2019_07
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2 Dorfspiegel Dietlikon / Wangen-Brüttisellen<br />
Kurier Nr. 7 14.2.<strong>2019</strong> Kurier Nr. 7 14.2.<strong>2019</strong> Dorfspiegel Dietlikon / Wangen-Brüttisellen<br />
3<br />
«Früher war das Blutspenden ein wichtiges<br />
gesellschaftliches Ereignis in den Dörfern.<br />
Zuerst hat man Blut gespendet und danach<br />
stand das gemütliche Zusammensein auf dem<br />
Programm. Ich bin dankbar, dass ich gesund<br />
bin und über genug Blut verfüge. Deshalb<br />
möchte ich mit meiner Blutspende Menschen<br />
unterstützen, denen es nicht so gut geht.»<br />
<br />
Susi Rohrer aus Dietlikon<br />
Samuel Chamberlin hat beim Blutspenden alle Stationen und Checks erfolgreich durchlaufen. (Fotos ng)<br />
Um die Blutspende ranken sich<br />
viele Halbwahrheiten. So zum Beispiel,<br />
dass eine Tätowierung die<br />
Blutspende verunmögliche. «Das<br />
ist nur teilweise korrekt», erklärt<br />
Stefanie Stierlin, Equipenleiterin<br />
des Blutspendedienstes Zürich,<br />
«hat eine Person innerhalb der letzten<br />
vier Monate eine Tätowierung<br />
erhalten, ist eine Blutspende nicht<br />
möglich, weil die Hautverletzungen<br />
Eingangspforten für Bakterien<br />
und Viren sein können. Das dadurch<br />
verunreinigte Blut würde immungeschwächten<br />
Empfängern<br />
schaden. Nach Ablauf der vier Monate<br />
ist jedoch eine Spende wieder<br />
problemlos möglich.» Dreimal<br />
jährlich organisiert der regionale<br />
Blutspendedienst des Roten Kreuzes<br />
den Anlass in Zusammenarbeit<br />
mit dem örtlichen Samariterverein.<br />
Bei Samuel sind Tätowierungen<br />
oder andere Risikofaktoren kein<br />
Thema – nach wenigen Minuten<br />
übergibt er seinen ausgefüllten Fragebogen<br />
der Empfangsdame.<br />
Prinzip der Freiwilligkeit erhöht<br />
die Sicherheit für Blutempfänger<br />
Zehn Meter entfernt befindet sich<br />
die erste Station. Trotz des ernsten<br />
Hintergrundes erinnert das Durchlaufen<br />
der verschiedenen Stationen<br />
dank der unbeschwerten Atmosphäre<br />
ein bisschen an einen Postenlauf<br />
zu Schulzeiten. Der junge<br />
Mann entledigt sich seiner Jacke<br />
und ihm wird sogleich eine Manschette<br />
zur Messung des Blutdruckes<br />
um den Oberarm gelegt. Es<br />
folgt die Messung der Körpertemperatur<br />
und des Pulses. Die verantwortliche<br />
Fachperson scheint zufrieden<br />
mit den Werten – und so<br />
gibt es einen Stempel, bevor es zur<br />
nächsten Station geht. Station zwei<br />
ist entscheidend: Hier wird der Gesundheitszustand<br />
des Verfassers<br />
gründlich durch eine medizinische<br />
Fachperson geprüft. Bei Samuel alles<br />
kein Problem – bis auf ein<br />
Kreuzchen im Fragebogen bezüglich<br />
einer kürzlichen Erkältung.<br />
Ihm wird erklärt, dass diese aufgrund<br />
der zurückliegenden Zeit bereits<br />
abgeklungen sei und damit<br />
kein Risiko darstelle. Um den<br />
Check abzurunden, ist nun noch ein<br />
kurzer Stich in den Finger nötig.<br />
Dieser ist wichtig, um aufgrund des<br />
Hämoglobinwertes eine Blutarmut<br />
auszuschliessen. Es gibt grünes<br />
Licht – und einen Schokoriegel. In<br />
einigen Ländern ist es üblich, dass<br />
Spender nebst der Verpflegung eine<br />
finanzielle Entschädigung erhalten<br />
– auch ein denkbarerer Ansatz für<br />
die Schweiz? Stefanie Stierlin<br />
schüttelt vehement den Kopf und<br />
erklärt die national konsistente<br />
Haltung des Blutspendedienstes:<br />
«Wir lehnen monetäre Anreize zur<br />
Blutspende kategorisch ab. Gerade<br />
der Freiwilligkeitsaspekt ist ein<br />
wichtiger Sicherheitsfaktor: Wer<br />
beim Blutspenden nichts verdient,<br />
hat auch kein Interesse, etwas im<br />
Fragebogen zu verheimlichen. Zudem<br />
ist es aus ethischen Gründen<br />
nicht zu verantworten, Menschen<br />
in einer finanziellen Notlage mit einer<br />
Entschädigung zur Blutspende<br />
zu bewegen.»<br />
Blutspende als gute Tat nach<br />
einem einschneidenden Erlebnis<br />
Nach dem Verzehr des süssen<br />
Snacks – Blutspenden sollten nie<br />
mit leerem Magen erbracht werden<br />
– ist der grosse Moment gekommen.<br />
Samuel erhält an einer weite-<br />
ren Station ein Set bestehend aus<br />
vier steril verpackten Blutproben-<br />
Röhrchen und einem leeren Blutbeutel.<br />
In wenigen Minuten werden<br />
sich darin 450 Milliliter seines<br />
