März 2019 - coolibri Dortmund
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SZENE<br />
B O C H U M<br />
Verjüngungskur<br />
NeuesHighlight:Ein Wurzelstockaus demKarbonzeitalter<br />
Foto: Helena Grebe<br />
FürGenerationen vonSchülerngab es eine Konstante:Den Besuch im Deutschen Bergbau-Museum Bochum. Über350 000 Menschen<br />
kamen jedes Jahr,aber zuletzt wardie Dauerausstellung doch argindie Jahregekommen. Jetzthat dasHausden Abschied<br />
vomSteinkohlenbergbau im Ruhrgebiet genutzt, um dieErinnerung daranaufzufrischen undins besteLicht zu rücken.Zwei von<br />
vierneuen Rundgängen sind bereits geöffnet.<br />
18<br />
„Das istunsereMonaLisa“,verkündet Museumsdirektor<br />
Stefan Brüggerhoff stolz, als er mit<br />
denerstenBesuchernden Rundgang 1startet:<br />
Inmitten einesgroßenRaumes, derwie vieleTeile<br />
derAusstellung mehr nach Sci-Fi-Filmkulisse<br />
als nach Museumaussieht, stehtdie riesige<br />
Wurzel einesSchuppenbaums aus demKarbonzeitalter.<br />
Etwa 306 Millionen Jahre istdas Fundstückaus<br />
Niedersachsenalt undeserzählt von<br />
derEntstehungder Steinkohle,deren Förderung<br />
Motorfür dietechnischenQuantensprünge unsererjüngstenVergangenheit<br />
war.Nochdavor,<br />
in einerArt Zwischenfoyer, sind dieBesucher<br />
aufdas neuesteAusstellungsstückdes Hauses<br />
gestoßen.Daliegt einSteinkohle-Brocken aus<br />
derZeche ProsperHaniel,die im Ende 2018 als<br />
letzte desRuhrgebiets schloss,ein Würfel mit<br />
1,6MeternSeitenlänge,inSilikon verschlossen,<br />
derglänzt wieein schwarzerDiamant.<br />
DiesebeidenbeeindruckendenBeispiele zeigen:<br />
Das 1930 gegründete Bergbau-Museum hatverstanden,<br />
dass es nichtauf dieschiere Masse<br />
vonAusstellungsstückenankommt,sondern<br />
aufdie ansprechende Präsentation. Nurein gutesDrittel<br />
deseingelagerten Bestandeswandertenachder<br />
Sanierungzurückindie Schau.<br />
Das sind in denbeiden bisher eröffneten Rundgängen<br />
zwar immernoch1750Gegenstände,<br />
aber sieverteilen sich aufrund4000 QuadratmeterFläche<br />
undman wirdnicht mehr vonFülle<br />
erschlagen.17Millionen Euro haben diefertigenRundgänge<br />
im Nordflügel gekostet,den<br />
Großteil hatdie RAG-Stiftungübernommen, die<br />
auch fürdie Ewigkeitskostendes Bergbaus zuständigist.Nocheinmal<br />
17 Millionen kosten<br />
Nummer 3und 4imSüden desMuseums,an<br />
denenweiteremsig gearbeitetwird. Deshalb<br />
öffnet dasHaus derzeitnur am Wochenende<br />
undanzweiWochentagen für Schulklassen.<br />
Walzenschrämlader undMeteoriten<br />
Rundgang 1erzähltdie Geschichte desSteinkohlenbergbaus<br />
in Deutschland. Beeindruckend<br />
sind Modelleund Karten desRuhrgebiets, die<br />
vomgewaltigenUnternehmen zeugen,dasseine<br />
ganzeRegionunterhöhlthat undihr Gesicht<br />
für langeZeitverändert.Baldliegt derFokus des<br />
Rundgangsauf derArbeitder Kumpel.Der Gang<br />
in denMuseumskeller istein AusfluginihreArbeitsweltmit<br />
ihrerKluft, ihremGeleucht, ihren<br />
wuchtigenGeräten: EinWalzenschrämlader<br />
glänzt verheißungsvollgelb–mitihm ginges<br />
hier bisvor kurzem in Richtung Zukunft.<br />
DieNazi-Zeit,als dasRuhrgebiet dieWaffenschmiededer<br />
deutschen Kriegstreiber war,hat<br />
keineneigenen Raum in derAusstellungbekommen,<br />
wirdbloßhierund da erwähnt. MehrPlatz<br />
istfür dieArbeitskämpfe derBergleute,für Fahnenmit<br />
Sloganswie „Erst stirbtdie Zeche, dann<br />
stirbtdie Stadt“. Wassichletztlich nichtbewahrheitet<br />
hat: Dasneue Ruhrgebiet scheint<br />
auch ohne Bergbauäußerst lebendig.<br />
Rundgang 2vermitteltGeschichteineinem größerenMaßstab<br />
–von derSteinzeit biszum extraterrestrischen<br />
Bergbau. DasAusstellungsdesign<br />
folgthierden Themen: Im Bereichzur Steinzeit<br />
zeugen versprengtimRaumliegendeWürfel<br />
vonunserem lückenhaften Wissenüberdie<br />
ersten Förderungenvon Rötelfür dieFärbung.<br />
Mitden gutausgebauten Handelswegender Römerbekommen<br />
auch dieRäume mehr Struktur<br />
undamEnde, wenn sieschon am Eisen-Meteoritenvorbeisind,<br />
stehen dieBesucherangroßenSchalttafelnund<br />
spielen einComputerspiel,<br />
daseinen ganzen Raum einnimmt undressourcenschonendesVerhalten<br />
lehrt.<br />
DiefehlendenRundgänge zu denThemenBodenschätzesowie<br />
Kunstund Kultur im Bergbau<br />
öffnen voraussichtlich diesen Sommer.<br />
MaxFlorian Kühlem