CAMPULS Sommersemester 2019 Ausgabe 1

GLOSSE: CHARLOTTE KRAUSE
ILLUSTRATION: JULIA HERZOG
D äß MÄrchen vom
glitzerndgroßSäugigen
Zähnburßtenßchnäuzchenßkifä
hrerlein
Es war einmal ein junges Mädchen, das sich nach vielen Achs und Wenns auf die Suche nach
der großen Liebe machte. Und da sie es bald leid war, die immer gleichen Drinks in den immer
gleichen verrauchten Bars zu schlürfen und, schüchtern wie sie war, verstohlene Blicke durch den
Raum wandern zu lassen, beschloss sie kurzerhand, sich stattdessen auf den Tinder-Ball zu begeben,
um sich dort auf die Suche nach ihrem Seelenverwandten zu machen. Stundenlang überlegte
sie, was sie anziehen könnte. Schließlich waren alle geladenen Gäste im Tinder-Schloss geradezu
unverschämt schön und perfekt, was auf zahlreichen Fotos dokumentiert wurde.
An dieser Stelle überspringen wir ihre aufregende Reise und gehen direkt zum Happy End
über. Die Moral von der Geschicht‘: Was das Mädchen suchte, fand es auch bald. Er, sie, nein! – Es
war absolut perfekt. Diese Perfektion kannte kein Geschlecht. Alles, was das Mädchen liebte, liebte
auch ihr Gegenüber. Bald bluteten ihrer beider Finger, weil sie sich gar nicht schnell genug rote
Herzemojis hin- und herschicken konnten. Was habe ich ein Glück, dachte sich das Mädchen, dass
ich so schnell das glitzerndgroßäugige Zahnbürstenschnäuzchenskifahrerlein kennengelernt habe.
Es war wunderschön, trug Dirndl, hatte sehr große Brüste und langes, perfekt glänzendes
Haar. Es liebte Wandern, genauso wie das Mädchen. Und Segeln. Es stürzte sich waghalsig mit
Gleitschirmen in die Tiefe und fuhr Ski auf schwarzen Pisten. Auf manchen Bildern, die es dem
Mädchen von sich zeigte, transformierte es sich sogar, hatte eine kleine Hundeschnauze und
glitzernde Blümchen im Haar.
Was das Mädchen besonders glücklich machte: Das Zahnbürstenschnäuzchenskifahrerlein
lächelte sie immerzu an und trank Kaffee dabei, hörte mit großen Kopfhörern Musik von alt-J und
Milky Chance und schaute dabei verträumt in die Ferne. Oft saß es nachdenklich am Strand und
betrachtete den rötlichen Sonnenuntergang. Es liebte Tiere, vor allem kleine Hundewelpen oder
Katzenbabys. Und ab und zu schaute es das Mädchen mit seinen überdimensional vergrößerten
Augen tief, vielleicht sogar ein bisschen sexy, an. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber
manchmal wurde dem Mädchen ganz anders, wenn das Zahnbürstenschnäuzchenskifahrerlein ihr
seinen blanken Hintern in einem sehr knappen Höschen präsentierte und sich im Fitnessstudio
seitlich stellte, sodass sie die gut trainierten Oberarme bewundern durfte.
Das Lieblingsbild vom Zahnbürstenschnäuzchenskifahrerlein steht nun direkt auf dem
Schreibtisch des Mädchens. Es hat sich dabei verschlafen vor einem Badezimmerspiegel fotografiert,
frech grinsend mit einer Zahnbürste im Mund und einem kleinen, schnuckeligen Zahnpastafleck
am Kinn. Seitdem das Mädchen es liebt, fühlt es sich, als hätte es LSD geschluckt und würde
gemeinsam mit Marry Poppins in ein mit Kreide gemaltes Bild springen, um nackt zu Superkalifragilistikexpialigetisch
zu tanzen.
Das Mädchen und das glitzerndgroßäugige Zahnbürstenschnäuzchenskifahrerlein sind
ein schrecklich glückliches Paar, was man auf ihren Instagram-Profilen (@yourprincess und @
lovehunter) sehen kann. Als nächstes haben sie überlegt, sich ein gemeinsames Haustier anzu-
schaffen. Demnächst wird eine eierlegende Wollmilchsau das perfekte Duo komplementieren.
Diese haart nicht und kackt auch nicht ein einziges Mal.
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