Das komplette Buch als Download - Denknetz
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Gesamtinteresse sicher und weist die einzelkapitalistische Räson in<br />
Schranken.<br />
Was bedeutet dies für den Unternehmensalltag? Gewissermassen <strong>als</strong><br />
Gegengewicht zur strukturellen Machthierarchie und Verfügungsgewalt<br />
muss im Unternehmen gewährleistet werden, dass vor jeder grundlegenden<br />
Entscheidung über die Zukunft von Beschäftigten Aushandlungsprozesse<br />
stattfinden können: Prozesse kollektiver Mitbestimmung,<br />
wenn es um Organisationseinheiten geht, Prozesse individuellen Aushandelns,<br />
wenn es um Einzelpersonen geht. Auszuhandeln ist ein Zielkonsens<br />
zwischen Mitarbeiter- und Unternehmensentwicklung, der<br />
folgende Elemente beinhaltet:<br />
• Mitarbeitende sind bereit, ihre Fähigkeiten auf Zeit in den Dienst der<br />
Geschäftstätigkeit zu stellen und sich mit den Anforderungen im Tätigkeitsbereich<br />
weiterzuentwickeln<br />
• das Unternehmen ist bereit, sich mit der bestehenden Belegschaft weiterzuentwickeln,<br />
individuelle Potenziale zu fördern und ein stabiles<br />
Umfeld für eine absehbare Zeitperiode sicherzustellen.<br />
Aushandlungsprozesse müssen wie ein roter Faden die ganze Führungsund<br />
Personalarbeit durchziehen, <strong>als</strong>o jedes Einstellungs- und Entlassungsgespräch,<br />
jedes Mitarbeitergespräch, jede betriebliche Personalplanung,<br />
jede Funktionseinstufung, jede Trainings- und Laufbahnplanung,<br />
jede Weiterbildungsvereinbarung. Stets geht es darum, divergierende<br />
Vorstellungen über berufliche Entwicklungsziele einerseits, über Unternehmens-<br />
und Abteilungsziele andererseits zu identifizieren, sie nach<br />
Möglichkeit ein Stück weit in Einklang zu bringen, allenfalls sogar einen<br />
temporären Machtkompromiss zu finden. Dieser wird sich aber nur einstellen,<br />
wenn einklagbare Rechte und Pflichten zur Mitbestimmung und<br />
Mitgestaltung institutionalisiert sind und das Arbeitsverhältnis Stabilität<br />
aufweist.<br />
Fazit: Die Mehrheit der Erwerbsbevölkerung ist den Zwängen der<br />
Märkte, der Ökonomisierung und Profitsteigerung zunehmend direkt<br />
ausgesetzt, auch und gerade <strong>als</strong> Angestellte mächtiger Wirtschaftsorganisationen.<br />
Diese wären aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung<br />
in der Lage, ihre Angestellten vor Beschäftigungsrisiken besser zu schützen;<br />
stattdessen verlangen sie mehr Loyalität und Flexibilität – und wälzen<br />
Kosten auf die Allgemeinheit ab, wie die Wirtschaftsgeschichte auch<br />
in der Schweiz drastisch vor Augen führt. Also stellt sich mit Nachdruck<br />
nochm<strong>als</strong> die Frage: Brauchen wir so etwas wie Unternehmenskultur<br />
überhaupt? Oder: Welche Unternehmenskultur brauchen wir? Macht es<br />
Sinn, von Unternehmen eine ›bessere‹, verlässliche, offenere, wertbe-<br />
91 <strong>Denknetz</strong> • Jahrbuch 2005<br />
Politische Ökonomie