immobilia 2019/04 - SVIT
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />
PERIPHERE IMMOBILIENMÄRKTE<br />
«ATTRAKTIVE ORTE<br />
AN DER<br />
NORD-SÜD-ACHSE»<br />
Regionen abseits der grossen Zentren müssen<br />
sich im Wettbewerb um Wachstum und<br />
Verkehrsausbau behaupten. Stefan Büeler<br />
von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons<br />
Uri erläutert, welche Schlüsselfaktoren<br />
dazu beitragen. TEXT—JÜRG ZULLIGER*<br />
Herr Büeler, entgegen dem Trend<br />
verzeichnete Uri letztes Jahr eine sinkende<br />
Leerwohnungsziffer. Was sind die Gründe<br />
für diesen Erfolg?<br />
Stefan Büeler: In einem kleinen Kanton können<br />
grössere Bauvorhaben volatile Zahlen verursachen.<br />
Das ist zu berücksichtigen. Alles in allem sehen wir<br />
aber unsere Bemühungen bestätigt. Uri weist viele<br />
Standorte mit hoher Wohnqualität auf. Die Verkehrsanbindung<br />
ist stetig ausgebaut worden, etwa<br />
mit dem «Tell-Bus» von Altdorf nach Luzern. Die<br />
Strecke Flüelen–Bellinzona kann dank des neuen<br />
Gotthard-Basistunnels in nur 35 Minuten zurückgelegt<br />
werden. Der neue Kantonsbahnhof in<br />
Altdorf wird ab 2021 die Verkehrserschliessung<br />
noch weiter verbessern. In Andermatt und im Talboden<br />
entstehen auch viele neue Arbeitsplätze.<br />
Gibt es nicht auch Verlierer, etwa entlang<br />
der alten Bergstrecke der Gotthard-Bahn?<br />
Die weniger gut erschlossenen Täler und Bergregionen<br />
sind tatsächlich besonders herausgefordert,<br />
tun jedoch ihr Bestes. Die neue Kooperation der<br />
Südostbahn SOB mit den SBB wird ab Ende 2020<br />
auch auf der Bergstrecke wieder bessere Verbindungen<br />
bringen.<br />
Wie sieht es steuerlich und finanziell aus?<br />
Wichtig ist für unsere Standortförderung, dass das<br />
«Gesamtpaket» Uri stimmt. Wir bieten nicht nur<br />
schöne Landschaften und Natur, es ist auch finanziell<br />
sehr attraktiv, hier zu leben. In einem Vergleich<br />
aller Wohn- und Standortkosten (Steuern, Krankenkasse<br />
etc.) steht Uri schweizweit zuoberst. Eine<br />
CS-Studie zeigt, dass im Portemonnaie nach Abzug<br />
aller dieser Kosten noch am meisten übrig ist.<br />
Was kostet Bauland im Kanton Uri?<br />
Der Medianpreis für Einfamilienhäuser liegt aktuell<br />
bei 410 CHF. Bauland für Mehrfamilienhäuser<br />
kostet im Schnitt 570 und Bauland für Geschäftsflächen<br />
220 CHF.<br />
Ist es nicht frustrierend, wenn sich sowohl<br />
private als auch öffentliche Investitionen auf<br />
die Städte konzentrieren?<br />
Von starken Zentren und vom Wachstum etwa in<br />
Zürich oder Luzern profitiert indirekt auch der<br />
Kanton Uri. So entstehen Arbeitsplätze, und es gibt<br />
vielfältige Vernetzungen für Lieferanten, für Kundenbeziehungen<br />
etc. Uri ist übrigens offiziell ein<br />
Mitgliedskanton der Greater Zurich Area.<br />
Welche Branchen und Nischen sind für<br />
Sie wichtig<br />
Es sind unter anderen innovative Firmen in der<br />
Metallverarbeitung, die hier ihr Domizil haben.<br />
Hinzu kommen interessante Betriebe in der Wintersport-<br />
und Transporttechnik. Das Unternehmen<br />
Kässbohrer, das die bekannten Pisten-Bullys<br />
herstellt, verlegt den Firmensitz in diesem Jahr zu<br />
uns. Auch in der Baubranche sind wir gut aufgestellt.<br />
Hinzu kommt natürlich der Tourismus, unter<br />
anderem mit dem Grossprojekt Andermatt-<br />
Swiss-Alps.<br />
Gibt es auch innerhalb des Kantons eine<br />
Zweiteilung in Zentren und Peripherie?<br />
Für manche Bergtäler ist es tatsächlich eine Herausforderung,<br />
die Bevölkerungszahl stabil zu halten.<br />
Wichtig ist dabei das Argument, attraktive<br />
Wohnlagen und Arbeitsplätze in guter Pendlerdistanz<br />
zu schaffen. Andererseits entwickelt sich der<br />
Urner Talboden rund um Altdorf sehr dynamisch<br />
und gilt auch nach offizieller Definition heute als<br />
Agglomeration.<br />
Grosse Immobilieninvestoren haben eine<br />
Präferenz für Zürich oder Genf. Wer sind<br />
die privaten Investoren in Ihrem Kanton?<br />
Wir verzeichnen eine rege Investitionstätigkeit,<br />
sowohl im Wohnbau als auch im Geschäftsbau. Oft<br />
handelt es sich um Akteure aus der Region. Für Betriebsstätten,<br />
Geschäftshäuser und Firmensitze<br />
sind es oft die Nutzer selbst, die die Gebäude finanzieren<br />
und erstellen.<br />
Die Bevölkerungsprognosen des Bundesamtes<br />
für Statistik (BFS) prognostizieren<br />
für Uri und andere Bergregionen ein<br />
schwächeres Bevölkerungswachstum als<br />
in den Zentren. Wie sehen Sie das?<br />
Es gibt dazu unterschiedliche Annahmen und unterschiedliche<br />
Varianten. Wenn wir anders als im<br />
BFS-Modell auch unsere Besonderheiten berücksichtigen,<br />
kommen wir auf ein stärkeres Wachstum.<br />
Wir haben in den letzten Jahren dabei sogar<br />
unsere eigenen Prognosen übertroffen. <br />
BIOGRAPHIE<br />
STEFAN<br />
BÜELER<br />
ist Leiter der Abteilung<br />
Wirtschaft und Tourismus<br />
in der Volkswirtschaftsdirektion<br />
des<br />
Kantons Uri.<br />
*JÜRG ZULLIGER<br />
Der Autor, lic. phil. I, ist<br />
Fachjournalist und<br />
Buchautor mit dem<br />
Themenschwerpunkt<br />
Immobilien und<br />
Immobilienwirtschaft.<br />
IMMOBILIA / April <strong>2019</strong><br />
15