REKORDBRECHER Der routinierte Rennbootfahrer Peter Dredge wartet darauf, dass sich der Nebel lichtet, um seinen Rekordversuch auf dem Coniston Water zu beginnen. FOTOS: ALEX PUCZYNIEC, MALCOLM CREASE 66 THE JAGUAR
An einem sonnigen Tag gehört der Coniston Water zu den schönsten Gegenden Englands. Im Herzen von Cumbria gelegen, dem weltweit bekannten Lake District, ist dieser langgestreckte See im Sommer ein Touristenmagnet. Aber heute ist es leider alles andere als sonnig. Es ist noch früh am Morgen, man mag noch ein wenig seinen Träumen nachhängen und an einen guten Kaffee denken, während der dichte Nebelschleier, der sich über den See zieht, die zwei Dutzend Gesichter um mich herum erst einmal gefrieren lässt. Es sind keine Touristen; selbst die eifrigsten Wanderer liegen um diese Zeit noch in den Federn. Schon an ihren konzentrierten, flinken Bewegungen sieht man, dass sie Profis sind. Dann kommt ein <strong>Jaguar</strong> F-PACE um die Ecke, der einen großen, mit einer Plane abgedeckten Gegenstand im Schlepptau hat, und plötzlich herrscht helle Aufregung. Denn diese Crew ist auf einer Mission, und deren Kernstück steckt unter der Plane. Ein schnittiges Boot: der <strong>Jaguar</strong> Vector Racing V20E. Unter der Haube: eine riesige leistungsstarke Batterie mit Formel-E-Technologie. Das heutige Ziel ist denkbar einfach. Es soll der zehn Jahre alte Geschwindigkeitsrekord für elektrische Wasserfahrzeuge gebrochen werden, der derzeit bei 123,6 km/h liegt. Das mag nach wenig klingen – gemessen am Tempo, das wir von der Autobahn kennen, ganz zu schweigen von der Formel Eins, die wir vom Sofa aus verfolgen –, aber angesichts des Antriebssystems und der Oberfläche steht man auf dem Wasser vor ganz anderen Herausforderungen. Und genau hier wird es interessant. Denn es liegt in <strong>Jaguar</strong>s DNA, immer wieder Grenzen zu überschreiten, diesmal also einen Weltrekord, der in Zusammenarbeit mit den Partnern Vector Racing und Williams Advanced Engineering geknackt werden soll. Schon heute ist <strong>Jaguar</strong> auf der Rennstrecke Vorreiter in Technologien zur Elektrifizierung, getreu seinem Motto „Race To Innovate“. Insofern wäre nun also der nächste Schritt, die Rennwagentechnologie, die Panasonic <strong>Jaguar</strong> Racing in der Formel E einsetzt, auf Rennboote zu übertragen. „Die Elektrorennen stecken selbst in der Automobilwelt noch in den Kinderschuhen, und zu Wasser ist das Ganze nahezu unentdecktes Terrain“, erklärt Malcolm Crease, der Geschäftsführer von Vector. „Von daher wollten alle drei Partner unbedingt herausfinden, wie sich die Leistungsfähigkeit in diesem Bereich verbessern lässt.“ Nachdem sie Mitte 2017 beschlossen hatten, den Geschwindigkeitsweltrekord für elektrische Wasserfahrzeuge zu brechen, begannen sie mit den ersten Vorbereitungen und Tests, die sich über insgesamt mehr als acht Monate erstreckten. Und da sie Pionierarbeit leisteten, wurde natürlich vor allem nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip gearbeitet. „Wir mussten bei null anfangen. Welche Art von Boot? Welche Größe? Dann ging es um Kosten, Gewicht und STILLE WASSER SIND TIEF Coniston Water ist der fünft-größte See in England – acht Kilometer lang und 800 Meter breit – und sehr ruhig, weshalb er sich ideal eignet, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen. Denn das Rennboot braucht Zeit, um an Fahrt zu gewinnen und wieder abzubremsen, bevor es wenden kann. Daher findet auf dem See auch die jährliche Coniston Powerboat Records Week mit verschiedensten Wettbewerben statt, meist im November. Dass <strong>Jaguar</strong> Vector Racing hier den Geschwindigkeitsweltrekord für elektrische Wasserfahrzeuge aufgestellt hat, ist ganz passend, der See ist derlei Rekorde gewohnt. Schon 1939 stellte der legendäre Sir Malcolm Campbell den damaligen Weltrekord (eines mit Treibstoff betriebenen Bootes) auf: 227 km/h. In den 1950er Jahren gelangen seinem Sohn Donald in dem geschichtsträchtigen Wasserflugzeug Bluebird K7 vier Rekorde in Folge. Tragischerweise starb Donald Campbell 1967, als er bei unglaublichen 515 km/h die Kontrolle über sein Boot verlor. Das Wrack wurde erst 2001 aus den Tiefen des Sees geborgen. THE JAGUAR 67
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