2019/45 - 70 Jahre Hohenzollerische Zeitung
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24 <strong>70</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Geliebtes „Fulltime-Hobby“<br />
Kino-Betreiber Ralf Merkel und die HZ sind einander seit Jahrzehnten verbunden<br />
Deutschlands<br />
einzige Kleinstadt<br />
mit zwei Kinos<br />
Tief mit der Zollernstadt<br />
verwurzelt ist nicht nur<br />
die <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
– auch die Hechinger Kinos<br />
prägen das Stadtbild seit<br />
Jahrzehnten. Nicht ganz <strong>70</strong>,<br />
aber bereits 67 <strong>Jahre</strong> zurück<br />
liegt die Eröffnung des Burgtheaters<br />
am Obertorplatz. 1952<br />
war der Neubau von einem Fabrikanten<br />
aus Albstadt und<br />
dem Hechinger Fliesenleger Josef<br />
Neher in direkter Nachbarschaft<br />
zum einstigen Verlagsgebäude<br />
der HZ errichtet und in<br />
den folgenden zehn <strong>Jahre</strong>n von<br />
der J. Neher & Co. KG betrieben<br />
worden. In den <strong>Jahre</strong>n davor<br />
hatte es einzig im Konstantinsaal<br />
des alten „Museums“ Filmvorführungen<br />
gegeben. Filmvorführer<br />
war dort und eine<br />
kurze Zeit auch im Burgtheater<br />
ein gewisser Rudolf Merkel (gestorben<br />
2008).<br />
Doch der Hechinger, zeitlebens<br />
ein guter Freund des verstorbenen<br />
HZ-Verlegers Dr.<br />
Eberhard Konstanzer und mit<br />
diesem im Rahmen der Städtepartnerschaft<br />
Hechingen-Jouélès-Tours<br />
Begründer der Weinbruderschaft<br />
Interieur de Ribiere,<br />
wollte mehr: ein eigenes<br />
Kino. Und so eröffnete er nur<br />
ein Jahr nach dem Start des<br />
Burgtheaters in der Oberstadt<br />
das Schwanenkino in der Unterstadt.<br />
Er trat damit in direkte<br />
Konkurrenz zu Josef Neher.<br />
Eine Aufnahme aus den 1950er-<strong>Jahre</strong>n: das Burgtheater.<br />
Ralf Merkel verwaltet seine Kinos im elterlichen Haus. Dort hängt dieses Ölgemälde des ehemaligen Schwanen in der Unterstadt...<br />
... und hier eine alte Originalaufnahme des Schwanen.<br />
Ab dem 1. Januar 1963 nicht<br />
mehr – da übernahm Rudolf<br />
Merkel das Burgtheater in<br />
Pacht. Zusätzlich betrieb er Anfang<br />
der 1960er-<strong>Jahre</strong> das Roxy<br />
im ehemaligen „Krone“-Saal.<br />
Merkels Sohn Ralf, wie sein Vater<br />
ein leidenschaftlicher Cineast,<br />
erinnert sich: „Zu Spitzenzeiten<br />
hatte Hechingen vier<br />
Lichtspielhäuser“ („Museum“,<br />
Burgtheater, Schwanen und<br />
Das Kino muss<br />
sich immer wieder<br />
neu erfinden<br />
Roxy) – „und war im Verhältnis<br />
seiner Einwohnerzahl zu den<br />
verfügbaren Sitzplätzen die Kinogänger-freundlichste<br />
Stadt<br />
Deutschlands.“<br />
1976 folgte im Burgtheater<br />
der erste Umbau: Aus einem Kinosaal<br />
wurden zwei – und im<br />
Erd- samt Untergeschoss entstand<br />
eine Verkaufsfläche für<br />
den ersten Aldi in der Zollernstadt.<br />
Aus dem gleichen Jahr datieren<br />
Umbauten am ehemaligen<br />
Verlagsgebäude der Hpohenzollerischen<br />
<strong>Zeitung</strong>: Die<br />
alte Druckerei wurde abgebrochen<br />
und jener Neubau erstellt,<br />
in dem sich noch bis vor wenigen<br />
Wochen die Redaktionsräume<br />
der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Zeitung</strong> befanden.<br />
Zehn <strong>Jahre</strong>, 1986, später<br />
folgte der offizielle Einstieg Ralf<br />
Merkels in die Kino-Geschäfte<br />
des Vaters – als „Nebenher-<br />
Job“. Erst im Jahr 2002 sattelte<br />
er hauptberuflich um – nach<br />
17-jähriger Tätigkeit bei der<br />
Firma Gambro, über die der<br />
heute 54-Jährige an der Berufsakademie<br />
Villingen-Schwenningen<br />
ein BWL-Stdium absolvierte.<br />
Heute betreibt Ralf Merkel allein<br />
in der Zollernstadt acht Kinos<br />
an zwei Standorten – „weil<br />
es mein Ziel war und ist, in der<br />
Ober- und der Unterstadt das<br />
Gleichgewicht zu halten, mit aller<br />
G’walt“. Damit ist Hechingen<br />
Deutschlands einzige Kleinstadt,<br />
die zwei Lichtspielhäuser<br />
zählt. 1998 hat der Hechinger<br />
das Capitol in Albstadt gekauft<br />
– mit damals drei Kinos. Ab<br />
„Ich würde es<br />
wieder so<br />
machen.“<br />
dem Jahr 2002 hat er das Capitol<br />
auf acht Säle erweitert.<br />
2005 übernahm der 54-Jährige<br />
(in Pacht und mit Partner)<br />
außerdem die Filmzentren Bären<br />
und Metropol in Böblingen.<br />
Und stockte auch dort gehörig<br />
auf: Gab es im Bären vor 14 <strong>Jahre</strong>n<br />
noch drei Kinos, so sind es<br />
heute acht. Ralf Merkels „jüngstes<br />
Kind“ ist das Kinopraradies<br />
in Oberndorf. Seit dem 1. Januar<br />
2018 ist er dort engagiert<br />
und baut derzeit einen dritten<br />
Kinosaal aus.<br />
An Arbeit also mangelt es<br />
dem Cineasten nicht! Vor allem<br />
auch, weil das Kino-Geschäft<br />
heute ein wirklich schweres Geschäft<br />
ist. Aber es bleibt Merkels<br />
liebstes „Fulltime-Hobby“.<br />
Sein gesamtes Leben richtet er<br />
danach aus, der letzte Urlaub<br />
des Geschäftsmannes datiert<br />
aus dem <strong>Jahre</strong> 1996!<br />
Und doch, bestätigt er rückblickend:<br />
„Ich würde es wieder<br />
so machen.“ Ungeachtet der<br />
Tatsache, dass das Kino „immer<br />
wieder neu erfunden werden<br />
muss“. Was in den 1950ern<br />
noch „toll und besonders war“,<br />
hat mit den <strong>Jahre</strong>n stetig neue<br />
Konkurrenz bekommen: „Erst<br />
war’s das Fernsehen, dann das<br />
Farbfernsehen, gefolgt vom Video-Hipe<br />
und den Privatsendern<br />
– und heute von den Streamingdiensten.“<br />
Wie begegnet man alledem?<br />
„Mit Events wie dem Open-Air-<br />
Kino oder Liveübertragungen<br />
von Konzerten oder Opern in<br />
den Kinosaal.“