehrachssysteme<br />
ab, gekoppelt über Kurvenscheiben oder elektronische Getriebe,<br />
unterschiedliche Roboter-Kinematiken und vieles mehr.<br />
Bild: Kaltenbach<br />
Dr. Michael Kreis, Mitglied der<br />
Geschäftsleitung, Forschung &<br />
Entwicklung, Kaltenbach<br />
„Die Parallelisierung<br />
der Entwicklung zwischen<br />
der Konstruktion<br />
und dem Bau des Prototypen<br />
und der Software-Entwicklung<br />
führte<br />
in Summe zu einer<br />
Zeiteinsparung von<br />
60 bis 70 %.“<br />
läutert Michael Kreis. „Genau das ist unsere Kernkompetenz, auf<br />
die wir uns aufgrund der Nutzung der mapp Technology auch intensiv<br />
konzentrieren konnten.“ Statt den tausendsten Servoregler zu<br />
entwickeln, konnten sich die Kaltenbach-Entwickler auf den strukturierten<br />
und gleichzeitig dynamischen Ablauf aller parallel laufenden<br />
Bearbeitungsprozesse fokussieren – das Kern-Know-how der Lörracher.<br />
Für Basis-Funktionen wie etwa einen Servoregler greift man<br />
auf die fertigen Bausteine des mapp-Baukastens zurück, die B&R<br />
nicht nur bereitstellt, sondern gleichzeitig auch pflegt und updated.<br />
Insbesondere der letzte Punkt ist wesentlich, da im Laufe des Lebenszyklus<br />
einer Maschine typischerweise rund 70 % der Software-<br />
Kosten auf die Wartung der Software entfallen.<br />
Erfahrungen in der Praxis<br />
Rückblickend hat Kreis deswegen auch sein Team gefragt, welche<br />
Faktoren zum Erfolg des Projektes beigetragen haben. Dies waren:<br />
• mapp-Standardmodule, die erlauben, schneller zu entwickeln –<br />
auch deswegen, weil die Entwickler den Fokus auf das Knowhow<br />
lenken, mit dem sich die Maschine vom Wettbewerb abhebt;<br />
• die Möglichkeit, alle mapp-Bausteine nachzuverfolgen – was eine<br />
einfache und schnelle Diagnose ermöglicht, da man beispielsweise<br />
sofort sieht, welche Parameter eine Achse erhalten hat und<br />
welche Fehler genau aufgetreten sind;<br />
• der Einsatz von Acopos-Motorsystemen, die eine einfache Verkabelung<br />
mit Hybridkabeln ermöglichen;<br />
• der Einsatz der Sequencer-Technologie, um Abläufe zu synchronisieren<br />
und beispielsweise die gegenseitige Verriegelung zu realisieren;<br />
• die PVI-Schnittstelle (Process Visualization Interface), mit der sich<br />
die Kommunikation zwischen Windows-Anwendungen und<br />
B&R-Steuerungen leicht realisieren lässt sowie<br />
• die virtuelle Inbetriebnahme, mit der die Software-Entwicklung<br />
schon frühzeitig sehr zielgerichtet starten konnte, bevor der Prototyp<br />
fertig war.<br />
„Eigentlich mussten wir anschließend nur die Software aufspielen<br />
und schauen, ob alles auch in Wirklichkeit funktioniert“, fasst Kreis<br />
zusammen. Die virtuelle Inbetriebnahme sei ein richtiger Knackpunkt.<br />
Um diese virtuellen Tests zu ermöglichen, liefert B&R mit<br />
dem Automation Studio eine Automation Runtime als Betriebssystem<br />
mit. Hier kann der Code, der normalerweise auf der Echtzeit-<br />
CPU läuft, schon vorab auf dem Prozessorkern des Programmiersystems<br />
laufen.<br />
„Die Parallelisierung der Entwicklung zwischen der Konstruktion<br />
und dem Bau des Prototypen und der Software-Entwicklung führte<br />
in der Summe zu einer Zeiteinsparung von 60 bis 70 %“, fasst Michael<br />
Kreis die Erfahrungen bei der Entwicklung der KDH 1084 zusammen.<br />
Eine Leistung, die zudem ohne eine Super-Teamarbeit<br />
über Unternehmensgrenzen hinweg nicht möglich gewesen sei. co<br />
Kontakt<br />
B&R Industrie-Elektronik GmbH<br />
Bad Homburg<br />
Tel. +49 6172 40190<br />
www.br-automation.com<br />
Details zur mapp Technology:<br />
http://t1p.de/gn4x<br />
INFO<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 33
TOOLS<br />
PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />
Bild: Procad<br />
Collaborative PDM und PLM<br />
brauchen DMStec<br />
Wenn CAD-Daten und Dokumente mit Entwicklungspartnern ausgetauscht werden müssen<br />
PLM endet nicht am Firmentor<br />
Produkt Lifecycle Management (PLM) hat auch im Mittelstand Fuß gefasst. Auf Basis der Daten, die in<br />
PDM-Systemen stecken, werden inzwischen die Entwicklungs- und Änderungsprozesse gesteuert und<br />
dokumentiert. Vielfach gilt dies auch für Arbeitsabläufe in der Fertigung oder im Service. Die Wertschöpfungsketten,<br />
vor allem in auftragsbezogenen Anlagenbau, gehen allerdings vielfach über Unternehmensgrenzen<br />
hinaus. Gute PLM-Prozesse unterstützen deshalb auch die Zusammenarbeit und den<br />
Datenaustausch mit Entwicklungspartnern.<br />
Die Basis für PLM-Prozesse begann mit einer systematischen<br />
CAD-Datenverwaltung und entwickelte sich weiter zu PDM<br />
und PLM. Da Produkte nicht nur durch CAD-Modelle, Zeichnungen<br />
und Stücklisten beschrieben werden, muss für praktiziertes Produkt<br />
Lifecycle Management die Verwaltung beliebiger Dokumente hinzukommen.<br />
Nur so können die Personen, die Aufgaben im Prozess<br />
übernehmen, mit den erforderlichen Informationen versorgt werden.<br />
Ohne Dokumentenmanagement geht es also nicht.<br />
Von der Dokumenten- zur Prozesslenkung<br />
Die Verbesserung der Prozesseffizienz im Product Lifecycle entwickelt<br />
sich in Unternehmen meist evolutionär. Dokumentenmanagement<br />
auf Basis von Dokumentenstatus wie „Dokument in Arbeit“<br />
oder „Dokument freigegeben“ ist in vielen Produktdaten- oder Dokumentenmanagementsystemen<br />
üblich. Mehr Wirkung zeigt allerdings<br />
Dokumentenlenkung über Aufgaben (Tasks). Überall dort, wo<br />
<strong>Engineering</strong>-Unternehmen häufig wiederkehrende Abläufe mit<br />
mehreren beteiligten Personen steuern und automatisieren wollen,<br />
bietet sich die Arbeit mit so genannten PLM-Aufgabenakten an.<br />
Eine Aufgabenakte verknüpft Aufgaben, Daten und Dokumente miteinander.<br />
Denn in der Praxis technischer Unternehmen geht es<br />
stets um dokumenten- und datenintensive Prozesse. Aufgaben wiederum<br />
gehören zu Prozessen oder Projekten, deren zeitlicher Ablauf<br />
gesteuert wird. Eine solche erweiterte Ablauflogik ermöglicht die<br />
Automatisierung von Teilaufgaben. Herkömmliche Projektmanagement-Tools<br />
dagegen decken oft nur die Planung ab. Den eigentlichen<br />
Ablauf des Projektes und vor allem die Steuerung der Vielzahl<br />
von verbunden Dokumenten und Daten verbessern sie damit nicht.<br />
Für diesen Ansatz hat der PLM-Anbieter Procad sein Kernprodukt<br />
Pro.File um Pro.Ceed für PLM-Prozesse und Projekte erweitert. Aufgabenakten<br />
sind ein Kernelement von Pro.Ceed. Sie stellen sicher,<br />
dass sich alle Projektdokumente gesammelt in einer digitalen Akte<br />
befinden und alle Abteilungen mit aktuellen Unterlagen arbeiten,<br />
auf die auch der Außendienst und externe Partner Zugriff haben.<br />
Kernelement: die Aufgabenakte<br />
Von der Dokumentenlenkung geht die Entwicklung also weiter zur<br />
Prozess- und Projektlenkung über Aufgaben. Anwendungsfallbezogene<br />
Aufgabenakten, Prozesse und Projekte wie eine Änderungsakte<br />
in einem Änderungsprozess lassen sich darin über Anwendungsmenüs<br />
und Cockpits übergreifend bedienen und darstellen. Mit der<br />
Pro.Ceed-Basis erhält der Anwender das entsprechende Prozessund<br />
Projektmanagement, eine Visio-Integration zum Erstellen der<br />
Prozesse und optional eine Integration in MS Project zum Überführen<br />
von individuell geplanten Projekten nach Pro.Ceed. Auf dieser<br />
Basis werden die jeweiligen Anwendungspakete bzw. Kundenprozesse<br />
wie Änderungsmanagement realisiert.<br />
Externe Partner einbinden<br />
Viele Unternehmen haben Teile der Fertigung und auch der Entwicklung<br />
auf Partner ausgelagert. Konsequenterweise müsste diesen<br />
Partnern deshalb der unmittelbare Zugriff auf die PLM-Lösungen gegeben<br />
werden. Aus nachvollziehbaren Gründen, vor allem des<br />
Know-how-Schutzes, kommt dies aber für viele Unternehmen in der<br />
34 develop 3 systems engineering 02 2016
PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />
TOOLS<br />
Pro.Ceed ist nahtlos<br />
in Pro.File integriert<br />
Kontakt<br />
Procad GmbH & Co. KG<br />
Karlsruhe<br />
Tel.: +49 721 9656-0<br />
www.procad.de<br />
INFO<br />
Zu diesem Thema ist auch ein Webcast<br />
verfügbar<br />
t1p.de/9ueq<br />
Bild: Procad<br />
Regel nicht in Frage. Die Projektbeteiligten tauschen deshalb Daten<br />
und Dokumente über die hinlänglich bekannten Instrumente E-Mail<br />
und FTP aus, obwohl diese denkbar unpassend sind: zu unsicher,<br />
unhandlich und zeitaufwändig.<br />
Eine speziell für den Maschinen- und Anlagenbau entwickelte Lösung<br />
zum Austausch von auftrags- und projektbezogenen Dokumenten<br />
ist Proom. Über virtuelle Projekträume können Unternehmen<br />
damit große technische Dokumente mit Kunden, Partnern und<br />
Lieferanten kontrolliert austauschen. Die Plattform ist nahtlos in die<br />
PLM-Lösung Pro.File integriert.<br />
Dokumentenaustausch in Entwicklungsprojekten<br />
Die cloudbasierte Austauschplattform für technische Dokumente ist<br />
auf die Projektzusammenarbeit im Konstruktions- und Entwicklungsumfeld<br />
ausgerichtet. Sie ermöglicht eine gesteuerte und nachvollziehbare<br />
Zusammenarbeit in Projekten, sowohl mit Partnern innerhalb<br />
wie auch außerhalb der eigenen Organisation. In der Oberfläche<br />
der Plattform lassen sich so genannte Projekträume einrichten.<br />
Für ein neues Entwicklungsprojekt wird ein virtueller Projektraum<br />
in der Plattform angelegt. Dort kann der Administrator für die<br />
einzelnen Prozessbeteiligten Rollen und Zugriffsrechte anlegen,<br />
welche wiederum Dokumente beliebiger Größe gesteuert austauschen<br />
können.<br />
Kommunikation und Austausch von Dokumenten finden zentral und<br />
in Echtzeit über den Projektraum statt. Über ihn werden Daten und<br />
Aktionen synchronisiert. Das heißt, jeder Projektbeteiligte greift<br />
Neues Denken beim<br />
Dokumententausch<br />
PLUS<br />
Der PDM/PLM-Spezialist Procad hat mittels einer Umfrage unter 148<br />
deutschen Mittelständlern verschiedener Branchen zum Datenaustausch<br />
technischer Dokumente untersucht, inwieweit moderne Austauschplattformen<br />
bereits eingesetzt werden bzw. welche Gründe bislang dagegen<br />
sprechen. Demnach verwenden 65 % der Befragten beim Austausch<br />
technischer Dokumente mit Kunden, Partnern und Lieferanten veraltete<br />
Lösungen, also E-Mail (87 %), FTP (59 %) oder CD-ROM bzw. USB-Stick<br />
(48 %).<br />
kontrolliert auf die gleichen Dateien zu und es entsteht kein Wirrwarr<br />
von lokalen Kopien. Der Leiter eines Projektraums kann über<br />
ein ausgefeiltes Zutrittsberechtigungs-Konzept exakt steuern, wer<br />
wann was mit welchen Dateien tun darf. Über integrierte Monitoring-Funktionen<br />
lassen sich alle Aktivitäten nachvollziehen. Ein Versionsmanagement<br />
dokumentiert die Entwicklungsschritte. Durch das<br />
Synchronisieren der CAD-Daten über den Projektraum greifen Konstrukteure<br />
und Entwicklungspartner jederzeit Austauschprozess<br />
steigern.<br />
Projektzusammenarbeit im<br />
Konstruktions- und Entwicklungsumfeld<br />
Viele Procad-Kunden wie etwa die Muhr & Bender KG, Spezialist für<br />
hoch beanspruchbare Federkomponenten und Leichtbau in der Automobilindustrie,<br />
setzen Proom inzwischen für den Austausch technischer<br />
Dokumente mit externen Partnern ein. Marc Gajewski, bei<br />
Mubea verantwortlich für das Produkt- und Stammdatenmanagement:<br />
„Ausgangspunkt für die Einführung der Lösung war, dass unsere<br />
Konstrukteure und Entwickler Baugruppen mit Entwicklungspartnern<br />
austauschen wollten.“ Der Anstoß kam also weniger aus<br />
der IT als direkt aus der Fachabteilung. Bislang waren auch bei Mubea<br />
E-Mail und FTP im Unternehmen die gebräuchlichen Transportwege<br />
für technische Dokumente aus dem CAD- und Konstruktionsbereich.<br />
Teilweise wurden auch Freeware-Angebote genutzt. Weil<br />
Proom die branchentypischen Anforderungen im Maschinen- und<br />
Anlagenbau am besten abdeckt und zudem eine direkte Anbindung<br />
an die im Unternehmen eingesetzte PLM-Software Pro.File bietet,<br />
entschied sich Mubea für die Lösung. Das System läuft auf den eigenen<br />
Servern in der Mubea-IT-Abteilung. So will man die Daten jederzeit<br />
unter Kontrolle halten.<br />
Die Konstruktions- und Entwicklungsabteilung war die erste, die<br />
produktiv mit der Lösung zu arbeiten begann. Sie tauscht über die<br />
Plattform heute große CAD-Dateien mit externen Konstruktionsbüros<br />
aus. In der Lösung kann Mubea sogenannte virtuelle Projekträume<br />
einrichten und darüber an unterschiedliche Partner und Benutzergruppen<br />
gezielt Daten und Dokumente übermitteln bzw. von diesen<br />
empfangen. Auch das Marketing nutzt Proom für den Austausch<br />
von Unternehmenspräsentationen und Filmen mit externen<br />
Grafikpartnern. Knapp 300 interne und externe User arbeiten über<br />
die Plattform inzwischen zusammen. Ihre Einführung hat nach Ansicht<br />
von Marc Gajewski in vielfältiger Weise ihre Spuren im Unternehmen<br />
hinterlassen. Projekte werden damit deutlich schneller und<br />
mit höherer Transparenz durchgeführt.<br />
co<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 35
TOOLS<br />
PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />
Die vom Regelwerk geforderte Aktualität<br />
der Dokumentation lässt sich<br />
dann mit dem Dokumentations-Tool<br />
LiveDOK realisieren; sie kann per<br />
Tablet direkt vor Ort in der Anlage<br />
eingesehen werden<br />
Bild: Rösberg<br />
Rechtssichere Dokumentation von Schutzsystemen ist Anwalts Liebling<br />
Sicher im gesamten Anlagenlebenszyklus<br />
Auch in der Prozessindustrie müssen Errichter und Betreiber den oft schwierigen Spagat zwischen<br />
Wirtschaftlichkeit und Sicherheit schaffen. Mit der Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung<br />
hat der Gesetzgeber die Grenzen nun enger. Sie legt nicht nur die Pflicht zur Gewährleistung der<br />
Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers fest und macht klare Vorgaben zur<br />
Gefährdungsbeurteilung sowie zu Schutzmaßnahmen, sondern fordert auch die regelmäßige Aktualisierung<br />
von Dokumentation überwachungspflichtiger Anlagen.<br />
Richtlinien als europäische Instanzen erhalten durch nationale<br />
Verordnungen in Deutschland ihre Rechtsgültigkeit und definieren<br />
dabei die Pflichten eines Anlagenherstellers bzw. -betreibers.<br />
Die nationale Gesetzgebung verweist auf nationale Verordnungen<br />
und verleiht diesen den Rechtsstatus. Geht es um funktionale Sicherheit,<br />
steht die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) über<br />
allem.<br />
Norm als Anleitung und rechtliches Fundament<br />
Für die sichere Bereitstellung von Arbeitsmitteln, dazu gehören<br />
überwachungspflichtige Anlagen und deren Schutzsysteme, ist die<br />
Betriebssicherheitsverordnung einzuhalten. Die Anforderung an die<br />
Beschaffenheit von Arbeitsmitteln wird im einfachsten Falle erfüllt<br />
beispielsweise durch Einhalten nationaler Verordnungen wie die<br />
Druckgeräteverordnung, Maschinenverordnung, Bundesimmisionsschutzverordnung<br />
usw.<br />
Im nächsten Schritt verweisen die nationalen Verordnungen auf Normen,<br />
die untergliedert sind in Grundnorm (A-Norm), Gruppennorm<br />
(B-Norm) und Produktnorm (C-Norm). Die Normierungen werden<br />
von A über B nach C immer spezifischer. Widerspricht in konkreten<br />
Fällen die spezifischere Norm der unspezifischeren, behält die spezifischere<br />
Gültigkeit. Die Gruppennormen nehmen die Grundgedanken<br />
der Grundnorm auf und passen diese auf die speziellen Bedürfnisse<br />
und Gegebenheiten der jeweiligen Anwendungsgruppe an.<br />
Normen wie die DIN EN 61508 (A-Norm Funktionale Sicherheit),<br />
DIN EN 50156 (B-Norm Feuerungsanlagen), DIN EN 13849 bzw. DIN<br />
EN 62061 (B-Norm Maschinen) oder DIN EN 61511 bzw. VDI/VDE<br />
2180 (B-Norm Prozessanlagen) sind dann nicht nur gute Informationsquellen,<br />
sondern geben konkrete Anleitungen für Maßnahmen,<br />
wie man den auferlegten Pflichten gerecht wird. Nicht zuletzt bieten<br />
sie aber auch ein rechtliches Fundament, auf das sich der Anlagenbetreiber<br />
stützen kann.<br />
Den gesamten Sicherheitslebenszyklus im Blick<br />
Ein gutes Beispiel, wie eine Norm bei Planung und Umsetzung von<br />
funktionaler Sicherheit in einer Anlage unterstützt, gibt die DIN EN<br />
61508 (Grundnorm funktionale Sicherheit). Sie definiert unter anderem<br />
den Sicherheitslebenszyklus für Entwurf, Errichtung und Betrieb<br />
eines Schutzsystems, der ein hilfreiches Mittel zur Planung einer<br />
sicheren Anlage werden kann. Dieser beginnt natürlich mit Konzept<br />
und Festlegung des Umfangs. Darauf folgt dann unmittelbar<br />
die Gefahren- und Risikoanalyse, die konsequenterweise zur Festlegung<br />
von Schutzmaßnahmen führt, um das Risiko, das von einer<br />
Anwendung ausgeht, auf ein vertretbares Restrisiko zu mindern.<br />
Ein allseits bekanntes Beispiel dürfte hier die Risikobeurteilung (SIL-<br />
Klassifizierung) gemäß DIN EN 61508 sein. Oft wurde die Risikobeurteilung<br />
zu spät in der Planungsphase einer Anlage durchgeführt<br />
und ging dann auf Kosten der Sicherheit, weil das Budget für die<br />
Sensorik, Aktorik und Steuerungstechnik gemäß dem erforderlichen<br />
