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H E R O E S<br />
Milla Jovovich<br />
ROLE MODEL<br />
Wenn es in Hollywood darum geht, eine weibliche<br />
Action-Rolle zu besetzen, steht ein Name ganz oben<br />
auf der Liste: der von Milla Jovovich. Im Interview<br />
erklärt die vielbegabte 43-Jährige, woraus sie<br />
die Kraft zieht, die sie auf der Leinwand ausstrahlt.<br />
<strong>The</strong> red bulletin: In<br />
deinen Filmen lässt<br />
du’s gerne ordentlich<br />
krachen – zuletzt in der<br />
Comic-Verfilmung „Hellboy“,<br />
in der du eine mächtige Hexe<br />
spielst. Verbindet dich etwas<br />
mit diesen Filmfiguren?<br />
milla jovovich: Die Frage<br />
habe ich mir viele Jahre auch<br />
gestellt. Denn diese Frauen inspirieren<br />
mich so. Ich glaube<br />
sogar, dass diese Rollen und<br />
Filme zu mir gefunden haben,<br />
weil sie etwas ganz Bestimmtes<br />
in mir ansprechen. Also ja,<br />
sie sind Teil meiner Persönlichkeit<br />
– mal abgesehen davon,<br />
dass ich keine übernatürlichen<br />
Kräfte besitze.<br />
„Sport und gesunde<br />
Ernährung: Ich fühlte mich<br />
wie eine Superheldin.“<br />
Was hat diese Persönlichkeit<br />
geformt?<br />
Ich war immer von starken<br />
Frauen umgeben – allen voran<br />
meine Mutter. Ich habe oft<br />
miterlebt, wie zwischen ihr<br />
und meinem Vater die Fetzen<br />
flogen. Aber diese Auseinandersetzungen<br />
schwächten sie<br />
nicht, sie machten sie stärker!<br />
Weil sie immer hundert <br />
prozentig zu dem stand, woran<br />
sie glaubte.<br />
Deine Power liegt also in<br />
den Genen?<br />
Ja und nein. Als Teenager<br />
neigte ich zu Depressionen.<br />
Ich war ein Migrantenkind<br />
aus der Sowjetunion, fühlte<br />
mich minderwertig im Vergleich<br />
zu den wohlhabenden<br />
Mittelstandskids in meiner<br />
Schule. Die konnten sich Dinge<br />
leisten, die mir unerreichbar<br />
erschienen. Aus dieser<br />
Situation musste ich einen<br />
Ausweg finden – den fand ich<br />
in meiner Arbeit. Auf der Leinwand,<br />
in der Musik, beim Modeln<br />
konnte ich meine Gefühle<br />
rauslassen. Das gab mir Kraft.<br />
Wie erhältst du diese Kraft<br />
aufrecht?<br />
Im letzten Jahr fing ich an,<br />
fünfmal pro Woche zu trainieren<br />
und mich intensiver mit<br />
dem <strong>The</strong>ma Ernährung zu<br />
beschäftigen. Nach ein paar<br />
Monaten Sport und gutem<br />
Essen fühlte ich mich so<br />
viel glücklicher und energiegeladener.<br />
Tatsächlich kam ich<br />
mir dank dieser Selbstdisziplin<br />
und der ganzen Endor phine<br />
schon fast so vor wie die Charaktere,<br />
die ich spielte. Es ist<br />
aber in erster Linie eine Frage<br />
der Einstellung.<br />
Inwiefern?<br />
Wenn ich meine Gesundheit<br />
wertschätze, dann schätze ich<br />
mich selbst. Ich zeige meinem<br />
Körper und meinem Geist<br />
Respekt, indem ich etwas für<br />
sie tue, anstatt mich mit Junkfood,<br />
Zigaretten oder Alkohol<br />
kaputtzumachen. Das ist eine<br />
wahrhaft magische Erfahrung.<br />
Du hast zwei Töchter, elf<br />
und vier Jahre alt. Teilst du<br />
mit ihnen deine Einsichten?<br />
Klar. Aber es geht auch darum,<br />
sie zu respektieren. In meiner<br />
Generation als osteuropäisches<br />
Kind hatte ich nichts zu<br />
sagen. Ich habe gemacht, was<br />
mir meine Eltern vorschrieben.<br />
Jetzt respektieren wir Kinder<br />
schon von klein an. Das beginnt<br />
mit einfachen Dingen:<br />
„Was möchtest du zum Abendessen?“;<br />
„Was für ein Kleid<br />
willst du heute anziehen?“ Der<br />
Effekt ist riesig. So fühlen sich<br />
die Kinder stärker, weil sie ihr<br />
Leben mitbestimmen können.<br />
Stärke gewinnt man also,<br />
indem man sein Schicksal<br />
selbst in die Hand nimmt?<br />
Definitiv ja. Jeder ist stark,<br />
wenn er es sein muss. Du<br />
malst dir etwas aus und<br />
denkst: „Das würde ich nie<br />
über leben.“ Dann passiert<br />
plötzlich etwas Unerwartetes,<br />
und du stellst dich der Herausforderung.<br />
Weil du musst.<br />
Zum Beispiel?<br />
Bist du schon mal mitten auf<br />
der Straße stehengeblieben,<br />
um einen streunenden Hund<br />
einzufangen? Um drei Uhr<br />
morgens?! Einmal rettete ich<br />
zwei Hunde, die gerade eine<br />
Kontroverse mit einem Stinktier<br />
hatten. Stell dir diesen Geruch<br />
vor! Sich da einmischen,<br />
das nenne ich Stärke.<br />
„Hellboy – Call of Darkness“<br />
läuft ab 12. April im Kino.<br />
AARON RICHTER/CONTOUR BY GETTY IMAGES RÜDIGER STURM<br />
48 THE RED BULLETIN