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glanzvoll Frühjahr 2019

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80 <strong>glanzvoll</strong> ZEITGEIST <strong>glanzvoll</strong> ZEITGEIST 81<br />

rum, sogenannten Urban Birdern, städtischen Vögelbeobachtern,<br />

könnte das Herz aufgehen: Sperber, Spechte,<br />

Mauersegler, Schwalben, Reiher und Eisvögel zählen die<br />

städtischen Mitarbeiter auf und könnten noch fortfahren.<br />

Jeder kann diese Vielfalt unterstützen: Wer Unkraut in seinem<br />

Garten jätet, statt es mit Gift zu bekämpfen und Blumen<br />

für Insekten pflanzt, tut auch etwas für die Vögel, die<br />

von ihnen leben (Tipps für Gartenbesitzer Seite 82). Aber<br />

die Stadt als Lebensraum entdecken immer mehr „große“<br />

Tiere – nicht immer zur Freude der Bewohner: Rehe haben<br />

immer weniger Scheu und fressen da, wo sie nicht<br />

sollen – in städtischen Gärten und auf Friedhöfen. Und die<br />

Wildschweine, die den Boden in den Weinbergen und in<br />

den Randbezirken verwüsten, sind ein großes Ärgernis.<br />

Ob Fuchs, ob Reh oder Wildschwein - viele in der Stadt<br />

gesichtete Tiere schafften es bis in den Trierischen Volksfreund.<br />

„In Trier leben viele Waldtiere, weil die Stadt viel Wald hat“,<br />

sagen die Mitarbeiter des Grünflächenamtes. Waschbären,<br />

die sich andernorts schon als Plage erwiesen haben,<br />

seien noch nicht gesichtet worden, sagt Christian Thesen.<br />

Und sollten sie auftauchen: „Bitte nicht füttern!", mahnt er.<br />

Trier entwickelt sich ähnlich wie andere Städte: Die Tiere<br />

kommen näher an den Lebensraum der Menschen heran,<br />

passen sich an und entdecken neue Ernährungsweisen.<br />

Oder ist es umgekehrt? „Wir sind die Eindringlinge,<br />

nicht der Fuchs“, sagt Christine-Petra Schacht. Stolz sind<br />

sie und ihr Team auf geschützte Tierarten, die andernorts<br />

schon nicht mehr existierten: die Zauneidechse, die<br />

Schlingnatter, der Hirschkäfer, die Kreuzkröte und die<br />

Mauereidechse, die dank vieler Weinbergsmauern hervorragende<br />

Lebensbedingungen vorfinde.<br />

WARUM DAS ALLES?<br />

Grüne Städte wirken sich auf das Wohlbefinden der Menschen<br />

aus und helfen Stress abzubauen. Sie sind außerdem<br />

gut für das Klima: Unversiegelte Flächen speichern<br />

Wasser, können bei Stadtregen Überschwemmungen verhindern,<br />

Bäume können Verkehrslärm dämpfen, bieten<br />

Schatten. Pflanzen wirken als Feinstaubfilter, speichern<br />

CO2, begrünte Dächer und Fassaden können die Temperatur<br />

in Häusern senken.<br />

Nach Angaben des Grünbuchs des Bundesministeriums<br />

für Umwelt ist das in der Zukunft nötiger denn je:<br />

„In Innenstädten ist es nachts bis über zehn Grad<br />

Celsius wärmer als im Umland. Mit dem Klimawandel werden<br />

Hitzetage und heiße Nächte mit mehr als 20 Grad Celsius<br />

Minimumtemperatur, sogenannte ,Tropennächte‘, bis<br />

zum Jahr 2100 drastisch zunehmen (…). Eine grüne Infrastruktur<br />

fördert somit die Entstehung von Kaltluft und<br />

Verdunstungskühle, fördert den Luftaustausch und schützt<br />

das Klima durch CO 2 -Speicherung.“<br />

SIE WACHSEN WEITER<br />

Mehr als jeder dritte der mehr als 82 Millionen Deutschen<br />

lebt in einer der 79 Großstädte. Noch einmal 30 Prozent<br />

verteilen sich auf die mittleren und kleinen Städte. Die<br />

Tendenz ist steigend. Hochrechnungen gehen von einem<br />

weiteren „Ansturm“ auf die Städte aus, und zwar weltweit<br />

(Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung,<br />

BBSR/Statistisches Bundesamt).<br />

Birgit Markwitan<br />

BUCHTIPPS FÜR VOGELFREUNDE<br />

Es gibt immer mehr Bücher von Menschen, die Vögel<br />

beobachten und über sie berichten. Einer davon ist David<br />

Lindo, er ist Urban-Birder. Von seinen Trips in viele Städte<br />

bringt er Wissen und Erzählungen mit, die er in seinem<br />

Buch #Urban Birding aufgeschrieben hat. Seine Leidenschaft<br />

begann in seiner Jugend in London mit dem Gezwitscher<br />

in einem Gebüsch. David Lindo ist Autor, Sprecher,<br />

Fotograf, Wildlife-Tour-Führer und Pädagoge. Seine Reisen<br />

zu den Vögeln sind ein Bekenntnis zur Natur auch in den<br />

Städten. Schließen Sie die Augen und lassen sich auf den<br />

Sound der Vögel in Ihrer Stadt ein!<br />

„H wie Habicht“ ist ein ungewöhnliches Buch und<br />

wurde nicht umsonst bei seinem Erscheinen in Deutschland<br />

vor einigen Jahren von den Rezensenten viel beachtet.<br />

Es ist ein schwer in Schubladen zu packendes Buch,<br />

ist irgendetwas zwischen Biografie, Sachbuch, Literatur,<br />

Tier- und Landschaftsbeschreibung. Denis Scheck bezeichnete<br />

es in seinem „Druckfrisch“ als einen Bildungsroman,<br />

es sei unvergleichlich wie jedes gute Buch, und<br />

er interviewte die Autorin Helen Macdonald mit einem<br />

Habicht auf ihrer Hand, was eigentlich unmöglich sei, weil<br />

man sich auf diesen Greifvogel konzentrieren müsse. Und<br />

da wären wir auch schon mittendrin: In „H wie Habicht“<br />

geht es um Helen Macdonalds spezielle Beziehung zu dem<br />

Habichtweibchen Mabel, das die erfahrene Falknerin für<br />

die Jagd abrichtet. Dieser intensive Prozess wird nach<br />

dem plötzlichen Tod ihres Vaters zu ihrem Lebensinhalt.<br />

„Der Habicht war all das, was ich sein wollte:<br />

ein Einzelgänger, selbstbeherrscht, frei von<br />

Trauer und taub gegenüber den Verletzungen<br />

des Lebens. Allmählich verwandelte ich mich in<br />

einen Habicht“, schreibt sie. „H wie Habicht“<br />

ist ein ganz besonderes Buch, eine Begegnung<br />

mit einer ungewöhnlichen Welt, das<br />

den Blick auf Habichte und Greifvögel<br />

verändert.<br />

mar<br />

David Lindo<br />

#Urban Birding.<br />

Kosmos Verlag, 366 Seiten,<br />

20 Euro<br />

Helen Macdonald<br />

H wie Habicht.<br />

Aus dem Englischen von<br />

Ulrike Kretschmer.<br />

Ullstein Verlag, Taschenbuch,<br />

411 Seiten, 14 Euro

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