März 2019 - coolibri Dortmund
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THEMA<br />
re permanente Fehlernährungführt<br />
zu Durchfall<br />
–und derist es dann,<br />
derklebrig dieHauswand<br />
runterläuft.“<br />
Werden unschönenAnblickvon<br />
matschigenFladenverhindern<br />
will,sollte<br />
aber laut Servatiusnicht<br />
unbedingt zur Fütteroffensive<br />
übergehen. „Inden meistenStädten ist<br />
dasgar nichterlaubt.Die Gesetzeslage istje<br />
nachKommune anders,inBochumdarfman<br />
nurimWinterbei Schnee füttern,inHattingen<br />
undDatteln isteserlaubt.“Essei durchausso,<br />
dass aufgesunde ArtsattgefütterteTauben aus<br />
demStadtbildverschwänden, weil sieauf den<br />
Dächern blieben, doch einenGefallen tueman<br />
denTierendamitselten. „Lockt mansie mitFutterauf<br />
Balkon oder Innenhof, beschwerensich<br />
sofort Nachbarn undVermieter –und vertreibendie<br />
Vögel wieder.“Hierentstehtzudemoft<br />
einweiteresMissverständnis.Wer glaubt, dass<br />
diewohlmeinenden Füttererdie Tauben zurVermehrunganspornen,liegt<br />
daneben. „Tauben<br />
brüten achtmalimJahr zwei Eier aus,auch im<br />
Winter undunabhängigvom Nahrungsangebot.<br />
Sievermehren sich nicht, weil siegefüttert werden,<br />
sondernweilesgenetisch so angelegt ist.“<br />
Dienachhaltigere Alternative: Populationskontrolle.<br />
„Die Städte sind<br />
auchohne Tauben<br />
dreckig, dafür<br />
sorgen wir<br />
Menschenschon.“<br />
Taubenhäuserals nachhaltige Lösung<br />
„Wir setzen unsfür Taubenhäuserein“, erklärt<br />
Eva-MariaServatius.Dortwerdendie Tierenicht<br />
nurgefüttert,sondern eben auch ihre Eier gegenAttrappen<br />
ausgetauschtund somitdie Zahl<br />
derTauben im Stadtbildkontrolliert. Außerdem,<br />
so dieTaubenexpertin,verbringendie Vögel die<br />
meiste Zeit ihresAlltags im Taubenhaus und<br />
setzen zudem80Prozent ihresKotes hier ab.<br />
Derlande dann nichtauf Windschutzscheiben,<br />
Fensterbänken oder Gehwegen, sondernkönnte<br />
als Guanosogar an Gärtnerverkauft werden,<br />
dieden Taubenkotals Dünger verwenden. Übrigens:EineUntersuchungder<br />
TechnischenUniversität<br />
Darmstadtstellte schon 2004 fest,<br />
dass Taubenkotkeine Schädenanden gängigstenMaterialien<br />
zumHausbau anrichtet, wie<br />
Sandstein,Klinker,ZiegeloderNadelholz. Lediglich<br />
bestimmteBlechekönnten nach mehrwöchiger<br />
Kotbeschichtung schnellerrosten. Die<br />
Kosten füreinen Taubenschlag kalkuliertder<br />
Deutsche Tierschutzbund in einemaktuellen<br />
Leitfadenauf 1500 bis2000Europlusmonatlich<br />
laufende Kosten vonungefähr120 Euro.<br />
Laut Servatiusist es wichtig, dieTaubenhäuser<br />
dortzuinstallieren,wodie Vögelsichauch tatsächlich<br />
aufhalten, an densogenanntenTauben-Hot-Spots.<br />
Unddas seiennun maldie Innenstädte.<br />
Es sind Hinterhöfe,<br />
Hausdächer,<br />
Parks,Kirchtürme oder<br />
einfachGebäude mit<br />
leeren Räumen. DieInnenstädtemit<br />
ihrengroßen,<br />
grauen Steilwänden<br />
samt Vorsprüngen<br />
undNischen erinnereeine<br />
Taubezudem an ihr<br />
einstigesnatürliches<br />
HabitatinfelsigenKlippenlandschaften.„Man<br />
kann sienicht außerhalb derStadt unterbringen,<br />
siewürdenimmer wieder zurückfliegen.<br />
Tauben sind ortstreu,dortwosie geschlüpft<br />
sind,ist ihre Heimat.Sie werden einLeben lang<br />
zu diesem Heimatortzurückkehren–deswegenklapptjaauch<br />
derBrieftaubensport“, erklärt<br />
dieVorstandsvorsitzende.<br />
Undklapptauch derTaubenschutz?Eva-Maria<br />
Servatiuskann keine pauschaleAussage treffen:<br />
„70deutscheStädtehaben bereitsKonzepte,Neuss<br />
undHagen haben sogarausgewiesene<br />
Taubenbeauftragte. In Bochum gibt es da leidernochgar<br />
nichts Konkretes.“ LediglichInformationenzum<br />
Fütterungsverbot findensichauf<br />
derHomepageder StadtBochumoderauf der<br />
„Roten Karte“,dem Sündenregisterdes Ordnungsamtes.<br />
Kampfgegen Vorurteile<br />
Aktuell kämpftder Verein für dieGenehmigung<br />
einesBauwagens alsTaubenhaus an derRuhr-<br />
Uni. Finanzierung undPflege würde derVerein<br />
komplett übernehmen,nur dieStandortgenehmigungvon<br />
derStadt fehle.Bisherhabeman<br />
keinesinnvolleEinigung findenkönnen. DeborahSteffensvon<br />
derSPD undSprecherin des<br />
Ausschusses für Umwelt, Sicherheit undOrdnung<br />
im Stadtrat sagt dazu:„Grundsätzlich unterstützen<br />
wir dasVorhaben,dennEiertausch<br />
isteineguteMethode im Sinnedes Tierschutzes,<br />
um dieTaubenpopulationzukontrollieren<br />
unddas Stadtbildsauber zu halten.“ DieAufenthaltsqualitätund<br />
derWohlfühlfaktorinder Innenstadt<br />
seienwichtigeBaustellen,andenen<br />
mankonstantarbeite. DieGenehmigungfür den<br />
Bauwagenbefinde sich trotzmehrfacherThematisierung<br />
aber weiterhin in Bearbeitung.<br />
Eva-MariaServatius weiß: Verständnisfür die<br />
gefiedertenStadtbewohner zu wecken,ist eben<br />
keinleichtesUnterfangen.Die Vorurteile dominieren<br />
dieKonversation. Tötung undAusrottung<br />
halten vieleimmer noch für diesinnvollste Lösung,wennsie<br />
an Tauben denken.Dafür findet<br />
sieklare Worte: „Mal ehrlich:Wer beiein bisschen<br />
Kackeauf demBlech eine ganzeTierart<br />
ausrotten will,der hatdie Relation verloren.Die<br />
Städte sind auch ohne Tauben dreckig, dafür<br />
sorgen wir Menschenschon.Die Tierekönnen<br />
nichts dazu,wir aber könnten Kippen, Kaugummi<br />
undAbfall in denMülleimerwerfen –und<br />
machenesnicht!“<br />
LukasVering<br />
StadttaubenBochum e.V. wurde<br />
im April 2017 gegründetund<br />
setzt sich für den tierschutzgerechtenUmgang<br />
mitund für<br />
dieNotfallversorgung vonTauben<br />
ein. Mehr Infos zum Thema<br />
auf stadttauben-bochum.de<br />
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