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sortimenterbrief Juni 2019

Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Juni 2019

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sonderthema alternative medizin & heilmethoden<br />

Das Gehirn erkennt sich und möchte<br />

schöne Bilder herstellen. Und wir<br />

wissen, dass alle Bereiche im Gehirn am<br />

leistungsfähigsten sind, wenn sie sich<br />

in einem mittleren Erregungszustand<br />

befinden. Wenn jemand etwa Angstzustände<br />

hat, erstellen wir einen<br />

Behandlungsplan anhand aller vorhandenen<br />

Symptome. Dabei werden<br />

verschiedene Gehirnareale in einer<br />

bestimmten Reihenfolge trainiert.<br />

Die Gefühle sitzen an einer anderen<br />

Stelle im Gehirn als beispielsweise der<br />

Bereich, der für die Regulierung der<br />

Gefühle zuständig ist ... und so weiter.<br />

Das Gehirn reguliert also das Gefühl<br />

selbst, wie auch den rationalen Umgang<br />

damit. Es gibt für bestimmte Symptome<br />

auch ein Tiefenentspannungs-Training,<br />

wo auch Traumata aufgelöst werden –<br />

von selbst.<br />

Bei der Behandlung werden also<br />

Cluster von Symptomen behandelt –<br />

nicht nur einzelne?<br />

Sartory: Genau. Wenn wir beispielsweise<br />

Angst trainieren, trainieren wir eigentlich<br />

das ganze Gehirn – sukzessive.<br />

Wir gehen dabei auch laufend auf die<br />

Veränderungen beim Klienten ein.<br />

Ein kohärentes Gehirn kann auch<br />

ausgleichen. Ist ein Bereich unteroder<br />

übererregt, greift ein anderer<br />

Bereich ein und gleicht aus. Bei einem<br />

inkohärenten Gehirn funktioniert das<br />

nicht. Dort gibt es nur Kompensation,<br />

aber keinen Ausgleich. So bilden sich<br />

Spannungszustände im Körper, bis hin<br />

zu Zwangsstörungen.<br />

Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt<br />

es? Wobei gibt es gute Ergebnisse?<br />

Sartory: Es gibt drei große Bereiche:<br />

Konzentrationsstörungen und ADHS,<br />

Leistungssteigerung und als dritten<br />

Punkt alle psychischen Symptome und<br />

Traumata. Wir haben viele Kinder mit<br />

ADHS bzw. Trauma-Folgestörungen.<br />

Das sieht aus wie ADHS, ist es aber nicht.<br />

Rund zwei Prozent der Bevölkerung hat<br />

ADHS, der Rest sind Störungen infolge<br />

von traumatischen Erlebnissen. Im<br />

Leistungsbereich betreuen wir auch<br />

Sportvereine.<br />

Wirkt Neurofeedback auch bei physischen<br />

Problemen?<br />

Sartory: Ja, bei Spannungszuständen,<br />

Kopfschmerzen, Migräne, Epilepsie.<br />

Neurofeedback kommt eigentlich aus<br />

der Epilepsie-Behandlung. Es gab<br />

Versuche, wo Katzen über Gehirnströme<br />

so konditioniert wurden, dass wenn<br />

sie in den entspannten Alpha-Zustand<br />

kommen, sie mit Futter belohnt werden.<br />

Und das funktionierte. Fünf Jahre später<br />

hat die NASA einen Test gemacht,<br />

ob Kerosin Epilepsie verursacht. Das<br />

Institut teste wieder mit Katzen. Dabei<br />

kam heraus, dass die Hälfte der Katzen<br />

Epilepsie bekam, die andere Hälfte<br />

nicht. Bei der Hälfte der Katzen, die<br />

nicht erkrankte, stellte man fest, dass<br />

diese Katzen zu denen gehörten, die fünf<br />

Jahre zuvor die Konditionierung mittels<br />