Sicherheits-Integritätslevel (SIL) nicht eingeplant war. Die Betriebssicherheitsverordnung<br />
definiert eine Fehlbeurteilung von Gefährdungen,<br />
sprich eine Fehlbeurteilung des erforderlichen SIL, nun als<br />
Straftatbestand im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes und zwar in<br />
Form einer fahrlässigen bzw. grob fahrlässigen Handlung. Das gibt<br />
dem Thema funktionale Sicherheit nun ein ganz neues Gewicht.“<br />
Rechtssichere Dokumentation gefragt<br />
Funktionale Sicherheit betrifft auch den Betrieb, die Wartung und Instandhaltung<br />
bis hin zur Anlagenänderung und Anlagenstilllegung.<br />
Spätestens hier wird deutlich, welche Rolle die aktuelle Dokumenta-<br />
36 develop 3 systems engineering 02 2016
PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT (PLM)<br />
TOOLS<br />
Bernd Rastatter<br />
Bild: Rösberg<br />
Bild: Rösberg<br />
Ziel der funktionalen Sicherheit ist es, das Risiko, das von einer Anwendung<br />
ausgeht, auf ein vertretbares Restrisiko zu mindern<br />
Übersicht über das Regelwerk der Betriebssicherheitsverordnung<br />
tion spielt. Die Dokumentation transportiert die Informationen im<br />
Rahmen des Managements der funktionalen Sicherheit zwischen<br />
den einzelnen Phasen des Lebenszyklusses. Einerseits ist ein sicherer<br />
Betrieb während des gesamten Lebenszyklusses nur dann möglich,<br />
wenn man den aktuellen Zustand (As Built) seiner Anlage genau<br />
kennt. Andererseits wird eine korrekte Anlagendokumentation<br />
dann als Nachweis wichtig, wenn ein Problemfall eintritt. Daher benennt<br />
die Betriebssicherheitsverordnung neben der Gefährdungsbeurteilung<br />
und den Schutzmaßnahmen nun auch die Pflicht zur Erstellung<br />
und zum Erhalt der Aktualität von Dokumentation.<br />
Neu ist, dass die Dokumentation in elektronischer Form erlaubt, ja<br />
sogar erwünscht ist. Dass sich eine Anlagendokumentation permanent<br />
verändert, dafür gibt es zahlreiche Gründe. Im Zuge von Wartung<br />
und Instandhaltung gilt es beispielsweise auf Basis der Betriebserfahrung<br />
die Wirksamkeit des Schutzsystems zu erhalten und<br />
diese per wiederkehrender Prüfung sowie Test nachzuweisen. Das<br />
muss dokumentiert werden, um rechtlichen Bestand zu haben. Die<br />
Sicherheitstechnik entwickelt sich weiter und eine Anlage wird<br />
durch den kombinierten Einsatz von betriebsbewährten sowie zeitgemäßen<br />
Lösungen auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten.<br />
Unterstützung bei komplexer Aufgabenstellung<br />
Die Betriebssicherheitsverordnung hebt die Themen funktionale Sicherheit<br />
und eine rechtssichere Dokumentation überwachungs-<br />
pflichtiger Anlagen auf ein neues Level. Die Unterstützung durch<br />
kompetente Partner, die sich im Dschungel der Richtlinien, Verordnungen<br />
und Normen gut auskennen, wird daher immer wichtiger.<br />
Die Automatisierungsexperten von Rösberg bieten Anlagenbetreibern<br />
und -errichtern Dienstleistungen rund um den Sicherheitslebenszyklus<br />
der funktionalen Sicherheit einer Anwendung.<br />
Gleichzeitig sind entsprechende Software-Tools nötig, die einen<br />
während des gesamten Lebenszyklus einer Anlage unterstützen,<br />
sowohl bei Planung und Realisierung als auch Dokumentation. Das<br />
PLT-CAE-System ProDOK des Automatisierungsexperten bietet dazu<br />
ein eigenes <strong>Engineering</strong>-Modul für funktionale Sicherheit. Es unterstützt<br />
den Anlagenbauer z.B. bei Ex(i)-Nachweisen, Dokumentation<br />
von Safety Instrumented Functions (SIF), Nachweis der Sicherheitsintegrität<br />
(SIL-Berechnung), und dem Nachweis der Betriebsbewährtheit<br />
(in Planung). Die vom Regelwerk geforderte Aktualität der<br />
Dokumentation lässt sich dann mit dem Dokumentations-Tool Live-<br />
DOK realisieren. Die damit erstellte elektronische Dokumentation<br />
ist überall in der Anlage z.B. per Tablet (am Markt bis Ex-Zone 1) verfügbar,<br />
durch intelligentes Revisionsmanagement stets auf dem aktuellen<br />
Stand und Änderungen lassen sich einfach einpflegen. Mit<br />
dem Plant Assist Manager wird über bedienergeführte Checklisten<br />
und willentliche Quittierung eine automatisierte, durchgängige Dokumentation<br />
von einzelnen Arbeitsabläufen (z.B. Tankabfüllung, wiederkehrende<br />
Prüfung) möglich. Der Anlagenbetreiber wir somit mit<br />
einem Gesamtpaket aus Software-Lösung und Dienstleistung unterstützt,<br />
um den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit erfolgreich<br />
zu meistern.<br />
ge<br />
Der Autor: Bernd Rastatter ist Prokurist und Vertriebsleiter<br />
bei der Rösberg <strong>Engineering</strong> GmbH<br />
Kontakt<br />
Rösberg <strong>Engineering</strong> GmbH<br />
Karlsruhe<br />
Tel. +49 721 95018-0<br />
www.roesberg.com<br />
INFO<br />
Bild:<br />
Rösber berg<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 37
TOOLS<br />
SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />
Die mechatronische Kommunikationsplattform<br />
Syngineer hatte auf<br />
der Hannover Messe Premiere<br />
Bild: Eplan<br />
Der Syngineer optimiert das interdisziplinäre <strong>Engineering</strong><br />
Innovative Kommunikationsplattform<br />
Vor einiger Zeit präsentierten Eplan und Cideon den ‚Syngineer‘ – eine innovative Kommunikations- und<br />
Informationsplattform, die Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau optimale Voraussetzungen für<br />
ein mechatronisches <strong>Engineering</strong> bietet. MCAD-, ECAD- und SPS-Software sind über die mechatronische<br />
Struktur direkt miteinander verbunden. Das erleichtert die Synchronisation der Disziplinen und<br />
beschleunigt dadurch die Konstruktions- und Entwicklungsprozesse in Mechanik, Steuerungstechnik<br />
und SPS-Software erheblich.<br />
In Hannover fiel der Startschuss für den Syngineer. Die Kommunikations-<br />
und Informationsplattform ermöglicht eine mechatronische<br />
Arbeitsweise in Teams und über Disziplingrenzen hinweg. Sie<br />
bietet den einfachen Einstieg in das mechatronische <strong>Engineering</strong>,<br />
das abteilungsübergreifend die Zusammenarbeit in Mechanik,<br />
Steuerungstechnik und SPS-Software unterstützt. Der Syngineer<br />
bildet die mechatronische Struktur der Maschine ab, bestehend aus<br />
ihren Anforderungen, Funktionen und Komponenten. Die Kommunikationsplattform<br />
bietet einen skalierbaren Einstieg für Unterneh-<br />
Maximilian Brandl, Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung von<br />
Eplan und Cideon<br />
„Mit dem Syngineer<br />
schaffen wir eine gemeinsame<br />
Sicht auf<br />
die zu konstruierende<br />
Maschine. Abstimmungs-<br />
und Verwaltungsaufwände<br />
im <strong>Engineering</strong>-<br />
Prozess werden minimiert – Konstruktions-<br />
und Entwicklungsprozesse<br />
parallelisiert und damit verkürzt“<br />
Bild: Eplan<br />
men jeder Größe, die wirkungsvolle <strong>Engineering</strong>-Unterstützung,<br />
schnelle Direktkommunikation und effiziente Ergebnisse suchen.<br />
Um die Anforderungen an eine Maschine für alle beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />
transparent darzustellen, werden diese im Syngineer<br />
mechatronisch definiert. Maximilian Brandl, Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung von Eplan und Cideon, erklärt: „Mit dem Syngineer<br />
schaffen wir eine gemeinsame Sicht auf die zu konstruierende<br />
Maschine. Abstimmungs- und Verwaltungsaufwände zwischen den<br />
verschiedenen <strong>Engineering</strong>-Prozessen werden so strukturiert und<br />
automatisiert – Konstruktions- und Entwicklungsprozesse damit parallelisiert<br />
und deutlich verkürzt.“<br />
Synchronisation der <strong>Engineering</strong>-Prozesse<br />
Voraussetzung ist, dass alle am Prozess beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />
sich auf eine klare, einheitliche und transparente mechatronische<br />
Struktur einigen. Anforderungen und Funktionsweisen werden<br />
in dieser Struktur definiert und dokumentiert. So können beispielsweise<br />
Kundenanforderungen und deren Umsetzung in Technologien<br />
und Funktionen die Basis für diese Strukturen bilden, die<br />
dann bis auf die mechatronischen Komponenten detailliert werden<br />
können. Die Bandbreite reicht von einfachen bis hin zu komplexen<br />
Strukturen aus dem Bereich <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>.<br />
Add-in für Autorensysteme<br />
Die verschiedenen Autorensysteme, also Eplan, MCAD- und SPS-<br />
Software, werden über ein Browser-Add-in gekoppelt und so an die<br />
Kommunikationsplattform angebunden. Der gleiche Kommunikationsprozess<br />
ist darüber hinaus auch für unterschiedliche MCAD-<br />
Systeme möglich. Im zweiten Schritt lassen sich die <strong>Engineering</strong>-<br />
38 develop 3 systems engineering 02 2016
SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />
TOOLS<br />
Mechanik, Steuerungstechnik<br />
und SPS-Software sind über<br />
den Syngineer direkt miteinander<br />
verbunden<br />
Bild: Eplan<br />
Prozesse der verschiedenen Disziplinen, die heute vielfach sequenziell<br />
durchlaufen werden, stärker parallelisieren. Dazu werden die<br />
Komponenten der Autorensysteme mit der mechatronischen Struktur<br />
im Syngineer per Drag & Drop verknüpft. Eplan als Hersteller der<br />
CAE-Software und Cideon als Spezialist für mechanische <strong>Engineering</strong>prozesse<br />
und CAD-Software bringen hier ihre Expertise ein.<br />
Durch eine erste Kooperation mit 3S-Smart Software Solutions (Codesys)<br />
fließt ebenfalls Expertenwissen im Bereich SPS-Softwareentwicklung<br />
ein. Der führende Spezialist im Bereich Automatisierung<br />
hat die Synchronisation der SPS-Programmbausteine sowie<br />
der Steuerungssimulation als Add-in entwickelt. Natürlich ist die<br />
Kommunikationsplattform systemoffen konzipiert, sodass zukünftig<br />
weitere Autorensysteme integriert werden können.<br />
Interdisziplinäre Prozesse<br />
Um die Disziplinen effektiv zu vernetzen, bedarf es der Cloud-Technologie.<br />
Sie bietet die Option, in Echtzeit und standortübergreifend<br />
miteinander zu kommunizieren. Dafür wird ein Host in der Cloud installiert,<br />
der über einen Browser den Zugang ermöglicht. Änderungen<br />
oder neue Anforderungen können direkt den jeweils betroffenen<br />
Disziplinen zugewiesen werden. Diese werden dann zeitgleich<br />
Des Syngineer im Überblick<br />
PLUS<br />
• Volle Transparenz: über den Status und Fertigstellungsgrad in der Produktentwicklung<br />
quer über alle beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen<br />
• Optimale Zusammenarbeit: Einbindung der Autorensysteme ermöglicht die<br />
Verknüpfung von Komponenten mit der mechatronischen Struktur<br />
• Tiefe Integration: MCAD, ECAD und SPS-Systeme sind über die mechatronische<br />
Struktur direkt miteinander verbunden<br />
• Skalierbarer Einstieg: Der Syngineer bietet die Möglichkeit, Schritt für Schritt<br />
in das Thema Mechatronisches <strong>Engineering</strong> einzusteigen<br />
•Realtime-Informationsaustausch: immer auf dem neuesten Stand über Änderungen<br />
und aktuellen Status<br />
• Direkte Kommunikation: Konstrukteure können mit anderen am <strong>Engineering</strong>-<br />
Prozess beteiligten Disziplinen per Syngineer kommunizieren<br />
• Mechatronische Stückliste: Die Bauanleitung für eine mechatronisch synchronisierte<br />
Stückliste wird an das jeweilige PDM/PLM-System übergeben<br />
• Offenheit: Durch die Softwarearchitektur ist der Syngineer<br />
offen für die Anbindung anderer Autoren- und PDM/PLM-<br />
Systeme<br />
Kontakt<br />
Eplan Software & Service<br />
Monheim am Rhein<br />
Tel. +49 2173 3964-0<br />
www.eplan.de<br />
INFO<br />
informiert und können nach Erledigung des Auftrags ihren mechatronischen<br />
Erledigungsstatus verändern. Aufgaben lassen sich individuell<br />
von jedem Projektbeteiligten zuweisen, aufteilen und erledigen.<br />
Automatische Benachrichtigungen über Veränderungen vermeiden<br />
Fehler und sichern eine abteilungsübergreifende Kommunikation.<br />
Kommentare und Chat-Funktion<br />
Sind die Autorensysteme miteinander über die Kommunikationsplattform<br />
verknüpft, können die Konstrukteure zusätzlich online über<br />
eine Chat-Funktion kommunizieren. Mit einem System automatischer<br />
Benachrichtigungen werden zudem die Konstrukteure aller<br />
beteiligten <strong>Engineering</strong>-Disziplinen über Veränderungen in anderen<br />
Bereichen informiert. So erhalten zum Beispiel der Mechanik-Konstrukteur<br />
und der Softwareentwickler automatisch eine Benachrichtigung,<br />
wenn der Elektrotechniker einen Elektromotor gegen ein anderes<br />
Modell austauscht. Sie können dann überprüfen, ob diese Änderung<br />
Einfluss auf ihre eigene Arbeit hat.<br />
Mechatronische Stückliste<br />
Entscheidend ist: Der Syngineer konkurriert nicht mit einem PDModer<br />
PLM-System, sondern erweitert dessen Funktionsumfang.<br />
Nach wie vor werden die disziplinspezifischen Prozesse mit dem<br />
gemeinsamen PDM/PLM-System verwaltet. Durch die Verknüpfung<br />
der Komponenten aus den disziplinspezifischen Autorensystemen<br />
mit der Kommunikationsplattform wird aus diesen Verknüpfungs-Informationen<br />
die Bauanleitung für die mechatronische Stückliste an<br />
das PDM/PLM-System übergeben. Dadurch müssen die mechanische<br />
und die elektrotechnische Stückliste nicht mehr manuell abgeglichen<br />
werden, um Dubletten bei der Bestellung zu vermeiden. Voraussetzung<br />
ist, dass sowohl die mechanische Konstruktion als auch<br />
die Elektrokonstruktion eine Schnittstelle zum PDM/PLM-System<br />
besitzen, die von Eplan und Cideon bereits für viele PDM/PLM-Systeme<br />
entwickelt wurden.<br />
ge<br />
Nach Informationen von Eplan Software & Service in Monheim<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 39
TOOLS<br />
SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />
Simulationstechnologie am HLRS im Einsatz für eine Strömungssimulation<br />
Bild: HLRS<br />
Unterstützung bis zur EU-Ebene möglich<br />
Simulation für KMU<br />
Simulationstechnologien leisten in der Produktgestaltung und -optimierung wertvolle Hilfestellung und<br />
sind manchmal sogar wettbewerbsentscheidend – gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen.<br />
Viele KMU wissen aber nicht, wie sie sich dem Thema nähern können, um die Technologien gewinnbringend<br />
einzusetzen. Partner und Förderprogramme – bis hoch zur EU-Ebene – helfen hier weiter.<br />
Für Großunternehmen gehört es längst zum Alltag: Sie nutzen<br />
die Vorteile von Simulationstechnologien, um Investitionen für<br />
Neu- und Weiterentwicklungen so gering wie möglich zu halten und<br />
auf diese Weise am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Mit Hilfe der<br />
Technologien ersetzen diese Unternehmen die zeit- und kostenintensive<br />
Herstellung und Prüfung von realen Prototypen oder Systemen.<br />
Zudem erhalten sie somit die Möglichkeit, das Produktverhalten<br />
unter unterschiedlichen Einsatzbedingungen und in verschiedenen<br />
Umgebungen zu analysieren. Denn die Parameter zu Test- und<br />
Forschungszwecken sind jederzeit veränderbar, sodass sie die Experimente<br />
beliebig oft anpassen, wiederholen und vergleichen können.<br />
Der Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kennt<br />
die Vorteile. Viele finden aber nicht den richtigen Zugang zu den<br />
Simulationstechnologien, da sie sehr anspruchsvoll in Bezug auf<br />
die erforderlichen Rechnerkapazitäten sind. Außerdem übersteigen<br />
die dafür notwendigen Investitionen meist die finanziellen Möglichkeiten<br />
der Unternehmen und darüber hinaus verfügen KMU selten<br />
schon über das notwendige technische Know-how. Daraus ergibt<br />
sich, dass bislang viel zu wenige KMU das Potenzial von Simula -<br />
tionstechnologien ausreichend nutzen. Und dadurch werden Wettbewerbsvorteile<br />
verschenkt.<br />
Partner, Förderprogramme<br />
sowie Projekte helfen weiter<br />
Unterstützung können KMU in Form von Partnern und Förderprogrammen<br />
finden: Rechenzentren – wie zum Beispiel das Höchst -<br />
leistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) – bieten ihre Rechnerkapazitäten<br />
zu für KMU attraktiven und rein nutzungsbasierten Preisen<br />
an. Darüber hinaus stehen Forschungsinstitute, Softwarehersteller<br />
und Dienstleister sowie spezielle branchen- und lösungsorientierte<br />
40 develop 3 systems engineering 02 2016
SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />
TOOLS<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Der Höchstleistungsrechner von Cray im HLRS<br />
Solution Center für Kooperationen zur Verfügung und auch auf<br />
Landes- und auf Bundesebene gibt es zahlreiche Förderprogramme,<br />
die auf finanzieller Seite Unterstützung geben.<br />
Eine weitere interessante Möglichkeit bietet sich für KMU innerhalb<br />
des EU-Projekts Fortissimo (Factories of the Future Resources,<br />
Technology, Infrastructure and Services for Simulation and Modelling),<br />
das sich aktuell mit „Fortissimo 2“ in der zweiten Runde befindet<br />
– die 53 Projekte der ersten Runde laufen bereits. Bei diesem<br />
Projekt geht es darum, eine webbasierte Plattform aufzubauen, die<br />
es KMU erleichtert, Höchstleistungsrechner für ihre Simulationen zu<br />
nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Projekte<br />
