05.04.2019 Aufrufe

Humanismus 4.0 - Und wo bleibt der Mensch? - Das SHE works! Magazin im April 2019

Humanismus 4.0 - Und wo bleibt der Mensch? Mensch und Maschine – eine Verbindung, die in den vergangenen Jahren immer enger geworden ist. Kaum ein Gebiet, das nicht ohne Roboter, künstliche Intelligenz oder Automation auskommt. Und die Einsatzbereiche werden größer. Ob im Job, in der Freizeit oder zuhause – die Technik ist umfassend im Vormarsch und umgibt uns schon jetzt, ohne dass wir es immer wahrnehmen. Wo bleibt da der Mensch mit seinen Fähigkeiten?

Humanismus 4.0 - Und wo bleibt der Mensch? Mensch und Maschine – eine Verbindung, die in den vergangenen Jahren immer enger geworden ist. Kaum ein Gebiet, das nicht ohne Roboter, künstliche Intelligenz oder Automation auskommt. Und die Einsatzbereiche werden größer. Ob im Job, in der Freizeit oder zuhause – die Technik ist umfassend im Vormarsch und umgibt uns schon jetzt, ohne dass wir es immer wahrnehmen. Wo bleibt da der Mensch mit seinen Fähigkeiten?

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# Frauen<br />

# Wirtschaft<br />

# Karriere<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong> -<br />

<strong>Und</strong> <strong>wo</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong>?<br />

Kollege Roboter<br />

Erleichterung o<strong>der</strong><br />

Risiko?<br />

Digitalisierung<br />

Chance für eine<br />

gen<strong>der</strong>gerechte<br />

Arbeitswelt<br />

Franchising<br />

Mit System zum<br />

Erfolg


2


Der WomenPower Karrierekongress bietet den Rahmen, um<br />

gemeinsam etwas zu bewegen.<br />

[WomenPower bedeutet Empowerment]<br />

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// Elke Reichart, CDO, TUI | Hanna Hennig, CIO, Osram | Ilka Friese,<br />

CFO, NTT Data<br />

// Marion Rövekamp, Vorständin Personal & Recht, EWE AG<br />

// Prof. Dr.-Ing. Kira Kastell, Bundesvorsitzende, VDI-Netzwerk "Frauen<br />

<strong>im</strong> Ingenieurberuf"<br />

// Claudia Frese, Vorstandsmitglied, CEO, MyHammer AG<br />

// Maria Ferraro, CFO, Siemens Digital Industries<br />

// Sophia Hatzelmann, Engineer Power<strong>wo</strong>man 2018 &<br />

Geschäftsführerin ahc GmbH<br />

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3


Inhalt<br />

Editorial<br />

Seite 6<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Wo <strong>bleibt</strong> <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> <strong>im</strong> Maschinenzeitalter?<br />

Gruß<strong>wo</strong>rt von Melanie Vogel, Initiatorin <strong>der</strong> <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk<br />

Seite 8<br />

Programm <strong>der</strong> <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk<br />

Seite 10<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Wir müssen einen Konsens finden<br />

Carolin Schäufele sprach mit Dr. Georgia Koppe, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit<br />

Seite 12<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: <strong>Mensch</strong> und Maschine - Von Chancen und Risiken einer digitalen Welt<br />

Von Annemike Düvel<br />

Seite 18<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Digital - Chance für eine gen<strong>der</strong>gerechte Arbeitswelt<br />

Von Valentina Da Col<br />

Seite 22<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Kollege Roboter - Erleichterung ohne Risiken?<br />

Von Alexan<strong>der</strong> Steiner<br />

Seite 26<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Technische Entwicklung - Ein zweischneidiges Schwert<br />

Ilijana Vavan, Kaspersky <strong>im</strong> Gespräch mit <strong>SHE</strong> <strong>wo</strong>rks!<br />

Seite 30<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Die Frage ist nicht <strong>Mensch</strong> ODER Maschine<br />

Von Prof. Dr. Svenja Falk & Kerstin Broßat<br />

Seite 35<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>: Konkurrenzlos erfolgreich - <strong>Das</strong> neue WIR <strong>im</strong> Business<br />

Von Ulrike Stahl<br />

Seite 38<br />

RECHT<br />

Franchising - Erfolg mit System o<strong>der</strong> mit System zum Erfolg<br />

Von Dr. Dagmar Waldzus<br />

Seite 42<br />

4


FINANZEN<br />

Geld gehört nicht in die mathematische Abteilung, son<strong>der</strong>n in die psychologische<br />

Von Carl Richards<br />

Seite 46<br />

SOCIAL MEDIA<br />

Social Selling für karrierebewusste Frauen, Grün<strong>der</strong>innen und Unternehmerinnen<br />

Von Sandra Schubert<br />

Seite 50<br />

DIGITALISIERUNG<br />

Next Stop - The Future<br />

Von Mandy Schroeter<br />

Seite 54<br />

MANAGEMENT<br />

Frauen ins Management - Interview mit Kai Schick<br />

Von Gabriele van den Berg<br />

S. 58<br />

Unternehmerinnen <strong>im</strong> Porträt: Maria Ferraro<br />

Seite 60<br />

Karrieretag Familienunternehmen<br />

Seite 62<br />

Eine Mutmachgeschichte: 86.400 - Mein Leben nachdem ich gestorben war<br />

Von Hannah Davina Dahl<br />

Seite 66<br />

Frauen in <strong>der</strong> Seefahrt: <strong>Das</strong> Schiff ist weiblich<br />

Von Sandra Kloss-Sel<strong>im</strong><br />

Seite 70<br />

Ein neues Netzwerk: Mission Female<br />

Seite 74<br />

Grün<strong>der</strong>innen <strong>im</strong> Porträt: Linda Dietze & Christiane Germann<br />

Amt 2.0: Social Media für Behörden<br />

Seite 77<br />

Buchtipps & Events<br />

Seite 80<br />

5


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

<strong>Mensch</strong> und Maschine – eine Verbindung, die in<br />

den vergangenen Jahren <strong>im</strong>mer enger ge<strong>wo</strong>rden<br />

ist.<br />

Kaum ein Gebiet, das nicht ohne Roboter,<br />

künstliche Intelligenz o<strong>der</strong> Automation auskommt.<br />

<strong>Und</strong> die Einsatzbereiche werden größer. Ob <strong>im</strong><br />

Job, in <strong>der</strong> Freizeit o<strong>der</strong> zuhause – die Technik ist<br />

umfassend <strong>im</strong> Vormarsch und umgibt uns schon<br />

jetzt, ohne dass wir es <strong>im</strong>mer wahrnehmen. Wo<br />

<strong>bleibt</strong> da <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> mit seinen Fähigkeiten?<br />

Vielen macht diese Entwicklung Angst, viele<br />

beschäftigen sich nicht mit diesem Thema, an<strong>der</strong>e<br />

wie<strong>der</strong>um sehen mehr Vor- als Nachteile.<br />

Software-Automatisierung, gen<strong>der</strong>gerechte<br />

Arbeitswelten, Cybersicherheit, ein digitaler<br />

Paradigmenwechsel: Die Themen, die hier zu<br />

nennen sind, sind so zahlreich und spannend, dass<br />

wir in unserem <strong>April</strong>-<strong>Magazin</strong> viele verschiedene<br />

Expertinnen und Experten zu Wort kommen<br />

lassen: Dr. Georgia Koppe,<br />

Neurowissenschaftlerin, Jörg Heynkes,<br />

Unternehmer, Speaker und Autor, Ilijana Vavan,<br />

Managing Director für Kaspersky in Europa. Sie<br />

alle beleuchten die aktuelle Entwicklung zu<br />

Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und Robotik<br />

aus ihrer Expertensicht. <strong>Und</strong> versuchen auch den<br />

<strong>Mensch</strong>en in dieses Bild mit einzubauen. Den<br />

<strong>Mensch</strong>en mit seiner einzigartigen Fähigkeit zu<br />

kooperieren und die Technik so einzusetzen, dass<br />

sie uns <strong>im</strong> Arbeitsalltag unterstützt und begleitet<br />

und sie vielleicht sogar dafür nutzt, dass mehr<br />

Gleichberechtigung vorherrscht.<br />

Neben <strong>der</strong> Technologie haben wir nachgefragt,<br />

wie man ein Franchise-Unternehmen aufbaut,<br />

Social Media gewinnbringend einsetzt und lernt,<br />

mit dem Partner über das Thema Finanzen zu<br />

sprechen. Rechtsanwältin Dr. Dagmar Waldzus,<br />

Vetriebsexpertin Sandra Schubert und<br />

Finanzplaner Carl Richards geben wertvolle<br />

Informationen.<br />

6


IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>SHE</strong> <strong>wo</strong>rks!<br />

Schäufele & Brößling GbR<br />

Anschrift: Hagenweg 2a<br />

37081 Göttingen<br />

✆ 0175/5240053<br />

info@she-<strong>wo</strong>rks.de<br />

Vertreten<br />

durch:<br />

Carolin Schäufele<br />

Katja Brößling<br />

V.i.S.d.P. Carolin Schäufele<br />

(gem. § 55 Abs. 2 RStV)<br />

Internet: www.she-<strong>wo</strong>rks.de<br />

Redaktion:<br />

Carolin Schäufele<br />

Wir sind von diesem Thema Digitalisierung und<br />

<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong> unglaublich begeistert und<br />

warten gespannt darauf, was Sie von den Themen<br />

halten, die wir für Sie hier zusammengetragen<br />

haben.<br />

Lassen Sie es uns wissen!<br />

Herzliche Grüße<br />

AutorInnen:<br />

Carolin Schäufele, Annemike Düvel, Melanie Vogel, Valentina<br />

Da Col, Andreas Steiner, Ilijana Vavan, Prof. Dr. Svenja Falk,<br />

Kerstin Broßat, Ulrike Stahl, Dr. Dagmar Waldzus, Carl<br />

Richards, Sandra Schubert, Mandy Schroeter, Maria Ferraro,<br />

Hannah Davina Dahl, Sandra Kloss-Sel<strong>im</strong>, Fre<strong>der</strong>ike Probert<br />

Für die Vermittlung des Autors Carl Richards, Mandy Schroeter und Kai Schick<br />

danken wir Gabriele van den Berg von connecting.smartminds@mail.de<br />

Layout: Carolin Schäufele, pw design<br />

Fotonachweis:<br />

Titelbild: Samuel Zeller unsplash<br />

Fotonachweise: Claus Uhlendorf, Henning Schacht, Siemens<br />

AG, Ulrike Stahl, Sandra Schubert, Accenture,<br />

<strong>wo</strong>menand<strong>wo</strong>rk, André Bakker, Kanzlei Buse Heberer<br />

Fromm, CoWomen, Aline Massart AccorHotels Asia, Birgit<br />

Franchy, Hannah Bischoff, Prof. Dr. Svenja Falk<br />

unsplash.com<br />

Carolin Schäufele & Katja Brößling<br />

Social Media:<br />

http://www.facebook.de/she<strong>wo</strong>rks.de<br />

http://www.twitter.com/<strong>SHE</strong><strong>wo</strong>rksDE<br />

7


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Wo <strong>bleibt</strong> <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> <strong>im</strong> Maschinenzeitalter?<br />

Von Melanie Vogel, Initiatorin <strong>der</strong> <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk<br />

Liebe Leserinnen,<br />

„Was unterscheidet den <strong>Mensch</strong>en von <strong>der</strong><br />

Maschine?“ <strong>Das</strong> ist die Kernfrage, die wir <strong>im</strong><br />

Rahmen des Themenschwerpunktes<br />

„<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>“ auf <strong>der</strong> 9. <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk am 4.<br />

Mai <strong>im</strong> FORUM <strong>der</strong> Messe Frankfurt mit Ihnen<br />

und unseren Gästen diskutieren werden.<br />

Der <strong>Humanismus</strong> hat in Europa, <strong>der</strong> Wiege <strong>der</strong><br />

Renaissance, eine ganz beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

erlangt. Von dort ausgehend, kristallisieren sich<br />

drei humanistische Strömungen heraus, die uns<br />

zum <strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong> führen:<br />

· <strong>Humanismus</strong> 1.0 „uomo universalis“: In<br />

<strong>der</strong> Epoche <strong>der</strong> Renaissance stand <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong> als schöpferisches Individuum <strong>im</strong><br />

Mittelpunkt des Weltbildes. Dieser<br />

„Universalmensch“ wurde zum Idealbild<br />

menschlicher Schaffenskraft.<br />

· <strong>Humanismus</strong> 2.0 „an<strong>im</strong>al rationale“: Im<br />

Zeitalter <strong>der</strong> Aufklärung wurde Wissen<br />

Macht. <strong>Das</strong> Idealbild des<br />

vernunftgesteuerten <strong>Mensch</strong>en setzte sich<br />

durch.<br />

· <strong>Humanismus</strong> 3.0 „Homo oeconomicus“:<br />

Der nutzenorientierte <strong>Mensch</strong>en<br />

beherrscht seit <strong>der</strong> Industrialisierung die<br />

Wirtschaftswelt.<br />

Doch einen essentiellen Teil des <strong>Mensch</strong>seins<br />

haben wir eines in all den Jahrhun<strong>der</strong>ten völlig<br />

ausgeklammert: unsere angeborene Fähigkeit zur<br />

Kooperation. Kooperation ist das Bemühen von<br />

<strong>Mensch</strong>en, gelingende Beziehungen aufzubauen<br />

und zu gestalten, die das gesellschaftliche<br />

Zusammenleben und -wirken positiv beeinflussen.<br />

Zahlreiche Forschungsstudien beweisen seit<br />

Jahrzehnten: <strong>Das</strong> grundlegende Naturgesetz <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong>en beruht auf Kooperation, nicht auf<br />

Wettkampf. Kooperative <strong>Mensch</strong>en sind in <strong>der</strong><br />

Lage, Wissens- und Lerngesellschaften zu<br />

gründen, denn sie verstehen, dass sich nur<br />

geteiltes Wissen vermehrt. In einem kooperativen<br />

Umfeld empfinden <strong>Mensch</strong>en Spaß und Sinn an<br />

ihrer Arbeit, weil sie als Gemeinschaft am Erfolg<br />

des Unternehmens o<strong>der</strong> am Erfolg <strong>der</strong> Zukunft<br />

arbeiten. Kooperation kann nicht digitalisiert<br />

werden.<br />

Daher ist das visionäre <strong>Mensch</strong>enbild des 21.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> „Homo cooperativus“. Er<br />

definiert den <strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong>.<br />

<strong>Das</strong>s wir eine neue Form des <strong>Humanismus</strong><br />

brauchen, steht für mich außer Frage.<br />

Digitalisierung, Kl<strong>im</strong>a- und demografischer<br />

Wandel aber auch die zunehmend ungleiche<br />

Verteilung von Reichtum sorgen dafür, dass wir<br />

neue Wege des Zusammenlebens finden müssen,<br />

wenn wir nachhaltig die Zukunft gestalten <strong>wo</strong>llen.<br />

Seit <strong>der</strong> ersten Veranstaltung <strong>im</strong> Jahr 2011 setzt<br />

sich die <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk für ein neues Miteinan<strong>der</strong><br />

ein, das kooperativer als bisher auch Frauen die<br />

gleichberechtigte Teilhabe in <strong>der</strong> Wirtschaftswelt<br />

ermöglicht, denn gerade dort wird sich ein<br />

8


Großteil <strong>der</strong> genannten Verän<strong>der</strong>ungen in Form<br />

von verän<strong>der</strong>ten Geschäftsmodellen deutlich<br />

sichtbar zeigen.<br />

Auch in diesem Jahr überzeugt <strong>der</strong><br />

Messe-Kongress wie<strong>der</strong> durch über 250<br />

Aussteller und ein inspirierendes<br />

Rahmenprogramm, das keine Langeweile<br />

aufkommen lässt. Ich wünsche Ihnen einen<br />

wun<strong>der</strong>baren Messe- und Kongresstag und<br />

viele neue Anregungen für Ihre eigene<br />

Zukunftsgestaltung.<br />

Melanie Vogel<br />

Initiatorin <strong>der</strong> <strong>wo</strong>men&<strong>wo</strong>rk<br />

www.<strong>wo</strong>menand<strong>wo</strong>rk.de<br />

Foto: <strong>wo</strong>menand<strong>wo</strong>rk.de<br />

9


PROGRAMM w&w<br />

10


PROGRAMM w&w<br />

11


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Wir müssen einen Konsens finden<br />

12


Dr. Georgia Koppe, Zentralinstitut für Seelische<br />

Gesundheit über künstliche Intelligenz und die vor<br />

uns liegende Entwicklung<br />

Unzählige intelligente Automatisierungs- und<br />

Vernetzungslösungen zwischen <strong>Mensch</strong> und<br />

Maschine werden in naher Zukunft in Wirtschaft<br />

und Gesellschaft zum Einsatz kommen.<br />

13


Noch sechs Jahre, dann werden „Wearables“,<br />

„Spracherkennung und -steuerung“, „Virtual<br />

Reality“ sowie „Augmented Reality“ in unserer<br />

Alltags- und Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken<br />

sein. So das Ergebnis <strong>der</strong> Studie „E-Ing 2025:<br />

Technologien, Arbeitsmarkt, Ingenieurberuf“, die<br />

<strong>der</strong> VDE anlässlich seines 125-jährigen Jubiläums<br />

erstellte. Knapp die Hälfte <strong>der</strong> Befragten <strong>der</strong><br />

Studie sehen autonome, mobile Roboter bis 2030,<br />

humanoide Roboter dagegen 65 Prozent <strong>der</strong><br />

Befragten erst nach 2030 in <strong>der</strong> Praxis.<br />

Roboter und KI, künstliche Intelligenz, Themen,<br />

die in aller Munde sind<br />

Aber KI ist nicht gleich KI, sagt Dr. Georgia Koppe<br />

vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit. Es<br />

sei ein ziemlich weitgefasster Begriff und auch gar<br />

nicht so einfach zu definieren.<br />

Grundsätzlich geht es um künstliche Systeme, die<br />

in <strong>der</strong> Lage sind, intelligent zu handeln, so Koppe.<br />

Schwache Formen von KI und starke Formen von<br />

KI – „schwache“ KI Systeme sind eher dazu<br />

gedacht, eine best<strong>im</strong>mte Aufgabe durchzuführen,<br />

„starke“ KI-Systeme hingegen sind mehr so das,<br />

was man sich als klassischen humanoiden Roboter<br />

vorstellt – menschenähnliche Maschinen, die auf<br />

ihre Umwelt frei und lernfähig reagieren können.<br />

Sie sagt, es sind zwei völlig unterschiedliche Dinge,<br />

ob man etwas baut, dass beispielsweise eine<br />

konkrete Funktion erfüllt wie z. B. Szenen in<br />

Bil<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Videos zu klassifizieren o<strong>der</strong> ob man<br />

etwas baut, dass <strong>im</strong> Grunde menschenähnlich<br />

agieren soll.<br />

Dabei kann die „schwache“ KI heute schon relativ<br />

viel, sagt die Neurowissenschaftlerin – die<br />

aktuellen Algorithmen, tiefe neuronale Netze, sind<br />

ohne große Vorerfahrung in <strong>der</strong> Lage zu lernen<br />

und Zusammenhänge zu erkennen und daraus<br />

dann korrekte Vorhersagen zu treffen.<br />

Diese „schwache“ KI ist in den meisten Fällen das,<br />

was heutzutage bereits zur Anwendung kommt.<br />

„Wir sind noch lange nicht so weit, wirklich<br />

intelligente Roboter zu erfinden.“ Es gebe zwar<br />

unterschiedliche Architekturen, die in<br />

unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum<br />

Einsatz kommen, aber den meisten ist gemein,<br />

dass sie erst durch große Datenmengen opt<strong>im</strong>al<br />

eingesetzt werden können.<br />

Werfen wir einen Blick zurück: Vor zehn Jahren<br />

veröffentlichte Deloitte, eine weltweit agierende<br />

Beratungsgesellschaft, seinen ersten Tech Trends<br />

Report. Die Finanzkrise war DAS Thema, doch<br />

visionäre Unternehmen setzten bereits auf<br />

digitale Innovationen. Heute sind aus diesen<br />

Innovationen erfolgreiche Produkte ge<strong>wo</strong>rden.<br />

Produkte, die von Daten leben.<br />

Rechenpower und Datenmengen sind gestiegen<br />

„<strong>Das</strong> ist auch einer <strong>der</strong> Gründe, warum die<br />

schwache KI, die fast allen Anwendungsbeispielen<br />

zugrunde liegt, so boomt“, sagt Koppe, „zum<br />

einen, weil wir sehr viele Daten haben, zum<br />

an<strong>der</strong>en, weil sich die Algorithmen und die<br />

Rechenpower massiv weiterentwickelt haben.“<br />

Solche KI lernen zum Beispiel selbstständig Spiele,<br />

ohne <strong>der</strong> KI vorher zu sagen, wie die Regeln des<br />

Spiels sind. Die tiefen neuronalen Netze können<br />

selbstständig die Regeln aus <strong>der</strong> Erfahrung lernen.<br />

Eine weitverbreitete Befürchtung lautet dann<br />

auch: Wie weit geht das, entwickeln künstliche<br />

Intelligenzen vielleicht irgendwann sogar eine<br />

eigene Persönlichkeit? Soweit würde Koppe nicht<br />

gehen: „Ich würde nicht von Emotionen o<strong>der</strong><br />

einem Bewusstsein reden, allerdings gibt es schon<br />

Ähnlichkeiten in <strong>der</strong> Verarbeitung von z. B.<br />

visueller Information.“ Im Prinzip sei <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong><br />

ja auch so etwas wie ein sehr tiefes neuronales<br />

Netzwerk.<br />

14


Neue Jobs für die Maschine<br />

Klar, autonomes Fahren sei ein Thema, ein<br />

weiteres <strong>der</strong> medizinische Bereich, in dem<br />

computergestützte Bildverarbeitung für bessere<br />

Diagnosen eingesetzt werden können, weil die<br />

Maschine unter Umständen Muster erkennt, die<br />

<strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> nicht sieht. „Überall da, <strong>wo</strong> wir<br />

komplizierte Zusammenhänge aus einer großen<br />

Datenbasis erkennen <strong>wo</strong>llen. In <strong>der</strong> Psychiatrie<br />

gibt es die Hoffnung, Zusammenhänge zu<br />

erkennen, weil hier Daten aus mehreren<br />

Bereichen zusammenkommen, da könnten die<br />

intelligenten Netzwerke möglicherweise helfen,“<br />

erklärt Koppe. Ein weiterer Punkt könne auch das<br />

Management von Umweltressourcen sein, zum<br />

Beispiel über Systeme in <strong>der</strong> Landwirtschaft, die<br />

per Bil<strong>der</strong>kennung selbstständig entscheiden, <strong>wo</strong><br />

auf dem Acker Unkrautvernichtungsmittel<br />

eingesetzt werden müssen und <strong>wo</strong> nicht.<br />

15


Kommt die Welt noch ohne KI aus?<br />

Vieles ist ohne nicht mehr denkbar, sagt Koppe –<br />

es würde zumindest einiges deutlich schlechter<br />

funktionieren, als es das jetzt tut. Automatische<br />

Schalter am Flughafen, Übersetzungsservices <strong>im</strong><br />

Internet, vieles, was selbstredend jeden Tag<br />

genutzt wird, wäre ohne KI nicht möglich. Die<br />

Frage ist, ob <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> da überhaupt noch<br />

mitkommt, ob die „natürliche“ Intelligenz mit <strong>der</strong><br />

Geschwindigkeit <strong>der</strong> Entwicklung von künstlicher<br />

Intelligenz mithalten kann. <strong>Und</strong> macht die<br />

Maschine den <strong>Mensch</strong>en irgendwann überflüssig<br />

– sprich, fällt <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>, zum Beispiel, wenn es<br />

um Jobs geht, aus <strong>der</strong> Gleichung?<br />

Weg fällt <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> sicher nicht – zumindest<br />

nicht überall – aber die Arbeit wird sich<br />

verschieben. Die Dinge, die Maschinen schneller,<br />

effizienter und fehlerfreier erledigen können,<br />

monotone, <strong>im</strong>mer gleiche und unkreative<br />

Arbeiten beispielsweise, die könnte in vielen<br />

Bereichen Kollege Roboter übernehmen. Aber es<br />

gebe nun mal auch eine generelle Angst vor <strong>der</strong><br />

Entwicklung künstlicher Intelligenz, sagt<br />

Wissenschaftlerin Koppe. Man könne sich das<br />

irgendwie noch nicht so genau vorstellen, es sei<br />

für viele eine nicht abschätzbare Entwicklung.<br />

Ähnlich war das auch bei den Anfängen des<br />

Smartphones, nun <strong>wo</strong>lle man es nicht mehr<br />

hergeben. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt<br />

Prof. Dr. Norbert Lammert in einer Studie für die<br />

Konrad-Adenauer-Stiftung: Demnach bestehe<br />

zwar kein Grund zur Panikmache vor einer<br />

vermeintlichen Massenarbeitslosigkeit, doch<br />

„intelligente“ Maschinen würden künftig<br />

zumindest einzelne Tätigkeiten in etablierten<br />

Berufen übernehmen. <strong>Das</strong> for<strong>der</strong>e von den<br />

<strong>Mensch</strong>en neue Fertigkeiten.<br />

Die positive Seite <strong>der</strong> Medaille: Mehr Zeit zum<br />

Leben<br />

KI-Systeme, die zeitraubende Aufgaben<br />

übernehmen, schaffen aber auch Platz: Platz, um<br />

<strong>im</strong> Job beispielsweise mehr Zeit für an<strong>der</strong>e<br />

Aufgaben zu nutzen, Dinge zu opt<strong>im</strong>ieren, kreativ<br />

zu sein. „Ich glaube, KI kann uns enorm<br />

unterstützen, unsere Ziele zu erreichen,“ betont<br />

Koppe. Ein gutes Beispiel sei so etwas wie eine<br />

Waschmaschine, die brauchen wir nicht, um<br />

unsere Wäsche zu waschen, das könnten wir auch<br />

per Hand tun, es spart aber jede Menge Zeit und<br />

Arbeit. <strong>Und</strong> das werde auch die Gesellschaft<br />

verän<strong>der</strong>n und die Arbeitswirklichkeit vieler<br />

<strong>Mensch</strong>en verän<strong>der</strong>n. Koppe sieht da vor allem<br />

