glanzvoll Frühjahr 2019
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62 <strong>glanzvoll</strong> GENIESSEN <strong>glanzvoll</strong> GENIESSEN 63<br />
DEN ZWEITEN STERN IM BLICK<br />
Es geht weiter in Frisange: Louis Linster tritt in die Fußstapfen seiner berühmten Mutter Léa<br />
Hummer, Trüffel und Kaviar: Wer damit<br />
groß wird, der scheint von goldenen<br />
Löffeln zu essen. Doch bei Louis<br />
Linster ist dies weit gefehlt. Als Sohn<br />
der Luxemburger Sterneköchin Léa<br />
Linster hat er von Kindesbeinen an<br />
gelernt, Löffel vor allem zu füllen –<br />
mit den größten Köstlichkeiten, die<br />
Feld, Wald und Wasser für uns Menschen<br />
hergeben. Und nun ist er in<br />
die Fußstapfen seiner Mutter getreten<br />
mit dem Anspruch, „noch besser<br />
und moderner zu werden“ als Léa<br />
Linster, wie er selbstbewusst sagt.<br />
Louis wächst nicht nur zwischen<br />
Kochtöpfen und Pfannen auf, er hat<br />
auch die Leidenschaft für Lebensmittel<br />
in die Wiege gelegt bekommen.<br />
Sein Vater, ein Sommelier, arbeitete<br />
in Mutter Léas Restaurant.<br />
Das Traditionshaus im luxemburgischen<br />
Frisange gibt es inzwischen<br />
seit fünf Generationen. Aus dem<br />
Léa Linster freut sich darüber, dass das Restaurant<br />
in Frisange weiter ihren Namen trägt: „Ein größeres<br />
Geschenk konnte mir mein Sohn gar nicht machen“,<br />
sagt sie.<br />
Foto: Frank Göbel<br />
einstigen Gasthaus mit Tankstelle<br />
und Kegelbahn hat Léa Linster in<br />
vier Jahrzehnten eine kleine Oase<br />
geschaffen, die heute über die Grenzen<br />
Luxemburgs hinaus bekannt ist.<br />
Dies liegt freilich nicht nur am quirligen<br />
und energiegeladenen Charakter<br />
der ehemaligen Jurastudentin<br />
(„Das Studium war trocken wie<br />
Milchpulver“), Louis‘ Mutter ist bislang<br />
auch die erste und einzige Frau,<br />
die den Ritterschlag der internationalen<br />
Kochgarde, die Auszeichnung<br />
des Bocuse d’Or, im Jahr 1989<br />
erhalten hat. Und hier will der 28-<br />
Jährige nun weitermachen. „Louis<br />
hat den feinen Geschmackssinn und<br />
das Genießer-Gen unserer Familie<br />
geerbt“, sagt die Sterneköchin wie<br />
selbstverständlich. „Und den perfekten<br />
Gaumen seines Vaters. Louis<br />
kann Lebensmittel fühlen.“<br />
Deshalb fällt es ihm auch schwer,<br />
Rezepte aufzuschreiben und Kochanweisungen<br />
zu formulieren. „Oft<br />
serviere ich den Gästen Gerichte<br />
erst, nachdem ich sie 15 Mal ausprobiert<br />
habe, nachdem ich alle<br />
Zutaten nach und nach in ihrer<br />
Dosierung verfeinert habe“, beschreibt<br />
der junge Mann seine<br />
Arbeitsweise. „Die Rezepte klingen<br />
oft einfach, aber als Profi-Koch müssen<br />
alle Handgriffe wie von selbst<br />
gelingen“, sagt Louis Linster. Und<br />
er legt Wert auf absolut perfekte<br />
Waren.<br />
Léa Linster hat ihren Sohn allein<br />
großgezogen: Während sie am Herd<br />
wuselt, kriecht Louis unter ihren Beinen<br />
durch. Er saugt Gerüche auf,<br />
lernt den Geschmack der Zutaten<br />
kennen, schaut in die Töpfe und<br />
Kasserollen. Zum dritten Geburtstag<br />
speisen Léa Linster und ihr Sohn<br />
