Hänicher Bote | November-Ausgabe 2017
Hänicher Bote | November-Ausgabe 2017
Hänicher Bote | November-Ausgabe 2017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Unter vier Augen<br />
20 15. <strong>November</strong> <strong>2017</strong> <strong>Hänicher</strong> <strong>Bote</strong><br />
(Gräfenhainichen/<br />
HäBo/ros). Den Zylinder<br />
hat Bernhard Krüger<br />
nicht aufgesetzt. „Der<br />
liegt zu Hause“, erzählt<br />
der 74-Jährige, der oft<br />
und gern den Frack<br />
überzieht und die in die<br />
Jahre gekommene Kopfbedeckung<br />
wählt. Dann<br />
ist er August Reinhard:<br />
Innungsobermeister, Geschäftsmann,<br />
Familienoberhaupt.<br />
August Reinhard hat einen<br />
Namen in Gräfenhainichen.<br />
Sein einstiges<br />
Anwesen zwischen<br />
Markt- und Ebertstraße<br />
haben die Mitglieder<br />
des Vereins „Historische<br />
Bauschlosserei und Schmiedewerkstatt“<br />
wachgeküsst. Krüger<br />
war von Anfang an dabei. „Es ist<br />
auch meine Familiengeschichte“,<br />
sagt er geradeheraus.<br />
Wie die eigene Westentasche<br />
Bernhard Krüger kennt das Reinhardsche<br />
Anwesen wie seine Westentasche.<br />
Seine Großmutter war<br />
die Schwester August Reinhards.<br />
„Ich bin Augusts Großneffe.“ Einer,<br />
der zur großen Handwerkstradition<br />
in Gräfenhainichen steht.<br />
Aber eben auch derjenige im Verein,<br />
der auf Schritt und Tritt Familiengeschichte<br />
begegnet. „Das ist<br />
schon verrückt. Manchmal stehe<br />
ich in der Schlosserei, ein Werkzeug<br />
in den Händen. Dann denke<br />
ich: So hat es August Reinhard<br />
auch getan.“<br />
Gänsehaut ist nicht selten in solchen<br />
Momenten. Einmal kramte<br />
Bernhard Krüger im alten Reinhardschen<br />
Stempelkasten. Da kam<br />
ihm ein handgestecktes Exemplar<br />
Eine Familie schreibt <strong>Hänicher</strong> Geschichte<br />
„Unter vier Augen“ heute mit: Bernhard Krüger<br />
Die Schlosserei ist für Bernhard Krüger immer noch der liebste Ort im alten Reinhardschen Anwesen<br />
in Gräfenhainichen.<br />
Foto: (HäBo) Rostalsky<br />
in die Hände. Werner Thielmann<br />
Gräfenhainichen. „Sagt dem normalen<br />
Betrachter wenig. Aber das<br />
war der Bruder meiner Mutter. Der<br />
hat also auch irgendwann einmal<br />
im Kasten gekramt und sich ausprobiert.“<br />
Bernhard Krüger ist selig. Er hat<br />
zusammen mit seiner Frau den Willen<br />
von August Reinhards Tochter<br />
Marianne Gölicke umgesetzt. „Sie<br />
hatte keine Kinder und wollte, dass<br />
die Erinnerung an den Vater erhalten<br />
bleibt. Als der starb, war sie<br />
zwar erst ein Jahr alt. Aber er hat<br />
bei ihr immer über allen gestanden.“<br />
Das Reinhardsche Anwesen<br />
wurde an den Verein übertragen<br />
und lädt heute zur Reise ins Gräfenhainichen<br />
vor gut 100 Jahren<br />
ein. Die Zeit scheint zurückgedreht<br />
im Kolonialwarenladen, in Augusts<br />
guter Stube, der Schuster- und<br />
Schneiderwerkstatt.<br />
Sentimentale Stimmung in der<br />
Schmiede<br />
„Mein liebster Ort ist die Schlosserei<br />
mit dem Schmiedefeuer.“ Bernhard<br />
Krüger ist heute 2. Vorsitzender<br />
des Vereins und immer noch<br />
glücklich, wenn er in der Werkstatt<br />
herumwuseln kann. „Ich bin nun<br />
mal von Hause aus Schlosser“, sagt<br />
der Mann, der später Verkehrsmeister<br />
wurde und dann bis zur Rente<br />
als Speditionskaufmann gearbeitet<br />
hat. „Ich hoffe, dass wir alles hier<br />
so erhalten können.“ Die Sorge um<br />
den Fortbestand des Reinhardschen<br />
Erbes und der großen Handwerkstradition<br />
treibt ihn um. Im Verein<br />
würden sie schließlich auch nicht<br />
jünger werden. Die Hoffnung lebt<br />
jedoch, Jüngere zu begeistern.<br />
Tradition spielt eine große Rolle<br />
im Leben des Gräfenhainichers.<br />
Er taucht nicht nur gern in die Geschichte<br />
ein. Er ist auch Sänger.<br />
„Aus innigster Leidenschaft“, sagt<br />
Bernhard Krüger und freut sich,<br />
dass zumindest die sechs „Lustigen<br />
Gräfenhainicher“ die Sangestradi-<br />
tion in der Heidestadt am<br />
Leben halten. Die kleine<br />
Gruppe tritt immer wieder<br />
einmal vor großem Publikum<br />
auf. Zuletzt beim<br />
Seniorenmarkt im Gröberner<br />
Heizhaus. „Das macht<br />
mir so viel Freude.“ 2018<br />
feiert Krüger Jubiläum. 50<br />
Jahre Sänger: Das kann<br />
sich sehen lassen.<br />
Aus der Schlosserei geht<br />
es die Treppe hinauf in<br />
die gute Stube. „Mensch.<br />
Die Treppe ist meine<br />
Großmutter auch jeden<br />
Tag hoch und runter.“<br />
Bisschen Sentimentalität<br />
schlägt immer durch im<br />
Reinhardschen Haus.<br />
i<br />
Kurz gefragt!<br />
Lieblingsessen:<br />
Kohlroulade<br />
Lieblingsrestaurant:<br />
Restaurant „Hollywood“ in<br />
Gräfenhainichen<br />
Lieblingsurlaubsort:<br />
Schköna (weil die Heide zu<br />
schön ist, als dass man in die<br />
Ferne ziehen muss)<br />
Lebensmotto:<br />
„Gesund bleiben ist neben<br />
Familie das größte Gut.“<br />
Drei Personen, mit denen Sie<br />
gern einmal zu Abend essen<br />
würden:<br />
• Squeezebox Teddy (der letzte<br />
lebende Troubadour)<br />
• Joachim Nitschke (Rechtsanwalt)<br />
• Dr. Helmut Schöniger (Zahnarzt)<br />
Ihre Medien in der Dübener Heide +++ Ihre Medien in der Dübener Heide<br />
: Die Heide-Zeitung : heimatverbunden : informativ : kritisch<br />
Dübener<br />
Wochenspiegel<br />
Heimatzeitung für Bad Düben und Umgebung<br />
Wir erreichen über 45.000 Leser.<br />
<strong>Hänicher</strong> <strong>Bote</strong><br />
<strong>Bote</strong><br />
Heimatzeitung für Gräfenhainichen und Umgebung