Zuwächse <strong>im</strong> Dienstleistungssektor, viel Zeit<br />

werde auch in die Steuerung von Maschinen und<br />

KI-Systemen gehen – und es könnte <strong>im</strong> Opt<strong>im</strong>alfall<br />

auch einfach mehr Zeit für den <strong>Mensch</strong>en frei<br />

werden, z. B. in <strong>der</strong> Pflege o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Medizin, <strong>wo</strong><br />

sich Ärzte vielleicht dadurch, dass ihnen die KI<br />

einfache Aufgaben abn<strong>im</strong>mt und Prozesse<br />

opt<strong>im</strong>iert, mehr Zeit für ihre Patienten nehmen<br />

können.<br />

Welcher Ethik folgt denn eine Maschine?<br />

In einem aktuellen Positionspapier <strong>der</strong><br />

16


Bundesregierung heißt es: „Wichtige Fragen sind<br />

vor allem die Standardisierung von Begriffen und<br />

Klassifizierungen von KI (D<strong>im</strong>ensionen <strong>der</strong><br />

Selbstständigkeit, Selbstständigkeit des Lernens,<br />

mit KI verbundene Risiken) sowie auch von<br />

ethischen Standards („ethics by Design“).“<br />

Auch Studien beschäftigen sich mit dieser<br />

Fragestellung – die Bertelsmann Stiftung setzt sich<br />

zum Beispiel <strong>im</strong> Projekt „Ethik <strong>der</strong> Algorithmen“<br />

mit den gesellschaftlichen Folgen algorithmischer<br />

Entscheidungsfindung auseinan<strong>der</strong>. Dort heißt es:<br />

Nicht das technisch Mögliche, son<strong>der</strong>n das<br />

gesellschaftlich Sinnvolle muss Leitbild sein –<br />

damit maschinelle Entscheidungen den <strong>Mensch</strong>en<br />

dienen.<br />

Für Koppe ist das eine schwierige Frage. <strong>Das</strong> eine<br />

sei die Angst vor Maschinen, die wie <strong>Mensch</strong>en<br />

handeln sollen: „Wenn ich ein System habe, das<br />

eine Entscheidung treffen kann, sagen wir mal in<br />

<strong>der</strong> Medizin, <strong>wo</strong> es um eine best<strong>im</strong>mte Diagnose<br />

und Behandlungsmethode geht, soll ein Patient<br />

diese o<strong>der</strong> jene Behandlung bekommen, soll er<br />

überhaupt eine Behandlung bekommen?“ - dann<br />

ist ein häufiges Argument, dass man nicht weiß,<br />

warum die Maschine genau diese Entscheidung<br />

getroffen hat. „<strong>Das</strong> ist eine Blackbox, da gehen<br />

Informationen rein und da kommt eine<br />

Entscheidung heraus, aber keiner weiß, wie es<br />

dazu gekommen ist“.<br />

sagt Koppe: „Wenn man überlegt, dass <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong> eine Entscheidung trifft, <strong>der</strong> fehleranfällig<br />

entscheidet, von seinen St<strong>im</strong>mungen abhängig ist,<br />

<strong>der</strong> selbst ein tiefes neuronales Netz ist, da<br />

können wir ebenfalls nicht genau sagen, warum er<br />

seine Entscheidung so getroffen hat.“<br />

Viele Entscheidungen, die wir treffen werden laut<br />

Koppe ohnehin durch unbewusste Prozesse<br />

beeinflusst, insofern trifft das Argument da auch<br />

zu. Man müsse sich fragen: Wenn man wisse, dass<br />

die Maschine in so einem Fall in 90 % <strong>der</strong> Fälle<br />

richtig liege, <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> nur in 80 %, warum solle<br />

man den <strong>Mensch</strong>en dann favorisieren? Aber am<br />

Ende seien die Argumente für o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong> gar nicht<br />

so entscheidend, viel wichtiger sei in Bezug auf<br />

künstliche Intelligenz einen<br />

gesamtgesellschaftlichen Konsens zu finden.<br />

Können wir einer Maschine diese Verant<strong>wo</strong>rtung<br />

geben o<strong>der</strong> müsste man da eingreifen? Schwierig<br />

17


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

<strong>Mensch</strong> und Maschine: Von<br />

Chancen und Risiken einer<br />

Von Annemike Düvel<br />

Nach <strong>der</strong> industriellen Revolution stecken wir nun<br />

mitten in einer digitalen Revolution – mit noch<br />

vielen weitreichenden Folgen! So lautet die<br />

Prognose von Jörg Heynkes. Seine These: Die Welt<br />

ist nur digital zu retten – o<strong>der</strong> gar nicht. Der<br />

erfolgreiche Unternehmer, Speaker und Autor<br />

zeichnet in seinem Buch „Zukunft 4.1“ das<br />

faszinierende Bild einer Zukunft, die wesentlich<br />

von Künstlicher Intelligenz und Algorithmen<br />

gesteuert wird. Wobei: diese Zukunft ist eigentlich<br />

schon Gegenwart!<br />

„Wir sind in unserem täglichen Leben von<br />

Robotern umgeben, auch wenn wir das oft gar<br />

nicht wahrnehmen“, erklärt Heynkes. „Jede<br />

Maschine, die uns eine Arbeit abn<strong>im</strong>mt, ist ein<br />

Roboter. <strong>Das</strong> gilt für die Spülmaschine genauso<br />

wie für den Kaffeevollautomaten. Interessant wird<br />

es, wenn <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Künstlichen Intelligenz<br />

(KI) dazukommt. Die KI spielt sich in <strong>der</strong> Software<br />

von Maschinen ab und basiert auf selbstlernenden<br />

Algorithmen. Ein gutes Beispiel dafür ist das<br />

Sprachvervollständigungssystem unserer<br />

Smartphones. Dieses System lernt beständig<br />

weiter und passt sich seinem Benutzer an.<br />

Die meisten <strong>Mensch</strong>en merken gar nicht, wie viel<br />

KI sie umgibt“, weiß Unternehmer Heynkes. Aus<br />

seiner Sicht ist die Künstliche Intelligenz <strong>der</strong><br />

Kernpunkt <strong>der</strong> digitalen Revolution. Wird KI mit<br />

<strong>der</strong> entsprechenden Technik verbunden, ergeben<br />

sich ungeahnte Möglichkeiten, so Heynkes: „Wir<br />

könnten zum Beispiel bald alle einen Butler haben<br />

- also einen Roboter, <strong>der</strong> uns den Müll<br />

hinausbringt, die Spülmaschine ausräumt o<strong>der</strong> die<br />

Wasserkisten in den Keller trägt. Weitere<br />

Anwendungen sind z.B. Drohnen, die Waren<br />

transportieren und Essen ausliefern o<strong>der</strong> Autos,<br />

die autonom steuern.“<br />

Schwarmmobilität: Zukunftsvision o<strong>der</strong><br />

bald schon Realität?<br />

So utopisch, wie diese Möglichkeiten auf den<br />

ersten Blick erscheinen, sind sie gar nicht, erklärt<br />

Heynkes: „Die Technik ist bereits vorhanden. Die<br />

Frage ist also nicht mehr, ob diese Entwicklung<br />

wirklich kommt, son<strong>der</strong>n nur wann!“ Aus seiner<br />

Sicht bietet die Digitalisierung enorme Chancen,<br />

wenn sie konsequent genutzt wird.<br />

Sonnenenergie statt Kohle, Roboter statt<br />

Routineaufgaben, Nahrungsmittel aus <strong>der</strong><br />

Petrischale und urbanen Farmen.<br />

Auch für den drohenden Mobilitätsinfarkt sieht<br />

<strong>der</strong> Autor eine digitale Lösung: Etwa 50 bis 100<br />

Stunden stehen Autofahrer weltweit pro Jahr <strong>im</strong><br />

Stau – verschenkte Lebenszeit. Zudem gefährdet<br />

die mobile Lawine Umwelt und Gesundheit, sorgt<br />

für Chaos in den Städten, für Feinstaubbelastung<br />

und Verkehrstote. Heynkes Prognose: Der heutige<br />

Individualverkehr wird in wenigen Jahren einer<br />

Schwarmmobilität Platz gemacht haben. „90% <strong>der</strong><br />

Fahrzeuge werden dann gar nicht mehr<br />

gebraucht, <strong>der</strong> Rest ist autonom unterwegs – und<br />

das ununterbrochen“, so Heynkes. „Wenn Sie<br />

irgend<strong>wo</strong> hinfahren möchten, rufen Sie einfach<br />

18


digitalen Welt<br />

19


per Handy ein Schwarmmobil und lassen sich zur<br />

Arbeit fahren o<strong>der</strong> zu Ihrem Lieblingsitaliener.<br />

<strong>Und</strong> da die Wagen autonom fahren, können Sie in<br />

<strong>der</strong> Zeit an<strong>der</strong>e Dinge tun.“ Weitere Vorteile: Ein<br />

großer Teil <strong>der</strong> jetzt benötigten Flächen zum<br />

Parken fällt weg, die Fahrzeuge werden opt<strong>im</strong>al<br />

genutzt und auch Ältere, Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en<br />

mit Handicap könnten die Schwarmmobile nutzen.<br />

Heynkes Vision: „Sie buchen eine Mobilitätsflat,<br />

genauso wie für Telefonate o<strong>der</strong><br />

Fernsehangebote. Der Betreiber versorgt Sie dafür<br />

auf Wunsch je<strong>der</strong>zeit mit einem Fahrzeug, das Sie<br />

nicht tanken, waschen o<strong>der</strong> reparieren müssen.<br />

Sie müssen nur einsteigen.“<br />

„<strong>Das</strong> werden wir erkämpfen müssen!“<br />

Doch die Entwicklung birgt nicht nur Chancen,<br />

son<strong>der</strong>n auch Risiken, dessen ist sich <strong>der</strong><br />

Unternehmer bewusst: „Man könnte sagen: Wir<br />

verlieren die Kontrolle. Wir wissen heute nicht,<br />

was mit unseren Daten geschieht. Wir haben<br />

keinen Einfluss. Deshalb müssen wir uns in eine<br />

Position bringen, in <strong>der</strong> wir aktiv steuern können.<br />

<strong>Das</strong> kann nur auf politischer Ebene erreicht<br />

werden!<br />

Heynkes gibt ein Beispiel: „Die Google-Tochter<br />

Waymo, die bereits seit Jahren Technologien zum<br />

autonomen Fahren von Fahrzeugen entwickelt,<br />

will ihr Betriebssystem verkaufen. Für dieses<br />

Betriebssystem verkauft sie eine Lizenz an die<br />

Betreiber eines Mobilitätsschwarms, z.B. an die<br />

Wuppertaler Stadtwerke. Die stellen 25.000<br />

Mobile auf die Straße und machen ihrerseits<br />

Verträge mit ihren Kunden. Nun ist es Sache des<br />

Gesetzgebers, für faire Bedingungen zwischen<br />

Waymo und dem Schwarmbetreiber bzw. seinen<br />

20


diese Arbeitsentlastung gelinge nur, wenn die<br />

Gesellschaft an <strong>der</strong> Wertschöpfung durch Robotik<br />

und KI angemessen beteiligt würde.<br />

Unternehmer, Speaker und Autor Jörg Heynkes<br />

Foto: © André Bakker<br />

Kunden herzustellen.“ <strong>Das</strong> bedeute<br />

beispielsweise, so Heynkes, dass die<br />

Rahmenbedingungen es nicht erlauben dürften,<br />

best<strong>im</strong>mte Kunden einfach nicht mitzunehmen –<br />

weil sie beispielsweise „falsch“ gewählt o<strong>der</strong><br />

kritisch gepostet haben.<br />

„Es darf nicht passieren, dass ein best<strong>im</strong>mtes<br />

Wohlverhalten eingefor<strong>der</strong>t wird, damit Dienste<br />

genutzt werden können. Wenn wir <strong>wo</strong>llen, dass so<br />

etwas nicht passiert, müssen wir uns kümmern.<br />

Wir werden das erkämpfen müssen! Solche<br />

Fragen lassen sich nur auf politischer Ebene lösen;<br />

und das nicht nur national, son<strong>der</strong>n europäisch.“<br />

Der Umgang mit <strong>der</strong> neuen Technik und die<br />

daraus resultierenden gesellschaftlichen Fragen<br />

müssen politisch entschieden werden, ist sich<br />

Heynkes sicher. „Die Technik ist da. Keine Technik<br />

seit Erfindung des Feuer ist je wie<strong>der</strong><br />

verschwunden. Gibt es eine Technik, wird sie auch<br />

genutzt. Die Frage ist jetzt, wie.“<br />

Wertschöpfung für die Gesellschaft<br />

sichern<br />

Doch es ist alles auch eine Frage <strong>der</strong><br />

Betrachtungsweise, findet Heynkes. „Dank<br />

digitaler Technik wird es möglich, dass wir uns von<br />

sinnentleerten, stumpfsinnigen Tätigkeiten<br />

befreien. Vielleicht arbeiten wir bald alle nur noch<br />

15 Stunden die Woche und haben so weitaus<br />

mehr Zeit für unsere eigene Entfaltung.“ Auch hier<br />

kommen wie<strong>der</strong> gesellschaftliche und damit<br />

politische Fragen ins Spiel, betont Heynkes. Denn<br />

„Wenn in Deutschland 50 Millionen Roboter<br />

arbeiten, die keine Lohnsteuer, keine<br />

Sozialabgaben und keine Rente zahlen, sind wir<br />

bald am Ende. Die Wertschöpfung durch die<br />

geleistete Arbeit findet ja trotzdem statt. Also<br />

müssen Politik und Gesellschaft entscheiden, wie<br />

die Verteilung stattfinden kann: über eine<br />

Roboter- o<strong>der</strong> Algorithmussteuer o<strong>der</strong> über eine<br />

Finanztransaktionssteuer? Da gibt es noch keine<br />

perfekte Lösung, son<strong>der</strong>n diese Aufgabe muss<br />

kreativ angegangen werden.“ Ein fairer Anteil<br />

müsse in die Gesellschaft zurückfließen, damit alle<br />

davon profitieren können, betont Heynkes.<br />

Soll die digitale Revolution nicht in einem digitalen<br />

Desaster enden, ist es dringend nötig, die<br />

Entwicklungen und Prozesse zu kontrollieren. Jörg<br />

Heynkes ist sicher: „Wir brauchen klare Grenzen,<br />

in denen sich KI bewegen darf. Die Technik ist<br />

<strong>im</strong>mer nur so gut o<strong>der</strong> schlecht wie ihr Anwen<strong>der</strong>.<br />

Also ist die Frage nicht: Wie schützen wir uns vor<br />

<strong>der</strong> Technik? Son<strong>der</strong>n: Wie schützen wir uns vor<br />

bösartigen Anwen<strong>der</strong>n? Politik und Gesellschaft<br />

müssen sich dringend diesen Fragen stellen,<br />

müssen Geld in die Hand nehmen, Kompetenzen<br />

entwickeln, Debatten führen und Strategien,<br />

Leitlinien und Gesetze entwickeln – damit wir alle<br />

von <strong>der</strong> digitalen Revolution profitieren.“<br />

<strong>Das</strong> Buch “Zukunft 4.1” von Jörg Heynkes finden<br />

Sie in unseren Buchtipps ab Seite 80.<br />

Annemike Düvel hatte <strong>im</strong>mer die Nase in einem<br />

Buch… So war es bei mir schon als Kind! Was liegt da<br />

näher, als vom Lesen zum Schreiben zu kommen? So<br />

stand mein Berufswunsch „Journalistin“ schon sehr<br />

früh fest. Heute betreue ich als Journalistin, Texterin,<br />

Coach und Trainerin einen breit gefächerten<br />

Kundenstamm und freue mich jeden Tag wie<strong>der</strong> über<br />

die Vielfalt an Themen und Aufträgen.<br />

21


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Digital: Chance für eine<br />

gen<strong>der</strong>gerechte Arbeitswelt<br />

22


Von Valentina Da Col<br />

Der digitale Wandel ist in vollem Gange und hält<br />

so<strong>wo</strong>hl <strong>im</strong> privaten als auch <strong>im</strong> beruflichen Alltag<br />

Einzug. Neue technologiebasierte Arbeitsplätze<br />

entstehen, neue Arbeitsmodelle setzen sich durch<br />

und verän<strong>der</strong>n unser Verständnis von Arbeit<br />

grundlegend. Gerade in den technikgetriebenen<br />

Branchen, wie <strong>der</strong> Industrie und <strong>der</strong> IT, ist dies<br />

deutlich zu spüren. Die digitale Transformation<br />

und die damit verbundenen<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse können gerade für Frauen<br />

enorme Chancen für eine gen<strong>der</strong>gerechte<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitswelt bergen. Denn die<br />

Weichen werden neu gestellt und ermöglichen es,<br />

sich in bislang männerdominierten Branchen zu<br />

etablieren.<br />

Neue kommunikative und soziale Fähigkeiten<br />

sind gefragt!<br />

In einer digitalen Welt übernehmen <strong>im</strong>mer mehr<br />

Maschinen und Roboter komplexe und technische<br />

Arbeitsvorgänge. Dies bedeutet <strong>im</strong><br />

Umkehrschluss, dass Arbeitsinhalte sich hin zu<br />

administrativen und koordinierenden Aufgaben<br />

wie Projektmanagement o<strong>der</strong> Community<br />

Management entwickeln. Laut <strong>der</strong><br />

Handlungsbroschüre „Frauen in <strong>der</strong> digitalen<br />

Arbeitswelt“ von Dr. Kira Marrs und Anja<br />

Bultemeier, zählen in Zukunft vor allem<br />

kaufmännische Kenntnisse, Koordinations- bzw.<br />

Kommunikationsfähigkeiten sowie soziale<br />

Kompetenzen. Fähigkeiten, die es insbeson<strong>der</strong>e<br />

Frauen erleichtern, in bislang männerdominierten<br />

Branchen Fuß zu fassen. Denn soziale Fähigkeiten<br />

wie Empathie werden so schnell nicht von<br />

künstlichen Intelligenzen übernommen werden<br />

können.<br />

Die Rolle von Führungskräften wird neu definiert<br />

Was früher selbstständig entschieden werden<br />

konnte, muss heute, aufgrund <strong>der</strong> steigenden<br />

Komplexität, <strong>im</strong> Team erfolgen. Die Zeiten von<br />

fachlicher Autorität und strengen Hierarchien<br />

neigen sich dem Ende zu. Zukünftig müssen sich<br />

auch Führungskräfte dem Großen und Ganzen<br />

unterordnen. Entscheidungen bedürfen <strong>der</strong><br />

Expertise mehrerer Mitarbeiter. Führung wird zu<br />

einer kollektiven Aufgabe, die es auch Frauen<br />

ermöglicht, durch Teamfähigkeit und<br />

Kommunikationsstärke Führungsaufgaben zu<br />

übernehmen, so Soziologin Dr. Kira Marrs.<br />

Mehr Mobilität und Flexibilität am Arbeitsplatz<br />

Ob zuhause am Küchentisch, <strong>im</strong> Café o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Zug -<br />

durch mobile Kommunikations- und<br />

Kollaborationsmöglichkeiten steht <strong>der</strong> Arbeit auch<br />

außerhalb des Büros nichts mehr <strong>im</strong> Weg. Dies<br />

eröffnet Frauen die Möglichkeit, Familie, Freizeit<br />

und Beruf zu vereinbaren und somit die<br />

Work-Life-Balance aufrecht zu erhalten, ohne<br />

Einbußen in ihrer Karriere machen zu müssen.<br />

23


Trotz <strong>der</strong> neuen Karrierechancen, die sich <strong>im</strong> Zuge<br />

<strong>der</strong> Digitalisierung für Frauen ergeben, müssen<br />

diese Verän<strong>der</strong>ungen zunächst aktiv mitgestaltet<br />

werden. Denn um den digitalen Wandel für ihre<br />

Karriere nutzen zu können, wird auch von Frauen<br />

ein Umdenken und eine Neuausrichtung<br />

gefor<strong>der</strong>t. Dabei ist die Sichtbarkeit sowie ein<br />

entsprechendes Netzwerk, neben <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> eigenen Stärken und Talenten, <strong>der</strong><br />

entscheidende Erfolgsfaktor.<br />

Netzwerk- und Karriereveranstaltungen wie <strong>der</strong><br />

WomenPower Kongress <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />

HANNOVER MESSE unterstützen Frauen auf ihrem<br />

persönlichen Karriereweg in Zeiten <strong>der</strong> digitalen<br />

Transformation. Vom 4. bis 5. <strong>April</strong> <strong>2019</strong> erleben<br />

Studierende, BerufseinsteigerInnen und weibliche<br />

Fach- und Führungskräfte hier zwei Tage voller<br />

Inspiration, praxisnaher Workshops und<br />

Erfolgsgeschichten zu aktuellen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> gegenwärtigen und<br />

zukünftigen Arbeitswelt. Ziel ist es Frauen die<br />

Möglichkeit zu geben, ihre Potenziale zu<br />

entwickeln und die gegenwärtigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

als Chance zu begreifen. Mit über 1.400<br />

TeilnehmerInnen ist <strong>der</strong> WomenPower Kongress<br />

die etablierteste Netzwerk- und<br />

Diskussionsplattform für Frauen in <strong>der</strong> Industrie.<br />

Werde auch Du ein Teil davon und erhalte das<br />

Rüstzeug für Deine persönliche Erfolgsgeschichte!<br />

Mehr erfahren: www.<strong>wo</strong>menpower.kongress.de<br />

24


Anzeige Korden<br />

25


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Kollege Roboter: Erleichterung ohne Risiken?<br />

Software-Automatisierung bietet Unternehmen zahlreiche Chancen – bei guter<br />

Umsetzung<br />

Von Alexan<strong>der</strong> Steiner<br />

Robotic Process Automation (RPA) bringt viele<br />

Vorteile mit sich: schnellere Abläufe,<br />

Effizienzsteigerung, Fehlermin<strong>im</strong>ierung, niedrigere<br />

Kosten. Doch wie <strong>der</strong> menschliche Kollege kann<br />

auch <strong>der</strong> Bot ausfallen, mit ähnlichen Folgen wie<br />

bei einem erkrankten Mitarbeiter: Aufgaben<br />

bleiben unbearbeitet liegen, Prozesse geraten ins<br />

Stocken und bescheren <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall ein<br />

wirtschaftliches Defizit. Bei neuen Technologien<br />

stellt sich generell die Frage, wie sie sich in einen<br />

sicheren, kontrollierten Kontext setzen lassen.<br />

Denn <strong>im</strong>mer dann, wenn technische<br />

Anwendungen o<strong>der</strong> Infrastrukturen die<br />

Tätigkeiten von <strong>Mensch</strong>en übernehmen, müssen<br />

die Risiken dafür bekannt und entsprechende<br />

Kontrollmechanismen eingerichtet sein. Eine<br />

vorausschauende Risikosteuerung in den<br />

gesamten RPA-Lebenszyklus einzubeziehen, hilft<br />

Unternehmen dabei, schnelle und sichere<br />

Lösungen bei eventuell auftretenden Problemen<br />

o<strong>der</strong> spontanen Sicherheitsfragen umzusetzen.<br />

Vertretung: Kollege Roboter<br />

Mithilfe von RPA lassen sich ehemals manuell<br />

ausgeführte Geschäftsprozesse teilweise o<strong>der</strong><br />

komplett automatisieren. Dabei agiert <strong>der</strong><br />

Software-Bot wie ein Mitarbeiter, <strong>der</strong> morgens ins<br />

Büro kommt – er arbeitet am selben Schreibtisch<br />

die gleichen Aufgaben ab. Als Urlaubsvertretung<br />

beant<strong>wo</strong>rtet er E-Mails, <strong>im</strong> einfachsten Fall in<br />

Form einer automatisierten Abwesenheitsnotiz. In<br />

solchen Fällen denken jedoch viele nicht an RPA,<br />

auch wenn es hier streng genommen schon zum<br />

Einsatz kommt. Erst bei komplexeren<br />

Anwendungsfällen, wenn kontextbezogen auf<br />

Inhalte von Nachrichten reagiert werden muss,<br />

rückt <strong>der</strong> Gebrauch von Robotern in den Fokus.<br />

Diese öffnen dann beispielsweise E-Mails <strong>im</strong><br />

Posteingang, extrahieren Anhänge und übertragen<br />

Informationen in das<br />

Customer-Relationship-Management-System des<br />

Unternehmens. Durch RPA lassen sich sämtliche<br />

verwaltende Tätigkeiten in ganz verschiedenen<br />

Geschäftsbereichen automatisieren, die<br />

wie<strong>der</strong>holt auftreten und oftmals auch mehr als<br />

einen Prozessschritt umfassen. Dabei wird die<br />

Software in den meisten Fällen auf die<br />

Automatisierung eines Desktops und die darauf<br />

installierten Applikationen eingegrenzt. Die Größe<br />

eines Unternehmens, <strong>der</strong> Fachbereich,<br />

beziehungsweise die Abteilung, sowie die zu<br />

bedienenden Applikationen spielen be<strong>im</strong> Einsatz<br />

von RPA keine Rolle – es lohnt sich überall dort,<br />

<strong>wo</strong> Mitarbeiter ihre Kernkompetenzen aufgrund<br />

repetitiver Tätigkeiten nicht gezielt einsetzen<br />

können.<br />

Vielfältiges Einsatzgebiet<br />

Je stärker Arbeitskräfte entlastet werden, desto<br />

mehr Zeit <strong>bleibt</strong> zur effektiven Planung des<br />

Arbeitsalltags. Infolgedessen lässt sich auch das<br />

Innovationspotenzial eines Unternehmens<br />

deutlich steigern. Nicht zuletzt schaffen die<br />

Verant<strong>wo</strong>rtlichen durch flexiblere Arbeitsplätze<br />

eine zufriedenheitssteigernde Work-Life-Balance.<br />

26


lassen sich Anfragen zeitnah bearbeiten und<br />

beant<strong>wo</strong>rten. Findet <strong>der</strong> Bot eigenständig keine<br />

Lösung, leitet er das Problem direkt an einen<br />

menschlichen Kollegen weiter.<br />

Trugschluss Ausfallsicherheit<br />

RPA kann dabei auf unterschiedliche Weise<br />

helfen: Zum Beispiel findet bei den typischen,<br />

großen Versicherern in Deutschland aktuell ein<br />

Großteil <strong>der</strong> Kommunikation noch nicht über das<br />

Webportal statt, son<strong>der</strong>n traditionell telefonisch<br />

o<strong>der</strong> schriftlich. N<strong>im</strong>mt <strong>der</strong> Kunde gleich mehrere<br />

Produkte in Anspruch, wird es kompliziert und<br />

schon eine einfache Adressän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong><br />