können dabei zum Beispiel aus den Bereichen Gießtechnik,<br />
Umweltschutz, Städteplanung, Flugzeugdesign, Automobil oder<br />
Mechatronik kommen; aber auch Vorschläge für neue Anwendungen<br />
sind willkommen. Während es beim ersten Fortissimo-Projekt<br />
außerdem ausschließlich um das Feld des Höchstleistungsrechnens<br />
ging, hat das Nachfolgeprojekt die Plattform für weitere Themen<br />
wie Big Data Analytics und Multi-Physik-Kopplung geöffnet. KMU<br />
können dementsprechend nun auch Projekte einreichen, bei denen<br />
sie Fragestellungen aus diesen Bereichen mit Unterstützung erfahrener<br />
Fortissimo-Projektpartner bearbeiten. Das Gesamtfördervolumen<br />
der Ausschreibung liegt bei mehr als 1,3 Mio. Euro. Einzelne<br />
Projekte werden mit maximal 250.000 Euro gefördert. Der erste<br />
Open Call für Projektvorschläge für Fortissimo 2 endete am 18. Mai<br />
mit über 70 Einreichungen sehr erfolgreich. Der Zweite ist für den<br />
Herbst 2016 geplant.<br />
Bild: HLRS<br />
Sicos BW GmbH<br />
Stuttgart<br />
Tel. +49 711 2172828-0<br />
www.sicos-bw.de<br />
Direkt zu den zahlreichen Förderprogrammen<br />
auf Landes- und auf Bundesebene:<br />
www.foerderdatenbank.de<br />
Details zum EU-Projekt Fortissimo sowie<br />
zum Open Call für Projektvorschläge:<br />
www.fortissimo-project.eu<br />
Alle Informationen aus einer Hand<br />
Interessierte Unternehmen erhalten bei Sicos BW als Fortissimo-<br />
Botschafter in Deutschland alle Informationen sowie Beratung und<br />
Unterstützung im Bewerbungsprozess – aber auch Hilfestellung<br />
zum Thema Simulationstechnologie im Allgemeinen. 2011 vom<br />
Karlsruher Institut für Technologie und der Universität Stuttgart<br />
gegründet, richtet sich Sicos BW speziell an KMU – schwerpunktmäßig<br />
in Baden-Württemberg, aber auch bundesweit. Das Unternehmen<br />
hilft Simulations-Neulingen mit allen notwendigen Informationen<br />
weiter. Dadurch, dass das Ministerium für Wissenschaft, Forschung<br />
und Kunst Baden-Württemberg unterstützend im Hintergrund<br />
steht, arbeitet der Simulationsexperte nicht gewinnorientiert,<br />
und die Beratungsdienstleistung ist neutral und kostenlos.<br />
Besteht bei den ratsuchenden Unternehmen nach der ersten Informationsweitergabe<br />
ein weitergehendes Interesse, bekommen sie<br />
von Sicos BW Antworten auf grundlegende Fragen, beispielsweise<br />
zu Anwendungsmöglichkeiten oder möglichen Werkzeugen, und<br />
Unterstützung dabei, eine funktionsfähige Arbeitskonstellation zu<br />
erhalten – inklusive Zugang zu den Höchstleistungsrechnern. Kann<br />
das Unternehmen dann die Simulation eigenständig oder mit passenden<br />
Partnern in seinen Entwicklungsprozess einbinden, hat<br />
Sicos BW sein Ziel erreicht.<br />
Alle Branchen sind willkommen<br />
Die Beratung ist branchenübergreifend. Neben dem schwerpunktmäßig<br />
anfragenden Industrie- und Technologiesektor sind es auch<br />
nicht direkt offensichtliche Bereiche wie Wirtschaft und Finanzen,<br />
die zu möglichen Anwendungsfeldern für Simulationstechnologien<br />
zählen. Automobil- und Fahrzeugbau, Bauen und Gebäudetechnik,<br />
Biotechnologie und Medizintechnik, Chemie und Pharmazie, Elektronik<br />
und Elektrotechnik, Energie und Umwelt, Luft- und Raumfahrt,<br />
Maschinen- und Anlagenbau sowie Transport sind und bleiben<br />
aber die Hauptanwendungsfelder.<br />
ik<br />
Der Autor: Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer<br />
der Sicos BW GmbH<br />
Bild: Sicos BW<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 41
TOOLS<br />
SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION<br />
3D-CAD trifft auf das Internet of Things und Augmented Reality<br />
Neue Interaktionswege<br />
Produkte existieren mittlerweile oft gleichzeitig – sowohl in der digitalen als auch in der physikalischen, der<br />
realen Welt. Dies eröffnet Unternehmen viele neue Möglichkeiten, stellt sie aber auch vor Herausforderungen.<br />
PTC bietet deshalb von der einzigartigen Kennzeichnungsform bis hin zur Umsetzung von Augmented-Reality-<br />
Erlebnissen unterschiedliche Werkzeuge an, mit denen das vorhandene Potential ausgeschöpft werden kann.<br />
Dank des Internet of Things (IoT) bewegen sich die digitale und<br />
die reale Welt aufeinander zu. Diese Annäherung wirkt sich<br />
auch darauf aus, wie Produkte entwickelt, gefertigt, betrieben und<br />
gewartet werden. Nur die Art und Weise, wie wir mit ihnen interagieren,<br />
hat sich bisher noch nicht gewandelt. Ein Zustand der, davon<br />
ist PTC überzeugt, nicht anhalten wird, da es am Markt bereits eine<br />
neue Technologie gibt, mit der es uns gelingt, unsere Interaktionen<br />
und Erfahrungen ebenfalls zu modifizieren: Die sogenannte erweiterte<br />
Realität – häufig auch als Augmented Reality oder AR bezeichnet<br />
– ist eine Technologie, die es erlaubt, mit digitalen Informationen<br />
in Form von Computergrafiken die reale Ansicht der physikalischen<br />
Welt zu überlagern. Jedes zukünftige AR-Szenario verwendet dafür<br />
Daten aus verschiedenen Systemen wie CAD, PLM oder SLM und<br />
setzt auf IoT-Plattformen wie ThingWorx als Basis auf. Um daraus<br />
ein AR-Erlebnis zu schaffen, können Unternehmen auf Plattformen<br />
wie Vuforia zurückgreifen. Speziell für die Anforderungen der Entwickler<br />
konzipiert, stellt dessen Kernstück, die Vuforia Engine, das<br />
digitale Auge in den Applikationen dar. Es wird mithilfe sogenannter<br />
Software Development Kits oder SDKs in die eigenen Applikationen<br />
eingefügt und kann die Dinge im Anzeigebereich der Kamera identifizieren.<br />
Dazu gehören Bilder, Objekte und sogar Worte.<br />
Von der ThingMark zum Augmented Reality-Erlebnis<br />
Etwas Wichtiges fehlt aber noch, wenn es darum geht, ein Ding und<br />
seinen digitalen Zwilling – also die entsprechenden digitalen Informationen<br />
zu einem realen Objekt – zu identifizieren: eine einzig -<br />
artige Kennzeichnung. Barcodes, QR-Codes und Ähnliches haben<br />
ihre Grenzen und erweisen sich für AR-Erlebnisse als unzureichend,<br />
da sie gleichzeitig auch das Erscheinungsbild des Produktes verändern.<br />
Deshalb wurde die ThingMark entwickelt. Damit lassen sich<br />
alle Dinge bis hin zur Seriennummer identifizieren. Gleichzeitig genießen<br />
Entwickler ein hohes Maß an Flexibilität, da das verwendete<br />
Bild beliebigen Ursprungs sein kann – etwa ein Firmenlogo oder ein<br />
Bild, das die Marke repräsentiert. Der Code besteht aus<br />
unterschiedlichen Elementen und je mehr Elemente verwendet<br />
werden, desto mehr Daten werden damit verbunden.<br />
Augmented Reality<br />
ermöglicht es, die reale<br />
Ansicht der physikalischen<br />
Welt mit digitalen<br />
Informationen in Form<br />
von Computergrafiken<br />
zu überlagern<br />
Bild: PTC<br />
42 develop 3 systems engineering 02 2016
Bild: PTC<br />
Bild: PTC<br />
Identifizierung des Objekts und Aufruf der entsprechenden<br />
Applikation in Vuforia View Enterprise über die ThingMark<br />
Das ganze Motorrad des PTC-Kunden KTM mit der ThingMark – einer<br />
Kennzeichnung zur eindeutigen Identifizierung des digitalen Zwillings<br />
Um dann einen echten Mehrwert erzielen zu können, werden entsprechende<br />
Anwendungen benötigt. Sie generieren die erweiterten,<br />
digitalen Inhalte für die physikalische Welt und reichern sie entsprechend<br />
an. Der explosive Anstieg an genutzten intelligenten,<br />
mobilen Endgeräten wie Telefonen und Tablets sorgt zudem dafür,<br />
dass AR auch in der Mitte der Gesellschaft ankommt. In den nächsten<br />
12 bis 18 Monaten erwartet uns erneut ein rasanter Zuwachs<br />
bei brandneuen tragbaren Geräten wie Brillen, Schutzbrillen und<br />
sogar Helmen von Unternehmen wie ODG, Microsoft, Magic Leap,<br />
Oculus, Epson, Daqri und vielen anderen.<br />
Allerdings sehen wir uns bereits jetzt mit einer ausufernden Menge<br />
an speziellen Apps für die jeweils vernetzten Produkte konfrontiert.<br />
In einer Fabrik mit hunderten verschiedenen Maschinen, jede mit<br />
eigenen spezifischen Daten, kommen außerdem noch die unterschiedlichen<br />
Rollen und Interessen der Manager, Maschinenbediener,<br />
Servicetechniker und anderer dazu. Wie sollen die Menschen<br />
erkennen, mit welchen der intelligenten, vernetzten Dinge sie individuell<br />
interagieren können? Wie sollen sie die App ausmachen, mit<br />
der genau dieses Ding verbunden ist? Und wie sollen sämtliche<br />
Apps auf dem neuesten Stand gehalten werden? Eine Applikation<br />
für jedes Ding kann offensichtlich nicht die Antwort sein. Um dieses<br />
Problem zu adressieren, erweitert PTC seine IoT-Plattform um<br />
Vuforia View Enterprise. Damit wird sich die Auslieferung von Apps<br />
fundamental verändern.<br />
Vuforia View Enterprise<br />
und Vuforia Experience Service<br />
Es gibt nur noch eine einzige App: Vuforia View Enterprise. Damit ist<br />
es nicht länger nötig, unterschiedliche Anwendungen herunter -<br />
zuladen, zu installieren, auf dem neuesten Stand zu halten und zu<br />
wissen, wann diese eingesetzt werden können. Vuforia View Enterprise<br />
erkennt sämtliche intelligenten, vernetzten Dinge anhand der<br />
ThingMark und zeigt – basierend auf dem spezifischen Anwender,<br />
seinem Standort und dem betrachteten Produkt - die entsprechenden<br />
Informationen. Vergleichbar mit dem Web-Browser, der den<br />
Anwendern das Potenzial des World Wide Web erschlossen hat,<br />
bietet Vuforia View Enterprise von PTC quasi beliebig viele Möglichkeiten,<br />
mit der stark wachsenden Anzahl an intelligenten, vernetzten<br />
Produkten und Systemen zu interagieren.<br />
Daneben bildet Vuforia Experience Service eine weitere entscheidende<br />
Komponente des neuen Angebots von PTC. Er ist vergleichbar<br />
mit einem Web-Server für die Bereitstellung von Inhalten und<br />
das Kernstück des neuen Vuforia-Studio-Angebots. Die relevanten<br />
Informationen, die vom Vuforia Experience Service verwaltet werden,<br />
umfassen die digitale Produktdefinition ebenso wie der<br />
Betriebs- und Wartungsverlauf. Diese Inhalte, die die digitale Definition<br />
mit der physikalischen Instanz eines Gerätes verknüpfen, nennt<br />
man den digitalen Zwilling. Dieser kann auf unterschiedlichen<br />
Geräten in vielen verschiedenen Formen dargestellt werden: als<br />
Text in Tabellen, mit Pegeln und Nummern in einer 2D-Anzeige oder<br />
im Zusammenhang mit einer CAD-generierten 3D-Grafik.<br />
Vuforia Studio Enterprise<br />
Werden diese Inhalte durch Augmented Reality im Kontext der<br />
Dinge selbst präsentiert, sind sie am wirksamsten. Eine derartige<br />
Erfahrung heute zu ermöglichen, ist jedoch kompliziert, teuer und<br />
zeitaufwendig. PTC ist deshalb überzeugt, dass Unternehmen einfach<br />
einsetzbare Werkzeuge brauchen, mit denen sie neue Ansätze<br />
schnell ausprobieren und erfolgreich umsetzen können. Hier kommt<br />
nun Vuforia Studio Enterprise ins Spiel. Es wird Unternehmen<br />
erlauben, sich sämtliche wichtigen Informationen des digitalen Zwillings<br />
zu beschaffen und darauf aufbauend schnell und einfach mit -<br />
hilfe umfassender 3D-Grafik und Augmented Reality intuitive Erlebnisse<br />
für diese Dinge zu gestalten. In einer Umgebung, in der nicht<br />
codiert werden muss und die ohne komplexe SDKs auskommt,<br />
wird es möglich sein, 3D-Grafiken per Drag & Drop aus dem CAD-<br />
System zu übernehmen, eine mobile, benutzerfreundliche Repräsentation<br />
zu generieren, bei der auf die proprietären Internetprotokolle<br />
verzichtet wird, und die 3D-Inhalte mit Daten der Dinge selbst<br />
oder aus anderen Systemen wie PLM, SLM oder ALM abzurunden.<br />
Es gibt schon zahlreiche Unternehmen, die diese Technologie testen.<br />
In den meisten Fällen für den Service-Bereich wie etwa bei den<br />
PTC-Kunden Schneider Electric, KTM und der Sysmex Corporation.<br />
Aber das ist nur der Anfang und es wird dank innovativer Lösungen<br />
wie Vuforia Studio Enterprise von PTC zukünftig einfach sein, Derartiges<br />
zu entwickeln.<br />
ik<br />
Der Autor: Jim Heppelmann, Präsident und CEO bei PTC<br />
Kontakt<br />
PTC, Inc.<br />
Needham (USA)<br />
Tel. +1 781 370-5000<br />
www.ptc-de.com<br />
Weitere Informationen zu den Lösungen und<br />
Möglichkeiten finden Sie unter:<br />
http://developer.vuforia.com/studio<br />
INFO<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 43
ANWENDUNGEN<br />
MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS/LEITTECHNIK<br />
Der Scada-Layer sammelt die<br />
Prozessdaten und gibt diese an<br />
das MES weiter<br />
Bild: Guardus<br />
Vernetzte Kommunikationswelten in Industrie-4.0-Technosphären<br />
Die vier Räume der Datenintegration<br />
In den Fertigungsorganisationen der Zukunft bleibt nichts wie es war. Entgegen zentralistischer<br />
Planungs- und Steuerungsinstanzen findet das intelligente Werkstück künftig ohne fremde oder<br />
menschliche Hilfe den optimalen Weg durch die Fertigung. Damit diese autonome Technosphäre<br />
entstehen kann, müssen alle Akteure in einem Netzwerkverbund agieren und interaktiv kommunizieren.<br />
Es bedarf der vollständigen Verschmelzung industrieller Technologien und IT-Systeme.<br />
Erste Geige im integrierten Industrie-4.0-Orchester spielen die<br />
Software-Systeme – allen voran Manufacturing Execution Systeme<br />
wie Guardus MES. Sie sind der Klebstoff zwischen Automatisierungskomponenten<br />
und ERP-Systemen. Zudem zeichnen sie für die<br />
Software-basierte Interaktion zwischen Mensch, Produkt, Maschine<br />
und Prozess verantwortlich. Um diese Aufgabe jedoch erfüllen zu können,<br />
bedarf es einer nahtlosen Anbindung der Maschinen-IT sowie der<br />
Mess- und Prüfsysteme an ein MES. Nur so entsteht eine Kommunikationswelt,<br />
in der die so genannten Cyber Physical <strong>Systems</strong> prozessstabil<br />
und -sicher gedeihen können. Darüber hinaus ist die Abbildung vollständiger<br />
Datenbeziehungen Voraussetzung für das Bewegungsprofil<br />
der intelligenten Werkstücke – also die Rückverfolgbarkeit des gefertigten<br />
Teils, wie es bereits jetzt schon bei sicherheitsrelevanten Produkten<br />
vom Qualitätsmanagement her gefordert wird. Betrachtet man den<br />
Integrationsanspruch von Cyber Physical <strong>Systems</strong> genauer, kristallisieren<br />
sich vier Räume heraus.<br />
Integrationsraum 1 – Das intelligente Werkstück<br />
Am Anfang muss ein Werkstück wissen, wer es ist. Schließlich hängt<br />
an der Information der gesamte Werdegang vom Rohteil hin zum Endprodukt.<br />
Dieses Bewusstsein halten MES per Definition vor, da die<br />
Shopfloor-IT sämtliche qualitäts- und produktionsrelevanten Produktund<br />
Prozessdaten verwaltet, visualisiert und überwacht. Die Übertragung<br />
dieser Informationen – etwa durch eine eindeutige Seriennummer<br />
– auf das Bauteil kann beispielsweise über RFID-Technologien<br />
oder andere Speichermedien geschehen. Ein Beispiel aus der Praxis:<br />
Die auf dem Werkstück mitgeführte Seriennummer wird über einen<br />
Scanner in Guardus MES eingelesen. Nun werden Mitarbeiter und<br />
Anlage anhand des identifizierten Produktes vom MES informiert, wie<br />
der Produktionsprozess auszusehen hat – sprich: was mit dem Produkt<br />
gemacht werden muss. Gleichzeitig wird der Produktidentifikationsprozess<br />
dafür verwendet, alle folgenden Prozessdaten dem Produkt zuzuordnen<br />
und dessen Bewegungsprofil für die Rückverfolgung aufzuzeichnen.<br />
Diese Abläufe setzen ein integriertes MES voraus.<br />
Integrationsraum 2 – Weg zur richtigen Maschine<br />
Bei der Frage, wie nun das Smart Object samt RFID-Tag seinen Weg<br />
durch die Produktion findet, machen verschiedene Denkansätze die<br />
Runde. Der erste propagiert, dass das Teil selbst über detaillierte Informationen<br />
zu seinen Produktions- und Montagevorgängen verfügt und<br />
selbständig entscheidet. Dieser Ansatz scheint nicht nur unter den Aspekten<br />
Datenschutz und -sicherheit riskant. Hinzu kommt der betriebswirtschaftliche<br />
Blickwinkel: Die Planung einer kostenoptimalen Produktionsabfolge<br />
benötigt komplexe Berechnungen, die unter anderem<br />
Maschinenstundensätze, Anlagenkapazitäten sowie Stückkostensätze<br />
und aktuelle Reihenfolge-Planungen umfassen. Diese Bewertung kann<br />
ein singuläres Werkstück nicht alleine bewältigen, wodurch die Gefahr<br />
besteht, dass die Produktionsplanung nicht wirtschaftlich vonstattengehen<br />
kann. Viel schwerwiegender wirken sich darüber hinaus die<br />
aktuellen Megatrends aus. Egal ob Big Data, Cloud oder SaaS – allen<br />
aktuellen IT-Wegweisern liegt die zentralisierte Datenhaltung zugrunde.<br />
Der zweite Gedanke zur Werkstück-Navigation sieht eine zentrale<br />
MES-Instanz zur Steuerung der Produktionsabfolge vor, da deren integrierte<br />
Datenbasis alle Beziehungen zwischen Werkzeug, Material,<br />
44 develop 3 systems engineering 02 2016
MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS/LEITTECHNIK<br />
ANWENDUNGEN<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Guardus Solutions AG<br />
Ulm<br />
Tel. +49 731 880177-0<br />
www.guardus-mes.de<br />
Bild: Guardus<br />
Die Abbildung vollständiger Datenbeziehungen<br />
ist eine Voraussetzung für das Bewe-<br />
gungsprofil intelligenter Werkstücke<br />
