Schülerzeitung Argus - Druckfreigabe
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Zu viel des Guten
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Immer mehr Menschen sind unzufrieden mit ihrem Leben und orientierungslos, vor
allem wegen der vielen Chancen, die sich heutzutage bieten. Denn auch wenn es total
unlogisch erscheint: Wahlmöglichkeit macht nicht immer glücklich – im Gegenteil!
Früher war alles besser!“, diesen Satz bekommt
man heutzutage immer öfter zu hören, vor allem
von den älteren Generationen, die sich
von den neuen Entwicklungen oft überfordert fühlen.
Doch auch Jugendliche unseres Alters zeigen
sich mehr und mehr unzufrieden mit ihrem Leben.
© StockSnap, Pixabay
Verzagt und überfordert — ein Wohlstandsphänomen?
Woran liegt das? Haben wir heute nicht viel
mehr Möglichkeiten als noch vor einigen Jahrzehnten?
Stehen uns heute nicht viel mehr Türen
offen als damals? Und müssten wir dank der vielen
Chancen nicht glücklich sein? Eigentlich müsste die
Antwort darauf „ja“ sein – ja und nochmals ja! Und
dennoch: Die Unzufriedenheit nimmt immer mehr
zu, trotz der Vielzahl an Möglichkeiten, die sich uns
bietet und die vor einigen Jahren noch undenkbar
schien.
Aber vielleicht ist ja genau das das Problem:
der Überfluss an Möglichkeiten. Denn die Vielzahl
an Angeboten, mit denen wir tagtäglich überschwemmt
werden, zwingt uns dazu, uns zu entscheiden.
Eine Entscheidung für das Eine bedeutet
immer eine Ablehnung Dutzender, nein Hunderter
anderer Angebote. Und das macht unzufrieden.
Denn so bleibt die Frage, ob wir uns für das Richtige
entschieden haben. Ob wir denn nicht vielleicht
etwas Besseres gefunden hätten, wenn wir nur lange
genug weitergesucht hätten. Bei jeder noch so
kleinen Entscheidung haben wir die Qual der Wahl,
und immer bleibt das nagende Gefühl zurück, dass
diese Entscheidung womöglich die falsche war.
Schrecklich, nicht?
Das Ganze fängt bereits bei kleinen, alltäglichen
Dingen wie dem wöchentlichen Einkauf im Supermarkt
an. Dort werden wir mit Hunderten von Produkten
konfrontiert, aus denen wir eine Auswahl
treffen müssen. Sogar Wasser findet man in zahlreichen
Sorten und Geschmacksrichtungen: Es gibt
Wasser mit Kohlensäure, stilles Wasser, Wasser in
Plastikflaschen, Einwegflaschen, Mehrwegflaschen,
mit Erdbeergeschmack, Zitrone, Ananas-Mango
oder einfach nur pur.
Die Möglichkeiten, aus denen wir wählen müssen,
verfolgen uns praktisch durch den gesamten
Tag: Selbst beim abendlichen Einschalten des Fernsehers
werden wir davon überhäuft. In den späten
Siebzigern gab es nur eine Auswahl von etwa zehn
Kanälen, die ihr Programm alle um 23 Uhr oder spätestens
um Mitternacht beendeten – danach war nur
noch ein schwarzer Bildschirm zu sehen und das
die ganze Nacht lang. Heutzutage hingegen können
wir bis ins Morgengrauen hinein nach Herzenslust
durch Hunderte von Programmen zappen, und
falls wir dort nichts Passendes finden, bleibt immer
noch die Möglichkeit, sich auf Streaming-Diensten
wie Netflix, die jederzeit eine Vielzahl an Filmen
bereitstellen, eine Serie anzusehen.
Die Möglichkeit zu wählen macht unglücklich.
Und je größer die Auswahl, desto unzufriedener
werden wir, weil wir mehr und mehr den Überblick
verlieren.
Verstärkt wird das Dilemma durch die Werbung,
die uns ständig mit neuen Vorschlägen bombardiert
und uns neue „Must-have-Produkte“ präsentiert,
die für ein glückliches Leben vermeintlich
unabdingbar sind. Und weil man auf keinen Fall
etwas verpassen und außerdem mit dem Trend
gehen will, legt man sich diese neuen Produkte zu,
nur um sie wenige Monate später – weil veraltet
und überholt – gegen modernere auszuwechseln.
Wir leben in einer Generation des Überflusses mit
Tausenden von Angeboten, von denen sich jedoch
nur wenige lange halten, bevor sie von etwas Neuem,
Besseren in den Hintergrund gedrängt werden.
Dies führt dazu, dass wir ständig und unermüdlich
auf der Jagd nach Neuerungen sind und dabei das,
was wir im Augenblick besitzen, nicht richtig wertschätzen.
Denn wenn wir die Chance dazu haben,
argus
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