26.04.2019 Aufrufe

CAMPULS Sommersemester 2019 Ausgabe 1

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

TEXT: NICOLAI ECKERT<br />

ILLUSTRATION: LENA LINK<br />

Einem -ismus auf der Spur<br />

Determinismus<br />

Nie gehen sie aus, diese -ismen: verschroben lange, zumeist akademisierte Begriffe,<br />

die gerne Weltanschauungen, Ideologien, Epochen, oder Geisteshaltungen verschie-<br />

denster Menschen(gruppen) beschreiben – im Guten wie im Schlechten. Doch selten<br />

erklärt sich ein solcher -ismus von selbst.<br />

Fragen wir heute nach dem Determinismus. Kommen wir diesem Begriff<br />

näher, wenn wir ihn uns genauer anschauen? Was verbirgt sich hinter<br />

»Deter«? Oder was hinter »Determin«? »De-Termin«? Haben wir es also mit<br />

der Lehre vom Absagen von Terminen zu tun? Diese Deutung ist zu schön,<br />

um wahr zu sein.<br />

Weiter im Text: Lassen wir das »De« weg, was bleibt? Terminismus? Schon<br />

wieder Termin. Gibt es das schon, den »Terminismus«, oder befinden wir<br />

uns auf dem spaßigen Pfad der Neologismen? Nun, Google sagt, dass<br />

Terminismus die Lehre bestimmter Menschen – Terministen genannt – sei,<br />

die glauben würden, dass Gott ihnen einen bestimmten Termin vorgesehen<br />

hätte, bis zu diesem sie sich bessern müssten. Okay, das zeugt davon, dass<br />

auch dieser -ismus sich nicht von selbst erklärt.<br />

Denn Determinismus hat, zugegeben, wenig mit Terminen zu tun.<br />

Vielmehr hat der Begriff seinen Ursprung einmal wieder im Lateinischen.<br />

»Determinare« bedeutet wohl so viel wie festlegen. Was ist festgelegt in der<br />

deterministischen Weltanschauung? Das Schicksal. Alles, was einem<br />

Menschen widerfährt, ist vorherbestimmt, alles, was er tut, bereits geplant.<br />

Aber von was geplant? Von einem höheren Wesen? Von einer höheren<br />

Macht? Oh Gott, dann wären wir ja alle Marionetten! Aber nein, das Weltbild,<br />

das beispielsweise einen Gott den Ablauf der Schicksale bestimmen lässt,<br />

nennt man Fatalismus. Beim Determinismus gibt es keinen Gott, auch wenn<br />

dieser bei den -ismen oft besonders beliebt ist. Unser Terminus, der<br />

Determinismus, der wenig mit Terminen, aber viel mit dem Term Determi-<br />

nare gemein hat, beschreibt vielmehr die philosophische Lehre von der<br />

ursprünglichen Bestimmtheit allen Geschehens und der damit einherge-<br />

henden Unfreiheit des Willens, basierend auf den Gesetzen der Kausalität.<br />

Das bedeutet: Jede Handlung des Menschen und jedes Geschehen<br />

hat einen logischen Grund, aus dessen Folge zwangsläufig eine neue<br />

Handlung oder ein weiteres Geschehen entspringt. Demnach sind wir dann<br />

doch alle Marionetten, die an den Fäden ziehenden Instanzen sind aber<br />

Ursache und Wirkung. Eine traurige und doch romantische Vorstellung<br />

zugleich. Wir sind, wie ein Baum, dem Wind des Schicksals ausgesetzt und<br />

haben keinerlei Zugriff auf jedwede äußeren Einflüsse, denen wir letzten<br />

Endes hilflos ausgesetzt sind. Unsere nächste Handlung? Die ist vorherbe-<br />

stimmt. Unser nächstes Wort und unsere nächste Entscheidung? Bereits<br />

festgelegt.<br />

Sinnlos ist also jedes Grübeln über den nächsten Schritt. Was wirst DU<br />

tun? Die Campuls zusammenfalten und in den Ständer zurückstellen?<br />

Sie wegwerfen oder in deine Tasche einpacken? Weiterblättern, weitere<br />

Artikel lesen oder sie zerreißen, zerknüllen, anzünden, auf den Boden<br />

werfen und drauftreten? Wofür auch immer du dich entscheiden magst: Du<br />

hast es nicht in der Hand.<br />

POLITIK<br />

07

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!