Maschine, Produkt und Mensch über sämtliche Anlagen und Prozesse<br />
hinweg in sich vereint. Das Werkstück meldet sich mit seiner Seriennummer<br />
an der Anlage an, die die Information zur Identifizierung an<br />
das MES übergibt. Dieses eruiert anhand der Seriennummer alle<br />
entsprechenden Einstelldaten sowie die Prozessparameter (z.B. DNC-<br />
Programme) der jeweiligen Anlage und schickt sie an die Maschinen-IT.<br />
Ist der Produktionsprozess angestoßen, verlangt das MES von den<br />
Akteuren alle relevanten Produkt- und Prozessdaten, die während der<br />
Herstellung entstehen und zum Zwecke der Prozess- und Qualitätsüberwachung<br />
benötigt werden.<br />
Die so skizzierte Datenintegration hat jedoch auch Hemmschwellen zu<br />
überwinden. Zum einen zeichnet sich der Maschinenbestand in vielen<br />
Fertigungsbereichen durch eine hohe Heterogenität hinsichtlich<br />
Lebensalter und Hersteller aus. Manche Produktionsmaschinen verfügen<br />
dabei über moderne Automatisierungs- und Steuerungskonzepte<br />
zur Produktionsdatenübernahme – zum Beispiel über intelligente OPC-<br />
Server-Strukturen – während andere nur rudimentäre Integrationsmöglichkeiten<br />
bieten. Eine Vielzahl an Automatisierungsprogrammen mit<br />
unterschiedlichen Technologieständen muss daher harmonisiert werden,<br />
um alle Daten vereinheitlichen und zusammenführen zu können.<br />
Einen wirtschaftlichen Weg aus diesem Dilemma bieten Layer-basierte<br />
Integrationskonzepte. Darin werden die Anlagen auf ihrer Steuerungsebene<br />
um ein maschinenherstellerunabhängiges Interface ergänzt. Die<br />
Sensorik dieses Bausteins empfängt die Maschinensignale und leitet<br />
sie über ein standardisiertes Gateway an die übergeordnete Scada-<br />
Ebene (den Datensammler der Automatisierung) weiter. Der Scada-<br />
Layer sammelt nun die erforderlichen Prozessdaten der angeschlossenen<br />
Teilnehmer und gibt sie selektiert sowie verdichtet an das MES<br />
weiter. Grundlage für den Transfer sind Konfigurationstabellen, die<br />
exakt beschreiben, welche Prozessparameter in welcher Aggregationsstufe<br />
pro Maschine (Station, Workcenter, etc.) benötigt werden. Ein<br />
ähnlicher Integrationsprozess empfiehlt sich auch bei den umgebenden<br />
Mess- und Prüfsystemen. Darüber hinaus ist auch der umgekehrte<br />
Kommunikationsweg vom MES in die Anlagen-IT möglich.<br />
Dieses Konzept entwickelt sich mehr und mehr zum sichersten und<br />
kostengünstigsten Weg, viele verschiedene Produktionseinheiten mit<br />
einer standardisierten Schnittstelle für die Maschinendatenintegration<br />
zum MES zu versehen. Die Layer-basierte Topologie spiegelt sich<br />
bereits heute in der ISO 22400-2 „Key performance indicators (KPIs)<br />
for manufacturing operations management“ sowie der IEC 62264<br />
„Enterprise Control System Integration“ wider. Im Rahmen der Industrie-4.0-Vision<br />
wurden auch erste Ansätze in Form eines Referenz-<br />
Architekturmodells für Industrie 4.0 (RAMI) veröffentlicht, die das<br />
Architekturmodell der IEC 62264 integrieren.<br />
Integrationsraum 3 – Der Weg ist das Ziel<br />
Ist der Automatisierungsgrad einer Industrie-4.0-Technoshpäre besonders<br />
hoch, sammelt die Prozessleitebene oftmals auch produkt- und<br />
prozessrelevante MES-Informationen – der Interaktionskreis ist<br />
geschlossen. Leider kommen im realen Fertigungsalltag mehrere<br />
Anlagenhersteller zum Zug, wodurch die jeweils integrierten MES-<br />
Bausteine lediglich das Prozessdaten-Bruchstück der verketteten<br />
Maschinenanlagen verwalten. Ein Produkt durchläuft im Rahmen<br />
seiner Herstellung jedoch normalerweise mehrere Fertigungsstufen,<br />
die automatisierungstechnisch voneinander unabhängig sind, sodass<br />
sich kein vollständiges Datenbild über alle Prozessparameter ergeben<br />
kann. Aufgrund dessen bedarf es einer unabhängigen MES-Instanz, die<br />
alle Prozessparameter von Anlagen verschiedener Hersteller in einer<br />
integrierten Datenbasis speichert.<br />
Integrationsraum 4 – Für den Fall der Fälle<br />
Auch Cyber Physical <strong>Systems</strong> sind vor Qualitätsproblemen nicht gefeit.<br />
Gerade die hohe Komplexität der zugrundeliegenden Infrastruktur<br />
macht das Konstrukt störanfällig. Es bedarf also einer umfassenden<br />
Traceability aller Komponenten. Nur so kann im Fehlerfall die Ursache<br />
schnell und sicher identifiziert werden. Ein lückenloses Bewegungs -<br />
profil auf Einzelteilebene lässt sich dank der drei beschriebenen Integrationsräume<br />
praktikabel umsetzen. An jedem Meldepunkt einer<br />
Anlage identifiziert sich das Werkstück mittels eineindeutiger Seriennummer,<br />
wobei die im Produktionsprozess entstehenden Produkt- und<br />
Prozessdaten zugeordnet und abgespeichert werden.<br />
Die Herausforderung bei Industrie 4.0 wird sein, integrative Prozesse,<br />
die heute bereits schon vereinzelt angewandt werden, zu standardisieren<br />
und allgemeingültig aufzustellen. Gleichzeitig gilt es, die Produktion<br />
stärker als bislang mit IT-gestützten Prozessen auszustatten und visionäre<br />
Aspekte stets auf den Einzelfall zu überprüfen, ob diese auch<br />
betriebswirtschaftlich sinnvoll angewendet werden können.<br />
Der Autor: Andreas Kirsch, Vorstand Guardus Solutions AG<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 45
Bild: Stiwa<br />
Automations-Spezialist reduziert Taktzeiten um bis zu 30 %<br />
Big-Data-Analyse macht’s möglich<br />
Die Stiwa Group ist ein erfahrener Partner im Bereich Produkt- und Hochleistungsautomation. Die rund<br />
1300 Mitarbeiter des Unternehmens produzieren an sechs Standorten automatisierte Zuführ-, Verpackungs-<br />
und Transportsysteme sowie Montage- und Prozessmodule. Mit Hilfe eines modernen Anlagenleitstandes<br />
basierend auf Matlab, AMS ZPoint-CI und AMS Analysis-CI konnte das Unternehmen<br />
die eigenen Produktionsanlagen optimieren und die Gesamtproduktion steigern.<br />
Die Herausforderung bestand darin, mit Hilfe von AMS ZPoint-CI<br />
auch große Produktionsdatensätze aus der eigenen Fertigung<br />
in Fast-Echtzeit zu erfassen, die Daten mittels Matlab zu analysieren<br />
und daraus optimale Trajektorien bzw. Bahnkurven zu bestimmen.<br />
Das Unternehmen konnte die Gesamtzykluszeit in der Fertigung um<br />
etwa 30 % verkürzen, kann nun auch umfangreiche Datensätze in<br />
Sekundenschnelle analysieren und die Bereitstellung von Algorithmen<br />
für mehrere Maschinen optimieren.<br />
Spezialist für Hochleistungsautomation<br />
Mit Hauptsitz in Attnang-Puchheim, Österreich, ist die Stiwa Group<br />
einer der Branchenführer im Bereich Hochleistungsautomation. Die<br />
rund 1300 Mitarbeiter des Unternehmens an sechs Standorten versorgen<br />
die Kunden mit automatisierten Zuführ-, Verpackungs- und<br />
Transportsystemen sowie mit Montage- und Prozessmodulen. Die<br />
Ingenieure verwenden Matlab, um große Mengen von Produktionsdaten,<br />
die vom Anlagenleitstand AMS ZPoint-CI in Fast-Echtzeit er-<br />
fasst werden, zu analysieren. Diese Vorgehensweise erlaubt es ihnen,<br />
zeitoptimale Trajektorien für Maschinen zu berechnen, Zykluszeiten<br />
für Produktionssysteme zu verkürzen und die Produktionsmenge<br />
zu steigern.<br />
Die Herausforderung<br />
„Mit Matlab und der eigenen Fertigungssoftware können wir Algorithmen<br />
verwenden, um die Produktionskapazität von mechanischen<br />
Systemen zu maximieren, Systemprobleme in der Software<br />
festzustellen und zu beheben und die Daten, die wir erfassen,<br />
schnell zu analysieren, um die Automationsanlagen zu optimieren“,<br />
sagt Alexander Meisinger, Vertriebsleiter für Manufacturing Software<br />
bei Stiwa. Alle acht Sekunden erfasst ein typisches Stiwa-System<br />
mehr als 9 Mbyte von unbearbeiteten Produktionsdaten in<br />
46 develop 3 systems engineering 02 2016
BIG DATA<br />
ANWENDUNGEN<br />
Alle acht Sekunden erfasst ein typisches<br />
Stiwa-System mehr als 9 Mbyte<br />
von unbearbeiteten Produktionsdaten<br />
in 150.000 Datensätzen<br />
150.000 Datensätzen, die Geräuschentwicklung, Drehmoment und<br />
weitere Maschinenmesswerte erfassen. Diese Daten müssen gefiltert<br />
und verarbeitet werden, um angemessene Toleranzen zu ermitteln,<br />
zeitoptimierte Trajektorien für Roboter oder flexible Übertragungssysteme<br />
zu berechnen oder den Prozess zu verändern – zum<br />
Beispiel durch Anpassung der Riemenspannung.<br />
In der Vergangenheit haben Ingenieure Datenauswerte-Algorithmen<br />
in Programmiersprachen wie IEC 61131-3/Strukturierter Text geschrieben.<br />
Dieser Ansatz war schwerfällig und wurde undurchführbar,<br />
als die Algorithmen immer komplexer wurden. Mit dem Algorithmus<br />
für die Trajektorien-Planung wird beispielsweise eine Bahn<br />
durch vier Positionen unter Einhaltung der Gelenkbeschränkungen<br />
berechnet. Für jede Änderung am Algorithmus wurde ein Tag für die<br />
SPS-Code-Implementierung und ein weiterer Tag für die Fehlerbeseitigung<br />
benötigt.<br />
Stiwa musste deshalb die Entwicklung und Ausführung komplexer<br />
Algorithmen zur Gewinnung von hilfreichen Informationen aus umfangreichen<br />
Datensätzen beschleunigen. Das Unternehmen benötigte<br />
eine Entwicklungsumgebung mit integrierten Datenanalysefunktionen,<br />
sodass sich die Ingenieure auf die Problemlösung und<br />
nicht auf hardwarenahe Implementierungsdetails konzentrieren<br />
konnten. Sie wollten Werkzeuge verwenden, mit denen die meisten<br />
Ingenieure vertraut waren. Die Werkzeuge mussten die Integration<br />
von Algorithmen in das vorhandene .net-Produktivsystem des Unternehmens<br />
erleichtern. Stiwa wollte die Ausführung von Algorithmen<br />
durch den Zugriff auf die vorhandene Mehrkernprozessor-Infrastruktur<br />
beschleunigen.<br />
Kontakt<br />
The MathWorks GmbH<br />
Ismaning<br />
Tel. +49 89 45235-6700<br />
de.mathworks.com<br />
Weitere Informationen über Stiwa:<br />
www.stiwa.com<br />
INFO<br />
Die Lösung<br />
Das Unternehmen hat sich für Matlab entschieden, um einen Workflow<br />
für Datenanalyse und die Optimierung der Gesamtproduktionsmenge<br />
zu implementieren. Bei diesem Workflow importieren Ingenieure<br />
heute Maschinen- und Produktdaten in Matlab, und anschließend<br />
filtern, resamplen und visualisieren sie die Daten, um Probleme<br />
und weitere Optimierungsmöglichkeiten zu ermitteln. Die Ingenieure<br />
entwickeln Algorithmen in Matlab, um die Datenanalyse zu<br />
automatisieren und zeitoptimale Trajektorien für Robotik-Komponenten<br />
zu planen.<br />
Die Algorithmen nutzen Funktionen der Optimization Toolbox zur Berechnung<br />
dieser optimalen Trajektorien basierend auf festgelegten<br />
Einschränkungen, einschließlich Geschwindigkeit und Platzbegrenzung.<br />
Das Team verwendet die Parallel Computing Toolbox, um Trajektorien-Berechnungen<br />
durch Ausführung der Optimierung auf den<br />
Computerarbeitsplätzen mit bis zu sechs Prozessorkernen zu beschleunigen.<br />
Sie verwenden die implizite Parallelisierung der Optimierungsfunktion<br />
und vektorisieren anschließend den Algorithmus,<br />
um die Leistung der impliziten Parallelisierung noch weiter zu verbessern.<br />
„Mit Matlab und Compiler SDK<br />
zur Integration in ein .net-<br />
Produktionssystem können wir<br />
den Algorithmus auf mehreren<br />
Maschinen bereitstellen.“<br />
Vor der Parallelisierung des Codes optimieren die Ingenieure ihre Algorithmen<br />
mithilfe des Matlab Profiler, um die Funktionen zu ermitteln,<br />
die die meiste Zeit in Anspruch nehmen. Nach den Unit-Tests<br />
verwendet das Team den Compiler und das Compiler SDK, um ihre<br />
fertigen Algorithmen als .net-Komponenten zu verpacken. Die .net-<br />
Komponenten werden einer letzten Prüfungsrunde unterzogen, bevor<br />
sie in ein Produktivsystem integriert werden. Die Integration dieser<br />
Komponenten in den Anlagenleitstand basierend auf AMS<br />
ZPoint-CI und AMS Analysis-CI ermöglicht geschlossene Regelkreise<br />
in der Produktion. Die .net-Komponenten und die Matlab-Algorithmen<br />
werden etwa alle 10 Sekunden aufgerufen, um die erfassten<br />
Daten zu analysieren und die Maschinenparameter einzustellen.<br />
Die Ergebnisse<br />
Die Gesamtzykluszeit konnte um 30 % verkürzt werden. „Durch die<br />
zeitoptimierte Trajektorienplanung, die wir durchgeführt haben,<br />
konnten wir die Taktzeit für unsere Bearbeitungsverfahren um 30 %<br />
verkürzen, was zu einer deutlichen Erhöhung der Produktionsmenge<br />
geführt hat“, sagt Meisinger. Umfangreiche Datensätze werden<br />
in Sekundenschnelle analysiert. „Um effektiv arbeiten zu können,<br />
müssen unsere Algorithmen eine riesige Menge von Daten in Fast-<br />
Echtzeit analysieren“, sagt Martin Werner, Entwicklungsingenieur<br />
Software-Tools bei Stiwa. „Wir haben diese hohe Leistungsfähigkeit<br />
durch die Optimierung unserer Matlab-Algorithmen mit dem Matlab<br />
Profiler und durch Ausführung von Trajektorienoptimierungen auf<br />
mehreren Rechenkernen mit der Parallel Computing Toolbox erreicht.“<br />
Auch die Bereitstellung der Algorithmen an mehreren Maschinen<br />
wurde optimiert. „Unter Verwendung von Matlab Compiler<br />
SDK zur Integration unserer Algorithmen in ein .net-Produktionssystem<br />
können wir den Algorithmus leicht auf mehreren Maschinen<br />
bereitstellen“, sagt Robert Schoßleitner, Leiter des Geschäftsbereichs<br />
Manufacturing Software.<br />
ge<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 47
Steckverbinder für Industrie 4.0 müssen bis 100 GBit übertragen<br />
„Schlüssel ist immer<br />
ein digitaler Zwilling“<br />
Auf dem 21. Industrial Communication Congress (ICC), der vor einigen<br />
Wochen bei Phoenix Contact in Bad Pyrmont stattfand, standen die<br />
Themen Energieeffizienz und Industrie 4.0 im Vordergrund. Die Referenten<br />
gingen während der zweitägigen Veranstaltung den Fragen<br />
nach, welche Rolle ein ganzheitliches Energiemanagement im Kontext<br />
von Industrie 4.0 spielt, wie sie durch zustandsabhängige Wartung<br />
eine höhere Energieeffizienz erzielen und welche Intelligenz die<br />
Energiewende braucht. Am Rande der Veranstaltung erläuterte Frank<br />
Knafla, welche Bedeutung Industrie 4.0 für die Industrie hat. Franz-<br />
Josef Niebur beschrieb darüber hinaus, welche Rolle in Zukunft<br />
Industrie-Steckverbinder spielen werden.<br />
48 develop 3 systems engineering 02 2016
TITELSTORY<br />
ANWENDUNGEN<br />
develop 3 : Der ICC beschäftigt sich neben dem Thema Energie-<br />
Effizienz vor allem mit Industrie 4.0. Welche Bedeutung messen<br />
Sie dem Thema allgemein…<br />
Knafla: Der Wunsch nach individuellen Produkten treibt auch die<br />
Entwicklung im industriellen Umfeld an. Das dokumentiert sich beispielsweise<br />
darin, dass wir heute zunehmend Komponenten, Systeme<br />
und Lösungen über Portale konfigurierbar anbieten müssen.<br />
Bisher können wir Produkte in großen Stückzahlen automatisiert<br />
und kostengünstig produzieren. Doch wie lassen sich die dabei gesammelten<br />
Erfahrungen auf die automatisierte Fertigung individueller<br />
Produkte übertragen? Das ist die Herausforderung, vor der wir<br />
stehen. Es muss uns gelingen, ein individuelles Produkt zu den Kosten<br />
der Massenfertigung herzustellen. Das verstehen wir unter Industrie<br />
4.0. Diese Entwicklung betrifft alle Wertschöpfungsstufen<br />
und erfordert die horizontale und vertikale Integration von Wertschöpfungsnetzwerken.<br />
Die Nutzung des Internets sowie wandelbarer<br />
Automatisierungskonzepte, die vertikale Integration und der<br />
Einsatz industrieller Kommunikation sind Methoden, um diese Ziele<br />
zu erreichen.<br />
develop 3 : …aber auch für das Unternehmen Phoenix Contact bei?<br />
Knafla: Phoenix Contact produziert einerseits Geräte und Varianten<br />
in großen Stückzahlen mit Methoden der klassischen Automatisierung<br />
in hocheffizienten Produktionsprozessen. Das IO-System Axioline<br />
beispielsweise besteht aus etwa 200 Varianten. Seltene Typen<br />
aus diesem Portfolio können wir jedoch nicht mehr Losgrößen-orientiert<br />
fertigen. Aufgabe unseres Bereichs Manufacturing Solutions<br />
ist es deshalb, eine Varianten-orientierte Fertigung zu ermöglichen,<br />
um so auch kleine Losgrößen vollautomatisiert, teilautomatisiert<br />
oder auch von Hand zu produzieren. Der Schlüssel dazu, so wie wir<br />
das in der Fertigung ansatzweise realisiert haben, ist ein digitaler<br />
Zwilling. Zu jedem Gerät wird ein virtuelles Abbild benötigt, in dem<br />
alle Produktionsinformationen enthalten sind und auf das jederzeit<br />
zurückgegriffen werden kann. Aus diesem virtuellen Abbild bezieht<br />
der Prozess die Informationen für die einzelnen Fertigungsschritte,<br />
und die einzelnen Maschinen parametrieren sich damit selbst.<br />
develop 3 : Wie sieht die Fabrik der Zukunft überhaupt aus? Was<br />
wird produziert, in welchen Stückzahlen, an welchen Orten, auf<br />
welchen Maschinen und mit welchen Materialien?<br />
Knafla: Die Fabrik der Zukunft muss in der Lage sein, auch Produkte<br />
zu fertigen, die heute noch gar nicht bekannt sind, auf Maschinen,<br />
die zwar jetzt verfügbar, aber zukünftig auch beliebig erweiterbar<br />
sind. Die Produktionsprozesse sollten deshalb flexibel und wandelbar<br />
ausgelegt sein. Prozessmodule sollten in die Anlage integrierbar<br />
