BremerSport_Juni_2019-web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUSSERGEWÖHNLICHE SPORTARTEN<br />
„Ein bestimmter Typ“<br />
Sylvia Träris im Kurzinterview<br />
In Aktion: Das Blocken ist ein zentraler Bestandteil des Spiels. <br />
trainieren die Meatgrinders, seit 2013<br />
ist der Verein Mitglied im Landessportbund<br />
Bremen. Zum festen Team<br />
zählen unter anderem Bombina, Bioshock<br />
und Clitbull, so ihre Derby-Namen.<br />
„Die Namen gehören zur Show, es<br />
sind Kampfansagen“, sagt Roxy Nyda,<br />
die eigentlich Sylvia Träris heißt, und<br />
sich als Erste Vereinsvorsitzende um<br />
die Geschicke des Vereins kümmert.<br />
Vom Showbizz zum<br />
Breitensport<br />
Roller Derby wird in Nordamerika seit<br />
den 1930ern gespielt. In Deutschland<br />
sind die ersten Teams ab 2006 mit einer<br />
klaren Botschaft auf den Plan getreten:<br />
Frauensport darf derbe sein. Mittlerweile<br />
gibt es bundesweit mehr als 50<br />
Teams, die sich zunehmend professionalisieren.<br />
Seit 2010 wird die Deutsche<br />
Meisterschaft ausgetragen, die erste<br />
Rollerderby-WM fand 2011 statt, die<br />
Deutsche Roller-Derby-Bundesliga<br />
formierte sich 2015.<br />
Sicherheit geht vor<br />
Vom Kräftemessen bei Wettkämpfen ist<br />
unsere Anfängerinnengruppe noch weit<br />
entfernt. Wer im Spiel an den Start gehen<br />
will, muss vorher einen Test bestehen.<br />
Er prüft ein Minimum an Fahrvermögen<br />
und Sicherheitsstandards ab. Um die<br />
Anfängerinnen auf diese Prüfung vorzubereiten,<br />
üben wir nach dem Slalomfahren<br />
das Blocken in Zweierteams. In<br />
der Praxis bedeutet dies: Wir schieben<br />
uns gegenseitig von einem Hallenende<br />
zum anderen. „Das trainiert die Po- und<br />
Beinmuskulatur“, weiß Anne – und meine<br />
besagten Muskelpartien stimmen zu.<br />
Zehn Neulinge, die Anne „Fresh Meat“<br />
(Frischfleisch) nennt, stärken im Anschluss<br />
ihre Rumpfmuskulatur. Wer sich<br />
ins körperbetonte Spiel wagt, soll gut<br />
vorbereitet sein.<br />
Die Regeln in Kürze<br />
Zwei Teams mit jeweils fünf Skaterinnen<br />
treffen bei einem Spiel aufeinander.<br />
Eine von ihnen wird als sprintende<br />
Jammerin bestimmt, die restlichen<br />
vier bilden das Pack und blocken. Ziel<br />
der Jammerin ist es, das gegnerische<br />
Team zu überholen und so Punkte für<br />
das eigene Team zu holen. Blocken ist<br />
mit Einsatz des Rumpfs erlaubt, um die<br />
konkurrierende Jammerin am Durchkommen<br />
zu hindern. Hat die Sprinterin<br />
zweimal die gegnerische Mauer durchbrochen,<br />
erhält das Team für jede überholte<br />
Gegnerin einen Punkt.<br />
Das Spiel hat jedoch etliche weitere<br />
Facetten: Rund 70 Seiten umfasst<br />
das offizielle Regelwerk. Bei Verstößen<br />
wie Schubsen und Ellenbogen-Checks<br />
muss die Fahrerin für 30 Sekunden auf<br />
die Strafbank. Platzverweise und Platzwunden<br />
kommen vor, schwere Verletzungen<br />
sind jedoch laut Statistik seltener<br />
als beim Fußball.<br />
Auch mein 90-minütiges Probetraining<br />
hinterlässt Spuren. An die<br />
kräftezehrenden Übungen und die<br />
Frauenpower soll mich während der<br />
kommenden Tage ein heftiger Muskelkater<br />
erinnern. (KW)<br />
Termine der Meatgrinders:<br />
Sommerfest: 3. August im Rollsportstadion.<br />
Das nächste Heimspiel: 23. November,<br />
der Austragungsort stand bei Redaktionsschluss<br />
noch nicht fest.<br />
Weitere Infos:www.meatgrinders.de.<br />
Wie kamen Sie zum Rollerderby?<br />
Durch Zufall habe ich einen Bericht in die Hand<br />
bekommen – das muss Anfang der 2000er Jahre<br />
gewesen sein. Damals hatte sich in Stuttgart<br />
gerade das erste deutsche Team gegründet.<br />
Dann habe ich mir eine<br />
Dokumentation über<br />
texanische Rollerderby<br />
Girls auf DVD bestellt.<br />
Damals war das Ganze<br />
ein riesiges Spektakel<br />
mit kommerziellem<br />
Showcharakter. Gespielt<br />
wurde auf abgeschrägten<br />
Bahnen, so wie beim<br />
Sechs-Tage-Rennen.<br />
Diese Bahnen sind aber<br />
sehr teuer und daher<br />
selten. Heute ist das<br />
massenkompatibele Flat<br />
Track Derby angesagt.<br />
„Roxy Nyda“ (sprich:<br />
Wie wurden Sie Teil der Rock sie nieder) lautet<br />
Meatgrinders Bremen? der Derby-Name der<br />
Die Meatgrinders haben<br />
sich 2008 gegrünzenden<br />
Sylvia Träris. <br />
Ersten Vereinsvorsitdet,<br />
2009 wurden sie als<br />
Verein eingetragen. Damals war ich noch in<br />
Bayreuth. Seit meiner Rückkehr nach Bremen<br />
im Jahr 2011 bin ich im Team und seit 7 Jahren<br />
als Erste Vereinsvorsitzende.<br />
Was hat sich seitdem verändert?<br />
Damals war der Sport eher ein Szeneding.<br />
Die Anfangsimpulse kamen aus der Alternative-<br />
und Punk-Ecke. Es ging darum, einen<br />
von Frauen dominierten Sport zu etablieren<br />
und ein aggressives Image zu pflegen. Das hat<br />
einen bestimmten Typ Frauen angesprochen,<br />
was sich auch in der Namensgebung der Meatgrinders<br />
widerspiegelte. Blutrünstige Namen<br />
gibt es heute immer noch, aber genauso gern<br />
wählen die Spielerinnen heute Referenzen auf<br />
starke Frauen aus Kunst und Wissenschaft.<br />
Heute überwiegt der sportliche Charakter.<br />
Wo steht das Team heute?<br />
Die Meatgrinders haben sich Schritt für Schritt<br />
professionalisiert. Zwar spielen wir nur in der<br />
dritten Bundesliga, aber mit etwa 30 aktiven<br />
Vereinsmitgliedern sind wir ganz gut aufgestellt.<br />
Darunter sind auch einige Officials, die<br />
sich während des Spiels um Punktzahlen und<br />
Strafen kümmern und als Schiedsrichter fungieren.<br />
Dieser Part ist beim Roller Derby sehr<br />
arbeitsintensiv, aber genauso wichtig, wie das<br />
aktive Spiel. (KW)<br />
Foto: Meatgrinders Bremen e.V.<br />
31