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Essay der Classe politique, die pragmatischer und auch opportunistischer mit veränderten Machtverhältnissen umgeht. Diese Diskrepanz ist mittlerweile hinlänglich bekannt und sollte endlich entdramatisiert werden. Ein ›Non‹ oder ›Nee‹ zu einer europäischen Verfassung bedeutet nicht gleich den Untergang Europas, wenn man das Gesamtbild vor Augen hat: Erstens entwickelten sich die europäischen Staaten innert erstaunlich kurzer Zeit von militärischen Gegnern zu politischen Akteuren, die ihre grossen und kleinen Konflikte und Differenzen aushandeln, manchmal grosszügig, öfters kleinlich und krämerisch, wie das unter Nachbarn so üblich ist. Und zweitens gilt trotz der lauten und hässlichen Propaganda der Nationalisten in vielen Ländern: Die hartnäckige Ausrichtung eines Grossteils der Franzosen, Holländerinnen, Schweizer und Engländerinnen am Nahbereich ist an sich weder reaktionär noch progressiv. Rechte wie Linke sagten in den letzten Jahrzehnten Nein zur Supernation Europa. Pragmatische Zusammenarbeit ist trotzdem möglich, wie die bestehenden Verträge und wie auch die jüngste Abstimmung in der Schweiz zu den Schengen/Dublin-Abkommen zeigt. – In den USA sind es zur Zeit übrigens die Republikaner, die von einem Grossreich träumen, und liberale Politologen, die sich eine Zerschlagung des Leviathan und einen lockereren Zusammenschluss von vereinigten Staaten wünschen. In ihrem Essay ›Kann Patriotismus solidarisch sein?‹ argumentiert die Philosophin Martha Nussbaum mit Aristoteles gegen Platos ideales Staatswesen, in dem jeder für jeden, ob nah oder fern, gleichermassen verantwortlich ist. »Wenn wir wollen, dass unser Zusammenleben mit andern moralische Leidenschaft beinhaltet – für Gerechtigkeit in einer Welt der Ungerechtigkeit, für Hilfe in einer Welt, in der viele das Nötigste entbehren müssen – tun wir gut daran, vorerst bei den vertrauten starken Gefühlen für die eigene Familie, Gemeinde und Nation anzusetzen. Nur sollte sich unsere Anteilnahme nicht auf diese lokalen Bindungen beschränken.« 6 Eine linke Standortpolitik ohne Chauvinismus wäre es, diese leidenschaftliche Anteilnahme von innen nach aussen zu fördern und zu organisieren. Die Schweiz ist ein politisch intensiv gestalteter Raum mit guter Verfassungsgrundlage und immenser – wenn auch nicht immer rühmlicher – Erfahrung im Handeln und Verhandeln auf nationaler und internationaler Ebene. Diese Stärken der Politik gilt es zu erhalten und auszubauen. Dass sich Wirtschaftsinteressen nicht mit Landesgrenzen decken, ist – auch wenn es die aktuelle Globalisierung so suggeriert – nicht neu. Es kann nie Aufgabe einer fortschrittlichen Politik sein, der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher zu rennen und ihr eilig geschaffene Grossräume anzubieten, die noch profitabler genutzt werden kön- 10 Denknetz • Jahrbuch 2005
Essay nen. Grosse politische Einheiten wie Europa, die USA oder China bieten bezüglich menschengerechten Verteilung von Arbeit und Einkommen ebenso lausige Lösungen an wie die Kleinstaaten. Die Aufgabe eines demokratischen Rechtsstaates ist es, die Lebensgrundlage ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, die weit mehr sind als frei verfügbares Humankapital, zu schützen und zu gewährleisten. Es braucht eine Schweiz, die allem Menschlichen, dem kühnsten Intellekt wie der kindlichsten Sehnsucht, eine Heimat bietet – mit einem unerschrockenen Blick auf die Welt. Anmerkungen 1 Gemäss sda-Meldung in der NZZ Online vom 10. Mai 2005. 2 Peter Bichsel ›Des Schweizers Schweiz‹. Zürich 1969. 3 Halbzeitbilanz des Bundesrates zum aussenpolitischen Bericht 2000 ›Präsenz und Kooperation‹. 4 ›Also kein Höhenflug‹, in WOZ 17/1988. 5 Ausführlicher in meinem Buch ›Einzig und allein. Die USA im Ausnahmezustand‹, Rotpunktverlag, Zürich 2003. 6 Martha Nussbaum ›Can patriotism be compassionate?‹, erschienen in der linken US-Zeitschrift Nation vom 17. Dezember 2001. 11 Denknetz • Jahrbuch 2005
Seite 1 und 2: 1 Denknetz • Jahrbuch 2005 Inhalt
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Seite 35 und 36: Une Suisse de plus en plus riche et
Seite 37 und 38: années 1990. Entre 1992 et 2000, l
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Das US-Gesundheitswesen: Ein Schrec
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Die Krise spitzt sich zu Der US-Ges
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Lohnpolitik Thesen für eine europ
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stimmte Mindestnorm festzulegen, di
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Die Unternehmenssteuerreform Steuer
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Schulden Vermögenswerte beziehungs
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Ausgabe nicht bewusst sind. Das zwe
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aum zusätzlich einschränken. Als
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Ist die Wirtschaft schon in einer S
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Wie wirken Ideologien? Die Magie de
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und kluge Umgang mit Denkfiguren ka
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Umgang mit Denksets. Diese Sets sin
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sellschaftliche Organisation, in de
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• Die Redefinition der Funktionen
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Mittel, um auf Publizistik und Ausb
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nach ihrem Wahlerfolg von 1984 soga
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Definitionsmacht zurückgewinnen: Z
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Pflege, Bildung, Kinderbetreuung, K
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