Das komplette Buch als Download - Denknetz
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Politische Ökonomie<br />
Gerade das ›normale‹ Management hat mit seinen Parolen an die<br />
Adresse der Beschäftigten und mit seinem Opportunismus gegenüber<br />
Shareholdern grossen Anteil an der beklagten Bindungslosigkeit der Arbeitskräfte.<br />
<strong>Das</strong> gilt für privatwirtschaftliche und genauso für öffentlichrechtliche<br />
Unternehmen. Ein kurzer Rückblick auf Managementtrends<br />
in Theorie und Praxis zeigt: Noch vor drei Jahrzehnten erwarteten Unternehmen<br />
von ihren Mitarbeitenden, dass sie sich mit den Unternehmenszielen<br />
identifizieren und die eigene Berufslaufbahn danach ausrichten.<br />
Schon dam<strong>als</strong>, besonders nach den wirtschaftlichen Krisenerfahrungen<br />
der 1970er-Jahre, konnten allerdings viele nicht mehr<br />
ungebrochen an den sicheren Lebensarbeitsplatz glauben. Es folgte die<br />
bis heute anhaltende Periode unternehmerischer Flexibilisierung der<br />
Personalressourcen, begleitet von einer unerbittlichen kulturellen Umwertung:<br />
Die emotionale und soziale Bindung ans eigene Tätigkeitsumfeld,<br />
an den erlernten Beruf wird seither <strong>als</strong> Ausdruck persönlicher Unbeweglichkeit,<br />
eben <strong>als</strong> Flexibilitätshindernis diskreditiert, und ältere<br />
Arbeitnehmende gelten allgemein <strong>als</strong> nicht mehr businesstauglich. <strong>Das</strong><br />
Personalmanagement hat mit seinen Versprechungen, den Personaleinsatz<br />
kostenmässig jederzeit optimal zu halten und die Personalressourcen<br />
regelmässig durchzuscannen, in all den Jahren selber kräftig zu<br />
solchen Wertungen beigetragen und beim Personal Spuren tiefer Verunsicherung<br />
hinterlassen. 3<br />
Wandel des Arbeitsverhältnisses und<br />
der Mitarbeitereinbindung<br />
Die Irrläufe des Managementdiskurses sind nicht einfach auf individuelle<br />
Fehlleistungen der Verantwortlichen zurückzuführen. Sie verweisen<br />
auf einen grundlegenden Wandel in der Arbeitspolitik der Firmen und<br />
im Arbeitsverhältnis selber. Je mehr heute das hohe Lied der eigenverantwortlichen,<br />
sich unternehmerisch verhaltenden Arbeitskraft gesungen<br />
wird, desto mehr gerät in Vergessenheit, dass der Arbeitsvertrag kein<br />
beliebig wählbares Tauschverhältnis (Lohn gegen Leistung) repräsentiert,<br />
sondern ein Machtverhältnis zwischen ökonomisch völlig ungleichen<br />
Parteien. Wer ein Arbeitsverhältnis eingeht, leistet einiges mehr <strong>als</strong><br />
das, was Arbeitsvertrag und Pflichtenheft ausdrücklich verlangen: Sie<br />
oder er unterwirft sich betrieblicher Verfügungsgewalt, akzeptiert (fast)<br />
jeden Unternehmenszweck, fügt sich willkürlichen (mitunter diskriminierenden)<br />
Entscheiden und bringt selber Engagement, körperliche und<br />
psychische Ressourcen in die Arbeitsleistung ein. Dafür jedoch, dass die<br />
Arbeitskraft auf Teile ihrer individuellen Souveränität verzichtet und<br />
körperlichen wie psychischen Verschleiss in Kauf nimmt, erwartet sie zu<br />
86 <strong>Denknetz</strong> • Jahrbuch 2005