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Welchen Charakter<br />
müsste dein<br />
Haustier haben?<br />
Es müsste der<br />
deutschen Sprache<br />
mächtig sein. Nur<br />
zum Streicheln, ohne<br />
mich intellek tuell<br />
zu unterhalten,<br />
hat es keinen Platz<br />
in meiner Wohnung.<br />
auf, weil sie Strafinstanzen brauchen,<br />
um nicht ein völlig diktatorisches Über-<br />
Ich zu entwickeln.<br />
Inwiefern haben dir deine Eltern<br />
seinerzeit Grenzen gesetzt?<br />
Sicher im Zuspruch. Wofür ich meinen<br />
Eltern sehr dankbar bin: dass sie nicht<br />
meine ersten widerwärtigen Krakeleien<br />
aus dem Kindergarten an den Kühlschrank<br />
gehängt haben. Sie haben gesagt:<br />
„Wir hängen deine Zeichnungen auf,<br />
wenn sie künstlerisch wertvoll sind.“<br />
Im ersten Moment war ich vielleicht in<br />
meiner Eitelkeit gekränkt, aber es hat<br />
mich angespornt, etwas Wertvolles zu<br />
produzieren. Es wurde nicht jeder Stuhlgang<br />
beklatscht, sondern nur wenn es<br />
ein eindrucksvoller Stuhlgang war.<br />
Bleiben Lob und Anerkennung also<br />
nur etwas Besonderes, wenn man sparsam<br />
damit umgeht?<br />
Ja, weil es niemandem schadet, ein bisschen<br />
buhlen zu müssen und sich etwas<br />
zu erarbeiten. Denn sonst erziehen wir<br />
megalomane Größenwahnsinnige, die<br />
sich dann in einer Welt wiederfinden, die<br />
keine Standing Ovations für irgendetwas<br />
Minderwertiges spendet. Das kann nämlich<br />
sehr ungemütlich werden.<br />
Gab es in deinem Leben schon einmal<br />
die vollständige Anerkennung?<br />
Von mir nicht. Und von anderen bedeutet<br />
sie ohnehin nichts. Wenn ich mir nicht<br />
die Absolution erteile, können andere lobhudeln,<br />
so viel sie wollen.<br />
Was hat dir deine Großmutter vermittelt,<br />
bei der du fünf Jahre deiner<br />
Kindheit verbracht hast?<br />
Sie war es, die diese Liebe zur Sprache<br />
gesät hat. Sie hat es ex negativo gemacht,<br />
indem sie sich als großer Feind von Grammatik<br />
und sprachlicher Korrektheit zeigte.<br />
Ich hab nach diesen fünf Jahren einen<br />
horrenden Dialekt gesprochen, was eine<br />
unfassbare Motivation zur Überkompensation<br />
bewirkt hat, weil ich quasi nicht<br />
mit Menschen kommunizieren konnte.<br />
Wie wurde deine Schwäche zur Stärke?<br />
In der Schule haben sie mir gesagt, wir<br />
erkennen Worte, aber das kann man<br />
doch nicht als Sprache bezeichnen. Da<br />
musste ich schnell aufholen und habe aus<br />
dieser Kränkung dann übers Ziel hinausgeschossen<br />
und mich sehr eindringlich<br />
mit Sprache beschäftigt. Ich wollte auch<br />
eine Zeitlang alle Sprachen lernen, habe<br />
mich dann mit fünf oder sechs beschäftigt<br />
und gemerkt, es ist das Meine, mich in<br />
einer Sprache zu perfektionieren. Nicht<br />
in so einem Sinne, dass ich mit Menschen<br />
in Dialog treten kann, sondern dass ich<br />
ihnen einen Monolog liefern kann, der sie<br />
nicht langweilt.<br />
Das tust du auf der Bühne und scheinst<br />
mit deinen charmanten Frechheiten<br />
und Taktlosigkeiten gut zu fahren.<br />
Wie geht das?<br />
Es braucht eine gewisse Raffinesse und<br />
Anmut. Wenn man die nicht hat, sollte<br />
man davon Abstand nehmen. Sonst hat es<br />
