jahresbericht 2006 - Innere Mission München
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„EinfachLeben“<br />
Motto und Jahresspendenprojekt 2007<br />
EinfachLeben scheint zu einer Überlebensbedingung<br />
unserer Erde zu gehören.<br />
Angesichts des Klimawandels<br />
ist der verantwortliche Umgang mit<br />
den Ressourcen notwendiger denn je.<br />
EinfachLeben kann aber auch ein<br />
Wunsch sein angesichts komplexer<br />
werdender Lebensumstände, die<br />
ständige Wachheit erfordern, um<br />
nicht übervorteilt zu werden im Beruf<br />
oder beim Einkaufen, beim Finanzamt<br />
oder in der Freizeit.<br />
EinfachLeben wollen viele, wenn<br />
der Urlaub kurz bevor steht. Frei von<br />
beruflichen Verpflichtungen, nachbarschaftlichen<br />
Erwartungen oder<br />
einengenden Alltagsroutinen möchten<br />
sie EinfachLeben. Dazu gehört:<br />
nach Lust und Laune zu Bett gehen<br />
oder aufstehen, Zeit haben für Freunde<br />
und Hobbies – oder einfach einmal<br />
richtig faul sein zu dürfen.<br />
EinfachLeben ist ein Seufzer, dass<br />
politische Zusammenhänge nicht so<br />
kompliziert und undurchschaubar<br />
sein müssen, um der Verdrossenheit<br />
an Staat und Gesellschaft zu begegnen.<br />
Wenn man Umfragen Glauben<br />
schenken darf, verwechseln leider zu<br />
viele Menschen die Sehnsucht nach<br />
einem einfachen Leben mit der Forderung<br />
nach einer starken Hand oder<br />
einer starken Ideologie, die Schneisen<br />
in den Dschungel der Meinungsvielfalt<br />
schlägt. Doch so einfach ist EinfachLeben<br />
nicht.<br />
EinfachLeben kann auch die<br />
Sehnsucht von akut oder chronisch<br />
Kranken sein – ganz im Sinne des<br />
Buchtitels der krebskranken Maxie<br />
Wander „Leben wär ´ne prima Alter-<br />
native“: Der Wunsch nach einem gelingenden<br />
Leben steht im Mittelpunkt<br />
und nicht die Krankheit.<br />
EinfachLeben kann auch den<br />
Punkt markieren, nicht mit jedem<br />
Euro und Cent rechnen zu müssen,<br />
sondern sich etwas mehr als das Lebensnotwendige<br />
leisten zu können,<br />
das materielle Hartz IV-Korsett abstreifen<br />
zu können und durchatmen,<br />
um am Wohlstand eines reichen Landes<br />
teilhaben zu können.<br />
EinfachLeben gibt es auch als bewusste<br />
Zielsetzung, in großer Freiheit<br />
aus dem riesigen Angebot an Möglichkeiten<br />
auszuwählen – und sich<br />
zu beschränken. Man kann es verstehen<br />
im klassischen Sinn als die<br />
Tugend der Mäßigung. Oder wie<br />
Ludwig Erhard es formuliert hat, als<br />
jenes „Maßhalten“, das gerade davon<br />
lebt, eben nicht alle Möglichkeiten<br />
tatsächlich bis zur Neige auszuschöpfen.<br />
Das eigene Leben entrümpeln<br />
EinfachLeben könnte aber auch<br />
als zynischer Versuch der Einschränkung<br />
von Lebensmöglichkeiten verstanden<br />
werden, wenn er von Menschen<br />
gemacht wird, die über alles<br />
verfügen können, gegenüber Menschen,<br />
denen es oft am Lebensnotwendigsten<br />
fehlt. Dies gilt nicht nur<br />
für Verhältnisse in so genannten Entwicklungsländern,<br />
sondern auch hier<br />
in Deutschland.<br />
EinfachLeben könnte man auch<br />
verstehen als Programm, das eigene<br />
Leben zu entrümpeln – ganz im Sin-<br />
7<br />
Jahresspendenprojekt<br />
ne des Bestseller-Titels „Simplify your<br />
Life“: Freilich auch in der vielleicht<br />
trügerischen Hoffnung, allein mit<br />
Pragmatismus sein Leben bewältigen<br />
zu können.<br />
EinfachLeben heißt jedoch keineswegs,<br />
einschichtig oder einfältig<br />
zu leben. Es darf nicht als Aufforderung<br />
missverstanden werden, die<br />
Entwicklung zur Single-Gesellschaft<br />
zu beschleunigen.<br />
EinfachLeben ist somit auf vielfältige<br />
Weise verbunden mit dem Alltag<br />
unserer diakonischen Arbeit, von<br />
der Jugendhilfe bis zu pflegerischen<br />
Aufgaben im Alter. EinfachLeben als<br />
Jahresmotto kann die vertraute Lebensperspektive<br />
verändern, uns bisher<br />
Fremdes näher bringen und bisher<br />
Bekanntes verfremden.<br />
EinfachLeben kann so unsere<br />
konzeptionelle Arbeit befruchten und<br />
mithelfen, im Rahmen des Jahresspendenprojektes<br />
Mittel zusammenzutragen,<br />
die es ermöglichen, manchen<br />
sehnsuchtsvollen Seufzer nach<br />
besseren Lebensumständen zu verwirklichen.<br />
In der anwaltschaftlichen<br />
Form der Diakonie können unsere<br />
Dienste dann besser dem Zynismus<br />
einer überheblichen Forderung nach<br />
Einfachheit des Lebens begegnen.<br />
Wir hoffen, dass durch unser Jahresmotto<br />
und der Beteiligung vieler<br />
am Jahresspendenprojekt mit Geldund<br />
Zeitspenden zum Jahresende<br />
2007 zahlreiche Menschen sagen<br />
können: „EinfachLeben ist mir mit<br />
Hilfe der <strong>Innere</strong>n <strong>Mission</strong> gelungen.“<br />
Günther Bauer