Zukunfts Werk Stadt_Das Buch
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Eröffnungskonferenz<br />
LAB 1869 <strong>Zukunfts</strong>werk <strong>Stadt</strong><br />
Paul Böhm, Walter Buschmann,<br />
Marc Leßle, Christian Schaller<br />
Sebastian Tautkus,<br />
Friedhelm Terfrüchte<br />
O-Ton<br />
2018<br />
net. Es muss sich ja schließlich rechnen. Und was man dann gerade marktgängig<br />
am besten für Nutzungen reinbringt. Ich plädiere dafür, dass man es fertigbringt,<br />
diesem Planungsfuror einfach möglichst viel Sand ins Getriebe zu werfen.<br />
Marc Leßle: <strong>Das</strong> Faszinierende ist ja tatsächlich, dass die Gasmotoren-<br />
Fabrik-Deutz vor 150 Jahren entstanden ist und, wie der Walter sagt, dieses Gründungsdatum<br />
1869 an der Architektur gar nicht mehr ablesbar ist. Es wurde ja je<br />
nach den Erfordernissen und dem Geld, das man hatte, immer weitergebaut und<br />
weiterentwickelt. <strong>Das</strong> war ein Prozess. Bei der Gründung 1869 war das ein <strong>Zukunfts</strong>werk<br />
Motor, ein <strong>Zukunfts</strong>werk Bewegung, ein <strong>Zukunfts</strong>werk Individualverkehr. Für all<br />
das waren die Visionäre Otto und Langen hier, um zu sagen: „Wir wollen das durchsetzen.<br />
Wir wollen diese blöde, viel zu langsame, viel zu schwere Dampfmaschine,<br />
die wollen wir weghaben – wir brauchen etwas anderes.“ Und Daimler war hier und<br />
diese Leute. Jetzt ist man an einem Punkt, wo wir das nicht mehr wollen. Jetzt, glaube<br />
ich, braucht eine <strong>Stadt</strong> immer noch ein <strong>Zukunfts</strong>werk. Man braucht das <strong>Zukunfts</strong>werk<br />
<strong>Stadt</strong>. <strong>Das</strong> ist das, was wir hier tatsächlich entwickeln können, weiterentwickeln<br />
können – und dann natürlich auch manche Architektur verändern, manche Architektur<br />
den Anforderungen entsprechend umbauen, weiterentwickeln und so weiter.<br />
<strong>Das</strong> ist ein Reallabor für die <strong>Stadt</strong> Köln, <strong>Zukunfts</strong>stadt, <strong>Zukunfts</strong>werk <strong>Stadt</strong>. <strong>Das</strong> ist es<br />
für mich, und das würde ich gerne mit vielen Menschen zusammen entwickeln.<br />
Sebastian Tautkus: Ich bin mir nicht sicher, ob ich das tun sollte, aber ich<br />
würde gerne in diese ganze Begeisterung ein paar Fragezeichen streuen. Wenn<br />
wir historisch argumentieren, dann müssen wir uns doch auch die Historie solcher<br />
Orte im Strukturwandel anschauen. Wir sind alle Kinder des Strukturwandels, haben<br />
alle Entwicklungen von Subkultur, Avantgardekultur in Industrieruinen, in Industriebrachen<br />
miterlebt und haben da eine emotionale Bindung zu. Tolle Raves, tolle<br />
Kunstaktionen, tolle was auch immer. <strong>Das</strong> haben wir alle an solchen Orten erlebt.<br />
Und eigentlich ist diese Geschichte schon passiert. Also nicht umsonst stehen wir<br />
jetzt hier und überlegen, was mit diesem Ort passiert, weil diese Orte eben rar<br />
geworden sind. Es gibt natürlich Städte, in denen gibt es die noch, aber da werden<br />
die nicht bespielt. <strong>Das</strong> hier ist eine der letzten Industriejuwelen, die noch rough aussehen<br />
und unsere romantischen Träume von 1990 wiederaufleben lassen. Und da<br />
kann man rückblickend oder rekonstruktiv noch mal über all die Chancen sprechen,<br />
die damit verbunden sind. Aber kann es das wirklich sein? Ich warne davor zu sagen,<br />
dass dieser Ort all diese Chancen noch mal erfüllen kann, sondern der ist jetzt<br />
schon musealisiert, obwohl er noch so rough ist, und kaum begehbar und feuerpolizeilich<br />
eine Katastrophe und so weiter – er jetzt schon musealisiert. Und unter<br />
diesen Voraussetzungen muss man diesen Ort auch diskutieren und dann vielleicht<br />
auch den neuen Strukturwandel in den Blick nehmen. Wir werden leere Kirchen<br />
haben, die entweiht sind, wir werden leere Ladenlokale haben, weil alle über das<br />
Internet bestellen. So viel Kunst kann es gar nicht geben, die ganzen Ladenlokale zu<br />
bespielen. Deswegen muss man sich auch mal andere Nutzungen überlegen. Nicht<br />
nur Kunst, sondern auch mal wieder über die Wiederansiedlung von Produktion<br />
sprechen. Kleine Handwerksbetriebe hier reinzunehmen und so weiter – also nicht<br />
nur ein buntes La La Land, sondern ein Land, in dem Wertgüter produziert werden.