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RA 11/2019 - Entscheidung des Monats

Selbstbedienungskassen werden immer alltäglicher und das OLG Rostock befasst sich vorliegend mit der Strafbarkeit der Zahlung an einer solchen Kasse, wenn das zu der verwendeten EC/Maestro-Karte gehörende Girokonto keine ausreichende Deckung aufweist.

Selbstbedienungskassen werden immer alltäglicher und das OLG Rostock befasst sich vorliegend mit der Strafbarkeit der Zahlung an einer solchen Kasse, wenn das zu der verwendeten EC/Maestro-Karte gehörende Girokonto keine ausreichende Deckung aufweist.

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<strong>RA</strong> <strong>11</strong>/<strong>2019</strong><br />

Strafrecht<br />

6<strong>11</strong><br />

2. Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, § 263a I 2. Fall<br />

StGB<br />

„[31] Computerbetrug in Form einer Verwendung unrichtiger oder<br />

unvollständiger Daten […] umfasst Fälle, in denen eingegebene<br />

Daten in einen anderen Zusammenhang gebracht oder unterdrückt<br />

werden (sog. Input-Manipulationen), wobei eine Programmgestaltung<br />

unrichtig bzw. unvollständig ist, wenn sie bewirkt, dass<br />

die Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, das inhaltlich entweder<br />

falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend<br />

erkennen lässt, den Computer also gleichsam ‚täuscht‘. Es fehlt<br />

an der Verwendung unrichtiger Daten, da der Angeklagte die originale<br />

EC/Maestro-Karte eingesetzt und das SEPA-Lastschriftmandat unterzeichnet<br />

hat. Bei der Verwendung von EC/Maestro-Karten im ELV-System<br />

wird von der kartenausgebenden Bank keine Einlösungsgarantie übernommen,<br />

die durch das Einschieben der Karte in das Kartenlesegerät<br />

zustande käme, sondern die auf der Karte codierten Daten dienen nur<br />

der vereinfachten Herstellung einer persönlich zu unterschreibenden<br />

Bankeinzugsermächtigung. Eine Verwendung unrichtiger oder unvollständiger<br />

Daten scheidet daher aus.“<br />

BGH, Beschluss vom 22.01.2013,<br />

1 StR 416/12, NJW 2013, 2608; OLG<br />

Hamm, Beschluss vom 08.08.2013,<br />

III-5 RVs 56/13, NStZ 2014, 275<br />

3. Unbefugte Verwendung von Daten, § 263a I 3. Fall StGB<br />

„[32] Es kann unerörtert bleiben, ob in Fällen der vorliegenden Art eine<br />

‚Verwendung von Daten‘ im Sinne <strong>des</strong> § 263a StGB gegeben ist, da die<br />

Nutzung der Daten durch den Angeklagten nicht unbefugt erfolgte.<br />

[33] Streitig ist, wann eine unbefugte Verwendung vorliegt. Nach<br />

einer weiten Auslegung <strong>des</strong> Merkmals ‚unbefugt‘ ist jede Datenverwendung<br />

unbefugt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen<br />

<strong>des</strong> über die Daten Verfügungsberechtigten widerspricht. Vorliegend<br />

war der Angeklagte jedoch hinsichtlich seiner auf der EC/Maestro-Karte<br />

gespeicherten Daten verfügungsberechtigt, so dass nach dieser Auffassung<br />

keine unbefugte Nutzung von Daten vorliegt.<br />

[34] Nach anderer Ansicht ist die Nutzung computerspezifisch<br />

auszulegen. Es wird eine Einwirkung auf den Datenverarbeitungsprozess<br />

verlangt. Der Vertragsabschluss erfolgte durch das<br />

Anklicken <strong>des</strong> entsprechenden Menüpunkts – ‚OK-Buttons‘ -, mit dem<br />

das SEPA-Lastschriftmandat bestätigt wird; dieser Vorgang stellt als<br />

solcher jedoch keine Einwirkung auf das Computerprogramm dar. Als<br />

berechtigter Karteninhaber verwendet der Angeklagte die Daten auch<br />

nicht unbefugt.<br />

[35] Das Merkmal der unbefugten Verwendung von Daten ist nach<br />

herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur betrugsäquivalent<br />

auszulegen. Nach der gesetzgeberischen Intention ist der Anwendungsbereich<br />

dieser Tatbestandsalternative durch die Struktur- und Wertgleichheit<br />

mit dem Betrugstatbestand bestimmt. Mit § 263a StGB sollte<br />

die Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die dadurch entstanden war,<br />

dass der Tatbestand <strong>des</strong> Betrugs menschliche <strong>Entscheidung</strong>sprozesse<br />

voraussetzt, die bei dem Einsatz von EDV-Anlagen fehlen. Eine Ausdehnung<br />

der Strafbarkeit darüber hinaus war nicht beabsichtigt.<br />

Zur Auslegung von §263a I 3. Fall<br />

StGB s. auch Schumacher/Schweinberger,<br />

JU<strong>RA</strong> INTENSIV, Strafrecht BT I,<br />

Rn 600 ff.<br />

Subjektivierende Auslegung: BGH,<br />

Beschluss vom 10.<strong>11</strong>.1994, 1 StR 157/94,<br />

NJW 1995, 669; BayObLG, Urteil vom<br />

18.08.1990, RReg 4 St 250/89, NJW<br />

1991, 438<br />

Computerspezifische Auslegung:<br />

OLG Celle, Urteil vom <strong>11</strong>.04.1989,<br />

1 Ss 287/88, NStZ 1989, 367; Neumann,<br />

StV 1996, 375<br />

Die computerspezifische Auslegung<br />

ist eine kleine Mindermeinung,<br />

die in einer Klausur weggelassen<br />

werden kann.<br />

Betrugsspezifische Auslegung: BGH,<br />

Beschluss vom 29.<strong>11</strong>.2013, 4 StR<br />

292/13, NJW 2014, 7<strong>11</strong>; Beschluss<br />

vom 28.05.2013, 3 StR 80/13, NStZ<br />

2013, 586<br />

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