Anpassung <strong>der</strong> Zahlungsmodalitäten generiert<br />

einen enormen Aufwand. Solche Fälle bieten<br />

großes Potenzial für den Einsatz von RPA, denn<br />

entsprechende Backendprozesse haben sich hier<br />

noch nicht etabliert. Die Lösung ist schnell<br />

umsetzbar und bringt, von <strong>der</strong> ersten<br />

automatisierten Abarbeitung an, Ersparnisse in<br />

Hinblick auf Zeit und Geld. Software-Roboter<br />

übertragen Kundendaten und unterstützen bei<br />

an<strong>der</strong>en Routineaufgaben <strong>im</strong> Backoffice: bei <strong>der</strong><br />

Bearbeitung von Beschwerden, Kündigungen<br />

sowie Retouren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versendung von<br />

Auftragsbestätigungen, <strong>wo</strong>durch diese schneller<br />

be<strong>im</strong> Käufer eingehen. Mithilfe von Chatbots<br />

Durch die Vielseitigkeit von RPA und damit in<br />

Zusammenhang stehende Aussagen des<br />

Marketings wie „Roboter können nicht krank<br />

werden und arbeiten rund um die Uhr“ lassen sich<br />

Anwen<strong>der</strong> aber auch schnell in die Irre führen.<br />

Denn auch bei Hardware und Applikationen, die<br />

durch Software-Roboter bedient werden,<br />

passieren Fehler mit ähnlichen Auswirkungen, wie<br />

sie eine Krankheit bei menschlichen Mitarbeitern<br />

hätte. Bei einem Bot kann sich ein Stillstand, etwa<br />

in Bezug auf die Dauer, wie die Abwesenheit eines<br />

Angestellten auswirken. Schl<strong>im</strong>mer noch: Handelt<br />

es sich um einen Ausfall infolge äußerer<br />

Umstände, wie gravierende Än<strong>der</strong>ungen an<br />

Applikationen o<strong>der</strong> am Prozessverlauf, fallen in<br />

<strong>der</strong> Regel alle Roboter aus. Dieses Szenario<br />

kommt einer Grippewelle gleich. Kunden<br />

interessiert es in <strong>der</strong> Regel nicht, ob jemand krank<br />

ist o<strong>der</strong> Urlaub hat, wenn es um die Auswirkungen<br />

auf Geschäftsprozesse geht – beispielsweise<br />

Nichtverfügbarkeit durch Ausfall. Zur Krankheit<br />

eines Bots führen zum Beispiel Än<strong>der</strong>ungen an zu<br />

automatisierenden Applikationen, die vorab nicht<br />

kommuniziert wurden. Virtuelle Helfer führen<br />

zuverlässig genau die Schritte aus, die ein <strong>Mensch</strong><br />

ihnen zuvor antrainiert hat – fehlerhafte Vorarbeit<br />

bedeutet schl<strong>im</strong>mstenfalls, dass <strong>der</strong><br />

27


Software-Roboter eine Aktion tausendfach falsch<br />

ausführt.<br />

Risikomanagement einführen<br />

Um Szenarien wie diese zu vermeiden, bietet sich<br />

ein umfangreiches Risikomanagement bei <strong>der</strong><br />

Einführung von RPA an: Denn nur wer die<br />

möglichen Gefahren kennt und aktiv<br />

gegensteuert, profitiert von zahlreichen Vorteilen,<br />

die die Automation mit sich bringt – etwa<br />

schnellere Prozessabwicklungen, sinkende Kosten<br />

und eine Entlastung <strong>der</strong> Mitarbeiter.<br />

Beispielsweise vermeidet die Einbindung <strong>der</strong><br />

Roboterentwicklung und -pflege in das<br />

Release-Management <strong>der</strong> zu bedienenden<br />

Systeme und Applikationen einen plötzlichen<br />

Ausfall. Bereits während <strong>der</strong> Einführungsplanung<br />

wird <strong>der</strong> Roboter angepasst, getestet und am<br />

Stichtag eine aktualisierte Version mit neuem<br />

Release <strong>der</strong> zu bedienenden Applikation<br />

ausgerollt. Ein nachträglich eingeführtes<br />

Risikomanagement stellt in <strong>der</strong> Regel eine größere<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar als eine Initiierung mit dem<br />

Start des Automatisierungsprojekts. Beson<strong>der</strong>e<br />

Unsicherheiten existieren rund um den<br />

Datenschutz o<strong>der</strong> veraltete IT-Infrastrukturen. Als<br />

hilfreich erweist sich oftmals die Einbeziehung<br />

aller beteiligten und betroffenen Mitarbeiter<br />

sowie die Betrachtung je<strong>der</strong> einzelnen<br />

Lebensphase einer Softwarelösung. Die<br />

strategische Steuerung <strong>der</strong> Risiken bildet einen<br />

elementaren Projektbestandteil und betrifft damit<br />

über die IT-Abteilung hinaus auch das<br />

28


Management. In vielen Fällen lässt sich RPA auch<br />

selbst für die Kontrollprozesse einsetzen, denn<br />

diese sind in <strong>der</strong> Regel wie<strong>der</strong>kehrend und<br />

basieren auf <strong>der</strong> Nutzung verschiedener Systeme<br />

und Tabellen.<br />

Nachhaltige Effektivität erzeugen<br />

Identifikation <strong>der</strong> Risiken zum einen und<br />

regelmäßige Überprüfungen zum an<strong>der</strong>en stellen<br />

die zentralen Punkte einer umfassenden<br />

Automatisierungsstrategie dar. Unternehmen<br />

stehen auf <strong>der</strong> sicheren Seite, wenn sie von<br />

Beginn an ein Konzept zur Umsetzung erarbeiten<br />

und Verant<strong>wo</strong>rtungen klar verteilen – so bleiben<br />

ein späterer Mehraufwand o<strong>der</strong> teure<br />

Nachrüstungen in <strong>der</strong> Regel aus. So<strong>wo</strong>hl das<br />

Management als auch die von <strong>der</strong><br />

Automatisierung betroffenen Mitarbeiter müssen<br />

an dem Projekt mitwirken und sich einbringen.<br />

Auf diese Weise lassen sich auch die Skepsis<br />

gegenüber <strong>der</strong> neuen Technologie und die Angst,<br />

einfach durch den virtuellen Kollegen ersetzt zu<br />

werden, ausräumen. Darüber hinaus bilden die<br />

Koordination und <strong>der</strong> Austausch nach <strong>der</strong><br />

Produktivsetzung zwischen den involvierten<br />

Stakehol<strong>der</strong>n wichtige Bausteine für nachhaltigen<br />

Erfolg be<strong>im</strong> Einsatz von RPA.<br />

Nur wenn alle an einem Strang ziehen und <strong>der</strong><br />

sichere Ablauf aller Prozesse gewährleistet ist,<br />

arbeiten die Software-Roboter gesund und<br />

munter ihre Aufgaben ab und bieten eine<br />

langfristige Bereicherung für das Unternehmen<br />

und die Mitarbeiter.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter<br />

www.metaproc.com.<br />

Der Autor<br />

Alexan<strong>der</strong> Steiner ist Chief Solution Architect <strong>der</strong><br />

meta:proc GmbH in Köln und übersetzt<br />

Kundenanfor<strong>der</strong>ungen in technisch umsetzbare<br />

Lösungen. Dabei nutzt er zuvor gemeinsam<br />

entwickelte Strategien, um die<br />

RPA-Implementierung opt<strong>im</strong>al und möglichst<br />

nahtlos in eine existierende Unternehmens- und<br />

Prozesslandschaft einzubetten.<br />

meta:proc GmbH<br />

Als Spezialist für Automatisierungssoftware nutzt<br />

die meta:proc GmbH mo<strong>der</strong>nste Technik und die<br />

eigene Expertise, um Arbeitsabläufe durch<br />

Prozessautomatisierung effizienter zu gestalten.<br />

Mit dem e:Agent entwickelte das Start-up mit Sitz<br />

in Köln und Bonn eine ganzheitliche<br />

Implementierungslösung für intelligente<br />

Prozessautomatisierungen. Neben den<br />

systemtechnischen Strukturen bietet meta:proc<br />

einen individuellen Service von ersten Gesprächen<br />

über die Bedarfsanalyse und Entwicklung bis hin<br />

zur Implementierung sowie einen weitreichenden<br />

Product-Support. Der e:Agent läuft in allen<br />

Windows-, MacOS-, Unix- und virtuellen<br />

Umgebungen und lässt sich zudem remote<br />

verwalten.<br />

29


30


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Technische Entwicklungen: Ein<br />

zweischneidiges Schwert<br />

Ilijana Vavan, Europa-Chefin des Softwareunternehmens<br />

Kaspersky, <strong>im</strong> Interview zu Digitalisierung, Cyberkr<strong>im</strong>inalität<br />

und ihrer Rolle als Chefin eines weltweit arbeitenden<br />

Konzerns.<br />

Frau Vavan, Sie sind seit einem guten Jahr<br />

Europachefin von Kaspersky, das klingt nach viel<br />

Verant<strong>wo</strong>rtung. Wie haben Sie sich in Ihrer<br />

Position zurechtgefunden?<br />

Ich freue mich sehr, dass ich zu Kaspersky Lab in<br />

einer sehr spannenden und herausfor<strong>der</strong>nden Zeit<br />

zurückgekehrt bin, um eine tragende Rolle bei <strong>der</strong><br />

Gestaltung einer erfolgreichen Zukunft zu<br />

übernehmen. Da ich das Unternehmen seit vielen<br />

Jahren in all seinen Facetten kenne, war die<br />

Umstellung für mich nicht wirklich groß. <strong>Das</strong><br />

europäische Team ist in allen Positionen sehr gut<br />

aufgestellt und ich habe von allen Seiten nur<br />

Zuspruch, Unterstützung und ein hohes Maß an<br />

Leistungsbereitschaft und Motivation erfahren. Es<br />

macht unendlich Spaß, mit all diesen großartigen<br />

Kollegen die Weichen für eine noch sicherere<br />

digitale Zukunft stellen zu können.<br />

Ihre Aufgabe ist es, das Unternehmen neu<br />

auszurichten. Weg von den geopolitischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen 2017 und 2018. Wo soll es<br />

hingehen?<br />

Es geht darum, unsere Stellung als international<br />

führen<strong>der</strong> Cybersicherheitsexperte weiter<br />

auszubauen. Wir haben uns durch unsere<br />

einzigartige Expertise, die besten Technologien<br />

und einen exzellenten Service über viele Jahre<br />

hinweg ein treues und vertrauensvolles Verhältnis<br />

zu unseren Kunden erarbeitet, die sich von<br />

reißerischen Schlagzeilen ohne Substanz nicht<br />

verunsichern lassen. <strong>Das</strong> Bestreben von Kaspersky<br />

Lab war stets und ist bis heute, jeden – vom<br />

He<strong>im</strong>anwen<strong>der</strong> bis hin zu großen Unternehmen<br />

und Regierungsorganisationen – in die Lage zu<br />

versetzen, all das vor Cyberbedrohungen zu<br />

schützen, was ihm o<strong>der</strong> ihr am wichtigsten ist.<br />

Egal, ob Privatsphäre, Familie, Finanzen, Kunden,<br />

Unternehmenserfolg o<strong>der</strong> kritische<br />

Infrastrukturen. Zur Bekräftigung dieser<br />

Zielsetzung und zur weiteren Stärkung des<br />

Vertrauens in uns und unsere Produkte, haben wir<br />

Ende letzten Jahres die Globale<br />

Transparenzinitiative ins Leben gerufen.<br />

Cybersicherheit ist heutzutage ein unglaublich<br />

großes Thema, ob kleine o<strong>der</strong> große<br />

Unternehmen, Privatpersonen und sogar<br />

Regierungen, alle sind davon betroffen. Wie<br />

können wir hier eine umfassende Absicherung<br />

bekommen?<br />

Der Nutzer selbst spielt bei Angriffen von Hackern<br />

eine entscheidende Rolle – er stellt oft die<br />

ult<strong>im</strong>ative Schwachstelle dar. Schon in <strong>der</strong> Schule<br />

müssen Kin<strong>der</strong> deshalb lernen, wie Technik<br />

funktioniert und wie sie sich vor Angriffen und<br />

Bedrohungen aus dem Internet schützen können.<br />

Medienkompetenz gehört auf den Lehrplan! Aber<br />

auch für Erwachsene sollte es in jedem<br />

Unternehmen, egal ob klein o<strong>der</strong> groß,<br />

entsprechende Trainings geben, um das nötige<br />

Know-how zu erwerben sowie das Bewusstsein<br />

über Cyberbedrohungen zu schulen. Gegen<br />

31


internationale Cyberkr<strong>im</strong>inalität hilft außerdem<br />

nur internationale Kooperation, denn<br />

Cybersicherheit ist eine kollektive Aufgabe. Nur<br />

gemeinsam können Regierungen und<br />

Unternehmen Bedrohungen – so<strong>wo</strong>hl hinsichtlich<br />

des Wohlergehens aller Bürger als auch <strong>der</strong><br />

Sicherheit von Lieferketten – wirksam bekämpfen.<br />

Zudem muss es verbindliche Sicherheitsstandards<br />

geben, an die sich alle zu halten haben.<br />

In einem Interview haben Sie einen schönen Satz<br />

gesagt: Wir leben in einer Welt, in <strong>der</strong> alles zum<br />

Computer ge<strong>wo</strong>rden ist, auch ganz normale<br />

Alltagsgegenstände. Sind wir bereits zu sehr von<br />

Computern abhängig?<br />

Neue Technologien haben unser Leben<br />

zunehmend einfacher und komfortabler gemacht.<br />

32


Der extreme Wettbewerbs- und Innovationsdruck<br />

in <strong>der</strong> IT-Branche birgt jedoch natürlich auch<br />

Schattenseiten. Weil die Entwicklungszyklen<br />

zunehmend kürzer werden, <strong>bleibt</strong> <strong>der</strong> Sicherheitsund<br />

Qualitätsaspekt teilweise auf <strong>der</strong> Strecke.<br />

Doch wenn wir die negativen, teilweise<br />

unüberlegt konzipierten und aus ökonomischer<br />

Sicht zu kurz gedachten Beispiele ausklammern,<br />

ist <strong>der</strong> Mehrwert für unser aller Leben <strong>im</strong> Alltag<br />

doch überwiegend positiv und voller spannen<strong>der</strong><br />

Möglichkeiten.<br />

Wie sehen Sie die Entwicklung unserer<br />

Gesellschaft <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Digitalisierung?<br />

Verlassen wir uns zu sehr auf diese Technik und<br />

entfremden uns <strong>im</strong>mer mehr von unserer<br />

Umwelt?<br />

Neue technische Entwicklungen waren <strong>im</strong> Laufe<br />

<strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>heitsgeschichte bei aller<br />

Innovationskraft <strong>im</strong>mer erst einmal<br />

zweischneidige Schwerter. Bislang unbekannte<br />

Technologien und die damit verbundenen<br />

Möglichkeiten und Chancen weckten zuerst<br />

Unsicherheit, Angst und existenzielle Sorgen,<br />

bevor die Vorteile erkannt und Potentiale<br />

ausgeschöpft wurden. Nehmen wir die Industrielle<br />

Revolution <strong>im</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t, die das Leben <strong>der</strong><br />

gesamten <strong>Mensch</strong>heit nachhaltig positiv<br />

verän<strong>der</strong>t und in ein völlig neues Zeitalter<br />

katapultiert hat. Diese Skepsis wie<strong>der</strong>holte sich,<br />

als das Internet seinen Siegeszug antrat und jetzt<br />

schauen Sie einmal, welchen Stellenwert es heute<br />

<strong>im</strong> Leben <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en auf<br />

<strong>der</strong> ganzen Welt einn<strong>im</strong>mt und was für ein<br />

Füllhorn an Möglichkeiten die digitale<br />

Transformation uns allen bietet. Aktuell sehen<br />

schon 89 Prozent <strong>der</strong> deutschen Unternehmen die<br />

Digitalisierung als Chance für sich und mehr als<br />

drei Viertel (78 Prozent) haben bereits eine<br />

Digitalstrategie entwe<strong>der</strong> unternehmensweit o<strong>der</strong><br />

zumindest für einzelne Bereiche [1]. Allerdings<br />

besteht bei <strong>der</strong> Implementierung neuer<br />

IT-Systeme und Dienste die Gefahr, dass die<br />

Sicherheitsüberlegungen und -<strong>im</strong>plikationen<br />

vernachlässigt werden. Auch wenn zurzeit <strong>der</strong><br />

Datenschutz in medialer wie in gesetzlicher<br />

Hinsicht viel Beachtung findet, wird die Sicherheit<br />

<strong>der</strong> Daten <strong>im</strong> Unternehmen als auch in <strong>der</strong> Cloud<br />

meist erst hinterher bedacht, anstatt von Anfang<br />

an. <strong>Das</strong> muss sich än<strong>der</strong>n.<br />

Sie selbst haben Informatik studiert. Haben Sie<br />

noch Zeit sich hier auf dem Laufenden zu halten<br />

o<strong>der</strong> kümmern Sie sich in ihrer Funktion eher um<br />

Organisation, Aufbau und Management?<br />

Ja, ich habe Informatik studiert und bereits als<br />

Kind Computer und Mathematik geliebt. Es hat<br />

mich von jeher fasziniert, ein paar Zeilen Code zu<br />

schreiben und <strong>der</strong> Computer macht anschließend<br />

genau das, was ich ihm digital aufgetragen habe.<br />

Aktuell fehlt mir zwar die Zeit, selbst zu<br />

programmieren, dafür verfolge ich alle<br />

Entwicklungen und Trends weltweit in Bezug auf<br />

IT und Tech verbunden mit Cybersicherheit. Ich<br />

denke, dass ich mich erst in vielen Jahren, <strong>im</strong><br />

Ruhestand, vielleicht wie<strong>der</strong> vermehrt mit dem<br />

33


Programmieren beschäftigen werde. Bis dahin<br />

begnüge ich mich damit, mein Haus zu<br />

automatisieren. Es kommen aber<br />

selbstverständlich nur sichere Geräte rein bzw.<br />

solche Geräte, die ich dann absichern kann. In<br />

meiner beruflichen Position liegt mein Fokus<br />

natürlich darauf, das große Ganze zu überblicken,<br />

strategische Entscheidungen zu treffen und das<br />

Unternehmen so effektiv, nachhaltig und<br />

wirtschaftlich wie möglich nach vorne zu bringen.<br />

Nach wie vor sind Frauen auf solchen Positionen<br />

wesentlich weniger häufig anzutreffen als<br />

Männer. Wie kann das Ihrer Meinung verän<strong>der</strong>t<br />

werden?<br />

Es fehlen, insbeson<strong>der</strong>e in mitteleuropäischen<br />

Län<strong>der</strong>n, vor allem weibliche Vorbil<strong>der</strong>, die eine<br />

Anziehungskraft auf junge Frauen haben und<br />

Impulsgeberinnen für <strong>der</strong>en Zukunftsplanung sein<br />

könnten. Ich denke, <strong>der</strong> Grundstein für das, was<br />

man mag o<strong>der</strong> werden möchte, wird schon früh in<br />

<strong>der</strong> Kindheit gelegt. Kultur und Erziehung machen<br />

aber ebenfalls einen erheblichen Unterschied aus.<br />

Meiner Wahrnehmung nach ist es schon so, dass<br />

in westeuropäischen Län<strong>der</strong>n eher<br />

geschlechterspezifisch erzogen wird als <strong>im</strong><br />

ehemaligen Jugoslawien, in dem ich<br />

aufgewachsen bin. Deshalb müssen wir junge<br />

Mädchen frühzeitig für technische Berufe<br />

begeistern und ihnen zeigen, welch großes<br />

Entfaltungs- und Karrierepotenzial sie in dieser<br />

spannenden Branche erwartet und welches hohe<br />

Maß an Flexibilität eine Karriere in <strong>der</strong> IT bieten<br />

kann.<br />

Hatten Sie die Unterstützung Ihrer männlichen<br />

Kollegen und Mitarbeiter?<br />

Grundsätzlich möchte ich behaupten, dass Frauen,<br />

die heutzutage beruflich weit kommen, meistens<br />

fünfmal stärker und – mit Verlaub – besser sein<br />

müssen, um die gleiche Position zu erreichen wie<br />

ein Mann. Bei Kaspersky Lab war das Geschlecht<br />

jedoch noch nie Gradmesser für Anerkennung und<br />

Erfolg. Allein die persönliche Kompetenz, das<br />

eigene Wesen und eine Leidenschaft für Materie<br />

sind bei uns relevant.<br />

Was muss man für einen solchen Posten, den Sie<br />

innehaben, mitbringen?<br />

Erfolg o<strong>der</strong> Nicht-Erfolg ist davon abhängig, ob das<br />

Team funktioniert, das ich leite, und ob ich jeden<br />

einzelnen motivieren kann. Dazu braucht es eine<br />

Kombination aus Gelassenheit, Kompetenz,<br />

Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Natürlich<br />

benötigt man das gewisse Know-how und eine<br />

gehörige Portion Lust, Dinge, die einen begeistern,<br />

voranzutreiben und Einfluss auf Entwicklungen zu<br />

haben, von denen Millionen <strong>Mensch</strong>en<br />

profitieren. Aber beson<strong>der</strong>s wichtig ist die<br />

persönliche Leidenschaft. Denn ohne Passion kann<br />

man nie wirklich erfolgreich sein.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

34


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Die Frage ist nicht „<strong>Mensch</strong>“ o<strong>der</strong> „Maschine“<br />

Von Prof. Dr. Svenja Falk, Managing Director Accenture Research<br />

& Kerstin Brossat, HR Human Capital & Diversity Lead Accenture<br />

35


Die digitale Transformation beeinflusst<br />

heutzutage so gut wie alle Bereiche <strong>der</strong><br />

Arbeitswelt und verän<strong>der</strong>t sie auf vielerlei Arten:<br />

Arbeitsplätze werden flexibler, neue Skill-Sets<br />

werden vorausgesetzt und neue Arbeitsfel<strong>der</strong><br />

erschlossen. In <strong>der</strong> Diskussion um den Einsatz von<br />

Künstlicher Intelligenz und welchen Einfluss sie<br />

zukünftig auf die Arbeitswelt haben wird, ist die<br />

Betrachtungsweise entscheidend. Wir können<br />

heute noch nicht wirklich mit Sicherheit sagen,<br />

welche Auswirkungen die Digitalisierung in fünf<br />

bis zehn Jahren haben wird. Die Integration von<br />

Technologien, wie etwa <strong>der</strong> Künstlichen<br />

Intelligenz in Wertschöpfungsketten, steht erst<br />

ganz am Anfang. Umso entscheiden<strong>der</strong> wird die<br />

Frage, wie an <strong>der</strong> Schnittstelle <strong>Mensch</strong> und<br />

Maschine die größte Wertschöpfung geschaffen<br />

wird, um Arbeits- und Lebensqualität zu<br />

verbessern.<br />

Dafür müssen wir uns <strong>im</strong> Mind-Set vom Dualismus<br />

<strong>Mensch</strong>-Maschine lösen und stattdessen in<br />

Teamlösungen denken. Die richtige Integration<br />

von Technologien wirkt dabei in viele Bereiche<br />

hinein – ob in <strong>der</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

o<strong>der</strong> dem Einsatz Künstlicher Intelligenz in <strong>der</strong><br />

täglichen Arbeit. Ein richtig orchestriertes Team<br />

von <strong>Mensch</strong> und Maschine erfährt zusätzlich zur<br />

verrichteten Arbeit unzählige Symbiose-Effekte. Es<br />

geht nicht um „<strong>Mensch</strong> o<strong>der</strong> Maschine“, son<strong>der</strong>n<br />

um das ideale Zusammenspiel als Team und wie<br />

Maschinen eingesetzt werden sollten, um die<br />

Fähigkeiten des <strong>Mensch</strong>en zu erweitern. In <strong>der</strong><br />

Vergangenheit mussten wir lernen, mit<br />

Computern umzugehen. Jetzt dreht sich dieser<br />

Prozess um: Maschinen und Geräte mit<br />

Künstlicher Intelligenz müssen trainiert werden,<br />

sich auf uns einzulassen.<br />

Künstliche Intelligenz als Teil <strong>der</strong> Future<br />

Workforce<br />

Heute ist KI noch lange nicht soweit, wie man es<br />

medial schon glauben machen möchte. Sie ist<br />

zwar Bestandteil <strong>der</strong> Workforce ge<strong>wo</strong>rden,<br />

allerdings noch komplett vom <strong>Mensch</strong>en<br />

abhängig. Wenn KI aber zunehmend<br />

selbstverständlicher Bestandteil unseres<br />

Arbeitsalltags werden soll, ist es schon heute<br />

wichtig zu überlegen, wie das Zusammenspiel<br />

zwischen <strong>Mensch</strong> und Maschine bestmöglich zu<br />

gestalten ist und sich die Potentiale auf beiden<br />

Seiten voll ausschöpfen lassen. Wir müssen die<br />

Chancen erkennen und jeweils das Beste für ein<br />

Unternehmen und für seine Mitarbeiter<br />

rausholen.<br />

Dazu gehört, KI <strong>im</strong> Kontext von Diversity zu<br />

betrachten und zu diskutieren. Dies trifft<br />

zumindest für uns als Accenture zu. Als<br />

Unternehmen leben wir sehr bewusst das Konzept<br />

von <strong>der</strong> „Kultur <strong>der</strong> Kulturen“. Als international<br />

36


tätiger Arbeitgeber ergibt sich schon aufgrund <strong>der</strong><br />

Unternehmensgröße und des Geschäftsfeldes<br />

automatisch eine natürliche Vielfalt. Hinzu<br />

kommen die unterschiedlichen<br />

Unternehmenskulturen, die durch Akquisitionen<br />

aufeinan<strong>der</strong>treffen – Großkonzern vs. Start-upo<strong>der</strong><br />