sein, sowohl mechanisch als auch per digitaler Beschreibung. Für eine<br />
Industrie-4.0-Produktion sind deshalb Modularität und Wandelbarkeit<br />
der Anlagen wichtigste Kriterien. Mit minimalem <strong>Engineering</strong><br />
muss es außerdem möglich sein, ein neues Produkt in die Fertigung<br />
einzuführen. So definieren wir die smarte Fabrik der Zukunft.<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Die modularen und skalierbaren Automationskonzepte<br />
der Industrie 4.0 erfordern den Einsatz von<br />
Komponenten, die einfach an unterschiedliche<br />
Anwendungen angepasst werden können<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 49
ANWENDUNGEN<br />
TITELSTORY<br />
„Der Steckverbinder der Zukunft<br />
erfüllt einerseits seine technische<br />
Funktion, andererseits ist er<br />
eine eindeutig identifizierte<br />
Komponente im System.“<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Frank Knafla und Franz-Josef Niebur<br />
Die Experten<br />
PLUS<br />
develop 3 : Ist Industrie 4.0 der Nachfolger des in den 80er-Jahren<br />
diskutierten und wohl gescheiterten CIMs? Wo liegen die<br />
Unterschiede und warum wird Industrie 4.0 erfolgreich sein?<br />
Knafla: Bei CIM war es das Ziel, eine menschenleere, hochautomatisierte<br />
Fertigung zu realisieren. Gescheitert ist CIM an den fehlenden<br />
Technologien und dem Anspruch, die hohe Komplexität mit einem<br />
Mal zu bewältigen. Heute schauen wir auf die Prozesse, nutzen<br />
die uns aktuell zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und beziehen<br />
auch die Menschen mit ein. Wir müssen den Arbeitskräften<br />
Assistenzsysteme zur Verfügung stellen, sodass sie rollen- oder aufgabenbasiert<br />
ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen können. Das bedeutet<br />
aber auch, dass die Mitarbeiter jederzeit eine andere Aufgabe<br />
übernehmen müssen. Kollaborierende Roboter bieten darüber hinaus<br />
die Möglichkeit, Maschinen und Menschen enger zusammenzubringen,<br />
ohne die Sicherheitsregeln zu verletzen. Wir sprechen<br />
heute von einer prozessautomatisierten Wertschöpfungskette. Unterschied<br />
ist auch, dass die Einführung Schritt für Schritt erfolgen<br />
wird.<br />
develop 3 : Welche Schritte sind heute erforderlich, um eines Tages<br />
Industrie 4.0 zu erreichen? Welche Rolle spielen dabei Modelle<br />
bzw. die semantische Beschreibung von Produkten und<br />
Prozessen? Während der Vorträge sind die Begriffe AutomationML<br />
und eClass gefallen.<br />
• Dipl.-Ing. Frank Knafla, Master Specialist Industrie 4.0,<br />
Control <strong>Systems</strong><br />
• Dipl.-Phys. Franz-Josef Niebur, Leiter Produktmarketing<br />
Pluscon Field Device Connectors<br />
Knafla: Bei AutomationML und eClass handelt es sich um zwei Umsetzungsempfehlungen<br />
der Plattform Industrie 4.0 zur Erstellung digitaler<br />
Beschreibungen. eClass ist ein Standard, der ursprünglich als<br />
Kataloginformationssystem entstanden ist. Er enthält Merkmale<br />
und Eigenschaften. Mit AutomationML wird definiert, wie Geräte<br />
funktional zusammenarbeiten und wie sie verbunden werden müssen,<br />
um die gewünschte Lösung zu erhalten. Jeder Anwender<br />
muss in der Lage sein, diese Daten maschinell zu erfassen und zu<br />
interpretieren. Aufgrund dieser Anforderungen wurde AutomationML<br />
zur Beschreibung der Verkettung von Eigenschaften gewählt.<br />
Während AutomationML die Syntax bildet, ist eClass die Semantik.<br />
Damit eClass die Anforderungen optimal erfüllt, wird an seiner Erweiterung<br />
gearbeitet. Hinzu kommt der Begriff der Verwaltungsschale.<br />
Möchte ich eine Industrie-4.0-Komponente in ein Industrie-4.0-System<br />
bringen, muss ich wissen, über welche Dienste ich<br />
Zugriff auf die digitale Beschreibung habe und über welche Dienste<br />
der Artikel mit dem System kommuniziert. Deshalb müssen auch<br />
die Kommunikationsdienste standardisiert werden, schon weil<br />
Komponenten unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren<br />
müssen. Im ersten Schritt wird derzeit über eine eindeutige<br />
Identifizierbarkeit geredet, im zweiten Schritt über die Kommunikation,<br />
wie beispielsweise auf die digitale Beschreibung zugegriffen<br />
werden kann. Auch am Thema Security wird in entsprechenden Gremien<br />
gearbeitet.<br />
develop 3 : Entscheidungen in der Industrie 4.0 sollen auf Basis<br />
aktueller und aussagekräftiger Informationen gefällt werden.<br />
Wo entstehen die Daten und wo werden sie gespeichert? Wie<br />
werden sie ausgewertet?<br />
Knafla: Es gibt Unternehmen, die eine hohe Expertise bei der Auswertung<br />
von Daten haben. Es gibt Unternehmen, die eine hohe Expertise<br />
bei Cloud-Diensten haben, und es gibt Unternehmen, die<br />
Daten in die Cloud liefern, wie die Sensor- oder die Steuerungshersteller.<br />
Mit diesen Daten sind prinzipiell verschiedene Geschäftsmodelle<br />
möglich. Letztendlich ist es aber erforderlich, die Analyse der<br />
Daten mit dem Prozess zu kombinieren. Schon deshalb ist eine intensive<br />
Kooperation erforderlich zwischen dem, der den Prozess<br />
kennt, und dem, der die Auswertung durchführt. Daraus lässt sich<br />
dann evtl. ein geeignetes Dienstleistungsangebot formulieren. Die<br />
Daten gehören dabei dem Betreiber, der einen uneingeschränkten<br />
Zugriff hat. ‚Facebook-Szenarien‘ werden sich in der industriellen<br />
Praxis schwer durchsetzen lassen.<br />
develop 3 : Was zeichnet Industrie-4.0-Komponenten wie etwa<br />
Steckverbinder aus?<br />
50 develop 3 systems engineering 02 2016
TITELSTORY<br />
ANWENDUNGEN<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Phoenix Contact GmbH & Co. KG<br />
Blomberg<br />
Tel. +49 5235 3-12000<br />
www.phoenixcontact.de<br />
Rundsteckverbinder in den etablierten Größen M8 und M12<br />
bieten eine durchgängige Lösung, um Kommunikationsteilnehmer<br />
der automatisierten Produktion zuverlässig zu verkabeln.<br />
Ob Signale, Daten oder Leistung – dank ihrer Vielseitigkeit können<br />
sie einfach an unterschiedliche Anwendungen angepasst<br />
werden. Damit eignen sie sich auch optimal für die modularen<br />
und skalierbaren Automationskonzepte der Industrie 4.0<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Niebur: Man muss differenzieren. Werden in der klassischen Industrieanwendung<br />
beispielsweise Kamerasysteme eingesetzt, wird<br />
man noch eine Weile mit 10 GBit und der heute verfügbaren Technik<br />
zurechtkommen. An der Schnittstelle zwischen der industriellen Anlage<br />
und dem Office-Bereich werden die Daten weiter verdichtet,<br />
sodass hier auch das Datenvolumen weiter zunehmen wird. Da werden<br />
zukünftig sicherlich Datenraten von 25, 50 oder 100 GBit gefordert<br />
sein. Auch wir entwickeln unsere Komponenten permanent<br />
weiter und bieten heute industrietaugliche Lösungen bis 10 GBit an.<br />
Ein weiterer Schritt besteht darin, die von den einzelnen Normungsgremien<br />
an uns herangetragenen Anforderungen zu erfüllen, wobei<br />
diese im Wesentlichen die Technologie betreffen. Nebensprechen,<br />
Schirmung, etc.; das sind die Herausforderungen, mit denen wir<br />
uns vorrangig befassen. Nächstes Ziel sind dann die 25 GBit.<br />
Knafla: Erste Assoziation ist immer: das hat etwas mit Automatisierung<br />
zu tun. Mit Netzwerktechnik, dem Internet der Dinge und der<br />
Cloud. Andererseits besagt die Definition, dass jede Industrie-<br />
4.0-Komponente ein digitales Abbild hat und dass sie eindeutig<br />
identifizierbar ist. Gebe ich Reihenklemmen oder Steckverbindern<br />
einen digitalen Zwilling und definiere ich, in welcher Instanz und in<br />
welcher Verbindung das Bauelement eingesetzt wird, wie ich außerdem<br />
über eine eindeutige Differenzierung den Zugang zu diesem digitalen<br />
Zwilling habe, dann ist auch ein Steckverbinder eine Industrie-4.0-Komponente.<br />
Den Steckverbinder der Zukunft zeichnet aus,<br />
dass er seine technische Funktion erfüllt, anderseits aber eine eindeutig<br />
identifizierte Komponente im System ist.<br />
develop 3 : All diese Aspekte machen eines deutlich: Modularität<br />
und Kommunikation in modernen Anlagen werden deutlich zunehmen.<br />
Bedeutet das auch, dass der Bedarf an Steckverbindern<br />
wachsen wird?<br />
Niebur: Einerseits sind es die elektromechanischen Eigenschaften,<br />
wie Staub- und Wasserdichtigkeit in IP65/67 oder ein robuster Aufbau,<br />
die ein Steckverbinder erfüllen muss. Andererseits muss eine<br />
permanente Weiterentwicklung der Steckverbinder erfolgen, beispielsweise<br />
bei den Übertragungseigenschaften. Noch vor kurzem<br />
waren 100 MBit Standard, heute sind bereits Applikationen mit<br />
1 GBit verbreitet und erste Anwendungen werden schon mit<br />
10 GBit aufgebaut. Der Bedarf an geeigneten Steckverbindern wird<br />
deshalb weiter wachsen.<br />
develop 3 : Die Diskussion ‚RJ45 oder M12‘ ist noch gegenwärtig.<br />
X-kodierte M12-Steckverbinder erlauben Datenraten bis<br />
10 GBit/s, S-, T- und Y-kodierte Steckverbinder ermöglichen die<br />
Übertragung von Daten und Leistung. Reicht deren Performance<br />
für Industrie 4.0-Lösungen? Oder befinden sich neue Generationen<br />
schon in der Entwicklung?<br />
develop 3 : Werden sich zukünftige Steckverbinder beispielsweise<br />
in der Bauform von den heutigen unterscheiden?<br />
Niebur: Der Praktiker hat sich an RJ45 und M12 gewöhnt. Davon<br />
werden sich auch zukünftige Lösungen nicht weit entfernen. Im Vordergrund<br />
unserer Bemühungen steht, die verfügbaren Steckverbinder<br />
so weiterzuentwickeln, dass sie für die nächst höhere Datenübertragungsrate<br />
ertüchtigt werden. Dass auch die Miniaturisierung<br />
ein Thema ist, zeigt sich bei M8. Dort ist ein Trend zur 100-MBit-<br />
Übertragung zu erkennen, und es wird der Wunsch geäußert, auch<br />
die 1-GBit-Übertragung auf dem M8 zu realisieren. Eines unserer<br />
letzten Projekte war die Entwicklung eines kompakten industriellen<br />
Steckverbinders auf der Basis von RJ45. Um die hohen Anforderungen<br />
zu erfüllen, haben wir die Komponente in ein robustes Metallgehäuse<br />
integriert. Zusätzliche Federn sorgen für Resistenz gegen<br />
mechanische Einflüsse. Auch alle geltenden Vorschriften beim Test<br />
wurden erfüllt. Der Steckverbinder ist als IP20-Variante und als<br />
Push-Pull-Stecker auch in der Variante 14 verfügbar.<br />
develop 3 : Hinzu kommen weitere Codierungen bei M12.<br />
Niebur: Der Vorteil der M12-Hybridvarianten in Y-Kodierung besteht<br />
darin, dass sie Daten und Power gleichzeitig übertragen. Auch mit<br />
den S- und T-kodierten M12-Power-Steckverbindern wurde den Forderungen<br />
nach weiterer Miniaturisierung entsprochen. Sie übertragen<br />
bis zu 16 A und ersetzen zu einem erheblichen Teil M17- und<br />
M23-Steckverbinder. M12 mit K-, L- und M-Kodierungen eignen sich<br />
für spezielle Anwendungen wie Motoren und Kleinsteuerungen.<br />
Interview: Andreas Gees, develop 3 systems engineering<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 51
ANWENDUNGEN KOMMUNIKATION/SECURITY/INDUSTRIE 4.0<br />
Intrusion-Detection-Systeme<br />
überwachen und analysieren<br />
die Aktivitäten in einem<br />
Netzwerk<br />
Bild: Westermo<br />
Der RedFox-Switch, der als Layer-2- und als Layer-<br />
3-Variante verfügbar ist, bietet auf allen elf GBit-Ports<br />
parallel GBit-Geschwindigkeit<br />
Bild: Westermo<br />
Unternehmens-Netzwerke ausfall- und zugriffssicher konfigurieren<br />
In fünf Schritten zur Cyber-Security<br />
Daten sind das neue Gold. Für Cyber-Kriminelle bedeuten sie mehr als eine Cash Cow. Nicht umsonst<br />
wurden laut dem Chipkartenhersteller Gemalto in der ersten Jahreshälfte 2015 mehr als 200 Millionen<br />
Datensätze gestohlen oder gingen verloren – und das mit steigender Tendenz. Aber längst sind nicht<br />
mehr nur Privatpersonen oder Regierungen das Ziel von Cyber-Angriffen. Industrielle Produktionsanlagen,<br />
Energieunternehmen, Wasserversorgungen, selbst Ingenieurbüros – als Weg in große Unternehmen<br />
– geraten zunehmend ins Visier von Cyberkriminellen.<br />
Seit Stuxnet sollte allen Verantwortlichen in den verschiedenen<br />
industriellen Automationsbereichen klar geworden sein, dass<br />
auch ihre Anlagen Ziel von Hackerangriffen sein können. Doch die<br />
Wirklichkeit zeichnet ein anderes Bild. Denn leider entsprechen viele<br />
Anlagen-Infrastrukturen nicht mehr den gestiegenen Standards<br />
einer vernetzten Industrie. Aktuelle Firmware-Stände und ein Patch-<br />
Management sind eine Seltenheit, ebenso fehlen ein Notfallplan mit<br />
klaren Vorgaben sowie geschultes Personal. Auch das Beibehalten<br />
von Standardpasswörtern, die Uneinigkeit zwischen IT und Automatisierern<br />
oder der unzureichend gesicherte Zugriff von der Ferne<br />
sind nur wenige Beispiele aus der Praxis. Dazu ist es oft die Hardware,<br />
die den Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Da werden<br />
Layer-2- und Layer-3-Funktionen nicht optimal genutzt oder die Datenkommunikation<br />
schon bei der Planung eines Infrastruktur-Netzwerks<br />
nur ungenügend ausfall- und zugriffssicher konfiguriert. Die<br />
Folge ist eine regelrechte Einladung für unbefugte Zugriffe.<br />
Das BSI sieht in seinem Ranking die Infektion mit Schadsoftware<br />
über Internet und Intranet an erster Stelle, gefolgt von einem Ein-<br />
schleusen von Schadsoftware über Wechseldatenträger und externe<br />
Hardware und dem so genannten Social <strong>Engineering</strong>, dem Erlangen<br />
eines unberechtigten Zugangs zu Informationen oder IT-Systemen<br />
durch Aushorchen von Mitarbeitern. Die Gefahr, damit das Ziel<br />
eines Angriffs zu werden und als Unternehmen großen wirtschaftlichen<br />
Schaden zu nehmen, ist somit beträchtlich. Und die Bedrohung<br />
unserer digitalen Infrastrukturen wächst stetig.<br />
Wie also schützt man komplexe, vernetzte industrielle Steuerungssysteme<br />
vor Cyber-Angriffen? Zuallererst sollte man sich der Bedrohung<br />
bewusst sein, ausreichende Kompetenzen mit entsprechendem<br />
Budget bereitstellen und die interne Verantwortung festlegen.<br />
Nur wer Sicherheitssysteme mit Zugangskontrollen und -schutz implementiert,<br />
diese auf dem aktuellen Stand hält und die Komplexität<br />
des Netzwerks reduziert, ist auf Angriffe vorbereitet. Ein kompetentes<br />
Team ist von entscheidender Bedeutung. Nur wer sein Netzwerk<br />
kennt, kann es schützen.<br />
Perimeterschutz<br />
Ein Perimeter bildet die Firewall nach außen und muss besonders<br />
abgesichert werden. Dabei sollte ein gewisser Komfort wie der externe<br />
Zugriff auf das Netzwerk möglich sein. Fernzugriffe, die aller-<br />
52 develop 3 systems engineering 02 2016
KOMMUNIKATION/SECURITY/INDUSTRIE 4.0<br />
ANWENDUNGEN<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Westermo Data Communications GmbH<br />
Waghäusel<br />
Tel. +49 7254 95400-0<br />
www.westermo.de<br />
Weitere Informationen über das WeOS:<br />
http://t1p.de/z8w1<br />
Bild: Westermo<br />
Daten-Übertragung über nicht<br />
vertrauenswürde Netzwerke<br />
dings nicht ausreichend gesichert sind, ergeben ein erhöhtes Risiko.<br />
Findet der Angreifer hier einen verwundbaren Punkt in der Perimeter-Firewall,<br />
die die Schnittstelle zum Internet bildet, wird dieser an<br />
dieser Stelle ansetzen. Das Sperren von Ports und Protokollen zählt<br />
zu den einfachsten Mitteln, den Perimeter zu härten. Ein Perimeterschutz<br />
alleine ist allerdings nicht ausreichend. Firewalls und Virenschutz<br />
müssen Bestandteile einer Sicherheitsstrategie sein.<br />
Netzwerk-Segregation<br />
Eine dieser Taktiken ist die Segmentierung oder Segregation von<br />
Netzwerken – eine gute Methode, um das Risiko für die einzelnen<br />
Schichten des gesamten Netzwerks zu verringern. Durch die Aufteilung<br />
in kleine Sicherheits-Zonen (Subnetze) kann der Netzwerk-Verkehr<br />
überwacht und entsprechend eingeschränkt werden. Man gibt<br />
nur diesen Verkehr frei, der vom Steuerungssystem auch wirklich<br />
benötigt wird. Sollte es ein Angreifer nun in eines der Teilnetze geschafft<br />
haben, hindert ihn die nächste Firewall an der Grenze zu einer<br />
anderen Zone, sich ungehindert ausbreiten zu können.<br />
Übertragung über nicht vertrauenswürde Netze<br />
Bei kritischer Infrastruktur werden Daten oft zwischen physischen<br />
Sicherheitszonen übertragen und manchmal auch über Medien, die<br />
von Dritten verwaltet werden. Sofern die Daten nicht geschützt<br />
sind, bevor sie eine physische Sicherheitszone, wie ein Kontrollraum,<br />
verlassen, können sie abgefangen und manipuliert werden.<br />
Diese Daten während der Übertragung zu schützen, ist entscheidend<br />
für den gesicherten Betrieb und alle WeOS-Routing-Geräte haben<br />
die Fähigkeit, sichere Kanäle zwischen sich selbst und einem<br />
anderen vergleichbaren Gerät herzustellen. Die sicheren Kanäle bieten<br />
einen logischen Schutz,vergleichbar mit einer physischen Sicherheit<br />
und unterstützen andere Sicherheitsanwendungen wie Perimeterschutz<br />
und Netztrennung über den sicheren Kanal.<br />
Spoofing-Schutz<br />
Beim ARP-Spoofing wird dem Absender eine falsche Adresszuordnung<br />
übermittelt. Ein Anwendungsbeispiel aus der Praxis ist das<br />
Mithören der Daten, die über einen Switch gesendet werden (Manin-the-Middle-Angriff).<br />