in Monaco bei Sternekoch Alain<br />
Ducasse und Louis lernt Paul<br />
Bocuse kennen. Der Sohn lernt aber<br />
auch zu warten, denn seine Mutter<br />
bekocht Gäste wie Boris Jelzin und<br />
Lady Di. „Das Warten hat mich früher<br />
genervt“, sagt Louis Linster. Und<br />
Mutter Léa ergänzt dies um eine<br />
passende Anekdote: „Louis hat mir<br />
einmal vorgeworfen, dass ich nur<br />
für meine Gäste da bin. Daraufhin<br />
habe ich ihm geantwortet: Ich wünsche<br />
dir später einen Beruf, den du<br />
mit genauso viel Liebe und Hingabe<br />
machst wie ich meinen.“<br />
Inzwischen weiß Louis selbst, was<br />
das bedeutet. Léa Linster hat das<br />
Kochen als Schlüssel zur Seele der<br />
Menschen entdeckt, und noch heute<br />
kommt die 63-Jährige gern ins<br />
Sternerestaurant in Frisange – seit<br />
1987 ziert ein solcher das Haus –,<br />
um die Gäste mit ihrer Herzlichkeit<br />
zu umarmen und mit Selbstverständlichkeit<br />
zu verwöhnen. Seit<br />
knapp zwei Jahren ist Louis nun<br />
alleiniger Chef im „Restaurant Léa<br />
Linster“, das weiterhin so heißen<br />
soll. „Ein größeres Geschenk konnte<br />
mir mein Sohn gar nicht machen“,<br />
freut sich die Mutter.<br />
Dabei ist Louis Linsters Berufsweg<br />
zunächst gar nicht darauf ausgelegt,<br />
Léa in die Gastronomie zu<br />
folgen. Nach dem Internat in Echternach<br />
zieht es ihn zum Studium<br />
der Betriebswirtschaftslehre in die<br />
Schweiz. Als er nach drei Jahren<br />
2012 zurück nach Frisange kommt,<br />
übernimmt er das Management<br />
und die Buchhaltung des Restau-<br />
EXTRA<br />
Als Léa Linster 1982 nach dem Tod<br />
ihres Vaters das Familiengasthaus in<br />
Frisange, einem 3000-Seelen-Ort im<br />
Süden des Großherzogtums Luxemburg,<br />
mit Tankstelle und Kegelbahn<br />
übernimmt, ist sie 27 und Jurastudentin.<br />
Sie eröffnet ihr Restaurant<br />
„Léa Linster Cuisinière“, und fünf<br />
Jahre später prangt ihr erster Stern<br />
des Guide Michelin an der Tür. Bis<br />
heute ist dies so, und als i-Tüpfelchen<br />
kam 1989 die Auszeichnung<br />
des Bocuse d’Or hinzu. Den Deutschen<br />
ist die Sterneköchin durch ihre<br />
Kolumnen in der Zeitschrift Brigitte,<br />
aber auch durch die Teilnahme an<br />
Kochshows und an zwei „Tatort“-<br />
Folgen des Saarländischen Rundfunks<br />
bekannt. Neben dem Restaurant<br />
in Frisange, das nun von Sohn<br />
Louis in fünfter Generation geführt<br />
wird, hat sie bis Ende 2018 in Kayl<br />
den „Pavillon Madeleine“ geführt.<br />
Das letzte von ihr geführte Haus ist<br />
die Boutique „Delicatessen“ in der<br />
Luxemburger Altstadt nahe dem<br />
großherzoglichen Palais. Dort gibt es<br />
auch den mit Max von Kunow (Konz-<br />
Oberemmel) kreierten Wein LMEAAX.<br />
Künftig will es die Grande Dame der<br />
Genießerküche (63) ruhiger angehen<br />
lassen und ihrer Leidenschaft frönen:<br />
alten Hollywoodfilmen. sas<br />
Louis Linster hat von seiner Mutter Léa das Familien-<br />
Restaurant im luxemburgischen Frisange übernommen<br />
und möchte einen zweiten Stern „erkochen“.<br />
Fotos: © <strong>2019</strong> Saint-Paul Luxembourg/<br />
Fotograf: Guy Wolff/www.luxorr.lu