Agentur-Mentalität. <strong>Und</strong> dies ist noch<br />

ergänzend zu sehen zu einer Belegschaft, in <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong>en unterschiedlichen Geschlechts, Alters,<br />

kulturellen Hintergrunds o<strong>der</strong> auch verschiedener<br />

Weltanschauungen zusammenkommen und auch<br />

jeweils ihre Talente, Stärken, Expertisen und ihr<br />

Know-how mitbringen.<br />

Diversität ist die Grundlage für den Erfolg von<br />

Accenture als Unternehmen. Wir wissen aus<br />

Erfahrung, dass die Vielfalt an Persönlichkeiten,<br />

Ideen, Impulsen und Umsetzungswegen zu<br />

besseren Ergebnissen und zu mehr<br />

Innovationskraft führt. KI kann hier ihren Beitrag<br />

dazu entsprechend leisten. Dafür werden zwei<br />

Perspektiven wichtig: Eine sehr diverse Workforce<br />

trifft auf KI und muss lernen, damit umgehen zu<br />

können. <strong>Und</strong>, wenn KI in Unternehmensabläufen<br />

und beispielsweise HR-Prozessen eingesetzt wird<br />

und hier die richtigen Entscheidungen treffen soll,<br />

müssen wir sicherstellen, dass es nicht zu<br />

ethischem Bias kommt. „Daten-Ethik“ wird<br />

demnach zu einem wichtigen Faktor.<br />

Arbeit neu denken<br />

Ein an<strong>der</strong>er Aspekt ist, wie wir in Zukunft Arbeit<br />

definieren. Wir müssen uns davon lösen, nur in<br />

Rollen zu denken. Mitarbeiter sind entwe<strong>der</strong><br />

Controller, Ingenieure, Marketing-Spezialisten –<br />

nie aber alles zusammen. Zukünftig gilt es jedoch,<br />

flexible Aufgabenpakete zu schnüren, Mitarbeiter<br />

als Träger von Kompetenzen und nicht von<br />

Berufen zu verstehen. Voraussetzung dafür ist<br />

Vertrauen und <strong>der</strong> Wille, eine neue Arbeitskultur<br />

zu schaffen. Wir entwickeln uns zu einer<br />

Plattformökonomie, in <strong>der</strong> Unternehmen Werte in<br />

Wertschöpfungsnetzwerken schaffen. Die<br />

Unternehmenslandschaft <strong>der</strong> Zukunft wird<br />

komplett an<strong>der</strong>s aussehen – und damit verän<strong>der</strong>t<br />

sich auch unsere Arbeit.<br />

Kerstin Brossart<br />

Foto: Accenture<br />

Prof. Dr. Svenja Falk<br />

37<br />

Foto: privat


<strong>Humanismus</strong> <strong>4.0</strong><br />

Konkurrenzlos erfolgreich - <strong>Das</strong> neue WIR<br />

<strong>im</strong> Business<br />

Ulrike Stahl über den aktuellen<br />

Paradigmenwechsel<br />

Digital und global. Zwei Worte, die beschreiben,<br />

wie sehr sich unsere Arbeitswelt verän<strong>der</strong>t. Zwei<br />

Worte, die uns gerade so oft begegnen, dass wir<br />

sie schon bald nicht mehr hören o<strong>der</strong> lesen<br />

mögen. Zwei Worte, die uns täglich daran<br />

erinnern, dass wir mitten in einem<br />

Paradigmenwechsel stehen.<br />

Ein Paradigmenwechsel, den viele von uns<br />

wahrscheinlich nicht miterlebt haben, passierte<br />

1968. Da revolutioniert Dick Fosbury den<br />

Hochsprung. Er springt mit dem Rücken zur Latte<br />

– wie noch keiner vor ihm. Als er mit diesem Stil<br />

bei den Olympischen Spielen in Mexico antritt,<br />

lacht die Konkurrenz über diesen<br />

gewöhnungsbedürftigen Bewegungsablauf. <strong>Und</strong><br />

dann erlebt sie, wie sich Fosbury die Goldmedaille<br />

holt. In den folgenden 22 Jahren klettert <strong>der</strong><br />

Weltrekord um 16 Zent<strong>im</strong>eter auf 2,45 m. Der<br />

Rekordhalter Javier Sotomayor aus Kuba<br />

überspringt mit dieser Technik sogar seine eigene<br />

Körperhöhe (1,93 m) um 52 Zent<strong>im</strong>eter. Würde<br />

heute jemand mit <strong>der</strong> alten Technik, dem<br />

Scherensprung o<strong>der</strong> dem Bauchwälzer zum<br />

Wettkampf antreten, wäre er <strong>der</strong>jenige, über den<br />

gelacht wird.<br />

Was hat Hochsprung mit unserer Arbeitswelt zu<br />

tun?<br />

Ich höre oft, dass die Latte <strong>im</strong>mer höher gelegt<br />

wird. Die Aufgabenstellungen werden<br />

herausfor<strong>der</strong>n<strong>der</strong>, die Eigenverant<strong>wo</strong>rtung steigt<br />

in gleichem Maße wie <strong>der</strong> Zeitdruck. <strong>Und</strong> ob<strong>wo</strong>hl<br />

wir oft nicht die Macht haben, an<strong>der</strong>en zu sagen,<br />

was sie zu tun haben, sind wir <strong>im</strong>mer häufiger auf<br />

ihre Zu- o<strong>der</strong> Mitarbeit angewiesen. Wie gehen<br />

wir damit um? Mehr anstrengen? Härter<br />

arbeiten? Mehr pushen – uns selbst und an<strong>der</strong>e?<br />

Ich beobachte viele <strong>Mensch</strong>en, die das tun und<br />

manchmal erwische ich mich auch selbst dabei.<br />

Aber wir stoßen dabei an Grenzen. Ob<strong>wo</strong>hl wir<br />

uns wahnsinnig anstrengen, erreichen wir nicht,<br />

was wir erreichen möchten.<br />

Ist das Betriebssystem unserer Gesellschaft noch<br />

zeitgemäß?<br />

Wir stehen mit beiden Beinen <strong>im</strong> Wissenszeitalter,<br />

in dem es darum geht, Experten<br />

zusammenzuführen, unterschiedliche<br />

Perspektiven einzuladen und Innovation zu<br />

nähren. Ob es uns gefällt o<strong>der</strong> nicht, unsere<br />

Arbeitswelt ist komplexer ge<strong>wo</strong>rden. <strong>Das</strong> bereitet<br />

uns neue Herausfor<strong>der</strong>ungen, bietet aber auch<br />

neue Möglichkeiten. Wir sind hochgradig<br />

technisch vernetzt. Wissen, Feedback, eine an<strong>der</strong>e<br />

Meinung ist <strong>im</strong>mer nur einen Klick weit weg –<br />

egal, auf welchem Erdteil die Person gerade sitzt.<br />

Trotzdem: Wissen zu teilen, an<strong>der</strong>e um Feedback<br />

zu bitten o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Expertise zu nutzen, teamund<br />

abteilungsübergreifend an Lösungen zu<br />

arbeiten – so ganz selbstverständlich ist das nicht.<br />

Von Kindesbeinen an sind wir darauf getr<strong>im</strong>mt, es<br />

alleine schaffen zu müssen. O<strong>der</strong> wurden Sie<br />

38


schon mal aufgefor<strong>der</strong>t, eine Prüfung in<br />

Kollaboration mit an<strong>der</strong>en zu lösen? Nein, sicher<br />

nicht. <strong>Das</strong> Wettbewerbsprinzip soll uns<br />

anspornen, das Beste aus uns herauszuholen. <strong>Das</strong><br />

ist die Basis unserer momentanen Wirtschaft und<br />

das Betriebssystem unserer Gesellschaft.<br />

Hierarchische Strukturen, ergebnisorientierte<br />

Karrierepfade, konkurrierende Zielvereinbarungen<br />

und <strong>der</strong> Kampf um Budgets o<strong>der</strong> Leistungszulagen<br />

laden täglich dazu ein, sich abzugrenzen und sich<br />

auf sich selbst zu konzentrieren. An<strong>der</strong>e zu fragen<br />

o<strong>der</strong> um Hilfe zu bitten ist ein Zeichen von<br />

Schwäche. <strong>Das</strong> eigene Wissen großzügig mit<br />

an<strong>der</strong>en zu teilen ist, wenn nicht gefährlich, so<br />

zumindest hochgradig naiv. Schließlich muss ja<br />

„Die Arbeitswelt verän<strong>der</strong>t sich. Neue<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>n neue<br />

Arbeitsweisen. Kooperation statt<br />

Konkurrenz. Verän<strong>der</strong>ung erfor<strong>der</strong>t<br />

Anstrengung, aber lohnt sich.“<br />

Ulrike Stahl<br />

je<strong>der</strong> sehen, <strong>wo</strong> er <strong>bleibt</strong>.<br />

<strong>Und</strong> doch gibt es sie schon, diejenigen die etwas<br />

An<strong>der</strong>es ausprobieren. Uwe Lübbermann zum<br />

Beispiel mit Premium-Cola. <strong>Das</strong> Projekt wird von<br />

einem Internet-Kollektiv nach dem Prinzip <strong>der</strong><br />

Konsensdemokratie gesteuert.<br />

39


O<strong>der</strong> Sven O. R<strong>im</strong>melspacher, <strong>der</strong> in den<br />

vergangenen zwei Jahren seine Firma vom<br />

klassisch organisierten Unternehmen zur agil<br />

denkenden und handelnden Organisation<br />

umgebaut hat, in <strong>der</strong> das Prinzip<br />

Selbstverant<strong>wo</strong>rtung und Mitbest<strong>im</strong>mung <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter wirklich gelebt wird. In seinem Buch<br />

„Auf geht’s! Wie etablierte Unternehmen durch<br />

agiles Denken und Handeln neu durchstarten<br />

können.“ beschreibt er diesen spannenden Weg.<br />

O<strong>der</strong> das Kiezkaufhaus in Wiesbaden. Statt einzeln<br />

um Kunden zu kämpfen, haben die lokalen<br />

Hersteller und Einzelhändler einen gemeinsamen<br />

Onlineshop geschaffen, in dem die Kunden alles<br />

unter einem Dach bestellen und die Ware noch<br />

am selben Tag per Fahrradkurier in Pfandtaschen<br />

geliefert bekommen.<br />

Eigenverant<strong>wo</strong>rtliche <strong>Mensch</strong>en mit<br />

kooperativem Mindset<br />

Während viele die neuen Ideen und Praktiken<br />

noch belächeln, ziehen die genannten<br />

Unternehmen schon an ihnen vorbei. Natürlich<br />

nicht einfach so. Sie schaffen es, weil sie ihre<br />

Komfortzone verlassen. Weil sie Zeit und Energie<br />

in das Neue investieren, umsetzen, ausprobieren<br />

und justieren. <strong>Und</strong> vor allem, weil sie an das neue<br />

WIR <strong>im</strong> Business glauben. <strong>Das</strong> neue WIR <strong>im</strong><br />

Business setzt auf starke und<br />

eigenverant<strong>wo</strong>rtliche <strong>Mensch</strong>en mit einem<br />

kooperativen Mindset und starken kollaborativen<br />

Fähigkeiten. <strong>Das</strong>s sich dessen viele <strong>Mensch</strong>en<br />

schon bewusst sind, zeigt eine für das Buch „The<br />

Athena Doctrine“ in 13 über den ganzen Globus<br />

verteilten Län<strong>der</strong>n durchgeführte Befragung dazu,<br />

welches Verhalten in Zukunft <strong>wo</strong>hl erfolgreich<br />

sein wird. 79 Prozent aller 32 000 Befragten<br />

sagten: „Eine erfolgreiche Karriere erfor<strong>der</strong>t heute<br />

die Fähigkeit zusammenzuarbeiten und<br />

Anerkennung mit an<strong>der</strong>en zu teilen.“<br />

Verän<strong>der</strong>ung beginnt am einfachsten mit kleinen<br />

Schritten<br />

Eine einfache und gleichzeitig sehr wirksame<br />

Routine ist <strong>der</strong> 5-Minuten-Gefallen. <strong>Und</strong> sie<br />

scheint erfolgreich zu sein, denn sie stammt von<br />

Adam Rif-kin, <strong>der</strong> von Fortune 2010 zum besten<br />

Netzwerker gekürt wurde. Er hat es sich zur<br />

Ge<strong>wo</strong>hnheit gemacht, mit geringem Aufwand<br />

hohen Nutzen für an<strong>der</strong>e zu stiften. Seine Max<strong>im</strong>e<br />

ist: „Du solltest für je<strong>der</strong>mann bis zu fünf Minuten<br />

deiner Zeit aufwenden.“ In 5 Minuten können wir<br />

zwei <strong>Mensch</strong>en miteinan<strong>der</strong> bekanntmachen und<br />

dabei darauf hinweisen, <strong>wo</strong> es Berührungspunkte<br />

gibt – entwe<strong>der</strong> persönlich, per XING o<strong>der</strong><br />

LinkedIn o<strong>der</strong> einer gut formulierten E-Mail. Wir<br />

können einen interessanten Artikel an jemanden<br />

weiterleiten o<strong>der</strong> jemanden weiterempfehlen.<br />

Wie wäre das, sich für den Anfang einfach mal<br />

jede Woche diese 5 Minuten einzuplanen?<br />

Wagen wir öfter einmal etwas Neues!<br />

Statt <strong>im</strong>mer mit denselben <strong>Mensch</strong>en zu Mittag zu<br />

essen, verabreden wir uns mit jemandem aus<br />

einer an<strong>der</strong>en Abteilung. Statt alleine <strong>im</strong> Büro zu<br />

40


Foto: privat<br />

arbeiten, mieten wir uns in einen Co-Working<br />

Space ein. <strong>Das</strong> neue WIR tatsächlich auch zu leben<br />

heißt, die eigene Komfortzone des Gelernten und<br />

Ge<strong>wo</strong>hnten zu verlassen und etwas Neues zu<br />

üben – auch wenn es sich anfangs komisch<br />

anfühlt. Wagen Sie also ruhig einmal den Sprung –<br />

und springen Sie, wie Dick Fosbury, auf eine neue<br />

und unge<strong>wo</strong>hnte Weise. Manchmal erreichen Sie<br />

damit eine ungeahnte Weite o<strong>der</strong> Höhe. <strong>Und</strong> falls<br />

nicht, dann sehen Sie alles zumindest einmal aus<br />

einer an<strong>der</strong>en Perspektive. Viel Spaß bei Ihren<br />

kooperativen und kollaborativen Hochsprüngen!<br />

Ulrike Stahl<br />

ist Rednerin, Autorin und Expertin für das<br />

neue WIR <strong>im</strong> Business.<br />

Wie geht erfolgreiche Zusammenarbeit in<br />

einem agilen und globalen Umfeld? Wie<br />

entwickeln wir einen WIR-Mindset für uns selbst,<br />

in unseren Unternehmen und unter unseren<br />

Mitarbeitern? Darüber schreibt und redet sie mit<br />

internationaler Erfahrung und Begeisterung. Sie ist<br />

Autorin des Buches „So geht WIRTSCHAFT!<br />

Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ Als Design<br />

Thinking Coach und Coach für Top Teams ist sie<br />

am Puls <strong>der</strong> Zeit und genau das macht ihre<br />

Vorträge so packend und lebensnah.<br />

www.ulrike-stahl.com<br />

41


Recht<br />

Franchising: Erfolg mit System o<strong>der</strong> mit<br />

System zum Erfolg<br />

Von Dr. Dagmar Waldzus, Rechtsanwältin<br />

Was genau versteht man unter „Franchising“ und<br />

was unterscheidet es von an<strong>der</strong>en<br />

Vertriebsarten?<br />

Franchising ist zuallererst ein Vertriebsmodell.<br />

Deshalb ist es oft irreführend, wenn von „<strong>der</strong><br />

Franchisebranche“ gesprochen wird, denn die gibt<br />

es nicht. Be<strong>im</strong> Franchising räumt eine<br />

Unternehmerin, die ein Geschäftskonzept<br />

entwickelt und erprobt hat, einer an<strong>der</strong>en<br />

(Neu-)Unternehmerin das Recht ein, dieses<br />

Geschäftskonzept für einen best<strong>im</strong>mten Zeitraum<br />

gegen eine Vergütung zu nutzen. <strong>Das</strong><br />

Grundverständnis be<strong>im</strong> Franchising – an<strong>der</strong>s als z.<br />

B. bei Verträgen mit Vertragshändlern o<strong>der</strong><br />

Handelsvertretern – ist ein partnerschaftlicher<br />

Ansatz, d. h. <strong>im</strong> Idealfall begegnet man sich „auf<br />

Augenhöhe“: Möchte eine Unternehmerin ihr<br />

erfolgreich <strong>im</strong> Einzelfall erprobtes<br />

Geschäftsmodell vervielfältigen und dabei nicht<br />

das gesamte Investment allein stemmen, dann<br />

benötigt sie dafür ebenfalls selbstständige<br />

Unternehmerinnen, die bereit sind, einen Teil des<br />

Investments zu übernehmen, also z. B. für einen<br />

Shop die Miete und die Ausstattung zu zahlen.<br />

Gleichzeitig müssen diese Unternehmerinnen<br />

akzeptieren, das von <strong>der</strong> Franchisegeberin<br />

entwickelte Konzept so, wie von dieser<br />

vorgegeben, auch umzusetzen.<br />

Franchisepartnerinnen wie<strong>der</strong>um können in eine<br />

Selbstständigkeit starten, ohne „das Rad neu zu<br />

erfinden“, denn das Geschäftskonzept selbst ist<br />

schon über einen gewissen<br />

Zeitraum erfolgreich von <strong>der</strong> Franchisegeberin<br />

erprobt <strong>wo</strong>rden und hat saisonale und an<strong>der</strong>e<br />

Einflüsse überstanden. Alle wesentlichen Abläufe,<br />

Erfahrungen, Erkenntnisse und – ganz wichtig –<br />

eine geschützte Marke sind schon vorhanden und<br />

so dokumentiert.<br />

Welche Rolle spielt die Marke dabei?<br />

Kurz gesagt: Ohne Marke kein Franchising. Die<br />

Marke ist – neben dem Know-how und dem<br />

eigentlichen Geschäftsmodell, das die<br />

Franchisegeberin ihren Franchisepartnerinnen zur<br />

Nutzung überlässt – das Kernelement des<br />

Franchisings: Während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />

Franchisebeziehung erhält diese das Recht, diese<br />

Marke <strong>im</strong> Einklang mit den Vorgaben <strong>der</strong><br />

Franchisegeberin zu nutzen. <strong>Und</strong> in <strong>der</strong> laufenden<br />

Franchisegebühr ist auch <strong>im</strong>mer die Lizenzgebühr<br />

für die Nutzung <strong>der</strong> Marke enthalten, ohne dass<br />

dies dann noch einmal geson<strong>der</strong>t so aufgesplittet<br />

ist.<br />

Ist Franchiserecht gesetzlich geregelt?<br />

Nein, als solches nicht. Jedenfalls nicht in<br />

Deutschland. An<strong>der</strong>s als z. B. den Mietvertrag, den<br />

Kaufvertrag, den Dienstvertrag, den<br />

Handelsvertretervertrag und zahlreiche an<strong>der</strong>e<br />

Vertragstypen sucht man den Franchisevertrag<br />

vergeblich in deutschen Gesetzen. Es gibt aber<br />

eine über viele Jahrzehnte entwickelte<br />

Rechtsprechung, aus <strong>der</strong> sich eine Vielzahl von<br />

Standards und Anfor<strong>der</strong>ungen entwickelt haben,<br />

42


die (zwingend) zu berücksichtigen sind, damit die<br />

Regelungen eines Franchisevertrages auch<br />

wirksam sind und durchgesetzt werden können.<br />

<strong>Und</strong> die unabhängig von einzelnen Vertragstypen<br />

geltenden Vorschriften kommen ohnehin zur<br />

Anwendung.<br />

Kann man eigentlich alles verfranchisen?<br />

Kurze Ant<strong>wo</strong>rt: ja. Gegenstand von<br />

Franchisebeziehungen können Produkte,<br />

Dienstleistungen, handwerkliche Tätigkeiten,<br />

Vermittlungstätigkeiten, Lösungen, und an<strong>der</strong>es<br />

mehr sein.<br />

Was muss man mitbringen, um <strong>im</strong> Franchising als<br />

Franchisegeberin o<strong>der</strong> als Franchisenehmerin<br />

erfolgreich sein zu können?<br />

Für beide „Rollen“ gilt: Man muss gern<br />

selbstständig sein <strong>wo</strong>llen und bereit sein, die<br />

damit verbundenen Risiken auch einzugehen und<br />

Verant<strong>wo</strong>rtung zu übernehmen. Gerade für<br />

Franchisegeberinnen ist es wichtig,<br />

Entscheidungen zu treffen, die nicht nur das<br />

eigene Wohlergehen und das eigene Geschäft<br />

betreffen, son<strong>der</strong>n Auswirkungen auf alle <strong>im</strong><br />

System befindlichen Franchisepartner und <strong>der</strong>en<br />

jeweiliges Geschäft haben. Ohne Freude an <strong>der</strong><br />

Weiterentwicklung und <strong>der</strong> Weitergabe <strong>der</strong><br />

eigenen Erfahrungen sollte niemand<br />

Franchisegeberin werden <strong>wo</strong>llen. <strong>Und</strong> als<br />

Franchisenehmerin ist es wichtig zu akzeptieren,<br />

43


dass grundsätzliche Entscheidungen das System,<br />

die Marke, die Wettbewerbsfähigkeit und<br />

Weiterentwicklung des Konzepts betreffend bei<br />

<strong>der</strong> Franchisegeberin liegen und die hierzu<br />

gemachten Vorgaben unbedingt einheitlich<br />

umzusetzen sind. Wer lieber „sein eigenes Ding“<br />

machen möchte, sollte lieber nicht<br />

Franchisenehmerin werden.<br />

Was macht Franchising gerade aus <strong>der</strong> Sicht von<br />

Frauen attraktiv?<br />

Ein wesentlicher Faktor ist die mit <strong>der</strong><br />

Selbstständigkeit einhergehende Freiheit <strong>der</strong><br />

Ausgestaltung <strong>der</strong> eigenen Tätigkeit. Vieles ist –<br />

so<strong>wo</strong>hl als Franchisegeberin als auch als<br />

Franchisepartnerin – Organisationssache. An<strong>der</strong>s<br />

als <strong>im</strong> Angestelltenverhältnis gibt es größere<br />

Freiheiten in Bezug auf Zeiteinteilung,<br />

Anwesenheit, Aufwand u. a.. <strong>Und</strong> <strong>der</strong> Einstieg in<br />

die Selbstständigkeit ist als Franchisepartnerin<br />

eines erprobten Systems mit deutlich weniger<br />

Anlaufschwierigkeiten verbunden, als wenn man<br />

ganz allein startet.<br />

Welche Voraussetzungen sollten mindestens<br />

erfüllt sein, bevor man überhaupt darüber<br />

nachdenkt, entwe<strong>der</strong> Franchisegeberin o<strong>der</strong><br />

Franchisenehmerin zu werden?<br />

Fangen wir mal mit <strong>der</strong> Franchisegeberin an:<br />

Idealerweise ist eine Unternehmerin schon über<br />

einen gewissen Zeitraum (mindestens ein Jahr)<br />

mit ihrem jeweiligen Geschäftsmodell erfolgreich..<br />

Die den Erfolg kennzeichnenden<br />

Faktoren sind bekannt und identifiziert, es sollte<br />

also nicht einfach nur „Glück gehabt“ über dem<br />

Erfolg stehen. Gewisse finanzielle und erhebliche<br />

zeitliche Freiräume sind ebenfalls ein Muss. Ganz<br />

wichtig sind dann auch <strong>der</strong> Wille und die<br />

Motivation, zu wachsen und zu expandieren. Wer<br />

auf Dauer damit glücklich ist, drei Läden zu haben,<br />

für den lohnt <strong>der</strong> Aufwand <strong>der</strong> Franchisierung<br />

nicht. Eine angehende Franchisenehmerin<br />

wie<strong>der</strong>um muss für sich herausfinden, für welche<br />

Art von Tätigkeit und welches Konzept sie sich<br />

begeistern kann – und zwar auch länger – und<br />

welches Investment sie bereit und in <strong>der</strong> Lage ist<br />

zu stemmen.<br />

Wenn ich mein Franchiseunternehmen über eine<br />

Bank finanzieren lassen möchte, <strong>wo</strong>rauf sollte ich<br />

mich einstellen?<br />

Franchising ist – trotz <strong>der</strong> über 1.000 Konzepte,<br />

die in Deutschland vertreten sind – auch bei<br />

Banken nicht unbedingt als Finanzierungsobjekt<br />

bekannt und beliebt. Es gibt da jede Menge<br />

Fehlvorstellungen. Ohne einen gut vorbereiteten<br />

aussagekräftigen Businessplan geht gar nichts.<br />

Was genau regelt ein Franchisevertrag?<br />

Ein typischer Franchisevertrag enthält zunächst<br />

eine – mehr o<strong>der</strong> weniger ausführliche –<br />

Vorbemerkung, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Geist und das Wesen<br />

<strong>der</strong> gewünschten Franchisepartnerschaft<br />

entnehmen lassen und in <strong>der</strong> die grundsätzlichen<br />

Erwartungshaltungen erkennbar sind. Es folgen<br />

dann Regelungen zum Umfang des<br />

44


Foto: Kanzlei Buse Heberer Fromm<br />

Nutzungsrechts, zum Vertragsgebiet, zu den<br />

jeweiligen Rechten und Pflichten <strong>der</strong><br />

Vertragsparteien, Leistungen <strong>der</strong><br />

Franchisegeberin, Gebührenstruktur und –höhe,<br />

Schulungen, Verhaltensweisen während <strong>der</strong><br />

Vertragslaufzeit und auch danach<br />

(Wettbewerbsverbote; Mitwirkung bei <strong>der</strong><br />

Übertragung nach Beendigung und Einstellung <strong>der</strong><br />

Nutzung des Konzepts und <strong>der</strong> Marke), Laufzeit<br />

und Kündigung, Kontrollrechte <strong>der</strong><br />

Franchisegeberin, Regelungen zur Streitbeilegung<br />

u. a. Je nach Geschäftsmodell und Gegenstand <strong>der</strong><br />

Franchise werden einzelne Best<strong>im</strong>mungen dabei<br />

von größerer Wichtigkeit sein als an<strong>der</strong>e, weshalb<br />

es auch wenig Sinn macht, einen<br />

Musterfranchisevertrag einfach losgelöst vom<br />

Konzept zu verwenden.<br />

Wie stelle ich als Franchisegeberin sicher, dass<br />

ehemalige Franchisepartner mir keine Konkurrenz<br />

mit genau dem Know-how machen, das ich ihnen<br />

<strong>im</strong> System überhaupt erst vermittelt habe?<br />

Es gibt zum einen die Möglichkeit des<br />

nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, welches<br />

allerdings auch entschädigungspflichtig ist. Es ist<br />

außerdem so, dass das Know-how ja <strong>im</strong>mer noch<br />

<strong>der</strong> Franchisegeberin gehört, sie es also nur<br />

während <strong>der</strong> Dauer des Vertrages zur Nutzung zur<br />

Verfügung gestellt hat. Je einzigartiger, gehe<strong>im</strong>er,<br />

unterscheidbarer und individualisierbarer dieses<br />

Know-how ist, desto einfacher ist auch die<br />

Untersagung <strong>der</strong> (Weiter-)Nutzung dieses<br />

Know-hows. Werden den Franchisepartnern nur<br />

Dr. Dagmar Waldzus<br />

ist Partnerin <strong>der</strong> Kanzlei Buse Heberer Fromm und seit<br />

1997 als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt <strong>im</strong><br />

