ADAC Motorwelt Juli/August 2019
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MEINE REGION<br />
Streife mit Muskelkraft<br />
Seit zehn Jahren ist die Fahrradstaffel der Polizei auf Dresdens Straßen im Einsatz.<br />
Die Pedal-Polizisten bremsen Verkehrssünder auf zwei und vier Rädern aus<br />
Gut ausgestattet: Dank Elektrounterstützung sind<br />
die Polizisten noch schneller unterwegs<br />
Ertappt: Eine Radfahrerin muss<br />
60 € Strafe bezahlen, weil sie bei Rot<br />
über eine Ampel fuhr<br />
Fahrradwetter sieht anders aus, dunkelgraue<br />
Wolken türmen sich am<br />
Himmel. Auf der St.-Petersburger-Straße<br />
in Dresden mühen sich die Autos Richtung<br />
Hauptbahnhof. Auf dem Fahrradstreifen<br />
kommen immer wieder ein paar<br />
Radler vorbei. Genau beobachtet von der<br />
Radstreife der Verkehrspolizei Dresden.<br />
Ihre zweirädrigen Fahrzeuge stehen einsatzbereit<br />
hinter ihnen – für den Fall,<br />
dass ein ertappter Verkehrssünder die<br />
Flucht ergreifen will.<br />
An der gut 150 Meter entfernten Ampel<br />
steht eine Videokamera. „Da kommen<br />
zwei Rotfahrer“, sagt Polizeihauptkommissar<br />
Uwe Jänichen. Sein Kollege Thomas<br />
Kiraly geht mit der roten Kelle einen<br />
Schritt nach vorn. Zuerst stoppt er einen<br />
sportlichen Mann, wenige Sekunden später<br />
eine Frau. Sie lässt die Beamten gar<br />
nicht zu Wort kommen. „Ich gestehe alles“,<br />
erklärt sie reumütig. Beide müssen<br />
60 € Strafe bezahlen und bekommen ei-<br />
nen Punkt in Flensburg, dann dürfen sie<br />
weiterradeln.<br />
Der Radverkehr hat sich in der Landeshauptstadt<br />
seit 1991 verdreifacht. Und<br />
während die Zahl der Unfälle insgesamt<br />
stetig zurückgeht, gibt es jedes Jahr etwas<br />
mehr Crashs mit Radfahrerbeteiligung.<br />
Allein 2018 kam es in Dresden zu 1448<br />
Velo-Unfällen. Ein Drittel davon verursachten<br />
die Radfahrer selbst.<br />
Bei Rot über die Ampel, auf der<br />
falschen Seite unterwegs<br />
Zu den häufigsten Radlersünden gehören<br />
Ampel- und Richtungsverstöße. „Die<br />
schwersten Unfälle passieren beim Abbiegen<br />
von Autos. Der Schulterblick ist<br />
überlebenswichtig“, sagt Polizeihauptkommissar<br />
Jänichen. Deshalb achtet die<br />
Radstreife auf alle Verkehrsteilnehmer.<br />
Thomas Kiraly, der in seiner Freizeit<br />
Straßen- und Mountainbike-Rennen<br />
fährt, ist gern Pedal-Polizist. „Wir reden<br />
mit den Menschen auf Augenhöhe, erreichen<br />
Gebiete, die für den Streifenwagen<br />
unzugänglich sind, und können durch<br />
Parks fahren“, sagt der 43-Jährige. Wer<br />
flüchtet, hat bei Kiraly keine Chance. An<br />
diesem Morgen sucht allerdings niemand<br />
das Weite.<br />
Zwölf Kollegen gehören zur Radstreife<br />
an der Elbe. Auch wenn diese Truppe<br />
erst seit 2009 im Einsatz ist: Die ersten<br />
„Uniformierten auf Drahteseln“ waren<br />
schon in den 20er-Jahren in Dresden unterwegs.<br />
Haupteinsatzgebiet sind heute<br />
die großen Plätze, Verkehrsadern und der<br />
Elberadweg. „Dort geht es meist Rad gegen<br />
Rad. Deshalb machen wir Präsenzstreifen,<br />
um den Druck herauszunehmen“,<br />
sagt Jänichen. Seine Kollegen sitzen<br />
inzwischen auf ihren Velos. Für sie<br />
geht es zurück an den Schreibtisch.<br />
Text: Miriam Schönbach<br />
Fotos: Jürgen Lösel<br />
64 <strong>ADAC</strong> motorwelt 7/<strong>2019</strong>