Somit hat der Angreifer die Möglichkeit, diese<br />
Daten mitzulesen und entsprechend zu verändern, sofern diese<br />
unverschlüsselt sind. Durch Vortäuschung eines funktionierenden<br />
<strong>Systems</strong> auf dem Prozessleitsystem wird es für den Anlagenbetreiber<br />
schwierig, Probleme zu erkennen. Eine effektive Maßnahme,<br />
um dem ARP-Spoofing vorzubeugen, ist die Verwendung von Layer-<br />
3-Switches. Das Konzept dieser Switches sieht vor, die Verbindung<br />
nicht nur anhand der MAC-Adresse zu identifizieren, sondern auch<br />
anhand der IP-Adresse. Häufige Änderungen der MAC/IP-Zuordnung<br />
werden vom Switch bemerkt und gegebenenfalls verhindert.<br />
Intrusion Detection<br />
Intrusion-Detection-Systeme (IDS) überwachen und analysieren die<br />
Aktivitäten in einem Netzwerk. Dabei werden die Konfigurationen<br />
und Schwachstellen analysiert, sowie die Datei-Integrität bewertet.<br />
Die Systeme können typische Angriffs-Muster erkennen, abnormale<br />
Aktivitäts-Muster analysieren und Verletzungen der Anwender-Policies<br />
aufspüren. Das System wird auch aktiv, sollte das Netzwerk<br />
des Administrators in irgendeiner anderen Form kompromittiert<br />
sein. Einige IDS-Produkte der Enterprise-Klasse sind auch in der Lage,<br />
direkt auf entdeckte Bedrohungen reagieren. Das IDS kann eine<br />
Firewall ergänzen oder auch auf dem zu überwachenden Computersystem<br />
laufen und so die Sicherheit von Netzwerken erhöhen.<br />
Für die Zukunft gerüstet<br />
Nur wer sein System vor unberechtigten Zugriffen und Attacken von<br />
außen schützt und auf hochwertige Komponenten setzt, kann sicher<br />
sein. Der Security-Spezialist Westermo hat seine Routing-Switches<br />
über das intelligente Betriebssystem WeOS mit Cyber-Abwehrfunktionen<br />
ausgestattet. Mit Port-basierender Firewall, Netzwerk-Segmentierung,<br />
VPN-Lösungen, Intrusion Detection und Spoofing-<br />
Schutz wird die Cyber-Security-Architektur eines Netzwerks gut verstärkt.<br />
Dabei gilt zu beachten, dass auch der modernste Cyber-<br />
Schutz auf Dauer nichts nützt, wenn das Personal nicht ausreichend<br />
geschult ist. Nur so lässt sich das Beste aus einem System herausholen<br />
und ein Netzwerk ausreichend vor unberechtigten Zugriffen<br />
und Cyber-Attacken schützen.<br />
ge<br />
Der Autor: Erwin Lasinger, Cyber-Security-Spezialist bei der<br />
Westermo Data Communications GmbH<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 53
ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />
Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine in der Industrie 4.0<br />
Selbstorganisation<br />
und Kollaboration im Team<br />
Verstanden und diskutiert wird Industrie 4.0 heute überwiegend als techno -<br />
logischer Ansatz. Dabei ist und bleibt der Mensch der wichtigste Faktor in der<br />
Fabrikhalle der Zukunft – und soll es nach übereinstimmenden Aussagen auch<br />
bleiben. Eine Analyse der Auswirkungen und Erwartungen auf die humanoide<br />
Arbeitswelt von morgen.<br />
Selbstorganisierende Produktionsprozesse in menschenleeren<br />
Fabrikhallen – so wird häufig die Arbeitswelt von morgen<br />
beschrieben. Dabei ist das mehr Fiction als Science. Der Mensch<br />
bleibt Zentrum aller Aktivitäten. Allerdings werden sich die Anforderungen<br />
an Ausbildung, Arbeitsleistung und an die Kollaboration mit<br />
Maschinen ändern. Den aktuellen Stand der Forschung bringt die<br />
Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation<br />
(IAO) „Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0“ auf den<br />
Punkt. Demnach gehört die Zukunft nicht Mensch oder Maschine,<br />
sondern Mensch UND Maschine. Denn der Mensch besitzt assoziative,<br />
sensorische und taktile Fähigkeiten, die auch in Zukunft nicht<br />
von Maschinen oder Computern ersetzt werden können.<br />
Menschen sind erstaunlich flexibel und beherrschen innerhalb<br />
kürzester Zeit eine Fülle von Aufgaben. Maschinen dagegen sind in<br />
gewissem Rahmen statisch. Sie sind für eine Aufgabe ausgelegt<br />
und die können sie gut. Aber eben nur diese eine. Die Studie<br />
kommt zu dem Schluss, dass der automatisierbare Anteil der Arbeit<br />
weiter konsequent automatisiert werden wird. In diesem Rahmen<br />
stellt Professor Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer IPA fest: „Der<br />
Trend geht immer mehr zu kreativen Tätigkeiten: Benötigt werden<br />
Innovationsprozesse, kreative Geschäftsmodell-Entwicklungsprozesse<br />
und wir brauchen die Entwicklung von neuen Technologien –<br />
hier ist der Mensch gefragt. Beim Betrieb dieser Technologien muss<br />
der Mensch gleichzeitig planerisch und ausführend tätig sein. Er<br />
muss dort zur Verfügung stehen, wo die Maschine nicht weiterkommt.“<br />
Andere Experten pflichten an gleicher Stelle bei: „Die<br />
Fabrik der Zukunft ist ebenso wenig menschenleer, wie heutige<br />
Büros papierlos sind“, meint etwa Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung beim Zentralverband Elektrotechnik- und<br />
Elektronikindustrie e.V. (ZVEI).<br />
Gute Nachrichten also für die mehr als 7,7 Millionen Beschäftigten<br />
im deutschen Produktionssektor? Ja und Nein. Experten prognostizieren<br />
eine Veränderung der Beschäftigung von rund 1,5 Millionen<br />
Arbeitsplätzen – nach oben oder unten, soweit die aktuelle Bandbreite<br />
der Prognosen. Die Boston Consulting Group (BCG) zählt zu<br />
den Optimisten und erwartet in den nächsten zehn Jahren allein im<br />
Bild: kasto / Fotolia.com<br />
deutschen Maschinenbau 100.000 neue Arbeitsplätze. Die Ursache<br />
sieht die BCG in einer gesteigerten Produktivität, die 4 bis 15 % der<br />
Gesamtkosten ausmachen kann. Das entspräche in Summe einem<br />
zusätzlichen Wachstum von 1,1 % des Bruttoinlandsproduktes. Die<br />
tatsächliche Entwicklung wird vom Automatisierungsgrad, den<br />
Lohnkosten und weiteren Schlüsselfaktoren abhängen. Aktuell kostet<br />
eine Arbeitnehmerstunde in Deutschland knapp 40 Euro. Im Vergleich:<br />
Die USA liegen bei 28 Euro, Japan bei 22 Euro, China bei<br />
5 Euro. Trotz der relativ hohen Arbeitskosten in Deutschland sehen<br />
nahezu alle (97 %) im Rahmen der Fraunhofer-Studie befragten<br />
Unternehmen menschliche Arbeit in der Produktion weiterhin als<br />
entscheidend an.<br />
54 develop 3 systems engineering 02 2016
INDUSTRIE 4.0<br />
ANWENDUNGEN<br />
Irren ist menschlich – Angst auch<br />
In der Produktion der Zukunft werden Menschen zunehmend eine<br />
steuernde Funktion einnehmen. Harte Muskelarbeit und den einfacheren<br />
Teil der Denkarbeit übernehmen Maschinen. Die Bedeutung<br />
handwerklicher Fähigkeiten nimmt in gleichem Maße ab. Das Anforderungsprofil<br />
an die Menschen wird sich auf allen Ebenen ändern.<br />
Das erfordert die Investition nicht nur in Industrie-4.0-Prozesse, sondern<br />
auch in die Ausbildung- und Fortbildung. Akzeptanz erwächst<br />
aus Wissen. Wenn ein Mensch versteht, was Industrie 4.0 für<br />
seinen Arbeitsplatz bedeutet, dann akzeptiert er auch Veränderungen.<br />
Dabei sind die Ausgangssituationen durchaus unterschiedlich.<br />
Digital Natives fragen sich zum Beispiel, warum sie nicht alle<br />
Maschinen über Tablets steuern können. Oder warum die Arbeitseinteilung<br />
nicht über SmartPhones via Social Media kommuniziert<br />
Die assoziativen, sensorischen<br />
und taktilen Fähigkeiten des<br />
Menschen sind einzigartig<br />
wird. Ältere Mitarbeiter dürfen andererseits nicht mit dem Klischee<br />
belastet werden, dass sie unzugänglich für moderne Informationsund<br />
Kommunikationsmittel sind. Sie müssen mitgenommen werden<br />
und zeigen dann auch Begeisterung.<br />
Widerstände wachsen aber nicht nur in der Produktionshalle, sondern<br />
auch in den Management-Etagen. Auch dort wird sich das<br />
Anforderungsprofil wandeln: Die Unterschiede zwischen Entscheider<br />
und Produktionsarbeiter werden sich verringern. Von Führungskräften<br />
wird vermehrt <strong>Engineering</strong>- und Fach-Wissen gefordert –<br />
betriebswirtschaftliche Kenntnisse reichen im Rahmen von Indus-<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 55
ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />
Bild: Clemens Hess / Fraunhofer IPA<br />
„Der Mensch<br />
muss dort zur<br />
Verfügung stehen,<br />
wo die<br />
Maschine nicht<br />
weiterkommt.“<br />
Prof. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts<br />
für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)<br />
Bild: Haslauer / ZVEI<br />
„Die Fabrik<br />
der Zukunft ist<br />
ebenso wenig<br />
menschenleer,<br />
wie heutige<br />
Büros papierlos<br />
sind.“<br />
Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der Geschäftsführung beim<br />
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI)<br />
trie-4.0-Strategien nicht mehr aus. Vorgesetzte müssen zukünftig<br />
die bestehenden Fertigungsmethoden und Logistikketten genau<br />
kennen, verstehen und gegebenenfalls optimieren können. Zwar<br />
wird die Leitungsebene durch die dezentrale Selbstorganisation der<br />
Systeme in punkto Planungs- und Steuerungsfunktionen entlastet –<br />
mit Industrie-4.0-Systemen kommt ein Hierarchieabbau innerhalb<br />
der Fabrikorganisation. Insgesamt werden Führungskräfte nach Einschätzung<br />
vieler Experten durch Industrie-4.0-Technologien von<br />
Standardaufgaben in der Chefetage entlastet. Sie werden wieder<br />
vermehrt am Ort des Geschehens wirken: nahe bei der Produktion<br />
und mitten im Team. Das klassische Shopfloor Management<br />
gewinnt damit an Bedeutung. Und angesichts der Systemkomplexität<br />
wird dem „Trouble Shooting“ wiederum eine wachsende Bedeutung<br />
zukommen.<br />
Die Angst des Menschen, durch Maschinen ersetzt zu werden, ist<br />
so alt wie die Ablösung des Webstuhls durch die Webmaschine. Die<br />
Ängste des Managements sind diffiziler: Innerhalb vernetzter Strukturen<br />
sind nicht nur die Anforderungen komplexer, im System können<br />
auch Entscheidungen transparent nachvollzogen und exakt evaluiert<br />
werden. Vom Manager zum Teamplayer: Dieser Wechsel wird<br />
in Deutschland Zeit und Geduld brauchen, weil die Organisation<br />
nach Abteilungen in unserer Firmenstruktur verwurzelt ist. Eine<br />
strategische Neuausrichtung kann aber nur gelingen, wenn das<br />
Management Mitarbeiter in die Veränderungen einbindet und sie<br />
nicht nur verwaltet. Dazu zählen Vorab-Informationen, Umfragen,<br />
der Aufbau von Teamgeist, die Akzeptanz anderer Meinungen und<br />
gegebenenfalls auch die Modifikation der eigenen Pläne. Auf lange<br />
Sicht bietet die Teamorientierung aber nur Vorteile – für das Unternehmen,<br />
für Entscheider, für Mitarbeiter. Alle Beteiligten werden<br />
durch eine gemeinsame Zielerfüllung eine höhere Befriedigung finden.<br />
Die Verfügbarkeit von Informationen erleichtert den Einstieg in<br />
eigenverantwortliches Handeln, im Gegensatz zum bloßen Ausführen<br />
von erteilten Aufgaben.<br />
Wissen ist Macht – die Ausbildung<br />
Früher reichte eine Ausbildung oder ein Studium für ein ganzes<br />
Arbeitsleben. Heute kommen Innovationszyklen deutlich schneller<br />
als die Ausbildungszyklen. In Folge wird interdisziplinäre Aus- und<br />
Weiterbildung zur Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmen.<br />
Allerdings sind nach Einschätzung der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
die Berufsschulen und Universitäten nicht ausreichend vorbereitet.<br />
„Ausbildung ist häufig noch auf die Anforderungen des 19. und<br />
20. Jahrhunderts ausgerichtet“, stellen die Münchner im Rahmen<br />
einer Untersuchung fest, die sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung<br />
auf die Arbeitswelt beschäftigt. Mittlerweile kommt aber<br />
Bewegung in die Unterrichtspläne. Das belegt Jörg Friedrich, Leiter<br />
der Abteilung Bildung beim Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau (VDMA): „Wir erarbeiten gerade neue Inhalte für die<br />
Ausbildung in den Metall- und Elektroberufen“.<br />
Das Problem dabei: Es lässt sich nicht für alle Berufe vorhersagen,<br />
wie sehr vernetzte Produktionsstrukturen sie verändern werden.<br />
Zu dieser Serie<br />
INFO<br />
Wir begleiten Sie auf dem Weg zu Industrie 4.0: In Form<br />
einer titelübergreifenden Artikelreihe der Konradin Mediengruppe,<br />
die Ihnen Impulse, Informationen und Erfahrungen an<br />
die Hand gibt. Bisher sind erschienen:<br />
• Evolutionäre Weiterentwicklung – aber der Beginn<br />
einer neuen Ära – Übersichtsbeitrag in develop 3 systems<br />
engineering 01/2016, S. 14ff<br />
• Die neun Module der Zukunft – die Forschungsanlage<br />
Smart Factory KL treibt die Industrie-4.0-Standardisierung<br />
voran, Industrieanzeiger 11/2016, S. 22ff<br />
• Schrittmacher der Zukunft – Intelligente Feldkomponenten,<br />
elektro AUTOMATION 05/2016, S. 24ff<br />
Übrigens: Bleiben Sie mit uns am Ball. Falls Sie eine<br />
der Publikationen noch nicht kennen und keinen Serienteil<br />
verpassen wollen, können Sie unverbindlich ein Probeheft<br />
anfordern:<br />
www.direktabo.de/de/industrie.html<br />
Oder Sie senden uns einfach eine Mail mit dem Stichwort<br />
„Serie Industrie 4.0“ und dem Namen der gewünschten<br />
Publikation an:<br />
d3.redaktion@konradin.de<br />
56 develop 3 systems engineering 02 2016
INDUSTRIE 4.0<br />
ANWENDUNGEN<br />
Bild: Wittenstein<br />
Dr. Manfred Wittenstein, Vorstand für Technologie<br />
und Innovation bei der Wittenstein AG<br />
„Wir brauchen<br />
einen Produktionsinformatiker,<br />
der die Informations-<br />
und die<br />
Produktionstechnik<br />
näher<br />
zusammen -<br />
bringt.“<br />
Bild: Jim Rakete / DFKI<br />
„Fachkräfte<br />
werden aufgrund<br />
des demografischen<br />
Wandels in<br />
Zukunft wahrscheinlich<br />
länger<br />
arbeiten.“<br />
Prof. Wolfgang Wahlster, Professor für Informatik und CEO des<br />
Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI)<br />
Klar ist nur: Die Grenzen zwischen den Berufsbildern schwinden.<br />
Nach einer Ausbildung zum Instandhalter warten Nachwuchskräfte<br />
heute zum Beispiel nicht nur Maschinen, sondern arbeiten darüber<br />
hinaus mit Robotern und werten für Predictive Maintenance Daten<br />
in Echtzeit aus. Diese Flexibilität bringt nicht jeder mit. Der Kampf<br />
um die besten Köpfe wird sich daher intensivieren.<br />
Neue Berufe oder ein neues Ausbildungssystem sieht der VDMA<br />
indes nicht. Laut der Studie „Industrie 4.0 – Qualifizierung 2025“<br />
werden das Duale Studium und die bestehenden beruflichen Fortbildungssysteme<br />
sogar noch wichtiger werden. Der klassische Meister<br />
wird laut VDMA allerdings an Bedeutung verlieren. An seine<br />
Stelle tritt der fachübergreifend ausgebildete Spezialist mit IT-Erfahrung,<br />
der lebenslang lernt. On-the-Job, im unternehmenseigenen<br />
Trainingszentrum und/oder durch externe Schulungsangebote.<br />
Dr. Manfred Wittenstein, Vorstand für Technologie und Innovation<br />
bei der Wittenstein AG, bringt in der erwähnten IAO-Studie die Meinung<br />
vieler Experten auf den Punkt: „Wir müssen die Informationsund<br />
die Produktionstechnik näher zusammenbringen und diese<br />
Gebiete vereinen, beispielsweise in einer Ausbildung zum Produktionsinformatiker.<br />
Wir brauchen dort keine Informatiker – die werden<br />
nicht die Probleme der Produktion lösen. Wir müssen die Verständigung<br />
zwischen den Einzeldisziplinen weiter verstärken, damit die<br />
Probleme in eine Informatiksprache übersetzt werden können“.<br />
Flexibilität von Maschine und Mensch<br />
Was wird sich direkt an den Arbeitsplätzen ändern? Volatile Märkte,<br />
vernetzte Strukturen und kleinere Losgrößen erfordern nicht nur<br />
Flexibilität in den Prozessen, sondern auch von allen handelnden<br />
Personen. Bereits heute weicht in sechs von zehn Unternehmen<br />
mindestens einmal pro Woche die tatsächliche Arbeitszeit um mehr<br />
als 30 Minuten von der Normarbeitszeit ab. Die Organisation<br />
zukünftiger Arbeitspläne ist mit klassischen Methoden nicht zu<br />
schaffen. Deshalb werden Mitarbeiter im Rahmen von Industrie 4.0<br />
ebenfalls mit modernen Kommunikationstechnologien ausgestattet.<br />
Borg-Warner in Ludwigsburg, Zulieferer der Automobilindustrie für<br />
Komponenten und Systeme für den Antriebsstrang, hat zum Beispiel<br />
firmenweit eine App eingeführt, mit der sich Mitarbeiter über<br />
ihre Smartphones aktiv für außerordentliche Projekteinsätze bewerben<br />
können. Den Zuschlag erhält dann nicht der Schnellste oder wer<br />
gut mit dem Schichtführer kann. Zusätzliche soziale Kriterien wie<br />
bereits absolvierte Überstunden oder auch Kompetenz für den<br />
jeweiligen Auftrag fließen mit ein.<br />
Weitere Hardware wird die Mensch-Maschine-Kommunikation vereinfachen:<br />
Augmented-Assistenzsysteme. Das könnte so aussehen<br />
wie bei VW in Wolfsburg. Dort wird in der Produktionslogistik<br />
bereits eine 3D-Datenbrille genutzt. Der Träger erhält in seinem<br />
Sichtfeld Informationen zu Komponenten, zum Beispiel die Teilenummer.<br />
Die Kamera der Brille dient als Barcode-Scanner. Entnimmt<br />
der Mitarbeiter ein falsches Teil, wird er durch eine rote Einblendung<br />
gewarnt. Mit der Datenbrille hat der Mitarbeiter beide<br />
Hände frei und er wird durch die Kamera visuell unterstützt. So kann<br />