Gesellschafts- und Vertriebsrecht tätig.<br />

Auf dem Gebiet des Vertriebsrechts mit einem Fokus<br />

auf das Kartellrecht sowie das Lizenz- und<br />

Franchiserecht berät Dr. Waldzus Lizenz- und<br />

Franchisegeber bei <strong>der</strong> Erstellung und Gestaltung von<br />

(Master-) Lizenz- und Franchiseverträgen.<br />

allgemein bekannte Erfahrungen, Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten vermittelt, dann kann eine<br />

Franchisegeberin auch nicht für sich reklamieren,<br />

dass diese dann nach Vertragsbeendigung nicht<br />

weiter angewendet werden dürfen. Eine ganz<br />

große Bedeutung kommt in diesem<br />

Zusammenhang <strong>der</strong> Marke und <strong>der</strong>en Bekanntheit<br />

zu: Je bekannter die Marke ist und je mehr das<br />

betreffende Geschäftsmodell von Kunden mit<br />

genau dieser Marke assoziiert wird, desto<br />

unattraktiver ist es dann auch, ein ähnliches<br />

Geschäftsmodell ohne diese starke Marke<br />

anzubieten. Denn die Kunden gehen dann doch<br />

lieber gleich zum Original. <strong>Das</strong> ist eigentlich <strong>der</strong><br />

beste Schutz: Marke, Marke, Marke….<br />

Wann sollte ich lieber die Finger vom Franchising<br />

lassen?<br />

Ganz klar: Wenn ich nicht für das von mir<br />

entwickelte Geschäftskonzept brenne, wenn ich<br />

<strong>der</strong> Auffassung bin, alles ganz alleine am besten zu<br />

können und wenn ich gern eine<br />

38-Stunden-Woche habe, bei <strong>der</strong> ich um<br />

spätestens 17 Uhr einfach nach Hause gehen<br />

kann, dann werde ich auch nicht mit (einem<br />

Franchise-)System zum Erfolg kommen.<br />

45


Finanzen<br />

Geld gehört nicht in die mathematische Abteilung,<br />

son<strong>der</strong>n in die psychologische<br />

Von Carl Richards<br />

Ich habe kürzlich eine E-Mail über Behavior<br />

Gap Weekly Letter verschickt, in <strong>der</strong> ich die<br />

Mitglie<strong>der</strong> meiner Mailing-Liste nach einer<br />

einfachen "Ja" o<strong>der</strong> "Nein" - Ant<strong>wo</strong>rt auf die<br />

folgende Frage fragte: Fällt es Ihnen schwer,<br />

mit Ihrem Ehepartner o<strong>der</strong> Partner über<br />

Geld zu sprechen?<br />

Ich habe Hun<strong>der</strong>te von Ant<strong>wo</strong>rten erhalten.<br />

Aber diese Ant<strong>wo</strong>rten waren für mich<br />

beson<strong>der</strong>s schwer, nachzuvollziehen:<br />

"Die Ant<strong>wo</strong>rt ist ja! Es ist schwer, weil es<br />

sich oft defensiv anfühlt. Sie hat zu viel<br />

ausgegeben. Er hat zu viel ausgegeben.<br />

Steht das mit unseren Werten <strong>im</strong> Einklang?<br />

Was sind überhaupt unsere Werte? Wieso<br />

gibt es nicht mehr? <strong>Und</strong> wenn sie weniger<br />

ausgeben würde, müsste ich nicht so hart<br />

arbeiten.:)"<br />

<strong>Und</strong> nun, Trommelwirbel, <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong><br />

Nachricht, <strong>der</strong> das Lesen für mich so so<br />

schwer gemacht hat: „Von, dem<br />

Ehepartner“.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten, mein Ehepartner.<br />

Ich muss zugeben, dass mich das Lesen<br />

entmutigt hat. Es stellt sich heraus, dass ich<br />

nicht <strong>der</strong> Einzige bin,<br />

<strong>der</strong> sich wegen dieses schwierigen Gesprächs<br />

entmutigen ließ. Wells Fargo hat 2013 eine<br />

faszinierende Umfrage durchgeführt. Sie fragten<br />

die Amerikaner, über welche Themen sie<br />

beson<strong>der</strong>s schwer sprechen konnten. An <strong>der</strong><br />

Spitze - Tod, Politik, Religion und Sex - 44 % <strong>der</strong><br />

Befragten nannten das Thema Geld.<br />

<strong>Das</strong> überrascht mich nicht, weil meine Frau und<br />

ich es hassen, über Geld zu reden. Versteht mich<br />

nicht falsch, wir haben eine fantastische<br />

Beziehung. Aber nach über 20 Jahren Ehe und 15<br />

Jahren Erfahrung als Certified Financial Planner<br />

haben wir <strong>im</strong>mer noch Probleme, über Geld zu<br />

reden.<br />

Es gab sogar einen Teil von mir, <strong>der</strong> sich ein<br />

bisschen wie Betrug anfühlte. Wen soll ich mit<br />

an<strong>der</strong>en Leuten über Geld reden, wenn meine<br />

eigene Frau sich so fühlt?<br />

46


47


Wenn es so wichtig ist, über Geld zu reden,<br />

warum fällt es uns so schwer?<br />

Ich denke, es liegt daran, dass wir gelernt haben -<br />

wenn wir überhaupt etwas über Geld gelernt<br />

haben -, dass es sich um Tabellenkalkulationen<br />

und Rechner handelt. Es ist ein mathematisches<br />

Problem. Es sollte rational und vernünftig<br />

angehangen werden.<br />

Dann öffnen wir die Kreditkartenrechnung<br />

unseres Ehepartners o<strong>der</strong> Partners und plötzlich<br />

geraten wir in einen Kampf.<br />

Es ist ein bisschen wie ein elektrischer Zaun zu<br />

greifen, von dem Sie nicht wussten, dass er<br />

elektrisch ist.<br />

Wie sollen wir intelligent damit umgehen, wenn<br />

wir überhaupt nicht darüber sprechen können?<br />

Also habe ich einen Workshop eingerichtet, um<br />

Ihnen zu helfen, dieses schwierige Gespräch zu<br />

führen. <strong>Das</strong> Ziel ist, Ihnen die Werkzeuge an die<br />

Hand zu geben, um mit Ihrem Ehepartner o<strong>der</strong><br />

Partner ein erfolgreiches Gespräch über Geld zu<br />

führen - möglicherweise zum allerersten Mal. In<br />

diesem Workshop spreche ich nicht über Geld,<br />

son<strong>der</strong>n über unsere Angst, über Geld zu reden.<br />

Warum nicht heute anfangen? Ich habe eine<br />

kraftvolle Übung, um Ihnen den Einstieg zu<br />

erleichtern. Es ist eine Technik, die ich über<br />

Tausende von Stunden sorgfältig als Finanzberater<br />

entwickelt habe. Es heißt „Just Start“.<br />

So funktioniert es: Schnappen Sie sich die Person,<br />

mit <strong>der</strong> Sie über Geld sprechen möchten. <strong>Und</strong>…<br />

fang einfach an.<br />

Irgendwann müssen Sie ein Gespräch über Geld<br />

führen - mit einem Ehepartner, einem<br />

Mitbe<strong>wo</strong>hner, Ihren Kin<strong>der</strong>n, Ihren alternden<br />

Eltern, aber hat Ihnen jemals jemand beigebracht,<br />

wie man über Geld spricht? Mir hat das niemand<br />

beigebracht!<br />

<strong>Und</strong> doch ist Geld ein Thema, das wir absolut<br />

nicht ignorieren können. Wir geben jeden Tag<br />

Geld aus, wir investieren, wir arbeiten 40 Stunden<br />

pro Woche o<strong>der</strong> mehr, um Geld zu verdienen.<br />

Geld ist von zentraler Bedeutung für unser Leben.<br />

<strong>Das</strong> ist es.<br />

Gerade. Start.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie würden ein Pflaster<br />

abreißen. Es wird wahrscheinlich ein bisschen<br />

wehtun, aber Sie müssen es trotzdem tun. Also<br />

machen Sie es einfach.<br />

Da Geld ein so emotional aufgeladenes Thema ist,<br />

kann es schwierig sein, darüber zu sprechen. Ich<br />

verstehe das. Aber nur weil es schwer ist, heißt<br />

48


das nicht, dass wir es vermeiden können. Ich<br />

hoffe, dass Sie be<strong>im</strong> nächsten Mal sogar das<br />

Gespräch genießen können, anstatt den Scheck<br />

einzupacken und bis zum nächsten Monat zu<br />

verschieben (zusammen mit <strong>der</strong><br />

Kreditkartenzahlung).<br />

Carl Richards<br />

ist zertifizierter Finanzplaner und Autor von "The<br />

Behavior Gap". Seine Skizzen und Essays<br />

erscheinen regelmäßig in <strong>der</strong> New York T<strong>im</strong>es. Sie<br />

können ihm auf Twitter @behaviorgap folgen und<br />

erhalten einen kostenlosen Wochenbrief, indem<br />

Sie sich bei BehaviorGap.com anmelden. Weitere<br />

Informationen zu Carls Workshop "Talking<br />

Money" finden Sie unter<br />

Workshops.BehaviorGap.com.<br />

49


Social Media<br />

Social Selling für karriereorientierte Frauen,<br />

Grün<strong>der</strong>innen und Unternehmerinnen<br />

10 Tipps, um <strong>im</strong> Netzwerk wirksam zu punkten<br />

Von Sandra Schubert<br />

Beziehungsaufbau und Vertrauen sind Kriterien,<br />

die <strong>der</strong> rationalen Businesswelt <strong>Mensch</strong>lichkeit<br />

verleihen. <strong>Das</strong> gilt für das Gelingen einer<br />

Geschäftsidee ebenso wie für das Erkl<strong>im</strong>men <strong>der</strong><br />

Karriereleiter. Frauen können hier einen<br />

entscheidenden Vorteil nutzen: Die meisten sind<br />

gute Netzwerker.<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong> Vertrieb wird die Beziehung zum<br />

Kunden vom wechselseitigen Vertrauen geprägt.<br />

Beides lässt sich heute am leichtesten über einen<br />

ganz best<strong>im</strong>mten Kanal aufbauen. Egal ob<br />

Interessenten und potentielle Neukunden<br />

angesprochen, bestehende Kontakte o<strong>der</strong> Kunden<br />

dauerhaft erreicht werden sollen – eine Social<br />

Selling Strategie ist äußerst wirksam.<br />

Vorausgesetzt, das Akquise-Instrument wird<br />

bewusst geplant und eingesetzt.<br />

Der digitale Beziehungsaufbau über Social<br />

Media-Netzwerke ist sehr flexibel mit dem<br />

Smartphone umsetzbar. Die persönliche Präsenz<br />

und <strong>der</strong> gezielte Dialog mit (potentiellen) Kunden<br />

dienen <strong>der</strong> Markenbildung und schaffen<br />

gleichzeitig eine unvergleichliche Nähe zu den<br />

gewünschten Kontakten. Der soziale Aspekt<br />

(Social) steht <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund, auch wenn er dem<br />

Verkauf (Selling) dient. Bei diesen Vorteilen ist es<br />

überraschend, wie wenig Unternehmerinnen und<br />

Selbstständige Social Selling tatsächlich nutzen.<br />

Zeit also, die Social Selling Skills endlich zu pushen.<br />

50


Leichter geht dies mit folgenden 10<br />

Tipps:<br />

Sei wählerisch<br />

Im Social Selling sollte sehr genau<br />

überlegt werden, welches Portal das<br />

richtige und <strong>wo</strong> ein persönliches<br />

Profil am wirksamsten ist. Wo<br />

bewegt sich meine Zielgruppe? Wo<br />

halte ich mich am liebsten auf?<br />

Persönliche Affinität, Angebot und<br />

<strong>der</strong> Nutzen für die Userin weisen den<br />

Weg zur richtigen Plattform.<br />

Facebook und Instagram bieten viel<br />

Platz für Persönliches und Privates,<br />

aber durchaus auch Geschäftliches,<br />

die Plattformen Xing und LinkedIn<br />

sind eher businessorientiert.<br />

Während Xing vom Mittelstand und<br />

von Freiberuflern stark genutzt wird,<br />

sind bei LinkedIn viele Entschei<strong>der</strong>,<br />

Berater und global tätige<br />

Führungskräfte zu finden. Xing<br />

punktet mit <strong>der</strong> Powersuche, um<br />

gezielt Funktionen und Branchen zu<br />

recherchieren. Die international<br />

bekannte Trend-Plattform LinkedIn<br />

bietet sich an, um Kontakte zu<br />

Entschei<strong>der</strong>n aufzubauen und<br />

Kompetenz über eigene Beiträge zu<br />

demonstrieren. Unabhängig von den<br />

individuellen Ausrichtungen, zählt<br />

be<strong>im</strong> Social Selling vor allem eines:<br />

Statt überall ein wenig präsent und<br />

aktiv zu sein, lieber nur eine<br />

Plattform bedienen, dann aber<br />

richtig.<br />

2. Sei unverwechselbar<br />

Im Social Selling ist es wichtig,<br />

sichtbar und wahrnehmbar, vor<br />

allem aber individuell und interessant zu sein. <strong>Das</strong><br />

zählt so<strong>wo</strong>hl bei <strong>der</strong> Profilgestaltung (z.B. mit<br />

Profil- und Hea<strong>der</strong>-Bild, <strong>der</strong> Visitenkarte/Übersicht<br />

o<strong>der</strong> dem Xing-Portfolio bzw. den Medien auf<br />

LinkedIn), als auch bei den persönlichen Posts und<br />

Kommentaren. Eine gut gestaltete Grafik hilft<br />

sofort positiv aufzufallen, Beiträge gewinnen<br />

durch eine klare Sprache. Bild und Text stehen<br />

dabei <strong>im</strong> Einklang mit Kernwerten <strong>der</strong> eigenen<br />

Marke, dem Social Brand.<br />

Sei offen<br />

Welche Informationen sollen auf dem Profil<br />

erscheinen? Zu unterscheiden ist zwischen<br />

persönlich und privat. Während Privates vor allem<br />

auf Facebook zu finden ist, geht es bei<br />

persönlichen Informationen darum, was uns<br />

berührt, bewegt, was unserer Meinung entspricht,<br />

welche persönlichen Erfahrungen wir gemacht<br />

und welche Einstellungen wir haben und teilen.<br />

Der Werdegang darf keine Ego-Show sein,<br />

son<strong>der</strong>n soll mit den wichtigsten Positionen und<br />

Meilensteinen klar die eigenen Kompetenzen<br />

darstellen. Auch soziales o<strong>der</strong> ehrenamtliches<br />

Engagement und Interessen über das Berufliche<br />

hinaus sollten aufgeführt werden, denn das<br />

schafft Gemeinsamkeiten, die verbinden und<br />

Vertrauen aufbauen.<br />

Sei glaubhaft<br />

Es ist durchaus legit<strong>im</strong>, bisherige Kontakte um<br />

Empfehlungen o<strong>der</strong> einer Bestätigung <strong>der</strong><br />

Kenntnisse, wie bei LinkedIn, zu bitten. Eigene<br />

Kompetenzen von Dritten bestätigt, haben real<br />

wie virtuell eine sehr hohe Glaubwürdigkeit.<br />

Sei unterhaltsam<br />

Information ist das eine, eine gewisse Lockerheit<br />

be<strong>im</strong> Social Selling das an<strong>der</strong>e. Social Media wird<br />

ja nicht nur fürs Daily Business, son<strong>der</strong>n auch zum<br />

51


Zeitvertreib genutzt. Posts erhalten umso mehr<br />

Likes, werden umso öfter geteilt und umso mehr<br />

Kommentare sind darunter zu lesen, je<br />

abwechslungsreicher, amüsanter und witziger sie<br />

sind.<br />

Sei aufmerksam<br />

werden. Dies können Hinweise auf ein<br />

persönliches Kennenlernen, einen gemeinsamen<br />

Kontakt o<strong>der</strong> die Sinnhaftigkeit sowie <strong>der</strong> Nutzen<br />

sein, den die Kontaktaufnahme bietet. Von<br />

Standard-Formulierungen ist dringend abzuraten.<br />

Sei bereichernd<br />

Neben <strong>der</strong> Ausrichtung und Qualität <strong>der</strong> eigenen<br />

Posts, gilt bei bestehenden Kontakten hinsichtlich<br />

Social Selling vor allem eines: Immer aufmerksam<br />

sein und bleiben. Persönliche Nachrichten,<br />

beispielsweise Gratulationen zu Jobwechsel u. ä.<br />

festigen Beziehungen und schaffen neue<br />

Kontaktanlässe.<br />

Sei persönlich<br />

Im Net<strong>wo</strong>rking, ob analog o<strong>der</strong> digital gilt <strong>im</strong>mer:<br />

„Geben ist seliger als nehmen!“ Je<strong>der</strong> Kontakt<br />

sollte wertvoll sein. Was hat <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e davon,<br />

dass er zu meinem Netzwerk gehört? Welche<br />

Infos kann ich geben? Wer Gemeinsamkeiten<br />

findet, hat es leichter. Gerne auch einmal direkt<br />

fragen, was man für den an<strong>der</strong>en tun kann. Je<br />

persönlicher <strong>der</strong> Aspekt und individueller <strong>der</strong><br />

Ansatz, umso wertvoller <strong>der</strong> Kontakt – vor allem<br />

langfristig gesehen.<br />

Bei <strong>der</strong> Kontaktaufnahme ist eine Frage<br />

entscheidend: Warum macht es für beide Seiten Sei interaktiv - aber nicht aufdringlich<br />

Sinn, in Verbindung zu treten? Ein No-Go ist die<br />

Kontaktaufnahme ohne persönliche Nachricht. Es<br />

sollte <strong>im</strong>mer ein individueller Bezug hergestellt<br />

Social Net<strong>wo</strong>rking und Social Selling lebt von <strong>der</strong><br />

Aktivität <strong>der</strong> Beteiligten.<br />

52


Um eine Beziehung zu jemandem aufzubauen,<br />

sollte man sich <strong>im</strong>mer mal wie<strong>der</strong> melden, ohne<br />

dabei zu „pushy“ zu sein. Der Dialog muss sich erst<br />

entwickeln. Locker bleiben und nicht enttäuscht<br />

sein, wenn sich <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e auf die eigene<br />

Kontaktanfrage nicht gleich meldet. Manche<br />

haben die Push-Nachrichten ausgeschaltet,<br />

werden also vielleicht nur einmal pro Woche ihre<br />

Kontaktanfragen beant<strong>wo</strong>rten. Fehl am Platz, ja<br />

ein No-Go <strong>im</strong> Social Selling sind vermeintliche<br />

Willkommensgeschenke (E-Book etc.) – damit will<br />

an dieser Stelle keiner belästigt werden.<br />

Sei flexibel<br />

Kommunikationsmöglichkeiten sind vielfältig.<br />

Nach einigen Ping-Pong-Nachrichten kann ein<br />

persönlicher Kontakt, z. B. ein erster<br />

Telefontermin angeboten werden. Es gilt, den<br />

richtigen Zeitpunkt zu finden, um den virtuellen in<br />

einen realen Kontakt zu verwandeln. Bitte wie<strong>der</strong><br />

vorab überlegen und unbedingt kommunizieren:<br />

Warum macht es Sinn, dass wir uns persönlich<br />

treffen? Wenn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e keinen Nutzen davon<br />

hat, wird es vielleicht zu einem Telefonat o<strong>der</strong><br />

Treffen kommen, aber auch nicht zu mehr. <strong>Das</strong><br />

anfänglich aufgebaute Vertrauen kann so schnell<br />

wie<strong>der</strong> zerstört werden und die Social Selling<br />

Aktivitäten sind damit ins Leere gelaufen.<br />

Damit Social Selling nicht zum Zeitfresser wird,<br />

son<strong>der</strong>n uns zum Zeitgewinner macht, hilft ein<br />

vorher festgelegtes Zeitkontingent, z. B. zwei- bis<br />

dre<strong>im</strong>al wöchentlich je eine Stunde, um<br />

dranzubleiben, sich jedoch nicht zu verzetteln.<br />

Kontakte sollten virtuell auf Wie<strong>der</strong>vorlage<br />

gelegt werden, Stichpunkte zum Kontakt (z. B.<br />

Tags wie auf Xing) unterstützen dabei,<br />

Zielgruppen wie<strong>der</strong>zufinden sowie thematisch<br />

und zeitlich gezielt anzusprechen. Gut genutzt<br />

wird Social Selling ein zusätzlicher und absolut<br />

empfehlenswerter Kommunikations- und<br />

Vertriebskanal. Viel Spaß und Erfolg bei den<br />

digitalen Netzwerken!<br />

Sandra Schubert ist nicht nur leidenschaftliche<br />

Verkäuferin, son<strong>der</strong>n auch Impulsgeberin in<br />

Sachen Verkaufen <strong>4.0</strong>. Als erfahrene Expertin<br />

für Vertrieb, Positive Psychologie und<br />

Zeitmanagement <strong>im</strong> Verkauf „schubst“ die<br />

Fachbuchautorin ihre Teilnehmer mit Hilfe von<br />

Seminaren und Vorträgen buchstäblich zum<br />

Verkaufserfolg. Die Rosenhe<strong>im</strong>erin ist deshalb<br />

national und international einfach als „die<br />

SCHUBs“ bekannt. Sie gehört zu Deutschlands<br />

beliebtesten Verkaufsreferenten (Professional<br />

Speaker GSA/SHB). Weitere Informationen zu<br />

öffentlichen Auftritten o<strong>der</strong> individuellen<br />

Erlebnisvorträgen und Seminaren auf<br />

www.schubs.com.<br />

Foto: privat<br />

Viel Spaß und Erfolg be<strong>im</strong> digitalen<br />

Netzwerken!<br />

53


Digitalisierung<br />

Next Stop - The Future<br />

Von Mandy Schroeter<br />

Die Weichen stehen allerorten auf<br />

„Digitalisierung“ – kaum ein Unternehmen, das<br />

sich heute noch nicht mit dem Aufbau einer<br />

Digitalstrategie beschäftigt und seinen Platz in <strong>der</strong><br />

Neuordnung <strong>der</strong> Wertschöpfungsnetzwerke sucht.<br />

Wie aber geht man an dieses Thema ran? Was<br />

macht erfolgreiche Unternehmen <strong>im</strong> digitalen<br />

Zeitalter aus? Was ist wirklich notwendig und<br />

wieviel künstliche Intelligenz benötigen wir zur<br />

Unterstützung unseres Tagesgeschäftes? <strong>Und</strong><br />

welche Voraussetzungen muss ich dafür auf<br />

organisatorischer Ebene schaffen? Mit diesen und<br />

ähnlichen Fragen beschäftigen sich zur Zeit viele<br />

Unternehmen, um die digitalen Entwicklungen für<br />

das eigene Geschäftsmodell, ihre Workforce und<br />

die Arbeitsabläufe nutzbar zu machen.<br />

Mut zur Verän<strong>der</strong>ung<br />

Die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Digitalwirtschaft nach mehr<br />

Prozesstransparenz, Automatisierung und<br />

Selbststeuerung von Arbeitsabläufen und<br />

Virtualisierung kompletter Workspaces haben<br />

eine Vielzahl neuer Berufsbil<strong>der</strong> entstehen lassen,<br />

um Schnittstellen zwischen <strong>der</strong> digitalen und<br />

realen Geschäftswelt zu schaffen, Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zu erleichtern und den Zugang zu neuen<br />

Technologien zu unterstützen. Aber müssen sich<br />

mittelständische Unternehmen nun auf die Suche<br />

nach den Digital Natives machen, um den Einstieg<br />

in die digitalen Arbeitswelten und eine mo<strong>der</strong>ne,<br />

auf Effizienz und Transparenz ausgerichtete<br />

Arbeitsorganisation <strong>4.0</strong> zu schaffen? Task<strong>wo</strong>rld<br />

Deutschland Geschäftsführer Patrick Wings sagt<br />

„nein“. „Es braucht heute nicht viel mehr als eine<br />

Portion Mut, an<strong>der</strong>s zu denken und die<br />

Bereitschaft, neue Wege in <strong>der</strong> Ablauforganisation<br />

zu beschreiten - denn das sind Eigenschaften, die<br />

nicht nur die Agilität <strong>im</strong> Umgang mit<br />

bereichsübergreifenden IT-Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

för<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n auch den Weg für einen<br />

nachhaltigen Generationswechsel bereiten. Denn<br />

die Digitalisierung ist ein iterativer Prozess, <strong>der</strong><br />

seinen Ausgangspunkt darin hat, den eigenen<br />

Kopf auf „digital“ umzustellen und bestehende<br />

Strukturen zu hinterfragen und aufzubrechen. Mit<br />

<strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Ziele ist schon <strong>der</strong><br />

wichtigste Schritt getan – für die technische<br />

Umsetzung des Digitalisierungsprojektes, etwa zur<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Mobilität, digitaler,<br />

dokumentierter Kommunikationswege,<br />

Etablierung zentraler Informations- und<br />

Kollaborationsplattformen o<strong>der</strong> die digitale<br />

Prozessüberwachung gibt es heute bereits<br />

umfassende Web-Plattfomen für die vielfältigsten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsprofile“, so Patrick Wings.<br />

