ERA Magazin Herbst 2019
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nutzte Wohnungseigentumsobjekt<br />
einer anderen Nutzung (in konkreten<br />
Fall als Kinderbetreuungseinrichtung)<br />
zugeführt werden, liegt daher eine<br />
genehmigungsbedürftige Widmungsänderung<br />
vor.<br />
• Schon eine mögliche Interessenbeeinträchtigung<br />
führt zur Genehmigungsbedürftigkeit<br />
einer<br />
Umwidmung. Ob eine solche Beeinträchtigung<br />
tatsächlich vorliegt, ist<br />
lediglich für die Frage der Genehmigungsfähigkeit<br />
der Umwidmung von<br />
Belang.<br />
RECHTLICHER HINTERGRUND:<br />
Nach § 16 Abs 2 WEG ist der Wohnungseigentümer<br />
zu Änderungen<br />
(einschließlich Widmungsänderungen)<br />
an seinem Wohnungseigentumsobjekt<br />
auf seine Kosten berechtigt;<br />
dabei gilt Folgendes: Die Änderung<br />
darf weder eine Schädigung des<br />
Hauses noch eine Beeinträchtigung<br />
schutzwürdiger Interessen der anderen<br />
Wohnungseigentümer, besonders<br />
auch keine Beeinträchtigung der äußeren<br />
Erscheinung des Hauses, noch<br />
eine Gefahr für die Sicherheit von Personen,<br />
des Hauses oder von anderen<br />
Sachen zur Folge haben (Z 1). Werden<br />
für eine Änderung auch allgemeine<br />
Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen,<br />
so muss die Änderung überdies<br />
entweder der Übung des Verkehrs<br />
entsprechen oder einem wichtigen<br />
Interesse des Wohnungseigentümers<br />
dienen (Z 2).<br />
oder die Genehmigung des Außerstreitrichters<br />
einzuholen. Erweist sich<br />
in diesem Sinne eine Änderung als<br />
genehmigungsbedürftig (= genehmigungs-pflichtig),<br />
bedarf es somit<br />
der Zustimmung aller Miteigentümer<br />
(= Sachverfügung nach § 828<br />
Abs 1 ABGB), die aber keinen Formvorschriften<br />
unterliegt und daher auch<br />
stillschweigend erteilt werden kann.<br />
Eine fehlende Zustimmung kann auf<br />
Antrag bei Vorliegen aller negativen<br />
Voraussetzungen (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG)<br />
– sowie bei Inanspruchnahme allgemeiner<br />
Teile der Liegenschaft auch der<br />
positiven (§ 16 Abs 2 Z 2 WEG) Voraussetzungen<br />
– durch einen Beschluss<br />
des Außerstreitrichters ersetzt werden<br />
(§ 52 Abs 1 Z 2 WEG), der somit<br />
über die Genehmigungsfähigkeit einer<br />
genehmigungsbedürftigen Maßnahme<br />
zu entscheiden hat.<br />
Gegen einen Wohnungseigentümer,<br />
der eigenmächtig, also ohne<br />
vorherige Zustimmung der übrigen<br />
Wohnungseigentümer, Änderungen<br />
einschließlich Widmungsänderungen<br />
im Sinne des § 16 Abs 2<br />
WEG vornimmt, kann jeder einzelne<br />
Wohnungseigentümer im streitigen<br />
Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen<br />
petitorisch mit Klage nach §<br />
523 ABGB auf Beseitigung der Änderung<br />
und Wiederherstellung des<br />
früheren Zustands sowie gegebenenfalls<br />
auf Unterlassung künftiger Änderungen<br />
vorgehen. Der Streitrichter<br />
hat in einem solchen Fall die Genehmigungsbedürftigkeit<br />
der Änderung<br />
und die eigenmächtige Rechtsanmaßung<br />
als Vorfrage über die Berechtigung<br />
des Unterlassungs- und Wiederherstellungsbegehrens<br />
zu prüfen;<br />
die Genehmigungsfähigkeit selbst ist<br />
nicht Gegenstand des Verfahrens.<br />
SACHVERHALT:<br />
Die Kläger und der Erstbeklagte sind<br />
Mit- und Wohnungseigentümer einer<br />
Liegenschaft.<br />
Die Zweitbeklagte betreibt seit August<br />
2015 mit Genehmigung des Erstbeklagten<br />
als Mieterin in seinem Wohnungseigentumsobjekt<br />
eine Kinderbetreuungseinrichtung.<br />
Obwohl der Wohnungseigentumsvertrag<br />
aus 1972 das Objekt des Erstbeklagten<br />
als Wohnung auswies,<br />
wurde es von Anfang an ausschließlich<br />
zu geschäftlichen Zwecken genutzt;<br />
zunächst als Architekturbüro,<br />
dann als Immobilienbüro, Steuerbera-<br />
Schon die bloße Möglichkeit einer<br />
Beeinträchtigung schutzwürdiger<br />
Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer<br />
verpflichtet nach<br />
ständiger Rechtsprechung den änderungswilligen<br />
Wohnungseigentümer,<br />
die Zustimmung aller anderen<br />
Mit- und Wohnungseigentümer<br />
54 WOHNEN UND MEHR