Gehirnströmen durchlebten. Damit<br />

war ein probates Mittel gegen Epilepsie<br />

gefunden. Später erkannte man, wofür<br />

Neurofeedback noch eingesetzt werden<br />

kann. In Amerika wird Neurofeedback<br />

bei den posttraumatischen Belastungen<br />

der Kriegsheimkehrer schon lange<br />

Zeit erfolgreich angewendet. Im<br />

Spitzen-Leistungssport ist es längst<br />

angekommen. Man spricht aber nicht<br />

darüber. Wir auch nicht (lacht). Bei<br />

psychisch bedingten allergischen Reaktionen<br />

oder bei Autoimmunerkrankungen<br />

funktioniert es auch sehr<br />

gut – bei Pollenallergie nicht. Bei stressbedingten<br />

Reaktionen funktioniert es<br />

auch gut, da es stressresilient macht.<br />

Ist Neurofeedback auch für Burnout<br />

anwendbar?<br />

Sartory: Dieser Begriff wurde vor zehn<br />

bis 15 Jahren verwendet. Erschöpfungssyndrom<br />

ist dafür vielleicht die begriffliche<br />

Oberfläche, die es benennt<br />

– aufgrund der sichtbaren Symptome.<br />

Mittlerweile wissen wir aber, dass<br />

es Burnout in der Form nicht gibt.<br />

Es handelt sich in der Regel um ein<br />

Bindungs- bzw. Entwicklungstrauma.<br />

Die Frage lautet ja „Warum komme ich<br />

in diese Situation, wo ich meine Grenzen<br />

nicht spüre?“ Die Überlastungen lassen<br />

sich sehr gut mittels Neurofeedback<br />

behandeln, weil es die Selbstregulation<br />

und die Kohärenz des Gehirns fördert.<br />

Mit welchen Zeitspannen muss man<br />

bei einer Neurofeedback-Behandlung<br />

rechnen?<br />

Sartory: Das ist individuell unterschiedlich.<br />

Wer ein kohärentes Gehirn hat und<br />

Leistungssteigerung erzielen möchte,<br />

kann bereits nach zehn Stunden mit<br />

Tiefenentspannungstraining arbeiten<br />

und wird eine klare Leistungssteigerung<br />

erkennen. Einerseits findet die Erholung<br />

rascher statt. Andererseits hat er in<br />

den Momenten, wo Leistung und<br />

Konzentration gefragt ist, diese auch zur<br />

Verfügung. Bei einem Kindheitstrauma<br />

oder großer Instabilität kann es schon<br />

30–40 Stunden dauern, was mit einem<br />

Jahr anzusetzen ist. Anders gedacht:<br />

40 Stunden sind eine Arbeitswoche.<br />

Eine Behandlung kostet 90 €. Doch<br />

das Gehirn brauch Trainingsabstände<br />

genauso wie kontinuierliche Auffrischungen.<br />

Wir müssen im Schritttempo<br />

vorgehen und uns dem Tempo<br />

des Klienten, den regulativen Prozessen<br />

anpassen. Es darf nicht zu schnell gehen,<br />

aber auch für das Gehirn nicht fad<br />

werden. Man merkt die Fortschritte als<br />

Klient kaum. Wie beim Wachsen eines<br />

Kindes. Man muss Stricherl machen,<br />

damit einem die einzelnen Zentimeter<br />

auffallen. Wir müssen detektivisch die<br />

Symptome immer wieder abfragen,<br />

um die Fortschritte zu erkennen. Den<br />

Klienten fällt es oft selbst nicht auf – weil<br />

es ihnen gut geht.<br />

Danke für das Gespräch!<br />

Kontakt:<br />

Andreas Sartory, Neurofeedback Zentrum Wien,<br />

Alser Straße 43, Mezzanin, Tür 4, 1080 Wien<br />

Tel. +43 699 10 995 995, www.sartory.at<br />

E-Mail office@neurofeedbackzentrum.at<br />

www.neurofeedbackzentrum.at<br />

<strong>sortimenterbrief</strong> 6/19 23

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