Gemeinsames Verständnis als Basis für<br />

Gesamtkonzept<br />

Wenn man jedoch von Digitalisierung spricht, gibt<br />

54


es vielfach noch kein einheitliches Verständnis<br />

darüber, welchen Zweck dieser Schritt genau<br />

erfüllen soll. Während die Digitalisierung für den<br />

einen insbeson<strong>der</strong>e die Freiheit bedeutet,<br />

standort- und plattformunabhängig auf jedwede<br />

Daten und prozessrelevante Informationen<br />

zuzugreifen, verbindet ein an<strong>der</strong>er damit die<br />

Möglichkeit, Arbeitsprozesse für je<strong>der</strong>mann<br />

transparent zu virtualisieren, um eine effiziente<br />

Ablauforganisation und gleichbleibend hohe<br />

Arbeitsproduktivität sicherzustellen. Ob Daten<br />

o<strong>der</strong> Prozesse – die Digitalisierung entfaltet für die<br />

Unternehmen dann erst ihr volles disruptives<br />

Potenzial, wenn Prozesse,<br />

Unternehmensökosysteme und Daten über<br />

smarte Technologien miteinan<strong>der</strong> zu einem<br />

digitalen Gesamtkonzept verknüpft werden.<br />

Digitalisierung von Projekten, Arbeitsabläufen<br />

und Kommunikation<br />

Was Unternehmen auf dem Weg in die<br />

Digitalisierung benötigen, sind zunächst<br />

Instrumente, um Aufgaben und Workflows digital<br />

abzubilden: Dazu gehören<br />

Kommunikationswerkzeuge wie Mail- und<br />

Messenger-Dienste, ein digitaler,<br />

mitarbeiterspezifischer Workspace zur Abbildung<br />

von Projekten und Abläufen, eine flexible<br />

Workflow-Engine zur Steuerung und<br />

Automatisierung von Arbeitsprozessen sowie<br />

smarte Collaboration-Funktionen, um ein vitales<br />

und digital dokumentiertes Prozess-Ökosystem<br />

zur Unterstützung von Arbeitsabläufen auch über<br />

die Unternehmensgrenzen hinaus aufzubauen.<br />

Verlag „Um die Ecke“ schafft<br />

digitale Workspaces für<br />

Agenturgeschäft<br />

Birgit Franchy<br />

„Heute sind wir und unsere<br />

Team-Mitglie<strong>der</strong> sehr straff und zielgerichtet<br />

organisiert. Sämtliche projektrelevante<br />

Korrespondenz findet direkt und ganz ohne<br />

aufwändige Suche direkt über unsere zentrale<br />

Collaboration-Plattform Task<strong>wo</strong>rld statt und ist<br />

direkt mit dem Projekt, Anhängen und allen<br />

notwendigen Informationen verknüpft. Neue<br />

Mitarbeiter lassen sich sofort über einen<br />

Einladungslink „onboarden“ und arbeiten ihre<br />

Aufgaben <strong>im</strong> Workspace nacheinan<strong>der</strong> ab, ohne<br />

sich um aufwändige Abst<strong>im</strong>mungsprozesse,<br />

Terminkoordination o<strong>der</strong> Verant<strong>wo</strong>rtlichkeiten<br />

kümmern zu müssen“, erläutert Birgit Franchy,<br />

Inhaberin des Verlagshauses „Um die Ecke“.<br />

„Damit können wir den gesamten<br />

Erstellungsprozess unserer verschiedenen<br />

<strong>Magazin</strong>e mit allen prozessbeteiligten<br />

Mitarbeitern digital und medienbruchfrei<br />

strukturieren, nachverfolgen und steuern – auch<br />

ganz ohne eigenständiges Redaktionssystem.“<br />

55


Tools wie Task<strong>wo</strong>rld bieten kleinen wie großen<br />

Unternehmen als All-in-One- Kommunikations-,<br />

Collaboration-, Task Management- und<br />

Projektmanagement-Portal bereits eine<br />

elementare Grundlage in diesem Prozess:<br />

➣eine aufgabenbasierte Prozess-Plattform<br />

zur Vereinfachung komplexer Projekt- und<br />

Arbeitsabläufe<br />

➣zentrale Bereitstellung prozessrelevanter<br />

Daten<br />

➣die digitale Verwaltung von Projekten,<br />

Projektmeilensteinen und Tasks erlaubt es,<br />

mehr Projekte gleichzeitig umzusetzen<br />

➣Anbindung vor- und nachgelagerter<br />

Anwendungssysteme wie ERP-, CRM-,<br />

DMS-, HR- und BI-System über eine offene<br />

Public-API-Schnittstelle,<br />

➣ eine lückenlose digitale Dokumentation <strong>der</strong><br />

gesamten Korrespondenz zu einem<br />

Vorgang<br />

➣ vollständig digitale Projekt- und Prozess-<br />

Überwachung aller Aufgaben <strong>der</strong><br />

prozessbeteiligten Mitarbeiter<br />

➣ smarte Workflow-Engine, um Aufgaben<br />

voll- o<strong>der</strong> teilautomatisiert<br />

verant<strong>wo</strong>rtlichen Mitarbeitern zuzuweisen<br />

und zu überwachen<br />

➣ komfortable digitale Kapazitäts- und<br />

Ressourcenplanung auf <strong>der</strong> Zeitachse, um<br />

Engpässe zu vermeiden und eine<br />

nachhaltig hohe, opt<strong>im</strong>al verteilte<br />

Ressourcenauslastung zu erzielen<br />

➣ automatisierte Performance-Messung und<br />

Auswertungen auf Mitarbeiter-,<br />

Abteilungs- o<strong>der</strong> Projektebene, um<br />

laufende Problem- und Potenzialanalysen<br />

für einen kontinuierlichen,<br />

prozessübergreifenden<br />

Verbesserungsprozess zu nutzen.<br />

Unzureichende<br />

Geschäftsregeln,<br />

Aline Massart<br />

fehlende Analytik,<br />

mangelnde Übersichten, unzulängliche<br />

Erinnerungen und die fehlende zentrale<br />

Dateiverwaltung über Mails und Listen<br />

verursachten einen hohen internen<br />

Koordinationsaufwand. Aline Massart, als<br />

Regional Director zuständig für Digitales<br />

Marketing bei AccorHotels Asia, hielt den<br />

bisherigen Prozess für zu zeitaufwendig und<br />

hinterfragte die bestehenden Infrastrukturen:<br />

„Wir <strong>wo</strong>llten vor allem den Prozess bei <strong>der</strong><br />

Eröffnung o<strong>der</strong> Renovierung von Hotels nicht nur<br />

effizienter, son<strong>der</strong>n auch transparenter und<br />

reibungsloser gestalten. Alle projektbezogenen<br />

Daten und Dokumente sollten an einem<br />

zentralen Ort für alle Beteiligten leicht auffindbar<br />

sein - unabhängig von ihrem Standort und <strong>der</strong><br />

genutzten Plattform. Task<strong>wo</strong>rld erlaubt uns<br />

heute eine durchgängige Arbeitsweise und macht<br />

unsere Projektarbeit vollkommen transparent:<br />

je<strong>der</strong> Prozessbeteiligte sieht auf einen Blick, was<br />

zu tun ist - wie, von wem und bis wann", so Aline<br />

Massart. Teams können nahtlos an einem<br />

virtuellen Ort zusammenarbeiten, indem sie ihre<br />

Aufgaben aktualisieren, Workflows anstoßen,<br />

Dateien und Nachrichten freigeben o<strong>der</strong> den<br />

Projektfortschritt überprüfen. „Mit Task<strong>wo</strong>rld<br />

konnten wir dank des aufgaben- und<br />

projektbezogenen Team-Chats zudem die Anzahl<br />

unserer E-Mails, die etwa <strong>im</strong> Zuge unserer<br />

Hoteleröffnungen ausgetauscht wurden, um über<br />

40% reduzieren.“<br />

56


57


Kai Schick, Inhaber Tsiel, <strong>im</strong> Gespräch mit Gabriele<br />

van den Berg<br />

Welche Bedeutung haben Führungsfrauen in<br />

Zeiten <strong>der</strong> Digitalisierung?<br />

Wachsende Digitalisierung mit dem Einsatz<br />

von Algorithmen führt zu sehr hoher Effizienz<br />

in Unternehmen. Dadurch verschiebt sich <strong>der</strong><br />

Fokus von Führung.<br />

Es geht zukünftig nicht darum, Mitarbeiter für<br />

opt<strong>im</strong>ale Arbeit in Prozessen zu motivieren.<br />

Erfolgreiche Führungspersönlichkeiten passen<br />

Prozesse und Produkte effizient an sich schnell<br />

än<strong>der</strong>nde Rahmenbedingungen an.<br />

Bereichs- und funktionsübergreifende Teams, mit<br />

vielfältigen Hintergründen und Sichtweisen, sind<br />

hierbei <strong>der</strong> Schlüssel zum Erfolg.<br />

Soziale Kompetenz, organisatorische Fähigkeiten,<br />

Diplomatie und emotionale Intelligenz auf Basis<br />

fachlicher Exzellenz sind daher die Merkmale<br />

zukünftig erfolgreicher Führung. Viele dieser<br />

Faktoren werden von Frauen faktisch häufiger<br />

gezeigt.<br />

Entschei<strong>der</strong>innen, die damit die Potenziale<br />

ihrer Organisation voll entfalten können,<br />

sind von unschätzbarem Wert für die Zukunft.<br />

Was müssen Unternehmen tun, um für solche<br />

Frauen attraktiv zu sein?<br />

Dafür bedarf es echter Verän<strong>der</strong>ung.<br />

Nicht nur ein Rollentausch von Frauen und<br />

Männern. Son<strong>der</strong>n neue Arbeitsmodelle,<br />

die Führung und Familie gleichberechtigt<br />

ermöglichen. Gerade für die Vorbildfunktion <strong>der</strong><br />

Spitzenpositionen.<br />

O<strong>der</strong> die Pools für Nachwuchsführungskräfte.<br />

Frauen- und Männerpools müssen zu einem „Next<br />

Generation Pool“ vereint werden, um gemeinsam<br />

eine erfolgreiche Unternehmens-kultur zu<br />

erarbeiten. Der Frauenanteil muss dabei die<br />

zukünftige Gleichverteilung <strong>der</strong><br />

Führungspositionen gewährleisten.<br />

Die Verän<strong>der</strong>ung ist ein Prozess, getragen von<br />

starken Rolemodels.<br />

Was meinen Sie mit Rolemodels?<br />

Frauen, die Unterstützer*innen inner- und<br />

außerhalb des Unternehmens vereinen und die<br />

Kultur positiv entwickeln.<br />

58


Mit Fingerspitzengefühl und Ausdauer verän<strong>der</strong>n<br />

sie nachhaltig erfolgreich die Organisation.<br />

Sie sind die treibende Kraft und echte Vorbil<strong>der</strong><br />

für nachrückende Generationen.<br />

Was raten Sie aufstrebenden Frauen?<br />

<strong>Das</strong> Leben als Ganzes, mit unterschiedlichen<br />

Abschnitten betrachten. Nehmen wir das Beispiel<br />

Familie. Kin<strong>der</strong> sind für viele ein wichtiger Teil <strong>im</strong><br />

Leben und best<strong>im</strong>men <strong>im</strong> jungen Alter den Takt.<br />

Nach einigen Jahren sind die Eltern aber nicht<br />

mehr <strong>der</strong> zentrale Punkt. Viele top ausgebildete<br />

Frauen verschenken damit die Gelegenheit, ihre<br />

eigene Zukunft zu gestalten und vor allem – für<br />

den weitaus größeren Teil ihres Lebens –<br />

unabhängig, frei und zufrieden zu sein. For<strong>der</strong>n<br />

und <strong>im</strong>plementieren Sie Strukturen die Familie,<br />

Beruf und Führung, sowie räumliche Flexibilität<br />

ermöglichen. <strong>Und</strong> unterstützen Sie sich<br />

gegenseitig.<br />

<strong>Und</strong> gesellschaftlich? Müssen wir <strong>im</strong> 21.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t tatsächlich noch <strong>im</strong>mer über das<br />

Thema Gleichberechtigung diskutieren?<br />

Ja mehr als jemals zuvor! <strong>Und</strong> zwar Frauen und<br />

Männer gemeinsam. Es geht um sehr viel mehr.Es<br />

geht um den Fortbestand und die Entwicklung<br />

unserer freiheitlichen Gesellschaft als<br />

erfolgreiches System. Eine <strong>der</strong> tragenden Säulen<br />

ist die Gleichberechtigung von Frauen und<br />

Männern. Wir müssen Sie weiterentwickeln und<br />

aus formaler Gleichberechtigung, eine faktische<br />

schaffen. <strong>Das</strong> westliche Gesellschaftsmodell darf<br />

diese nicht nur tolerieren, es muss sie for<strong>der</strong>n und<br />

för<strong>der</strong>n. Meine Gespräche mit Vorständinnen<br />

über ihre Mentees zeigen, dass junge Frauen<br />

wie<strong>der</strong> in alte patriarchalisch geprägte Rollen<br />

zurückfallen. Dadurch droht, viel Erreichtes zu<br />

verlieren. <strong>Das</strong> müssen wir verhin<strong>der</strong>n.<br />

<strong>Und</strong> wie möchten Sie das erreichen?<br />

<strong>Das</strong> Gehe<strong>im</strong>nis sind Unternehmen mit attraktiver<br />

Unternehmenskultur und Prozessen, die Beruf,<br />

Führung und Familie opt<strong>im</strong>al ermöglichen.<br />

Damit werden die besten Talente ge<strong>wo</strong>nnen und<br />

gleichzeitig eine positive gesellschaftliche Wirkung<br />

erzielt. Konkret heißt das, mehr<br />

verän<strong>der</strong>ungsstarke Frauen auf allen<br />

Führungsebenen gewinnen und halten. <strong>Das</strong><br />

Problem liegt für Unternehmen darin, die<br />

richtigen Frauen zu finden. Dies lösen wir mit dem<br />

anonymen Diamonds Circle. Damit bieten wir<br />

hochkarätigen Frauen den opt<strong>im</strong>alen Kanal zu<br />

Führungspositionen auf allen Ebenen.<br />

Herr Schick, was ist (Ihr) „Tsiel“?<br />

Tsiel: Frauen ins Management.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

59


Unternehmerinnen <strong>im</strong> Porträt<br />

„Ich möchte meine Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter motivieren und inspirieren“<br />

Für aufmerksame Beobachter <strong>der</strong> deutschen<br />

Industrie ist sie seit nunmehr einem Jahr kein<br />

unbekanntes Gesicht mehr: Maria Ferraro,<br />

Finanzchefin von Siemens Digital Industries. Nach<br />

ihrem Karrierestart bei Pricewaterhouse Coopers<br />

(PwC) Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre, legte die Kanadierin<br />

eine beispielhafte Karriere bei einem <strong>der</strong> größten<br />

deutschen Konzerne, <strong>der</strong> Siemens AG, hin. Wie ihr<br />

Weg dorthin aussah, welche Eigenschaften sie<br />

rückblickend als grundlegend für ihren beruflichen<br />

Erfolg betrachtet und was sie jungen Talenten und<br />

angehenden Karrierefrauen mit auf den Weg<br />

geben will, erzählt sie <strong>im</strong> Interview mit <strong>SHE</strong> <strong>wo</strong>rks!<br />

Frau Ferraro, als CFO von Siemens Digital<br />

Industries verant<strong>wo</strong>rten Sie kaufmännisch eines<br />

<strong>der</strong> größten Einheiten des Dax-Konzerns. Wie sah<br />

Ihr Karriereweg aus und wie haben Sie diese<br />

Erfolge erreicht?<br />

Ich hatte schon <strong>im</strong>mer ein klares Ziel vor Augen:<br />

Eine führende Position <strong>im</strong> Finanzumfeld<br />

einzunehmen und CFO zu werden. Diesen Traum<br />

habe ich kontinuierlich und unermüdlich verfolgt<br />

und hatte zudem das große Glück, dass mich<br />

so<strong>wo</strong>hl mein familiäres als auch mein berufliches<br />

Umfeld auf diesem Weg <strong>im</strong>mer unterstützt hat. So<br />

durfte ich bei Siemens in verschiedenen<br />

Positionen in Kanada, USA, Frankreich und<br />

Großbritannien Erfahrungen sammeln, die mich zu<br />

<strong>der</strong> Führungskraft gemacht haben, die ich heute<br />

bin: Ich brenne für Finanzthemen und<br />

Geschäftsergebnisse, aber möchte als<br />

Führungskraft vor allem ein Umfeld schaffen, das<br />

meine Mitarbeiter motiviert und inspiriert, sodass<br />

wir gemeinsam als Team unser Bestes geben um<br />

langfristigen und nachhaltigen Erfolg zu erzielen.<br />

Die Industrie und speziell die Finanzwelt sind<br />

nach wie vor eher männlich dominierte<br />

Branchen. Welche Eigenschaften betrachten Sie<br />

rückwirkend als elementar, um auf <strong>der</strong><br />

Karriereleiter aufzusteigen?<br />

Die Wahrheit ist, dass ich <strong>im</strong>mer hart gearbeitet<br />

habe und mir stets bewusst gemacht habe, was<br />

ich erreichen <strong>wo</strong>llte. Darüber hinaus hatte ich<br />

ausgezeichnete männliche Führungskräfte und<br />

Mentoren, die an mich glaubten und meine<br />

Karriere voranbrachten. Jetztnehme ich diese<br />

Verant<strong>wo</strong>rtung als Führungskraft selbst sehr<br />

ernst. Ich för<strong>der</strong>e und unterstütze Talente, setze<br />

Entwicklungspläne mit detaillierter<br />

Nachfolgeplanung auf. Während meiner gesamten<br />

Karriere war mein Credo schon <strong>im</strong>mer: arbeite<br />

gewissenhaft, sei ein Teamplayer, bleib dir treu<br />

und sei ehrlich. Bei einer Karriere geht es darum,<br />

sich selbst <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> neu herauszufor<strong>der</strong>n<br />

und schwierige Entscheidungen zu treffen. Dabei<br />

ist es wichtig, das zu tun, was man wirklich<br />

machen möchte und nicht nur das, was von einem<br />

erwartet wird. Wer von seinen Aufgaben<br />

begeistert ist, startet automatisch mit <strong>der</strong> nötigen<br />

Leidenschaft in den Tag.<br />

<strong>Das</strong> Thema Gleichberechtigung <strong>im</strong> Job lässt uns<br />

die nächsten Jahre sicherlich nicht los. Wir haben<br />

die letzten Jahre schon viel geschafft, aber es<br />

liegt auch noch ein steiniger Weg vor uns, o<strong>der</strong>?<br />

Absolut, es gibt noch eine Menge zu tun. Ob<strong>wo</strong>hl<br />

ich wirklich stolz darauf bin, was wir bei diesem<br />

Thema bereits erreicht haben. <strong>Und</strong> hier kann<br />

je<strong>der</strong> von uns aktiv werden und als Vorbild an die<br />

Sache gehen: Als Mutter einer 11-jährigen<br />

Tochter, die geradezu verrückt nach<br />

Wissenschaften ist, ermutige ich sie ihre Träume<br />

zu verwirklichen und<br />

60


Foto Copyright Siemens AG<br />

möchte Mädchen und junge Frauen motivieren,<br />

ihren Weg <strong>im</strong> MINT-Bereich (Mathematik,<br />

Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu<br />

gehen.<br />

Weiterhin sehe ich die Digitalisierung als große<br />

Chance, denn ihre Herausfor<strong>der</strong>ungen lassen sich<br />

in diversen und multidisziplinären Teams viel<br />

besser lösen. Es ist wissenschaftlich erwiesen,<br />

dass solche Teams insgesamt erfolgreicher sind<br />

und in <strong>der</strong> Lage sind, kreativere und innovativere<br />

Lösungen zu entwickeln. Idealerweise bringt je<strong>der</strong><br />

sein Potential mit ein. Ich bin <strong>der</strong> festen<br />

Überzeugung, dass wir nur dann Fortschritte<br />

machen, wenn wir uns verschiedene Meinungen<br />

einholen. Deshalb bedeutet Inklusion für mich vor<br />

allem, dass ich mir alle St<strong>im</strong>men anhöre. Denn<br />

nicht <strong>im</strong>mer haben die lautesten St<strong>im</strong>men, die<br />

besten Ideen.<br />

Sie sind nun seit 25 Jahren in diesem Business.<br />

Was würden Sie jungen, aufstrebenden Frauen<br />

mit auf den Weg geben?<br />

Maria Ferraro, CFO Siemens Digital<br />

Industries<br />

4. <strong>April</strong> | Women Tec Day<br />

Maria Ferraro, CFO Siemens Digital Industries,<br />

ist für die Gesamtausrichtung und Leitung <strong>der</strong><br />

kommerziellen und finanziellen<br />

Angelegenheiten zuständig. Mit ihrer Closing<br />

Speech am Women Tec Day möchte sie Dich<br />

an ihren Erfahrungen teilhaben lassen und<br />

ihren Beitrag für mehr Frauen in<br />

Führungspositionen leisten.<br />

Hier geht's zum Programm<br />

Mein Rat lautet: seid ehrgeizig und mutig, denkt<br />

groß und <strong>bleibt</strong> bescheiden dabei. Mutige<br />

Führungskräfte sind diejenigen, die bereit sind,<br />

unkonventionelle Wege zu gehen, die eine so<br />

genannte Speak-up Kultur leben und Feedback<br />

suchen. Wichtig ist zudem <strong>der</strong> klare Wille, eine<br />

verant<strong>wo</strong>rtungsvolle Aufgabe auch mit vollem<br />

Einsatz zu übernehmen. Dazu gehört es, auch<br />

Fehler zu machen und schnell aus diesen zu<br />

lernen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

61


Veranstaltung<br />

Hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten <strong>im</strong><br />

Familienunternehmen - Treffe 50 von Deutschlands<br />

führenden Familienunternehmen auf dem<br />

„Karrieretag Familienunternehmen“<br />

Von Hannah Bischoff<br />

Seit vielen Jahren wird dieses erfolgreiche<br />

Karriere-Event vom Entrepreneurs Club<br />

veranstaltet. Unter den BewerberInnen sind<br />

weibliche Fach- und Führungskraft lei<strong>der</strong> <strong>im</strong>mer<br />

noch in geringerer Anzahl vertreten, was sie<br />

jedoch umso beliebter für die Auswahl zur<br />

Teilnahme am „Karrieretag<br />

Familienunternehmen“ macht. Als akkreditierte<br />

Kandidatin bekommst du dann die Chance deine<br />

persönliche Karriere <strong>im</strong> Familienunternehmen zu<br />

starten, indem du so<strong>wo</strong>hl einen direkten Kontakt<br />

zu den verant<strong>wo</strong>rtlichen PersonalleiterInnen, als<br />

auch zu den InhaberInnen des Unternehmens<br />

herstellen kannst. Dies ist eindeutig eine<br />

Beson<strong>der</strong>heit dieser Messe, denn <strong>wo</strong> sonst hast<br />

du die Chance dich mit den Top-Entschei<strong>der</strong>Innen<br />

führen<strong>der</strong> Familienunternehmen über konkrete<br />

Stellenangebote, internationale<br />

Einsatzmöglichkeiten sowie zukünftige<br />

Karriereperspektiven auszutauschen. Die Kontakte<br />

werden größtenteils bereits vor dem<br />

Veranstaltungstag durch vorterminierte<br />

Einzelgespräche vermittelt. Diese werden dann<br />

vor Ort in gemütlichen Lounges und<br />

Besprechungsecken geführt, sodass sich die<br />

KandidatInnen und Firmen ungestört über zu<br />

besetzenden Stellen unterhalten können. Da<br />

Familienunternehmen über sehr gute<br />

Voraussetzungen verfügen ihren MitarbeiterInnen<br />

vorteilhafte Karriereperspektiven zu bieten,<br />

können hierbei äußerst interessante Gespräche<br />

entstehen. Zudem stehen Frauen in<br />

Familienunternehmen meist hervorragende<br />

Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung, die oft<br />

mit schnellen Aufstiegschancen einhergehen.<br />

Gehe<strong>im</strong>tipp unter den Karriere-Events<br />

Schaut man sich auf <strong>der</strong> Website des Karrieretag<br />

Familienunternehmen um, wird einem schnell<br />

klar, dass sich auf dem „Karrieretag<br />

Familienunternehmen“ so<strong>wo</strong>hl bekannte<br />

Familienunternehmen wie Haribo, Kärcher o<strong>der</strong><br />

Kaufland als auch echte Hidden Champions auf die<br />

Suche nach Führungsnachwuchs begeben. Der<br />

Begriff “Hidden Champion” bezieht sich dabei<br />

oftmals auch auf den Standort, was daran zu<br />

erkennen ist, dass die nächsten Karrieretage in<br />

den schönen, aber doch eher unbekannten<br />

Kleinstädten Ditzingen und Radevormwald<br />

stattfinden werden.<br />

Ebenso einzigartig wie das Karriere-Event an sich<br />

ist auch <strong>der</strong> Ausrichtungsort. So wird <strong>der</strong> 23.<br />

Karrieretag Familienunternehmen auf dem<br />

Campus <strong>der</strong> TRUMPF GmbH + Co. KG in Ditzingen,<br />

bei Stuttgart ausgerichtet, <strong>der</strong> durch seine<br />

mo<strong>der</strong>nen Arbeitsplätze, Maschinenparks und<br />

eine zukunftsweisende Architektur beeindruckt.<br />

Diesen <strong>wo</strong>llen sich einige <strong>der</strong> hochmotivierten<br />