er qualifizierter als bisher eingesetzt werden. Er geht durch die Halle<br />
und sieht sofort, wo sein Auftrag plus die dafür notwendigen Materialien<br />
und Informationen sind.<br />
Die Zukunft der Zukunft<br />
Was bringt Industrie 4.0 dem Menschen im Unternehmen? Die<br />
Prognosen fallen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Manche<br />
Experten sehen in Industrie 4.0 die Lösung des demographischen<br />
Wandels. Professor Wahlster, Experte für künstliche Intelligenz am<br />
DFKI, sagt in der Studie „Produktionsarbeit der Zukunft“ voraus:<br />
„Wir wissen, dass Fachkräfte aufgrund des demografischen Wandels<br />
in Zukunft wahrscheinlich länger arbeiten müssen. Dafür brauchen<br />
wir eine Fähigkeitsunterstützung mithilfe einer neuen Generation<br />
industrieller Assistenzsysteme im physischen, aber auch im<br />
kognitiven Bereich, damit auch ältere Arbeiter ihre immer komplexeren<br />
Aufgaben ohne Gesundheitsbelastungen und mit Freude an der<br />
Arbeit bewältigen können.“ Andere warnen dagegen vor dem<br />
Schreckgespenst des gläsernen Arbeiters unter der Fuchtel der totalen<br />
Datenkontrolle. Die Wahrheit ist wohl nicht so einfach. Industrie<br />
4.0 wird inzwischen durchaus kontrovers diskutiert, die ersten<br />
Roboter wurden schon wieder abgebaut. Zum Beispiel bei Toyota.<br />
Nach mehreren kostspieligen Rückrufaktionen werden dort wieder<br />
verstärkt manuelle Arbeitsplätze eingeführt. Roboter haben es eben<br />
auch nicht immer leicht.<br />
Der Autor: Michael Grupp, Redakteur in Stuttgart,<br />
im Auftrag der Konradin Mediengruppe<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 57
ANWENDUNGEN INDUSTRIE 4.0<br />
Alle Unternehmen der<br />
Faulhaber-Gruppe arbeiten<br />
vernetzt: von<br />
der Ideengewinnung<br />
bis zu Lieferung und<br />
Vermarktung<br />
Bild: Faulhaber<br />
Connectivity von der Idee bis zum Produkt<br />
Industrie 4.0 als gelebte Praxis<br />
Industrie 4.0 mit dem Ziel einer intelligenten Fabrik ist ein zentrales Thema. Schritt für Schritt werden<br />
die damit angestrebten Veränderungen auch Realität. Die zunehmende Integration von Systemen und<br />
Funktionen sowie die immer enger werdende Vernetzung und Kommunikation der Komponenten untereinander<br />
können maßgeblich die Effizienz, Flexibilität, Sicherheit und Nachhaltigkeit der Industrieautomation<br />
verbessern. Doch was bedeutet das für die unterschiedlichen Unternehmen? Wie lässt sich<br />
Industrie 4.0 leben?<br />
Inzwischen gibt es Antworten auf diese Frage, denn es gibt Beispiele<br />
dafür, wie der Vernetzungs- oder Connectivity-Gedanke die<br />
Prozesse in Entwicklung und Produktion sowie die Kommunikationswege<br />
zwischen den Menschen im Unternehmen verändern<br />
kann. Die intelligente Vernetzung beschreibt die Fähigkeit zum Finden,<br />
Einrichten und zur Nutzung von Verbindungen zwischen Menschen,<br />
Werkzeugen, Maschinen, Unternehmen, Material, Produkten<br />
und Software. Das Ziel ist es, die Informations- und Materialflüsse<br />
rasch und transparent zu steuern. Daraus ergeben sich für Unternehmen<br />
neue Aufgaben.<br />
Wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang sind stark individualisierte<br />
und gleichzeitig kostengünstige Produkte und das effiziente<br />
Handling kleiner Bestellmengen ab Losgröße 1 bei kurzen<br />
Lieferzeiten. Das verlangt eine möglichst hohe Flexibilität sowohl<br />
bei den Produktionsanlagen als auch bei der Materialbereitstellung<br />
und natürlich auch von den Mitarbeitern. Dazu muss die Vernetzung<br />
mithilfe aller zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten<br />
aktiv betrieben werden.<br />
Intelligente Vernetzung rechnet sich<br />
Der Antriebsspezialist Faulhaber hat sich dieser Herausforderung<br />
bereits frühzeitig gestellt und den Connectivity-Gedanken in seiner<br />
ganzen Vielschichtigkeit in die Praxis umgesetzt. Das betrifft konsequent<br />
alle Bereiche an allen Standorten: die Entwicklung ebenso<br />
wie die Werkzeuge, die Produktion, die Produkte und die Mitarbei-<br />
ter. Überall werden der Informationsfluss und die direkte, schnelle<br />
Kommunikation innerhalb der Standorte und untereinander zum<br />
zentralen Thema. Der Nutzen ist beachtlich, denn kürzere Entwicklungs-<br />
und Lieferzeiten rechnen sich nicht nur für das Unternehmen<br />
selbst, sondern auch die Anwender haben dies schnell schätzen gelernt.<br />
So arbeiten bei der Entwicklung neuer Produkte und applikationsspezifischer<br />
Lösungen die Ingenieure der unterschiedlichen<br />
Standorte in Deutschland, der Schweiz und Ungarn je nach Bedarf<br />
und den jeweiligen Kernkompetenzen eng zusammen. Die Voraussetzungen<br />
für diese gegenseitige Unterstützung schaffen einheitlich<br />
gestaltete und harmonisierte Prozesse, klar definierte Methoden,<br />
identische Formulare, eine gemeinsame Datenbasis und exakt festgelegte,<br />
schnelle Kommunikationswege.<br />
Von der Idee zum Produkt<br />
Anschaulich wird das, wenn man zum Beispiel die Entwicklung eines<br />
applikationsspezifischen Speed Controller näher betrachtet: Auf<br />
die entsprechend der benötigten Leistungsklasse ausgewählte<br />
Hardware-Vorbaugruppe werden Firmware und Parametersatz aufgespielt.<br />
Dazu gehören beispielsweise die Auswahl zwischen DCoder<br />
EC-Motoren sowie der Encoder- und Sensormerkmale. Anschließend<br />
wird der Controller an die Applikation angepasst, also individuell<br />
parametriert. Dabei lassen sich unterschiedliche Betriebsarten<br />
berücksichtigen. Dieses One-Piece-Flow-Konzept sorgt für kurze<br />
Reaktionszeiten, da lagerhaltige Hardware-Komponenten nur noch<br />
kundenspezifisch programmiert werden müssen.<br />
Die Prozesse bei der Erstellung einer solchen kundenspezifischen<br />
Software sind natürlich ebenfalls klar definiert. Die Abläufe von Pro-<br />
58 develop 3 systems engineering 02 2016
INDUSTRIE 4.0<br />
ANWENDUNGEN<br />
Das One-Piece-Flow-Baugruppenkonzept<br />
sorgt für kurze Reak-<br />
tionszeiten, da sich lagerhaltige<br />
Hardware-Komponenten schnell<br />
kundenspezifisch programmieren<br />
lassen<br />
Bild: Faulhaber<br />
Projekte werden vom<br />
Endtermin aus rückwärts<br />
geplant<br />
dukt-Design und der Produktion sind miteinander verzahnt<br />
und nutzen gemeinsame Datenbanken und Systeme<br />
(PLM, ERP und Prüfplandatenbank), in denen alle Dokumente<br />
hinterlegt sind. Das PLM-System unterstützt<br />
dabei den Entstehungsprozess des virtuellen Produkts<br />
durch das systematische Zusammenführen der entstehenden<br />
Produktdaten und deren Bereitstellung entlang<br />
des gesamten Produktlebenszyklus. Das ERP-System<br />
dient dann der Steuerung der erforderlichen Ressourcen<br />
des physischen Produkts.<br />
Der Kommunikationsfluss zwischen den beteiligten Mitarbeitern<br />
ist durch die Nutzung zeitgemäßer Medien<br />
deutlich verbessert. Per Videokonferenzen tauschen sich<br />
die Vertreter aus Vertrieb, Applikation, Produktionsplanung,<br />
Einkauf und Controlling in regelmäßigen Abständen<br />
aus. Letztendlich läuft der gesamte Entwicklungsprozess<br />
schneller ab. Dazu trägt auch bei, dass Projekte grundsätzlich vom<br />
Endtermin her rückwärts geplant werden. Im besten Fall ist ein Produkt<br />
dann schon deutlich vor dem zugesagten Liefertermin beim<br />
Kunden.<br />
Kontakt<br />
Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG<br />
Schönaich<br />
Tel. +49 7031 6380<br />
www.faulhaber.com<br />
INFO<br />
Vernetzung für eine flexible Produktion<br />
Zu einer einheitlichen, durchgängigen Dokumentation im Sinne der<br />
Connectivity gehören natürlich auch die Arbeitsabläufe in der Produktion<br />
und die eingesetzten Produktionsmittel. Das erhöht die Flexibilität<br />
in der Produktion. Produziert wird immer auftragsbezogen,<br />
wobei die Mitarbeiter sich problemlos an unterschiedlichen Produktionslinien<br />
zurechtfinden, bei Bedarf sogar an anderen Standorten.<br />
Dafür sorgen einheitliche Produktionsregeln. Letztendlich lassen<br />
sich durch diese Connectivity und Standardisierung Engpässe vermeiden<br />
und eine gleichmäßige Auslastung erreichen.<br />
Der Trend zu höherer Integration<br />
In der Antriebstechnik geht der Trend heute zu höherer Integration,<br />
z.B. von Sicherheitsfunktionen. Jede Integration führt dabei zu höherer<br />
Komplexität, muss aber gleichzeitig mit möglichst niedrigen<br />
Kosten realisiert werden. Auch hier ist für Faulhaber Vernetzung der<br />
Schlüssel zum Erfolg. Standortübergreifende Koordination von Kernkompetenzen,<br />
enge Verzahnung mit den eigenen Lieferanten sowie<br />
Networking mit Forschungsinstituten und Verbänden schaffen hierfür<br />
die besten Voraussetzungen. Den Connectivity-Gedanken in die<br />
Praxis umzusetzen zahlt sich für alle Beteiligten aus, da sich in jedem<br />
organisatorischen Bereich eines Unternehmens von klaren<br />
Strukturen, gemeinsamen Arbeitsplattformen und klar definierten<br />
Kommunikationswegen profitieren lässt. Das fängt bei Entwicklung<br />
und Produktion an und hört bei Logistik, IT, Personalabteilung und<br />
Marketing noch lange nicht auf. Unternehmen, die Industrie 4.0 leben<br />
wollen, sollten sich darum dem Thema Vernetzung ganz besonders<br />
annehmen.<br />
ge<br />
Bild: Faulhaber<br />
Ellen-Christine Reiff und Alex Homburg, Redaktionsbüro<br />
Stutensee, für die Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 59
ANWENDUNGEN<br />
ENERGIE- UND RESSOURCENEFFIZIENZ<br />
Energiemanagement nach DIN EN ISO 50001<br />
Umweltschutz als Einsparungspotential<br />
Die Umweltziele der Bundesregierung lassen sich nur durch eine gemeinsame Anstrengung erreichen.<br />
Große Unternehmen sind deshalb mittlerweile verpflichtet, einen Beitrag zu leisten und ihren Energieverbrauch<br />
zu verringern. Moderne Messlösungen und funktionale Software schaffen dabei die Grundlage<br />
für einen nachhaltigen Optimierungsprozess.<br />
Seit dem 5. Dezember 2015 müssen Unternehmen nachweisen,<br />
dass sie ihren Energieverbrauch durch ein Energie-Audit nach<br />
DIN EN 16247-1 regelmäßig überprüfen lassen und Potenzial für<br />
Einsparungen und Effizienzverbesserungen ermitteln. Betroffen<br />
sind Unternehmen, die nach der Definition der Europäischen Kommission<br />
als Nicht-KMU gelten, also 250 und mehr Mitarbeiter haben<br />
sowie einen Jahresumsatz von mindestens 50 Mio. Euro und eine<br />
Jahresbilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro. Aber auch kleinere<br />
Firmen sind als Partner- oder verbundene Unternehmen audit -<br />
pflichtig. Das Problem auszusitzen ist keine Option; das mit der Umsetzung<br />
betraute Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
(BAFA) führt seit dem Jahresanfang 2016 Stichproben durch und<br />
kann, sofern Unternehmen ihrer Verpflichtung nicht nachkommen,<br />
Bußgelder verhängen.<br />
Ende 2015 ist das Gesetz über Energiedienstleistungen (EDL-G) in<br />
Kraft getreten. Statt die darin geforderten Energie-Audits durchführen<br />
zu lassen, können Unternehmen auch ein Energiemanagement-System<br />
betreiben. Der Remote-Monitor und Buskoppler Diris<br />
Digiware D-50 von Socomec ermöglicht für ein solches System die<br />
lokale Überwachung aller angeschlossenen Geräte<br />
Handlungsbedarf bleibt aufrecht<br />
Auch nach Verstreichen des Stichtages bleibt der Handlungsbedarf<br />
in Bezug auf das Gesetz über Energiedienstleistungen (EDL-G)<br />
bestehen. Wenn Unternehmen beispielsweise ihren Status als<br />
KMU verlieren, weil sie wachsen und in zwei aufeinander folgenden<br />
Jahren die Schwellenwerte überschreiten, müssen sie innerhalb<br />
von eineinhalb Jahren die Bestimmungen des EDL-G ebenfalls erfüllen.<br />
Vom Energie-Audit sind diejenigen Unternehmen befreit, die ein<br />
Energiemanagement-System nach DIN EN ISO 50001 oder ein Umweltmanagement-System<br />
nach dem Eco-Management and Audit<br />
Scheme (EMAS) bereits betreiben oder einzuführen beabsichtigen.<br />
Manche Unternehmen haben sich aus Zeit- und Kostengründen fürs<br />
erste für das Energie-Audit nach DIN EN 16247-1 entschieden, um<br />
sich so Luft für die Einführung eines Energiemanagements zu verschaffen.<br />
Beim Audit wird im Abstand von maximal vier Jahren<br />
durch einen qualifizierten Energieberater der Energieverbrauch des<br />
Unternehmens analysiert. Dafür werden die verbrauchsrelevanten<br />
Daten und Verhaltensweisen erfasst und ausgewertet. Aus der Ist-<br />
Situation wird das Einsparpotenzial abgeleitet, wirtschaftlich bewertet<br />
und ein Maßnahmenkatalog zur Verbrauchsreduktion erstellt.<br />
Der Aufwand an Mitarbeiterressourcen und Kosten für einen solchen<br />
Vorgang sind deutlich geringer als für<br />
ein Energiemanagement-System: Für ein<br />
Unternehmen nahe an der Schwelle zum<br />
KMU schätzt die Europäische Kommission<br />
die durchschnittlichen Kosten auf etwa<br />
4000 Euro pro Audit. Die tatsächlichen<br />
Kosten können stark variieren und hängen<br />
beispielsweise von der Art des Unternehmens<br />
ab, der Unternehmensgröße und<br />
nicht zuletzt davon, ob und welche Daten<br />
zum Energieverbrauch im Unternehmen<br />
bereits verfügbar sind.<br />
Bild: Socomec<br />
Vom Audit zum System<br />
Die Erfolgsaussichten für Energieeinsparungen<br />
auf der Grundlage des Audits sind<br />
gut. Allerdings fordert das EDL-G lediglich<br />
die Überprüfung des Energieverbrauches.<br />
Die Umsetzung verbrauchssenkender<br />
Maßnahmen ist dem Unternehmen überlassen,<br />
wodurch der Zweck des Gesetzes,<br />
den Energieverbrauch zu verringern, verpuffen<br />
kann. Dies lässt sich durch ein<br />
Energiemanagement-System verhindern,<br />
bei dessen Einführung die Ergebnisse<br />
eines Audits gute Dienste leisten können.<br />
60 develop 3 systems engineering 02 2016
ENERGIE- UND RESSOURCENEFFIZIENZ<br />
ANWENDUNGEN<br />
Diris Digiware ermöglicht eine Zusammenstellung der<br />
Messlösung aus Stromsensoren, Strommessmodulen,<br />
Spannungsmessmodul, Anzeigegerät und Buskoppler<br />
Bild: Socomec<br />
Ein solches System stellt einen kontinuierlichen, organisierten Prozess<br />
dar, der Einfluss auf die betrieblichen Abläufe nimmt und deshalb<br />
ein sehr hohes Potenzial besitzt, Einsparmöglichkeiten fortlaufend<br />
zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Die<br />
DIN EN ISO 50001 gibt die Richtschnur für seine Einführung vor und<br />
beschreibt die Anforderungen sowie die Vorgehensweise beim<br />
Anstoßen, der Umsetzung und der Kontrolle des Prozesses. Startpunkt<br />
ist hier ebenfalls die Bestandsaufnahme. Da jedoch nur optimiert<br />
werden kann, was sich messen lässt, erfordern Energiemanagement-Systeme<br />
zusätzlich die fortlaufende und möglichst exakte<br />
Erfassung der Verbrauchsdaten. Dafür muss in vielen Fällen<br />
zunächst eine Messstellen-Infrastruktur auf- oder ausgebaut werden.<br />
Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Nachrüstung<br />
bestehender Anlagen dar. Entscheidend ist, ob die Lösung möglichst<br />
schnell und damit kostengünstig eingebaut und ob die Anlagen<br />
während des Einbaus weiterbetrieben werden können. Zudem<br />
spielt der Platzbedarf der Komponenten im Schaltschrank eine Rolle.<br />
Hier bietet sich eine Messlösung in kompakter Bauweise an, wie<br />
sie Socomec mit Diris Digiware entwickelt hat. Sie lässt sich aus<br />
Stromsensoren, Strommessmodulen, Spannungsmessmodul und<br />
Anzeigegerät zusammenstellen, wobei einzelne Module platzsparend<br />
gemeinsam genutzt werden können.<br />
Schneller Einbau in Bestandsanlagen<br />
Für neue Anlagen werden Stromsensoren zum Durchstecken angeboten,<br />
in Bestandssystemen reduzieren teilbare und flexible Sensoren<br />
den Aufwand für die Nachrüstung. Sie kann im laufenden<br />
Betrieb vorgenommen werden, da keine Leitungen abgeklemmt<br />
und wieder verbunden werden müssen. Das Plug-&-Play-Konzept<br />
von Diris Digiware vermeidet zudem Anschluss- und Installationsfehler.<br />
Die Messgenauigkeit nach IEC 61557-12 liegt bei Klasse 0,5<br />
für die gesamte Messkette bei 2 bis 120 % des Primärstroms und<br />
bei Klasse 0,2 für das Messgerät allein.<br />
Damit die Daten der einzelnen Messpunkte für die spätere Auswertung<br />
und Analyse genutzt werden können, müssen sie gesammelt<br />
und zusammengeführt werden. Der Buskoppler Diris G von Socomec<br />
ermöglicht dies. Er erfasst die Daten aller Funkfrequenz- und<br />
RS485-Modbus-Geräte – auch für die Messung von Medien wie<br />
Gas und Wasser – und kann einzeln oder in Architekturen mit mehreren<br />
Buskopplern in Kaskaden- oder Parallelschaltung eingesetzt<br />
werden. Auf einem Anzeigegerät wie dem Diris Digiware D-50<br />
können vor Ort alle angeschlossenen Geräte auf dem Bildschirm<br />
abgebildet werden. Der darin integrierte Webserver Webview<br />
dient der Leistungsüberwachung der elektrischen Größen in Echtzeit<br />
und zur Meldung von Überschreitungen der Schwellenwerte.<br />
Er archiviert außerdem die Mess- und Verbrauchsdaten und ermöglicht<br />
die Auswertung der Daten mit zahlreichen Anzeige- und<br />
Darstellungsoptionen. Das System lässt sich zudem mit einem<br />
Touchscreen-Tablet ergänzen, das im Schaltschrank installiert oder<br />
per Ethernet oder WiFi-Kabel angeschlossen werden kann.<br />
Daten auswerten<br />