etwas Görenhaftes. Die reine Provokation<br />
wird immer anecken, und das zu Recht.<br />
Weil sie einfach plump ist.<br />
Du strahlst auf der Bühne eine gewisse<br />
Großspurigkeit aus. Kommt Hochmut<br />
vor dem Fall, oder bekommt Hochmut<br />
reichlich Beifall?<br />
Ich bin immer wieder erstaunt, dass<br />
Menschen das als Hochmut begreifen.<br />
Wir sind heute alle sehr auf das Selbst<br />
zentriert. Mir geht es darum, eine Persönlichkeit<br />
zu entwickeln, während andere<br />
einen Narzissmus pflegen, der alle äußeren<br />
Faktoren abschabt, bis man zu einem<br />
Wesenskern kommt, der völlig leer und<br />
nichtig ist. Das machen Menschen, wenn<br />
sie versuchen, sie selbst zu sein. Diesem<br />
„Sei du selbst“ setze ich gerne „Werde,<br />
der du bist“ von Friedrich Nietzsche entgegen.<br />
Das ist Arbeit, die der Erfahrungen<br />
von außen bedarf und nicht einfach nur<br />
eines apathischen „Ich bin jetzt ich“.<br />
Mein Hochmut arbeitet und konstruiert<br />
etwas, anstatt ein irrelevantes Selbst<br />
an den Tag zu legen.<br />
Woher hast du anfänglich den Glauben<br />
an dich genommen?<br />
Bei meinen ersten Auftritten war ich fest<br />
davon überzeugt, das wird nie ein großes<br />
Publikum finden, aber ich dachte, ich fühl<br />
mich wohl auf der Bühne. Mit Zuspruch<br />
hab ich nicht gerechnet. Wenn mehrere<br />
Kabarettisten an einem Abend aufgetreten<br />
sind, habe ich mich mit meinem Programm<br />
als Störelement empfunden.<br />
Von der Sollbruchstelle zum heillosen<br />
Größenwahn. Stößt eine gewisse Überheblichkeit<br />
auf der Bühne auf Gegenliebe?<br />
Oder dient sie als Schutz?<br />
Ich würde diese Figur nicht als überheblich<br />
erachten. Man wird bei mir sehr<br />
selten einen Satz hören, der mit „Ich“ beginnt.<br />
Ich rede über die Welt, und wahnsinnig<br />
selten rekurriere ich auf meine<br />
Gefühle. Es geht immer um die Strukturen<br />
und wie das System beschaffen ist. Vermutlich<br />
liegt darin die Überheblichkeit, dass<br />
ich mir anmaße, über Dinge zu sprechen<br />
und nicht über mich selbst. Weil viele<br />
Menschen nur über sich selbst sprechen<br />
können. Vielleicht empfinden sie es als<br />
arrogant, dass ich den Eindruck habe,<br />
ich habe ein Wissen, das mich selbst übersteigt.<br />
Ich behandle nicht mich auf der<br />
Bühne, das wäre mir zutiefst zuwider.<br />
Wenn du auf der Bühne über Sport-<br />
Freaks oder Smoothie-Trinker lästerst,<br />
könnte man das als überheblich betrachten<br />
…<br />
Wenn ich Menschengruppen kritisiere,<br />
sind es meist Personen, die im Publikum<br />
sind. Ich empfinde es als weitaus überheblicher,<br />
über Menschen zu reden, die<br />
nicht im Raum sind. Wenn ich etwas nicht<br />
ertrage, ist es Unhöflichkeit. Mokiere ich<br />
mich über Menschen, sind es solche, von<br />
denen ich glaube, dass sie sich zu wehren<br />
wissen.<br />
Und die dürfen sich dann gleichzeitig<br />
ärgern und darüber lachen.<br />
Es ist mir bei meiner Kritik wichtig, dass<br />
wir uns da alle im selben Dunstkreis<br />
bewegen, man nicht auf außenstehende<br />
Gruppen schimpft und sich dabei gegenseitig<br />
auf die Schulter klopft. Vieles davon<br />
betrifft ja auch mich selbst.<br />
68 THE RED BULLETIN