KandidatInnen bereits am Vorabend ansehen und<br />

die Umgebung erkunden, um die Zeit am nächsten<br />

Tag opt<strong>im</strong>al zu nutzen. Schließlich ist das richtige<br />

T<strong>im</strong>ing das A und O bei einer Veranstaltung, die<br />

eine entscheidende Verän<strong>der</strong>ung in deiner<br />

Karrierelaufbahn bewirken kann.<br />

62


63


Christine Fink (r.), Director People & Organization <strong>der</strong><br />

cosnova GmbH, <strong>im</strong> Einzelinterview mit einer Kandidatin Foto<br />

privat<br />

Damit punkten Familienunternehmen<br />

<strong>Das</strong>s qualifizierte, weibliche Fach- und<br />

Führungskräfte stets gefragt sind ist allseits<br />

bekannt. Dies ist auch be<strong>im</strong> Karrieretag<br />

Familienunternehmen <strong>der</strong> Fall. Ebenso begehrt<br />

sind auf dem „Karrieretag Familienunternehmen“<br />

jedoch auch die teilnehmenden Firmen. Eine von<br />

<strong>der</strong> TU München durchgeführte Studie zeigt, dass<br />

Familienunternehmen von jungen<br />

AkademikerInnen als bessere Arbeitgeber<br />

wahrgenommen werden. Hierbei wird vor allem<br />

deutlich, dass diese in Bezug auf die<br />

Arbeitsatmosphäre und den Teamgeist punkten<br />

können. Zudem pflegen Familienunternehmen<br />

flache Hierarchien. Offene Türen gehören zur<br />

Unternehmenskultur, schaffen Vertrauen und du<br />

bekommst Freiraum, um dich entsprechend<br />

deiner Persönlichkeit zu entfalten. Ein weiterer<br />

Pluspunkt <strong>der</strong> familiengeführten Unternehmen<br />

besteht in ihrer hohen Flexibilität, <strong>wo</strong>durch sie<br />

schneller auf die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitswelt<br />

reagieren können. Ein Vorteil hierfür ist ganz klar<br />

die Präsenz des Inhabers und sein aktives<br />

Mitgestalten <strong>der</strong> Prozesse.<br />

64


Zum Erreichen ihrer ambitionierten Ziele zählt das<br />

Familienunternehmen Woco auf gut quali-fizierte<br />

Mit-arbeiterInnen, die sie auch auf dem 23.<br />

Karrieretag Familienunternehmen suchen. Woco<br />

ist stolz, dass viele frühere Nachwuchskräfte das<br />

Familienunternehmen heute auf wichtigen Fachund<br />

Führungspositionen repräsentieren. Ein gutes<br />

Beispiel für eine Woco Karriere ist Sonja Diethei,<br />

die 2000 bei Woco ihre Ausbildung zur<br />

Industriekauffrau begann. Darauf aufbauend<br />

vertiefte sie ihre Fachexpertise mit einem Studium<br />

<strong>der</strong> Betriebswirtschaft und war schließlich als<br />

Sales Managerin für neue Kunden tätig. Durch ihre<br />

jahrelange Expertise <strong>im</strong> Vertrieb hat sich Frau<br />

Diethei ein umfassendes Netzwerk aufgebaut und<br />

genießt das volle Vertrauen <strong>der</strong> von ihr betreuten<br />

Kunden. Der nächste Karriereschritt sollte nicht<br />

lange auf sich warten lassen: Heute ist Frau<br />

Diethei als Global Sales Managerin weltweit<br />

verant<strong>wo</strong>rtlich für die Kunden Jaguar Land Rover<br />

und Volvo. <strong>Das</strong> von ihr geführte Sales Team trägt<br />

durch gelungene Neuakquisen maßgeblich zum<br />

Unternehmenserfolg bei. Dein Interesse ist<br />

geweckt und du möchtest den nächsten<br />

Karrieretag Familienunternehmen auf keinen Fall<br />

verpassen? Du möchtest einen <strong>der</strong> 650 begehrten<br />

Plätze bekommen und aus über 2.700<br />

BewerberInnen ausgewählt werden? Dann hast<br />

du jetzt die Chance dich für den 23. Karrieretag<br />

Familienunternehmen am 5. Juli <strong>2019</strong> zu<br />

bewerben. Dieser findet auf dem Campus <strong>der</strong><br />

TRUMPF GmbH + Co. KG in Ditzingen, bei<br />

Stuttgart, statt. Bis 20. Mai <strong>2019</strong> ist eine<br />

Bewerbung unter<br />

https://www.karrieretag-familienunternehmen.de<br />

/bewerben/ möglich.<br />

65


Eine Mutmachgeschichte<br />

86.400 - Mein Leben nachdem<br />

ich gestorben war<br />

Von Hannah Davina Dahl<br />

„Soll ich dir tragen helfen?“ fragt Sara mich, als ich<br />

mit <strong>der</strong> Tragewanne aus dem Kin<strong>der</strong>wagen, dem<br />

Autokin<strong>der</strong>sitz, in dem mein acht Monate alter<br />

Sohn schlief, <strong>der</strong> Bohrmaschine, dem<br />

Werkzeugkasten, <strong>der</strong> riesigen Tasche mit Windeln,<br />

Essen, Wechselkleidung, Spielzeug und meiner<br />

Thermoskanne mit Tee (den ich abends kalt<br />

wie<strong>der</strong> mit nach Hause genommen habe) vor<br />

CoWomen aus dem Auto stieg.<br />

CoWomen ist <strong>der</strong> Community Club und Co<strong>wo</strong>rking<br />

Space für Frauen. Wir haben in Berlin-Mitte<br />

Räume für Frauen eröffnet, die ihnen eine gute<br />

Arbeitsatmosphäre bieten, Workshops und<br />

Veranstaltungen für Weiterentwicklung,<br />

Vernetzung und Inspiration und viele mehr. „Ja,<br />

bitte!“, seufzte ich. Jeden Morgen schleppe ich<br />

alles hoch und das meiste wie<strong>der</strong> runter.<br />

Manchmal zieht meine Narbe am Bauch,<br />

manchmal zwickt meine Hüfte. Zum Glück<br />

unterstützt uns Anna be<strong>im</strong> Aufbau des Frühstücks<br />

für eine kleine Runde von Müttern bei unserem<br />

ersten „Business Moms‘ Club Breakfast“.<br />

Mit <strong>der</strong> Geschichte, die ich erzählen würde, hatte<br />

keine <strong>der</strong> Frauen gerechnet. Als ich 15 Jahre alt<br />

war, wurde ich krank: Morbus Crohn, eine<br />

chronisch entzündliche Darmerkrankung.<br />

Trotzdem <strong>wo</strong>llte ich für ein Jahr nach Mexiko!<br />

Meine Mutter hat mich ziehen lassen. Mütter<br />

kennen einen manchmal besser als man sich<br />

selbst und sie wusste, dass es schl<strong>im</strong>mer wäre,<br />

mich nicht gehen zu lassen. <strong>Und</strong> auch mein Arzt<br />

66


lernte das schnell. Er lernte überhaupt viel mit<br />

und von mir und wurde einer meiner engsten<br />

Verbündeten. Mit guter Organisation,<br />

Notfallplänen und einem guten Netzwerk war es<br />

möglich.<br />

Mir ging es ganz gut, ich lernte viel<br />

Frida und ich waren in Mexiko unzertrennlich.<br />

Sie kam aus Schweden, <strong>wo</strong> ich sie nach unserer<br />

Zeit in Mexiko besuchte. Als wir nachts mit dem<br />

Auto fuhren, kam sie von <strong>der</strong> Straße ab, wir<br />

stürzten einen Hang hinunter, knallten gegen<br />

einen kleinen Felsen, es knackte in mir, dann<br />

drehten wir uns <strong>im</strong> Kreis und blieben so stehen,<br />

dass wir die Türen hinten nicht öffnen konnten.<br />

Die An<strong>der</strong>en kletterten aus dem Wagen, ich<br />

blieb hinten liegen und <strong>wo</strong>llte lieber sterben als<br />

die Schmerzen länger zu ertragen. Es dauert<br />

lange, bis ich <strong>im</strong> Krankenhaus ankam, ich wurde<br />

geröntgt, sie weckten die besten Chirurgen. In<br />

<strong>der</strong> Zwischenzeit riefen sie meine Eltern an.<br />

Meine Hüfte und mein Steißbein waren<br />

mehrfach gebrochen, mein Darm war an<br />

mehreren Stellen gerissen. Ich wurde<br />

stundenlang operiert.<br />

Am nächsten Tag starb ich<br />

Vermutlich an einer allergischen Reaktion auf<br />

das Blut, das ich bekam. Ich verspürte so viel<br />

Frieden. Ich hörte mein Herz schlagen, alles war<br />

schwarz. Es schlug und schlug. Immer<br />

langsamer. Dann hörte es auf. Totenstille. Ich<br />

sah die Ärzte und meinen Vater um mich herum<br />

und meine Mama in <strong>der</strong> Hocke an <strong>der</strong> Wand.<br />

67


<strong>Und</strong> plötzlich schlug mein Herz wie<strong>der</strong>, viel zu<br />

schnell! Adrenalin … was ich auch noch viele<br />

Monate in mir spürte. Nach zwei Wochen wurde<br />

ich zurück nach Deutschland geflogen und entließ<br />

mich sofort gegen den Rat aller aus dem<br />

Krankenhaus. Ich musste tanzen lernen. Die gut<br />

zwanzig Zent<strong>im</strong>eter lange Narbe, die von oben<br />

nach unten knallrot meinen Bauch zierte,<br />

präsentierte ich stolz. Kurz danach wurde ich<br />

schwer krank, <strong>wo</strong>g irgendwann nur noch 40<br />

Kilogramm: Ein Leben ohne Schmerz war<br />

unvorstellbar. Ich konnte kaum noch laufen, ich<br />

konnte mich nicht alleine anziehen, mir kaum die<br />

Zähne putzen. Als ich endlich bereit war, ins<br />

Krankenhaus zu gehen, wurde ich so schnell<br />

schmerzfrei, dass ich meinen Darm nicht die zwei<br />

Wochen geschont habe, die ich sollte. Freunde<br />

brachten mir Burger, Brote, Pudding. Mein Vater<br />

und ich hielten zusammen und kippten vor<br />

Untersuchungen manchmal etwas <strong>der</strong> ekeligen<br />

Kontrastmittel in die Blumentöpfe, wenn ich<br />

nichts mehr runterbekam. Ich war in <strong>der</strong> Reha,<br />

kam nach vielen Wochen zurück in die Schule,<br />

macht doch noch in dem Jahr mein Abitur und fing<br />

mein Studium an.<br />

Ich feierte zehn Jahre lang zwei Mal <strong>im</strong> Jahr<br />

Geburtstag und <strong>im</strong>mer noch ist die Zeit um den<br />

27. März für uns sehr emotional. Ich habe nach<br />

diesem Unfall nicht angefangen, jeden Tag zu<br />

leben, als wäre es mein letzter. Anfangs war es<br />

sogar eher das Gegenteil: Wenn ein Problem zu<br />

groß wurde, wenn die Schmerzen fast unerträglich<br />

waren, erinnerte ich mich an diese friedliche Stille<br />

und sehnte mich dorthin.<br />

Für mich bedeutete es 86.400<br />

Mein Leben war schon <strong>im</strong>mer eine<br />

Achterbahnfahrt. Für mich bestärken meine<br />

Erfahrungen meinen Weg, das Leben zu spüren.<br />

Den Regen auf <strong>der</strong> Haut, die Tränen auf dem<br />

Gesicht. 86.400 – so viele Sekunden hat <strong>der</strong> Tag.<br />

Ich muss nicht <strong>im</strong>mer kämpfen und nach Glück,<br />

Geld, Liebe, Zufriedenheit und Sonnenschein<br />

suchen. Vielmehr möchte ich die Sekunden so<br />

erleben, wie sie sind. Trauer genießen, weinen<br />

können. Als mir mein Bauch endlich keine großen<br />

Sorgen mehr bereitete, weil ich sehr starke<br />

Medikamente nahm, kippte ich um. Epileptische<br />

Anfälle. Es war kein gutartiger Tumor. Es ist<br />

vermutlich eine Art Narbe von einem Unfall, den<br />

ich als Kind hatte. Aber das Leben mit Angst,<br />

wie<strong>der</strong> umzufallen, vielleicht diesmal be<strong>im</strong><br />

Motorradfahren o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Treppe: <strong>Das</strong> war <strong>der</strong><br />

schwierigste Tanz von allen. Die Medikamente<br />

wirkten sich aus, ich konnte nicht mehr so schnell<br />

denken, finde oft Wörter nicht, insbeson<strong>der</strong>e<br />

wenn ich müde bin. Ich muss genug schlafen.<br />

Mein Leben ist geprägt von vielen Jahren mit<br />

Schmerzen, Operationen, Medikamenten,<br />

Einschränkungen. Ich ließ mich nicht<br />

unterkriegen! Ich habe Dinge einfach an<strong>der</strong>s<br />

geplant und organisiert.<br />

Inzwischen habe ich eine kleine Familie<br />

Als mein erster Sohn, Henry, drei Monate alt war,<br />

stieg ich in Teilzeit wie<strong>der</strong> in den Job ein. Ich<br />

68


Foto privat<br />

konnte nicht <strong>im</strong>mer zum PEKiP o<strong>der</strong> über<br />

Stoffwindeln sprechen. Es bedeutete viel Aufwand<br />

und kostete uns auch viel Geld, dass ich wie<strong>der</strong> so<br />

früh eingestiegen bin. Aber mittelfristig hat es sich<br />

gelohnt. Es tat mir selbst gut, und auch uns als<br />

Paar und als Familie. Zudem wurde ich in meinem<br />

Job beför<strong>der</strong>t, was mir wichtig war und eine<br />

weitere Perspektive eröffnete. Jede Mutter darf<br />

ihren Weg gehen, ob sie Zuhause bleiben mag<br />

o<strong>der</strong> zurück in ihren Beruf geht, etwas Eigenes<br />

gründet: Alles davon erfor<strong>der</strong>t viel Mut und die<br />

Fähigkeiten haben wir alle in uns, das weiß ich<br />

sicher!<br />

Mittlerweile haben wir CoWomen gegründet, um<br />

Frauen Räume zu eröffnen, in denen sie sich<br />

entfalten können, nicht nur physisch. Bei<br />

CoWomen finden Frauen alles, was sie brauchen,<br />

um sich eine Karriere aufzubauen, die sie lieben,<br />

und ein Leben, das zu ihnen passt.<br />

69


Frauen in <strong>der</strong> Seefahrt<br />

<strong>Das</strong> Schiff ist weiblich<br />

70


Sandra Kloss-Sel<strong>im</strong> fuhr zur See – heute will sie Frauen bei <strong>der</strong><br />

Verwirklichung ihres Traums vom Leben auf einem Schiff unterstützen<br />

Vor mehr als 19 Jahren, ich war damals als<br />

Reiseleiterin für Neckermann unterwegs, habe ich<br />

zusammen mit einem Schweizer auf Zypern ein<br />

Appartement be<strong>wo</strong>hnt. Sein Name ist Rick. Er<br />

schwärmt <strong>im</strong>mer davon, dass er <strong>im</strong> Sommer hier<br />

auf <strong>der</strong> Insel arbeitet und die Wintermonate als<br />

Patissier auf amerikanischen Kreuzfahrtschiffen<br />

verbrachte.<br />

Der Sommer verging, <strong>der</strong> Winter kam und ich<br />

fand mich wie<strong>der</strong> in meiner nächsten Destination<br />

Marokko. <strong>Und</strong> <strong>der</strong> Traum, den Rick mir<br />

eingepflanzt hatte, breitete sich aus.<br />

Mein erstes Schiff hieß “MS Palmira“, Sommer<br />

2000 und die Geschichte mit <strong>der</strong> Seefahrt und mir<br />

nahm ihren Lauf.Angefangen als Reiseleiter über<br />

Shore Excursion Manager, Mitarbeiter in <strong>der</strong><br />

Personalentwicklung, Trainer und Coach an Bord<br />

von Kreuzfahrtschiffen und zuletzt als Manager<br />

Training& Development für eine deutsche<br />

Ree<strong>der</strong>ei in <strong>der</strong> Schweiz, ließen mich über die<br />

Jahre hinweg wachsen. Auf Schiffen treffen sich<br />

alle Nationalitäten, alle Altersklassen und so viele<br />

verschiedene Berufe und Lebensläufe. Egal, wie<br />

unterschiedlich all diese <strong>Mensch</strong>en hin sichtlichen<br />

ihrer Ansichten, Religionen und<br />

Lebensgeschichten auch sein mögen - die Liebe<br />

zur Seefahrt verbindet sie alle.<br />

Welche Form von Liebe es auch ist - die<br />

romantische Art von Seefahrt mit tollen<br />

Destinationen und Sonnenuntergängen, <strong>der</strong><br />

Geruch des Meeres o<strong>der</strong> auch die Möglichkeit,<br />

nach einigen Jahren sich von dem verdienten Geld<br />

ein Grundstück mit Haus und Auto kaufen zu<br />

können - sie alle treffen sich hier, auf engstem<br />

Raum, weit weg von zu Hause. Rund um die Uhr,<br />

24 Stunden täglich, zusammenarbeiten, leben und<br />

lieben.<br />

Die Jahre mit meiner "Familie" zogen vorüber und<br />

es wurde Zeit, sich <strong>der</strong> eigenen Familienplanung<br />

zu widmen. <strong>Und</strong> so wurde vor fast fünf Jahren<br />

unsere Tochter geboren.Heute, 2 Jahre später, bin<br />

ich mit <strong>der</strong> Seefahrt und <strong>der</strong> Psychologie erneut<br />

verbunden und beschäftige mich nun mit meiner<br />

dritten Thematik: <strong>der</strong> Weiblichkeit.<br />

Die Seefahrt ist nach wie vor eine sehr<br />

männerdominierte Branche, gerade in den<br />

Bereichen <strong>der</strong> Nautik und <strong>im</strong> Maschinenraum<br />

haben wir 95 % Männer. In den vergangenen<br />

Jahren haben durch das globale Umdenken <strong>im</strong>mer<br />

mehr Frauen in diesen Bereichen Fuß fassen<br />

können. Sie haben ihr Studium <strong>im</strong> Bereich Nautik<br />

und Maschinenbau aufgenommen und fahren<br />

bereits in ihren ersten Positionen als dritter<br />

Offizier, Safety Offizier o<strong>der</strong> als<br />

Schiffstechnikoffizier zur See. Auf den Kreuzfahrtund<br />

Flussschiffen, in denen Frauen mit einer<br />

Ausbildung in <strong>der</strong> Hotellerie und o<strong>der</strong> Tourismusund<br />

Beauty-Bereich arbeiten können, finden wir<br />

mehr Frauen in Führungspositionen. 35 %<br />

Frauenanteil ab dem mittleren Management<br />

71


(Barmanagerin, Entertainment Managerin, Exec.<br />

Sous Chef). Aber auch hier: Je weiter wir nach<br />

oben schauen, in die gehobene Führungsebene,<br />

wird <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Frauen weniger. <strong>Das</strong> liegt zum<br />

einen daran, dass die Hierarchien noch nicht<br />

wirklich aufgeweicht sind. Es liegt daran, dass die<br />

Entschei<strong>der</strong> über die Beför<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong>mer noch<br />

Männer sind. <strong>Und</strong> diese beför<strong>der</strong>n gern Herren<br />

aus „ihrem Stall“. <strong>Das</strong> ist in <strong>der</strong> Seefahrt nicht<br />

an<strong>der</strong>s wie in an<strong>der</strong>en Branchen an Land.<br />

Sich als Frau in eine Führungsposition in dieser<br />

Männerdomäne, <strong>der</strong> Seefahrt, zu behaupten, ist<br />

eine spezielle Herausfor<strong>der</strong>ung. Hier wird nicht<br />

nur zusammengearbeitet, son<strong>der</strong>n auch<br />

zusammengelebt. Der Ton ist rau. Du kannst<br />

niemandem aus dem Weg gehen, Probleme lassen<br />

sich nicht krankschreiben o<strong>der</strong> gönnen sich mal<br />

für zwei Wochen eine Auszeit - je<strong>der</strong> sieht jeden,<br />

Tag und Nacht.<br />

Ich habe in meiner Zeit viele tolle Männer<br />

kennenlernen dürfen, die fantastische Lea<strong>der</strong> und<br />

inspirierende Mentoren sind.<br />

Es sind mir aber auch viele Frauen begegnet, die,<br />

geprägt von ihrer Umgebung, lei<strong>der</strong> dem gleichen,<br />

rauen Kommunikationsmuster verfallen sind.<br />

<strong>Und</strong> das ist schade<br />

Denn wir Frauen können es an<strong>der</strong>s, besser, als uns<br />

lediglich anzupassen und nachzueifern. Wir haben<br />

viele verborgenes Können in uns, das wir in<br />

diesem Umfeld gekonnt einsetzten dürfen und<br />

auch sollten. Unsere Intuition ist eine davon. Ob<br />

als Kapitänin, <strong>im</strong> Maschinenraum,<br />

Kreuzfahrtdirektorin o<strong>der</strong> Küchenchefin - wir<br />

dürfen weiblich sein und weiblich führen.<br />

Berufsberatung ist die erste Sparte, in <strong>der</strong> ich<br />

meine Expertise anbiete. Viele Frauen, egal<br />

welchen Alters, möchten sich gern einmal diesen<br />

Traum erfüllen. Sie spüren das Kribbeln <strong>im</strong> Bauch,<br />

wenn sie die Schiffe sehen. Sie fühlen das<br />

Fernweh, welches sie packt, wenn sie morgens zur<br />

Arbeit fahren. Aber: Welches Schiff und welche<br />

Position passen überhaupt zu mir?<br />

Es kann eine junge Frau sein, die gerade ihr<br />

Umweltstudium abgeschlossen hat o<strong>der</strong> eine<br />

Floristin <strong>im</strong> reifen Lebensalter - die Kin<strong>der</strong> sind aus<br />

dem Haus und sie möchte sich jetzt endlich ihren<br />

Traum erfüllen. All diesen Frauen möchte ich Mut<br />

machen und ihnen bestmöglich mit meiner<br />

Beratung zur Seite stehen.<br />

Von Frau zu Frau<br />

Ich möchte den Weiterbildungssektor in dieser<br />

Branche mit den "Weiblichkeits"-Themen<br />

ausgestalten. Weg vom Feminismus - hin zu einem<br />

ausge<strong>wo</strong>genen Verhältnis von <strong>der</strong> männlichen<br />

und weiblichen Seite in uns.<br />

Es geht um die Intuition, die Harmoniefalle, dem<br />

Potenzial von Konflikten, <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong><br />

Emotionen. Männlichen und weiblichen<br />

72


Kommunikationsmustern.<br />

Ich möchte unterstützen, den eigenen, weiblichen<br />

Führungsstil zu finden. In Coachings können wir<br />

individuelle Schritte <strong>der</strong> Umsetzung gemeinsam<br />

erarbeiten. Denn zwischen Hierarchie und<br />

festgeschriebenen Vorschriften ist sehr viel Raum<br />

für Emotionen.<br />

Mein Anliegen: eine Plattform für ein<br />

übergreifendes Netzwerken schaffen. Es gibt <strong>im</strong><br />

deutschsprachigen Raum noch keine Community,<br />

außer WISTA, in <strong>der</strong> Frauen sich unabhängig von<br />

<strong>der</strong> Ree<strong>der</strong>ei und Position finden und austauschen<br />

können. Seefrauen sind meist unterwegs auf den<br />

großen Meeren dieser Welt und haben somit<br />

kaum Zeit, klassische Netzwerkveranstaltungen zu<br />

besuchen.<br />

Hier setzte ich mit meiner Facebook-Gruppe auf:<br />

Seefrau Karriere Kompass. Unabhängig von Raum<br />

und Zeit besteht für die Frauen hier die<br />

Möglichkeit sich vorzustellen, ihre beruflichen<br />

Wünsche zu äußern sowie Fragen an<br />

Gleichgesinnte zu stellen.<br />

Egal, ob sie auf einem Kreuzfahrtschiff, bei <strong>der</strong><br />

Marine o<strong>der</strong> auf einem Frachter arbeiten.<br />

Machen wir den Frauen auf den Schiffen Mut, sich<br />

zu zeigen, zu behaupten und den nächsten Schritt<br />

<strong>der</strong> Karriereleiter zu erkl<strong>im</strong>men. Mit Weiblichkeit.<br />

Denn: „<strong>Das</strong> Schiff ist weiblich".<br />

73


Neues Netzwerk<br />

Mission Female - Unterstützung bei <strong>der</strong><br />

Gen<strong>der</strong> Balance<br />

Frau Probert, was hat Sie angetrieben, ein<br />

Netzwerk für Frauen ins Leben zu rufen?<br />

Meine persönlichen Erfahrungen aus 15 Jahren in<br />

<strong>der</strong> Medien- und Technologiebranche, die – wie<br />

je<strong>der</strong> weiß - sehr männerlastig ist. Ich habe aus<br />

meinen Positionen bei amerikanischen Konzernen<br />

und Technologie Start-ups heraus <strong>im</strong>mer Frauen<br />

gestärkt und aktiv geför<strong>der</strong>t. Zuletzt in meinem<br />

eigenen AdTech Unternehmen, das vor dem<br />

Verkauf <strong>im</strong>merhin zu 80 % aus Mitarbeiterinnen<br />

bestand. Spätestens seit diesem Zeitpunkt weiß<br />

ich, dass Unternehmen nur erfolgreich sein<br />

können, wenn Frauen und Männer sich in Ihren<br />

Kompetenzen ideal ergänzen. Deshalb habe ich<br />

Mission Female gegründet. Mit meinem<br />

Unternehmen verhelfe ich Unternehmen zu mehr<br />

Gen<strong>der</strong> Balance und habe zudem ein Netzwerk für<br />

Female Lea<strong>der</strong> gegründet.<br />

Es gibt schon einige Netzwerke für Frauen und<br />

Unternehmerinnen. Warum jetzt so ein<br />

exklusives Netzwerk für weibliche<br />

Führungspersönlichkeiten?<br />

Es wird oft diskutiert, ob es noch mehr<br />

Frauennetzwerke braucht. Ich persönlich bin <strong>der</strong><br />

Meinung, dass es gar nicht genug<br />

Frauennetzwerke geben kann. Weil wir auch<br />

innerhalb dieser Frauennetzwerke ganz an<strong>der</strong>s<br />

aufgestellt sind.<br />

Es gibt viele unterschiedliche Netzwerke, ob<br />

Non-Profit o<strong>der</strong> kommerziell, digital o<strong>der</strong> analog,<br />

aus Wirtschaft o<strong>der</strong> Politik, für Einstiegskarrieren,<br />

Mid- und Top Management bis zu höchster<br />

Exklusivität, angestellt o<strong>der</strong> unternehmerisch<br />

aktiv, über Branchen hinweg o<strong>der</strong> mit speziellem<br />

Industrie-Fokus, von sehr bis überhaupt nicht<br />

feministisch und so weiter. Ich begrüße jede<br />

Initiative, die dazu führt, Frauen grundsätzlich<br />

stärker, präsenter und erfolgreicher zu machen.<br />

Wichtig ist jedoch, dass die einzelnen Netzwerke<br />

miteinan<strong>der</strong> kooperieren. Hermetisch<br />

abgeschlossene Systeme bringen uns alle nicht<br />

weiter. Wenn wir die Macht <strong>der</strong> einzelnen<br />

Netzwerke effizient nutzen <strong>wo</strong>llen, müssen wir<br />

zusammen arbeiten. Eine Ellbogen-Mentalität<br />

bringt uns nicht weiter.<br />

Haben Frauen das gleiche Know-how, was<br />

Netzwerken angeht o<strong>der</strong> müssen sie noch<br />

lernen?<br />

Einige Frauen müssen in diesem Bereich noch<br />

dazu lernen. Vor allem haben viele Frauen<br />

schlichtweg nicht die Zeit neben dem Beruf und<br />

an<strong>der</strong>en Verpflichtungen effizient, professionell<br />

und nachhaltig zu net<strong>wo</strong>rken.<br />

Genau das ist die Aufgabe von Mission Female.<br />

Wir verschaffen Frauen die Basis, das Umfeld und<br />

die Kontakte, um Netzwerke erfolgreich für sich<br />

und ihre Karriere zu nutzen. Wir unterstützen uns<br />

aktiv gegenseitig und leben den<br />

Netzwerk-Gedanken auf unterschiedlichen<br />

74


Fre<strong>der</strong>ike Probert ist Grün<strong>der</strong>in und Geschäftsführerin von<br />