Blutes befinden.<br />
Damit ausgerüstet, steuert er nun<br />
die Blutspende-Station an und<br />
macht es sich auf einer der Liegen<br />
bequem. Die zuständige Pflegefachfrau<br />
bereitet alles vor und<br />
nach einem kleinen Stich befindet<br />
sich die Nadel bereits in einer<br />
Vene unter seiner Haut. Behutsam<br />
befestigt sie die Schläuche des<br />
Blutbeutels mit Klebeband an seinem<br />
Unterarm.<br />
Zuerst werden die vier Röhrchen<br />
für die Bluttests gefüllt, anschliessend<br />
der grössere Beutel. Während<br />
das Blut aus seinen Venen in<br />
den Beutel rinnt, erklärt Samuel<br />
seine Beweggründe für die Blutspende.<br />
«Vor einigen Jahren hatte<br />
ich ein einschneidendes Erlebnis.<br />
Damals habe ich Gott ein Versprechen<br />
gegeben: Wenn ich das überstehe,<br />
werde ich etwas Gutes tun<br />
und künftig einmal im Jahr zur<br />
Blutspende gehen.» Acht Minuten<br />
dauert der Vorgang, dann ist der<br />
Beutel voll. Die Blutspende wird<br />
nun in mehrere Bestandteile aufgeteilt<br />
– so kann eine einzige Blutspende<br />
sogar mehreren Patienten<br />
helfen. Geschafft!<br />
Ein Mitglied des Samaritervereins<br />
eilt herbei und legt einen Verband<br />
um Samuels Unterarm. Um den<br />
Kreislauf nicht zu überfordern,<br />
gilt es nun noch zwei Minuten liegen<br />
zu bleiben. Langsam richtet er<br />
sich danach auf, bleibt noch einen<br />
Moment sitzen und begibt sich<br />
dann an die letzte Station, bei welchem<br />
ein weiteres Mitglied des<br />
Samaritervereins bereits mit einem<br />
Teller dampfend heisser Gemüsesuppe<br />
zur Stärkung bereitsteht.<br />
Auch das gehört dazu: Nach der<br />
Blutspende ist es nämlich besonders<br />
wichtig, genügend Flüssigkeit<br />
zu sich zu nehmen. Samuel<br />
führt den Löffel zum Mund und<br />
spürt dabei noch etwas die Nachwehen<br />
der Einstichstelle, fühlt<br />
sich aber grundsätzlich fit und zufrieden.<br />
Blutbedarf in der Schweiz<br />
noch lange nicht gedeckt<br />
In der Schweiz ist die Nachfrage<br />
nach Blut leider immer noch grösser<br />
als das Angebot. Insbesondere<br />
in den Sommermonaten kommt es<br />
oft zu Engpässen, weil viele wegen<br />
der Wartefristen nach der<br />
Rückkehr nicht gleich spenden<br />
dürfen und das Blut nur beschränkt<br />
haltbar ist. Dabei sind<br />
Unfallopfer, Leukämie- oder<br />
Krebskranke und auch teilweise<br />
schwangere Frauen dringend auf<br />
Blut angewiesen.<br />
Laut der Stiftung Blutspende<br />
Schweiz benötigen vier von fünf<br />
Menschen mindestens einmal in<br />
ihrem Leben Blut oder ein Medikament<br />
aus Blutprodukten. Das<br />
sind 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung.<br />
Demgegenüber stehen<br />
nur 2,5 Prozent der Bevölkerung,<br />
die regelmässig Blut spenden. Samuel<br />
ist einer von ihnen.<br />
Kurz nach sieben stellt der junge<br />
Mann den leeren Teller auf den<br />
Tresen, schlüpft in seine Jacke<br />
und tritt hinaus in die kalte Nachtluft.<br />
Etwas ist für ihn sicher:<br />
Nächstes Jahr wird er wiederkommen.<br />
Wer kann Blut spenden?<br />
Grundsätzlich kann jeder Blut spenden, der folgende Kriterien erfüllt<br />
(vorbehalten bleibt der individuelle Fragebogen):<br />
– guter Gesundheitszustand<br />
– mindestens 18 Jahre alt<br />
– mindestens 50 Kilogramm schwer<br />
– keine grösseren Operationen und keine Geburt in den letzten zwölf<br />
Monaten*<br />
– kein Risikoverhalten (Drogen, wechselnde Sexualpartner)*<br />
– keine Einnahme bestimmter Medikamente*<br />
– kein Aufenthalt in Ländern mit bestimmten Infektionskrankheiten*<br />
– keine Tätowierungen oder Piercings innerhalb der letzten vier Monate<br />
– keine Aufenthalte im Vereinigten Königreich (UK) von mehr als<br />
sechs Monaten zwischen 1980 und 1996*<br />
– kein Erhalt von Bluttransfusionen seit 1980*<br />
Erich Senti vom Samariterverein Dietlikon gratuliert Samaritervereinsmitglied<br />
Heidi Kühni zur 100. Blutspende.<br />
Gespendet wird im Liegen: Nur rund acht Minuten muss man auf der Liege<br />
ausharren. Dabei werden 450 Milliliter Blut entnommen.<br />
*detaillierte Informationen zu den Kriterien: www.blutspende.ch<br />
Termine und Daten: www.blutspende.ch/termine<br />
Blutproben-Tests für die Sicherheit: Jede einzelne Blutspende wird im<br />
Labor sorgfältig auf allfällige Krankheitserreger getestet.