Schlussendlich werden die erfassten Daten zur Weiterverarbeitung<br />
an die Software übergeben. Dafür bietet die Lösung Vertelis Hyperview<br />
über eine intuitiv bedienbare Benutzerkonsole verschiedene<br />
Analyse- und Auswertungsfunktionen an. Je nach Anzahl der Zählund<br />
Messgeräte kann Hyperview auf einem lokalen Server oder in<br />
einer Cloud gehostet werden. Die Software ermöglicht die Aufbereitung<br />
aller energiespezifischen Daten im Hinblick auf die Festlegung<br />
der Energiepolitik, der Energieziele sowie der Maßnahmenplanung.<br />
Anhand der Verbrauchsdaten lassen sich die größten Verbraucher<br />
identifizieren sowie Verbrauchsspitzen, Trends und Faktoren ermitteln<br />
und verfolgen, die den Verbrauch beeinflussen. Dabei kann die<br />
Auswertung beispielsweise nach den Medien, der Verwendung der<br />
Energie, nach Standorten, Gebäuden oder Kostenstellen erfolgen.<br />
Auch Lieferverträge können erfasst und Abrechnungen simuliert<br />
werden, um Möglichkeiten zur Kostensenkung zu identifizieren.<br />
Darüber hinaus ist es möglich, Verbrauchswerte verschiedener<br />
Standorte miteinander oder in Abhängigkeit von externen Größen<br />
zu vergleichen und Prognosen zu erstellen.<br />
ik<br />
Der Autor: Steffen Breiter,<br />
Marketing Manager Deutschland / Österreich, Socomec GmbH<br />
Kontakt<br />
Socomec GmbH<br />
Mannheim<br />
Steffen Breiter, Region Marketing Manager D/A<br />
Tel: +49 621 71684-0<br />
steffen.breiter@socomec.com<br />
www.socomec.com<br />
Weitere Informationen zur Energiemessung<br />
und -überwachung in elektrischen Anlagen:<br />
http://t1p.de/0g7g<br />
INFO<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 61
ANWENDUNGEN<br />
QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />
Integration in Prozessabläufe sicherstellen<br />
Qualitätsprüfung<br />
in der Additiven Fertigung<br />
Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck eröffnen un -<br />
geahnte Möglichkeiten für die industrielle Serienproduktion. In<br />
Sachen Qualitätssicherung, Prüfung und Zertifizierung stellen<br />
diese revolutionären Technologien alle Beteiligten aber auch<br />
vor neue Herausforderungen: die Hersteller, die sich die Möglichkeiten<br />
des Customizing in industriellem Maßstab erschließen<br />
wollen, ebenso wie Normierungsorganisationen, Zertifizierungsunternehmen<br />
und Schulungsanbieter.<br />
Zu den großen Vorteilen der Additiven Fertigung gehört es, dass<br />
Unternehmen durch sie Teile mit variablem Design herstellen<br />
und eine kundenindividuelle Massenproduktion aufnehmen können.<br />
Die Technologie ist inzwischen so ausgereift und hat ein solch<br />
hohes Niveau erreicht, dass Unternehmen aus Luftfahrt und Medizintechnik<br />
sie bereits regelmäßig verwenden, um mit ihr Funktionsteile<br />
für Nischenanwendungen herzustellen. Aber auch für die industrielle<br />
Serienfertigung sind die neuen Technologien hochrelevant.<br />
Additive Manufacturing bietet die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit<br />
zu erhöhen und die Qualität zu steigern, indem Produkte langlebiger,<br />
widerstandsfähiger und leichter werden. Bereits heute können<br />
Hersteller durch 3D-Druck Komponenten mit komplexeren<br />
Funktionen fertigen, ihre Kosten reduzieren, die Produktion beschleunigen<br />
und die Supply Chain für ihre Fertigung verkürzen.<br />
Je weiter und schneller sich der 3D-Druck in der Fertigungsindustrie<br />
aber verbreitet, desto wichtiger wird es, die mit ihm hergestellten<br />
Teile zu prüfen und zu zertifizieren – das beginnt bereits bei der Materialauswahl<br />
und muss auch den späteren Produkteinsatz berücksichtigen.<br />
Kontakt<br />
UL in Deutschland<br />
Neu-Isenburg (Zeppelinheim)<br />
Tel. +49 69 4898-100<br />
info.de@ul.com<br />
http://germany.ul.com/<br />
INFO<br />
Bild: Oleksiy Mark/Fotolia.com<br />
Die Additive Fertigung entwächst derzeit<br />
ihren begrenzten Anfängen im Rapid<br />
Prototyping. Immer mehr Unternehmen<br />
erkennen, dass das Verfahren ihnen<br />
auch in der Serienproduktion ungeahnte<br />
Möglichkeiten eröffnet<br />
ISO/TC 261 und ASTM F42<br />
treiben die Standardisierung voran<br />
Wegen der inhärenten Charakteristik des Prozesses unterscheiden<br />
sich Produkte aus Additiver Fertigung erheblich von solchen aus<br />
konventioneller Produktion. Wenn die Qualität auf jeder Stufe des<br />
Additiven Fertigungsprozesses sichergestellt werden soll, um Teile<br />
mit einem konstant hohen Qualitätsniveau zu produzieren, ist es<br />
notwendig, nicht nur das fertige Produkt zu prüfen, sondern auch<br />
Prüfungen während des Prozesses durchzuführen. Eine der größten<br />
Herausforderungen für die Qualitätssicherung und Zertifizierung in<br />
der Additiven Fertigung besteht darin, geeignete Standards zu<br />
schaffen: für die Materialien, die Prozesse und die Produkte. Die<br />
Entwicklung entsprechender Standards wird derzeit von zwei Normierungsorganisationen<br />
in gemeinsamer Arbeit vorangetrieben:<br />
von „ISO/TC 261 Additive Manufacturing“ und vom „ASTM International<br />
Technical Committee F42 on Additive Manufacturing Technologies“.<br />
Nach eingehenden Beratungen haben ISO/TC 261 und ASTM<br />
F42 Ende 2013 ein koordiniertes Vorgehen beschlossen: einen<br />
„Joint Plan for Additive Manufacturing Standards Development“.<br />
UL-Themenseite zum<br />
Additive Manufacturing:<br />
http://industries.ul.com/additive-manufacturing<br />
Struktur der neuen Normen<br />
Die Normierungsverfahren sind dabei in drei Ebenen gegliedert: die<br />
General Top-Level Standards, die Category Standards und schließlich<br />
die Specialized Standards. Bei der allgemeinen Normierung auf<br />
62 develop 3 systems engineering 02 2016
QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />
ANWENDUNGEN<br />
der obersten Ebene geht es um Terminologie, um Prozesse und Materialien,<br />
um allgemeine Testmethoden sowie um Design und Datenformate.<br />
Von der nächsten, der Kategorie-Ebene an unterscheidet<br />
der Normierungsplan jeweils zwischen drei Bereichen: Raw Materials,<br />
Process/Equipment und Finished Parts. Bei den Rohmaterialien<br />
geht es auf der Kategorie-Ebene um Metallpulver, Polymerpulver,<br />
Photopolymer-Kunstharze, Keramik etc. Im Bereich Prozesse<br />
und Ausrüstung befassen sich die Normen beispielsweise mit<br />
Powder Bed Fusion, also mit thermischen Pulverbett-Fusionsprozessen,<br />
oder mit Material-Extrusion. Bei den Normen für Endprodukte<br />
geht es auf der Kategorie-Ebene unter anderem um mechanische<br />
Testmethoden, sei es für Metalle, Polymere oder andere Werkstoffe.<br />
Auf der untersten Ebene der Specialized AM Standards sei hier<br />
der Bereich Finished Parts hervorgehoben – denn hier sind ausdrücklich<br />
applikationsspezifische Normen vorgesehen: für den Luftfahrtbereich,<br />
die Medizintechnik, die Automobilindustrie etc.<br />
Der Zeithorizont für die Normierung<br />
Die meisten Normen aus der obersten, der allgemeinen Ebene sind<br />
bereits veröffentlicht. „ISO 17296-2:2015 Additive manufacturing,<br />
General principles, Part 2” etwa gibt einen Überblick über Prozesskategorien<br />
und Rohmaterialien. Auch die Teile 3 und 4 liegen bereits<br />
vor, während sich Teil 1, der sich mit der allgemeinen Terminologie<br />
der Additiven Fertigung beschäftigt, derzeit noch in der Zustimmungsphase<br />
befindet. Für die Schaffung neuer Standards lassen<br />
sich durchaus auch bereits bestehende Normen als Vorlage nutzen.<br />
So können beispielsweise viele existierende Material-Prüfungsnormen<br />
unmittelbar auf die Additive Fertigung übertragen werden. Einige<br />
nachgeordnete Normen, die sich mit den Rohmaterialien befassen,<br />
sind bereits veröffentlicht, wie etwa: „F2924-14 Standard Specification<br />
for Additive Manufacturing Titanium-6 Aluminum-4 Vanadium<br />
with Powder Bed Fusion” oder „F3091/F3091M-14 Standard<br />
Specification for Powder Bed Fusion of Plastic Materials“. Eine große<br />
Zahl weiterer neuer Normen befindet sich derzeit in der Vorschlagsphase.<br />
Aufgrund der aktuellen Roadmap darf man davon<br />
ausgehen, dass der Löwenanteil der Normen für den Bereich der<br />
Additiven Fertigung in einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren<br />
vorliegen dürfte.<br />
• Aufgabe 1: Prüfung des Metallpulvers<br />
Der erste Schritt in der Qualitätssicherung für ein per 3D-Druck hergestelltes<br />
Produkt besteht darin, bereits die Rohmaterialien zu prüfen<br />
und zu charakterisieren. Denn die Materialeigenschaften des<br />
Endprodukts hängen stark von etwaigen Schwankungen der Eigenschaften<br />
des Rohmaterials ab. Schon verschiedene Chargen desselben<br />
Pulverrohmaterial-Produzenten beispielsweise können sich signifikant<br />
unterscheiden. Und Additive Fertigung mit Metallen findet<br />
im Wesentlichen mit einem Metallpulver als Rohmaterial statt –<br />
Ausnahmen sind das Verfahren der Ultrasonic Consolidation, bei<br />
dem Metallfolien benutzt werden, und die Electron Beam Free<br />
Form Fabrication (EBFF), die mit Metalldraht arbeitet. Die Eigenschaften<br />
des Metallpulvers spielen für die Qualität immer eine zentrale<br />
Rolle: sei es die chemische Zusammensetzung des Pulvers,<br />
die Größenverteilung der Partikel, die Fließfähigkeit oder die Temperatur.<br />
Auch die Dichte des Pulverrohmaterials hat einen wichtigen<br />
Einfluss auf die Porosität des fertigen Produkts. Es ist darum für<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 63
ANWENDUNGEN<br />
QUALITÄTSSICHERUNG/ADDITIVE FERTIGUNG<br />
den Hersteller unerlässlich, die Eigenschaften eines Metallpulvers<br />
zu überprüfen, bevor er es zur Additiven Fertigung verwendet. Es<br />
gilt also, entsprechende Kriterien für das Benchmarking der Rohmaterialien<br />
zu entwickeln und angemessene Methoden für die Probenahme<br />
zu wählen – mit Proben, die für die Rohmaterial-Charge tatsächlich<br />
repräsentativ sind. Nur durch stringente Prüfmethoden für<br />
die Eigenschaften des Metallpulvers wird ein Hersteller auch konsistente<br />
Eigenschaften seiner gefertigten Teile sicherstellen.<br />
• Aufgabe 2: Prüfung des Fertigungsprozesses<br />
Im Prozess der Additiven Fertigung gibt es ebenfalls viele Variablen,<br />
die auf das Ergebnis einen entscheidenden Einfluss haben. Entsprechend<br />
sind auch prozessbegleitende Prüfungen unerlässlich –<br />
das sogenannte In-Process-Testing –, damit der Fertigungsprozess<br />
innerhalb der erforderlichen Toleranzbereiche stattfindet. Dazu<br />
braucht es Verfahren und Methoden, mit denen die Variablen auf<br />
verschiedenen Stufen des Prozesses effektiv kontrolliert werden<br />
können – etwa um eine Kontamination des Pulverrohmaterials<br />
durch die Handling-Vorgänge auszuschließen. Wenn die entsprechenden<br />
Methoden entwickelt sind, ist es wichtig, dafür zu sorgen,<br />
dass die Anforderungen auf jeder Stufe des Fertigungsprozesses erfüllt<br />
werden und ihre Erfüllung nachgewiesen werden kann.<br />
Additive Manufacturing<br />
PLUS<br />
Weitere Informationen zu den<br />
Grundlagen und Anwendungen des<br />
Additive Manufacturing finden Sie<br />
auch im Buch 3D-Drucken von<br />
Andreas Gebhardt: Additive Manufacturing<br />
ist heute nicht nur ein<br />
unverzichtbares Werkzeug zur<br />
direkten digitalen Herstellung von<br />
Modellen und Prototypen, sondern<br />
auch ein Fertigungsverfahren zur<br />
Produktion von Endprodukten aus<br />
Kunststoff und Metall. Mit der<br />
Vorstellung kleiner und preiswerter<br />
Maschinen und dem Vordringen<br />
dieser Technologie in private Bereiche<br />
hat sich der Begriff 3D-Drucker<br />
durchgesetzt. Das Fachbuch zeigt die unterschiedlichen<br />
Möglichkeiten vom Anschauungsmodell bis hin zum kom -<br />
plexen, aus Metall gesinterten Produkt genauso auf, wie die<br />
relevanten technischen Aspekten des 3D-Druckens. Zudem<br />
geht der Autor auf die Auswirkungen der veränderten Methode<br />
der Herstellung und die damit verbundenen Aspekte<br />
einer neuen Art der Organisation der Produktion ein und<br />
vermittelt sowohl Studenten als auch Praktikern schnell und<br />
anschaulich die wesentlichen Fakten.<br />
http://t1p.de/gq8a<br />
„Je weiter und schneller sich<br />
der 3D-Druck in der Fertigungsindustrie<br />
verbreitet,<br />
desto wichtiger wird es, die<br />
mit ihm hergestellten Teile zu<br />
prüfen und zu zertifizieren.“<br />
• Aufgabe 3: Prüfung der produzierten Teile<br />
Die Qualitätsprüfung für additiv gefertigte Metallprodukte ähnelt<br />
der, die man auch für alle gegossenen oder geschmiedeten Teile anwenden<br />
würde. Allerdings unterscheidet sich das Vorgehen. So<br />
kann man konventionell gefertigte Teile beispielsweise mit Wirbelstromsonden<br />
zerstörungsfrei prüfen. Sehr viele Produkte aus Additiver<br />
Fertigung weisen allerdings relativ komplexe Formen auf, so<br />
dass in diesen Fällen eigens entwickelte Sonden nötig werden können.<br />
Derzeit wird 3D-Druck eingesetzt, um einzelne Komponenten<br />
größerer Teile oder Baugruppen zu fertigen. Die Qualitätsprüfung<br />
muss also ebenso auf Ebene der Komponente stattfinden wie auf<br />
Ebene der größeren Baugruppe – um zu gewährleisten, dass die additiv<br />
gefertigte Komponente auch den funktionalen Anforderungen<br />
der Baugruppe genügt. Zu den Aufgaben, die im Zusammenhang<br />
mit Prüfung und Zertifizierung noch zu bewältigen sind, zählt aber:<br />
Richtlinien und Regeln zu entwickeln, die für die Compliance von<br />
Komponenten gelten, die durch Additive Fertigung produziert werden.<br />
Dazu sind Anstrengungen im Bereich Qualitätskontrolle nötig,<br />
im Bereich der koordinierten Normenentwicklung, aber auch im Bereich<br />
der Gesundheits- und Sicherheitsaspekte.<br />
Training in Sachen Additiver Fertigung<br />
Was Qualitätssicherung, Validierung, Prüfung und Zertifizierung der<br />
Produkte aus Additiver Fertigung angeht, muss man derzeit noch relativ<br />
große Lücken konstatieren. ISO und ATSM arbeiten durch ihre<br />
Normierungsanstrengungen daran, diese Lücke zu schließen. Aber<br />
auch global agierende Organisationen für Produktsicherheit und Zertifizierung<br />
wie UL tun bereits einiges, um das Wachstum der Additiven<br />
Fertigung voranzutreiben und Unternehmen bei diesem wichtigen<br />
Schritt zu unterstützen. Einerseits kooperiert UL mit beiden Normierungsorganisationen,<br />
ISO und ATSM, aber UL hilft Unternehmen<br />
auch ganz direkt: durch umfassendes und neutrales Know-how<br />
über Additive Fertigung aus einer Hand. Konkret unterstützt UL dabei,<br />
unternehmensinterne Standards und Guidelines für Additive<br />
Fertigung zu erarbeiten. Auch durch ein umfangreiches Trainingsportfolio<br />
für die Mitarbeiter werden Unternehmen beim Schritt in<br />
die Additive Fertigung unterstützt. Zudem hilft UL durch umfassende<br />
Beratungsleistungen und die Entwicklung von Best Practices bei<br />
der Adaption der neuen Technologie. Denn eines scheint sicher – ob<br />
man die Technologie nun Additive Manufacturing, Generative Fertigung<br />
oder 3D-Druck nennt: Sie wird die Zukunft der Fertigungsindustrie<br />
prägen.<br />
co<br />
Der Autor: Khalid Rafi, Ph.D., Lead Development Engineer –<br />
Additive Manufacturing / 3D printing bei UL, Singapur<br />
64 develop 3 systems engineering 02 2016
Praxistag<br />
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Kontakt: Lena Pfizenmaier, Projektmanagement<br />
E-Mail: lena.pfizenmaier@konradin.de | Phone: +49 711 7594-520<br />
Veranstalter: Partner (Stand Mai 2016):<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 65
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Wir sprechen mit Technik-Chef<br />
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der Industrie 4.0 sind.<br />
ISSN 2363–6726<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Verlag: Konradin-Verlag<br />
Robert Kohlhammer GmbH<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen,<br />
Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredakteur:<br />
Dipl.-Ing. Michael Corban (co),<br />
Phone + 49 711 7594–417<br />
Redaktion:<br />
Dr.-Ing. Ralf Beck (bec), Phone +49 711 7594–424;<br />
Dipl.-Ing. Andreas Gees (ge), Phone +49 711 7594–293;<br />
Irene Knap B.A. (ik), Phone +49 711 7594–446;<br />
Jens-Peter Knauer (jpk), Phone +49 711 7594–407;<br />
Bettina Tomppert (bt), Phone +49 711 7594–286<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Birgit Niebel,<br />
Phone +49 711 7594–349, Fax –1349,<br />
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Layout: Vera Müller, Phone +49 711 7594–422<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
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Phone +49 711 7594–472<br />
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Leserservice:<br />
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Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
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Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweiz: IFF media ag, Frank<br />
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© 2016 by Konradin-Verlag<br />
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Bild: Lenze<br />
66 develop 3 systems engineering 02 2016
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