Mission Female. Sie ist eine erfolgreiche und engagierte<br />

Unternehmerin in <strong>der</strong> digitalen Industrie und Expertin für<br />

Gen<strong>der</strong> Diversity Themen. Sie war in den letzten 15 Jahren in<br />

führenden Positionen für internationale Unternehmen wie<br />

AOL, Microsoft und Yahoo tätig und hatte <strong>im</strong>mer einen<br />

starken Fokus auf Medien und Technologien.<br />

Ebenen, und das unternehmens- und<br />

branchenunabhängig.<br />

Ist das das einzige Alleinstellungsmerkmal von<br />

Mission Female?<br />

Ich würde noch drei weitere<br />

Alleinstellungsmerkmale identifizieren:<br />

1) Wir sind klein und bewusst exklusiv. Wir<br />

nehmen max<strong>im</strong>al 50 Mitglie<strong>der</strong> auf und setzen<br />

damit auf die Qualität des Netzwerks.<br />

2) Wir agieren auf Top-Führungsebene. Mitglie<strong>der</strong><br />

werden nur auf Empfehlung aus dem Netzwerk<br />

aufgenommen und müssen einen deutlichen<br />

Mehrwert mitbringen<br />

3) Wir setzen auf den persönlichen Austausch und<br />

75


treffen uns daher <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum<br />

und internationalen Veranstaltungen, zu<br />

gemeinsamen Dinnern, ausgewählten Trainings<br />

und gemeinsamen Retreats.<br />

Was müssen die Mitglie<strong>der</strong> denn mitbringen,<br />

außer <strong>der</strong> Erfahrung als Führungskraft?<br />

Idealerweise so<strong>wo</strong>hl Expertise als auch ein<br />

ausgeprägtes eigenes Netzwerk, das sich mit<br />

unserem sehr gut ergänzt. Vor allem aber den<br />

absoluten Willen, Frauen zu <strong>im</strong> eigenen Umkreis<br />

aktiv zu stärken. So<strong>wo</strong>hl untereinan<strong>der</strong> auf<br />

Top-Management-Level, aber auch über den<br />

sogenannten Pull-Effekt, um noch mehr Frauen<br />

aus dem mittleren Management nach oben ziehen<br />

zu können. Ohne dieses Commitment geht’s nicht.<br />

So ein Projekt ins Leben zu rufen kostet Kraft,<br />

Zeit und Ausdauer. <strong>Und</strong> Sie stemmen das alles<br />

allein?<br />

Ja, das ist richtig. Noch geht es. Letztendlich ist es<br />

meine Passion, die ich zur Profession gemacht<br />

habe und die ich tagtäglich lebe. Ich agiere sehr<br />

intrinsisch motiviert, dadurch dass ich die<br />

Erfahrungen persönlich gemacht und sehr gutes<br />

Feedback sowie starke Unterstützung von unseren<br />

Mitglie<strong>der</strong>n bekomme. Ich arbeite <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong><br />

Effizienz und <strong>im</strong> operativen Management des<br />

Netzwerks, sowie bei unseren Veranstaltungen<br />

und Aktivitäten mit ausgewählten Expertinnen<br />

zusammen, die es mir ermöglichen, mich voll und<br />

ganz auf meine Mission zu fokussieren.<br />

Sie selbst kommen aus <strong>der</strong> IT-Branche, wie ist es<br />

dort mit <strong>der</strong> Gleichberechtigung, gibt es<br />

Handlungsbedarf?<br />

Ja, es gibt enormen Handlungsbedarf. <strong>Das</strong> ist auch<br />

ein ausschlaggeben<strong>der</strong> Grund für die Gründung<br />

von Mission Female. In den letzten 15 Jahren habe<br />

ich persönlich oft die Erfahrung gemacht, dass es<br />

ab einem gewissen Management-Level und bei<br />

beson<strong>der</strong>s technischen Themen fast keine Frauen<br />

mehr um mich herum gab.<br />

Sobald man aber zwei, drei, vier Frauen mehr an<br />

den Tisch bekommt, kann man als Team in <strong>der</strong><br />

Wirtschaft deutlich effizienter agieren und<br />

dementsprechend auch mehr erreichen.<br />

Heterogene Teams führen zu mehr Profitabilität,<br />

das ist entsprechend nachgewiesen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

in <strong>der</strong> IT Branche können Unternehmen - unter<br />

Berücksichtigung des akuten Fachkräftemangels -<br />

nur dann erfolgreich sein, wenn Frauen und<br />

Männer in diversen Teams erfolgreich zusammen<br />

arbeiten.<br />

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Probert!<br />

76


Grün<strong>der</strong>innen <strong>im</strong> Porträt - Linda Dietze &<br />

Christiane Germann haben Amt 2.0 gegründet<br />

Ämter und Social Media- das passt<br />

zusammen<br />

Linda Dietze und Christiane Germann sind<br />

Kommunikations- und Social Media-Expertinnen<br />

mit langjähriger Behörden-Erfahrung. Mit ihrer<br />

Gründung Amt 2.0, Social Media für Behörden<br />

haben sie einen außergewöhnlichen Weg gewählt.<br />

Social Media und Behörden, Frau Germann und<br />

Frau Dietze, passt das?<br />

Linda Dietze: Ja, sehr gut sogar. Gerade auch<br />

unter demokratischen Gesichtspunkten ist es<br />

unbedingt notwendig, dass Behörden soziale<br />

Medien nutzen. Demokratie setzt Transparenz<br />

und Teilhabe <strong>der</strong> Bürger an<br />

Entscheidungsprozessen voraus. Dazu müssen<br />

aber Behörden dort informieren, <strong>wo</strong> sich <strong>der</strong><br />

Bürger befindet – das ist <strong>im</strong>mer stärker auch in<br />

den sozialen Netzwerken <strong>der</strong> Fall. Staatliches<br />

Handeln muss den Bürgern erklärt werden.<br />

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen viele Bürger<br />

sich vom Staat abwenden, muss <strong>der</strong> Staat mit<br />

seinen Bürgern stärker in den Dialog treten, um<br />

Vertrauen zurückzugewinnen – das geht zum<br />

Beispiel über Social Media.<br />

Amt 2.0 bedeutet demnach was?<br />

Christiane Germann: Amt 2.0 ist <strong>der</strong> Name eines<br />

Blogs, den ich 2014 gestartet habe – damals noch<br />

als Hobby. Ich war zu <strong>der</strong> Zeit selbst noch Beamtin<br />

und Teil des Social-Media-Teams <strong>im</strong> Bundesamt<br />

für Migration und Flüchtlinge. Wir waren eine <strong>der</strong><br />

ersten Bundesbehörden, die ihre Kommunikation<br />

auch via Facebook und Twitter betrieben. <strong>Das</strong> zog<br />

einige Aufmerksamkeit auf sich. Im Blog gab ich<br />

an<strong>der</strong>en Behörden Einblicke in meine und unsere<br />

Arbeit und persönliche Handlungsempfehlungen.<br />

Den Blog gibt es noch <strong>im</strong>mer und wir haben den<br />

Namen für unsere Akademie behalten. Er ist<br />

<strong>im</strong>mer noch gültig, denn das so genannte Web 2.0<br />

zeichnet sich dadurch aus, dass Kommunikation<br />

nicht mehr einseitig erfolgt, son<strong>der</strong>n dass jede<br />

Bürgerin und je<strong>der</strong> Bürger Inhalte publizieren,<br />

kommentieren und teilen kann.<br />

Was ist die Herausfor<strong>der</strong>ung, soziale<br />

Kommunikation für Behörden anzubieten?<br />

Linda Dietze: Behörden lassen oft Vorsicht walten<br />

– das ist manchmal auch gut so. Aber dennoch<br />

sollte dies nicht zu einem Hemmnis werden. Viele<br />

Behörden haben zum Beispiel Angst vor einem<br />

Shitstorm und lassen deshalb vielleicht einen<br />

tollen Tweet lieber sein. Hier können wir<br />

beruhigen: Es gibt keine Behörde, die jeden Tag<br />

einem Shitstorm ausgesetzt ist. Im Gegenteil. <strong>Das</strong><br />

passiert relativ selten. Unsere Rolle ist deshalb viel<br />

stärker als es das vielleicht in einem Unternehmen<br />

wäre, Bedenken ernst zu nehmen, unbegründete<br />

Ängste aber zu nehmen. Alles in allem kann eine<br />

Behörde, wenn sie Social Media gut macht, mehr<br />

gewinnen als verlieren.<br />

Wie wird das Angebot von Behörden aber auch<br />

von Social-Media-Nutzern aufgenommen?<br />

Linda Dietze: Sehr gut. Viele sind bereit, sich auf<br />

die neue Art zu kommunizieren einzulassen.<br />

Allerdings fehlen oftmals noch die nötigen<br />

77


Strukturen. Hier ist noch viel zu tun. Social Media<br />

funktioniert nicht nebenbei. Es braucht genügend<br />

und vor allem das richtige Personal und es braucht<br />

eine reichliche Portion Mut in <strong>der</strong> Behörde selbst<br />

– zum Beispiel auch mal humorvoll zu<br />

kommunizieren, spontan zu sein und sich auf eine<br />

an<strong>der</strong>e Kommunikationskultur einzulassen. Der<br />

Mut ist noch nicht überall vorhanden, aber daran<br />

arbeiten wir.<br />

Christiane Germann: <strong>Das</strong> Interesse an<br />

Behörden-Inhalten <strong>im</strong> Social Web ist groß. Die<br />

<strong>Mensch</strong>en wissen in Zeiten von Fake News und<br />

unsicheren Quellen, was sie an offiziellen und<br />

gesicherten Informationen <strong>im</strong> Social Web haben<br />

und abonnieren sie daher auch gerne – wenn die<br />

Aufbereitung st<strong>im</strong>mt und die Behörde nicht nur<br />

einseitig sendet, son<strong>der</strong>n auch dialogbereit ist.<br />

Gab es einen Impuls, sich selbstständig zu<br />

machen?<br />

Christiane Germann: Es gab einen Punkt, an dem<br />

ich mir sicher war, dass sich das Konzept tragen<br />

würde. Der Unterstützungsbedarf in Sachen Social<br />

Media wurde nicht kleiner, son<strong>der</strong>n wurde und<br />

wird <strong>im</strong>mer größer. <strong>Das</strong> Potenzial <strong>wo</strong>llte ich<br />

nutzbar machen. Außerdem habe ich große<br />

Sympathie für ein Leben als Selbstständige: Ich<br />

treffe gerne eigene Entscheidungen und setze<br />

Ideen sofort um. Beides ist als Beamtin nahezu<br />

nicht möglich. Ich bin außerdem eine große<br />

Verfechterin von freien Arbeitszeiten. Außerhalb<br />

von Kundenterminen bei den Behörden arbeite<br />

ich, wann ich möchte und auch, von <strong>wo</strong> ich<br />

möchte – dahe<strong>im</strong>, <strong>im</strong> Café o<strong>der</strong> auch mal<br />

<strong>wo</strong>chenweise an <strong>der</strong> Ostsee. Diese Freiheit ist für<br />

mich purer Luxus.<br />

Was waren o<strong>der</strong> sind die größten Hemmnisse bei<br />

<strong>der</strong> Gründung Ihres Unternehmens gewesen?<br />

Christiane Germann: Wir hatten kein großes<br />

Startkapital. Allerdings verlangt speziell unsere<br />

Tätigkeit auch keine allzu großen Investitionen.<br />

Wir brauchten eine Website, ein Logo, einen<br />

Anwalt und einen Steuerberater – und schon<br />

konnte es losgehen. Wir finanzieren uns komplett<br />

aus den laufenden Einnahmen und sind froh, dass<br />

wir uns nicht mit Kredit- und För<strong>der</strong>anträgen<br />

herumschlagen müssen o<strong>der</strong> externe Investoren<br />

<strong>im</strong> Boot haben. <strong>Das</strong> funktioniert natürlich nicht<br />

bei jedem Unternehmen. Möchte man ein Café<br />

o<strong>der</strong> einen Laden eröffnen o<strong>der</strong> auch direkt eine<br />

GmbH gründen, führt an Startkapital kein Weg<br />

vorbei.<br />

Linda Dietze: Natürlich gibt es <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

bürokratische Hürden, man muss alles genau<br />

dokumentieren, vieles kann man nicht online<br />

erledigen, son<strong>der</strong>n muss gemeinsam persönlich<br />

vorbeischauen – gerade am Anfang war das echt<br />

schwierig. Mittlerweile hat sich das gut<br />

eingespielt. Trotzdem wünsche ich mir persönlich<br />

78


Foto Henning Schacht<br />

etwas weniger Verwaltungsaufwand und somit<br />

etwas mehr Licht in diesem Bürokratendschungel.<br />

Denn gerade für eher kreative <strong>Mensch</strong> wie ich es<br />

bin, ist das manchmal alles sehr schwer zu<br />

durchblicken.<br />

Was hätten Sie getan, wenn Sie nicht erfolgreich<br />

gegründet hätten?<br />

Christiane Germann: Ich wäre wahrscheinlich<br />

trotzdem aus dem öffentlichen Dienst<br />

ausgestiegen und hätte bei einem<br />

Interessensverband, einer Partei o<strong>der</strong> in einer<br />

Redaktion angefangen. Es gibt in Berlin viele<br />

spannende Jobs, für die Leute mit gleichzeitig<br />

politischem und digitalem Sachverstand gesucht<br />

werden. Deshalb habe ich auch keine Angst davor,<br />

mit <strong>der</strong> Selbstständigkeit zu scheitern: Ein fester<br />

Job findet sich in dem Feld <strong>im</strong>mer.<br />

man seine Unternehmensidee zunächst<br />

nebenberuflich umsetzt. Man kann so den Markt<br />

testen und schon mal Kunden gewinnen. In den<br />

meisten Jobs gibt es ein Recht auf<br />

nebenberufliche Aktivitäten, so lange diese in<br />

einem gewissen Rahmen bleiben. Nach einer Zeit<br />

kann man sich <strong>im</strong>mer noch entscheiden. Ich<br />

empfehle aber, diese Zeit begrenzt zu halten: Zwei<br />

Jobs sind unhe<strong>im</strong>lich anstrengend und das<br />

Privatleben leidet.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

<strong>Das</strong> gesamte Interview mit Linda Dietze &<br />

Christiane Germann können Sie hier lesen:<br />

Ihr Tipp für an<strong>der</strong>e Grün<strong>der</strong>innen?<br />

Christiane Germann: Es ist nicht verkehrt, wenn<br />

79


<strong>Und</strong> <strong>wo</strong>hin?<br />

Feminess-Kongress: Lass dich<br />

inspirieren<br />

1. und 2. Juni in Bad Nauhe<strong>im</strong><br />

Unter dem Motto „Lass dich inspirieren,<br />

motivieren und bringe deinen Erfolg auf die<br />

nächste Ebene“ findet zwe<strong>im</strong>al jährlich <strong>der</strong><br />

Feminess-Kongress statt.<br />

WomenPower <strong>2019</strong>: be a power <strong>wo</strong>man<br />

4. & 5. <strong>April</strong> in Hannover<br />

Unter dem Motto „Let’s get loud – Women in<br />

Industry! Empower. Create. Succeed.“ laden wir<br />

Dich am 4. und 5. <strong>April</strong> <strong>2019</strong> zur etabliertesten<br />

Netzwerk- und Diskussionsplattform für Frauen zu<br />

Karrierefragen, Erfolgsstrategien und innovativen<br />

Arbeitsformen ein.<br />

Mit rund 1.400 TeilnehmerInnen ist die<br />

WomenPower <strong>der</strong> führende Karrierekongress <strong>der</strong><br />

Industrie.<br />

Neben dem Umzug in den Tagungsbereich <strong>der</strong><br />

Halle 19 erwarten Dich <strong>im</strong> nächsten Jahr unter<br />

dem Motto „Let’s get loud – Women in Industry!<br />

Empower. Create. Succeed.“ zwei Tage voller<br />

Inspirationen, praxisnaher Workshops,<br />

Net<strong>wo</strong>rking Events und Erfolgsgeschichten zu<br />

aktuellen Entwicklungen und Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Arbeitswelt.<br />

<strong>Das</strong> nächste Mal am 01. und 02. Juni in Bad<br />

Nauhe<strong>im</strong>.<br />

Der Feminess-Business-Kongress ist von Frauen<br />

für Frauen. Er bietet Ideen, Vernetzung,<br />

Inspiration und Motivation in Form von Vorträgen,<br />

Workshops und Net<strong>wo</strong>rking.<br />

Es geht vor allem darum Grundlagen zu erlernen<br />

und kennen zu lernen, die für das Eigenmarketing,<br />

aber auch die Leitung von Teams uvm eine große<br />

und entscheidende Rolle spielen.<br />

Aktuell gibt es noch Karten zum Vorzugspreis<br />

unter www.feminess.de/kongress-badnauhe<strong>im</strong><br />

80


<strong>Und</strong> noch mehr los in Deutschland!<br />

23. Karrieretag Familienunternehmen<br />

5. Juli 8:00 - 18:00 in Hamburg<br />

PIA: Europäisches Netzwerktreffen für<br />

Architektinnen und Planerinnen<br />

14. bis 16. Juni in Hamburg<br />

Unter dem Motto AUF KURS/on course treffen<br />

sich <strong>im</strong> Rahmen des Hamburger Architektur<br />

Sommer <strong>2019</strong> Planerinnen, Ingenieurinnen und<br />

Architektinnen aus europäischen Län<strong>der</strong>n zum<br />

Erfahrungsaustausch und Netzwerken.<br />

Wir <strong>wo</strong>llen während eines von <strong>der</strong> Hamburgischen<br />

Architektenkammer veranstalteten öffentlichen<br />

Symposiums gemeinsam die zukünftigen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Digitalisierung in<br />

Planungsberufen beleuchten, die, von uns nach<br />

Hamburg geholte, Wan<strong>der</strong>ausstellung des<br />

Deutschen Architekturmuseums „Frau Architekt“<br />

<strong>im</strong> Museum <strong>der</strong> Arbeit eröffnen sowie aktuelle<br />

Architektur auf einer Hamburg Exkursion erleben.<br />

Der Karrieretag Familienunternehmen ist die<br />

etwas an<strong>der</strong>e Recruiting- und Kontaktmesse. Zum<br />

23. Mal findet <strong>der</strong> Karrieretag unter <strong>der</strong><br />

Schirmherrschaft des Bundesministeriums für<br />

Wirtschaft und Energie statt.<br />

Spezialisiert auf die Karriere <strong>im</strong><br />

Familienunternehmen bekommen Kandidaten<br />

hier die Möglichkeit, in persönlicher Atmosphäre,<br />

mit den Top-Entschei<strong>der</strong>n und Inhabern führen<strong>der</strong><br />

Familienunternehmen zu sprechen. <strong>Das</strong><br />

Beson<strong>der</strong>e ist, dass wir unsere Teilnehmer<br />

persönlich akkreditieren und somit nur<br />

ausgewählte Kandidaten teilnehmen. Diesen<br />

eröffnet sich in vorterminierten Einzelgesprächen<br />

die Chance, sich über konkrete Stellenangebote,<br />

internationale Einsatzmöglichkeiten sowie<br />

zukünftige Karriereperspektiven auszutauschen.<br />

So<strong>wo</strong>hl bekannte Familienunternehmen wie<br />

Haribo o<strong>der</strong> Hilti, als auch echte Hidden<br />

Champions und Weltmarktführer nehmen auf <strong>der</strong><br />

Suche nach motivierten Fach- und<br />

Führungskräften am Karrieretag teil.<br />

Als Fortsetzung unserer erfolgreichen Treffen in<br />

den letzten Jahren <strong>wo</strong>llen wir in Hamburg unsere<br />

Vernetzung intensivieren, neue Ideen entwickeln<br />

und weitere Möglichkeiten des Kennenlernens<br />

eröffnen.<br />

81


Was zum Lesen!<br />

Zukunft 4.1: Warum<br />

wir die Welt nur<br />

digital retten - o<strong>der</strong><br />

gar nicht<br />

Von Jörg Heynkes<br />

Elsbeth startet durch. Wie aus Hühnern<br />

Unternehmerinnen werden<br />

Von Käthe Schnei<strong>der</strong> ,Susanne König, Meike<br />

Diesing, Claudia Rixecker<br />

Nach wie vor gründen weniger Frauen als Männer<br />

in innovationsorientierten Ökonomien ein<br />

Unternehmen. Um Mädchen frühzeitig für das<br />

Berufsbild <strong>der</strong> Unternehmerin zu begeistern, hat<br />

Prof. Dr. Käthe Schnei<strong>der</strong>,<br />

Erziehungswissenschaftlerin an <strong>der</strong><br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena, gemeinsam mit<br />

den drei Grün<strong>der</strong>innen Meike Diesing, Susanne<br />

König und Claudia Rixecker nun ein Kin<strong>der</strong>buch<br />

geschrieben:<br />

Die Autorinnen begleiten Henne Elsbeth, die es<br />

satt hat, für eine Handvoll Körner am Tag Eier <strong>im</strong><br />

Akkord zu legen. Sie verschafft sich an <strong>der</strong><br />

Enten-Uni die notwendigen Kenntnisse, um fortan<br />

als Unternehmerin selbstbest<strong>im</strong>mt ihre eigenen<br />

Eier zu vermarkten. Auf diesem Weg hat sie<br />

mehrere Hürden zu nehmen und merkt bald, dass<br />

sie zusammen mit ihren Kolleginnen aus dem<br />

Hühnerstall viel mehr erreichen kann als allein.<br />

Wir leben in <strong>der</strong> spannendsten und aufregendsten<br />

Zeit <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>heitsgeschichte – aber auch <strong>der</strong><br />

gefährlichsten. Entwe<strong>der</strong> machen wir so weiter<br />

wie bisher und steuern auf den Abgrund zu, o<strong>der</strong><br />

wir nutzen die riesigen Chancen <strong>der</strong><br />

Digitalisierung konsequent aus und retten uns und<br />

die Welt. In Zukunft 4.1 entwirft Jörg Heynkes<br />

seinen Masterplan für eine funktionierende und<br />

nachhaltige Zukunft: Schwarmmobilität statt<br />

Individualverkehr, Sonne statt Kohle, Roboter<br />

statt lästiger Repetition – Heynkes zeigt<br />

anschaulich, humorvoll und mit einer guten<br />

Portion Opt<strong>im</strong>ismus, wie wir eine „schöne neue<br />

Welt“ für alle gestalten können.<br />

FÜR EINE BESSERE WELT<br />

Die zentrale Aufgabe lautet: 7,5 Milliarden<br />

<strong>Mensch</strong>en nachhaltig mit gesun<strong>der</strong> Nahrung, <strong>der</strong><br />

benötigten Energie und Mobilität zu versorgen,<br />

ohne unseren Planeten zu zerstören und <strong>der</strong><br />

<strong>Mensch</strong>heit die Überlebensfähigkeit zu nehmen.<br />

Jörg Heynkes ist erfolgreicher Unternehmer,<br />

Redner und Autor. Soziales und ökologisches<br />

Engagement stehen für ihn nicht <strong>im</strong> Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zu ökonomischem Erfolg. Deshalb wirbt er für eine<br />

bessere und gerechtere Welt, die wir dank <strong>der</strong><br />

Digitalisierung erreichen können – wenn wir jetzt<br />

endlich anfangen, sie zu gestalten.<br />

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In „Homo Deus“ stößt <strong>der</strong> Kultautor Yuval Noah<br />

Harari vor in eine noch verborgene Welt: die<br />

Zukunft. Was wird mit uns und unserem Planeten<br />

passieren, wenn die neuen Technologien dem<br />

<strong>Mensch</strong>en gottgleiche Fähigkeiten verleihen –<br />

schöpferische wie zerstörerische – und das Leben<br />

selbst auf eine völlig neue Stufe <strong>der</strong> Evolution<br />

heben? Wie wird es dem Homo Sapiens ergehen,<br />

wenn er einen technikverstärkten Homo Deus<br />

erschafft, <strong>der</strong> sich vom heutigen <strong>Mensch</strong>en<br />

deutlicher unterscheidet als dieser vom<br />

Nean<strong>der</strong>taler? Was <strong>bleibt</strong> von uns und <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen Religion des <strong>Humanismus</strong>, wenn wir<br />

Maschinen konstruieren, die alles besser können<br />

als wir? In unserer Gier nach Gesundheit, Glück<br />

und Macht könnten wir uns ganz allmählich so<br />

weit verän<strong>der</strong>n, bis wir schließlich keine<br />

<strong>Mensch</strong>en mehr sind.<br />

Wie wird unser Leben in wenigen Jahrzehnten<br />

aussehen? Werden uns Superintelligenzen<br />

beherrschen, manipulieren und kontrollieren? Der<br />

erfahrene Journalist Dr. Jürgen Bruhn beschreibt<br />

den bereits heute maßgeblichen Einfluss<br />

Künstlicher Intelligenz auf Wirtschaft und<br />

Gesellschaft und auf das zukünftige Arbeitsleben.<br />

Mit First-Hand-Insi<strong>der</strong>wissen stellt er die<br />

Überzeugung vieler KI-Experten, insbeson<strong>der</strong>e bei<br />

Google und Facebook, dar: Um 2030 wird die<br />

Künstliche Intelligenz mit <strong>der</strong><br />

menschlich-biologischen Intelligenz gleichziehen<br />

und diese um 2050 überflügeln. Diese Annahme<br />

konfrontiert Bruhn mit Kritiken wesentlicher KIund<br />

Kognitionswissenschaftler wie Noam<br />

Chomsky, Jaron Lanier und Douglas Hofstadter.<br />

Bruhn for<strong>der</strong>t, dass Künstliche Intelligenz vom<br />

Staat und <strong>der</strong> Zivilgesellschaft reguliert werden<br />

muss, um nicht zum Feind des <strong>Mensch</strong>en zu<br />

werden. Denn schließlich stellt sich die Frage: Was<br />

<strong>bleibt</strong> vom <strong>Mensch</strong>en?<br />

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www.she-<strong>wo</strong>rks.de

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