14.12.2019 Aufrufe

EMag_finaleVersion_14.12.

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BASLERWirtschaft<br />

MITARBEITER ZUR ERSTEN<br />

VERTEIDIGUNG GEGEN<br />

CYBERATTACKEN MACHEN<br />

VON NIKOLAS SCHRAN, INTERNATIONAL BUSINESS DEVELOPMENT<br />

MANAGER G DATA CYBERDEFENSE<br />

verändern. Aus «Passwort01» wird dann «Passwort02». Ein weiteres<br />

Beispiel: Der berüchtigte herrenlose USB-Stick, auf dem Malware lauert.<br />

Aufmerksame Angestellte stecken ihn nicht ungeprüft in ihren<br />

Rechner und schauen nach, welche Informationen der Stick enthält,<br />

sondern geben diesen zur Untersuchung in der IT-Abteilung ab. In<br />

der Praxis siegt meist die Neugier.<br />

Aufmerksamkeit schaffen<br />

Klar ist: Es braucht mehr als eine Sicherheitslösung, Firewall oder<br />

Passwort-Regelung, um Netzwerke und kritische Daten zu schützen.<br />

Vielmehr ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig. Unternehmen sollten<br />

ihre Mitarbeiter in die IT-Sicherheit einbeziehen. Dafür ist es erforderlich,<br />

die Mitarbeiter nicht nur über die aktuellen Gefahrenlage<br />

CYBER SECURITY<br />

müssen keine Rücksicht auf diese Rahmenbedingungen nehmen.<br />

Gerade Unternehmen mit verteilten Standorten profitieren hiervon.<br />

Lebenslanges Lernen<br />

Weil das Thema IT-Sicherheit immer mehr das Arbeitsleben durchzieht,<br />

ist ein umfassendes Schulungsangebot zielführend. Allerdings<br />

fehlt es insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />

sowohl an qualifiziertem Personal, als auch an dem notwendigen<br />

Know-how, um ein ganzheitliches Schulungskonzept zu realisieren.<br />

Hier bietet sich die Zusammenarbeit mit Dienstleistern an. Denn<br />

diese haben langjährige Erfahrung im Kampf gegen Cyberkriminelle<br />

und mittlerweile auf dieser Grundlage ein umfassendes Trainingsangebot<br />

für Angestellte in ihr Portfolio aufgenommen.<br />

Es bedarf eines umfassenden und langfristig ausgelegten<br />

Lehrplans, mit denen sich nach neuesten Lernmethoden<br />

Wissen bedarfsgerecht vermitteln lässt.<br />

Eine Untergliederung in unterschiedliche Themenblöcke<br />

ist genauso unumgänglich wie ein Einstiegstest.<br />

Denn der Wissensstand bei der IT-Sicherheit geht<br />

bei den Angestellten weit auseinander. Auf Basis dieses<br />

Einstiegstest lassen sich die Inhalte für jeden Angestellten<br />

individuell steuern und priorisieren.<br />

Kleine und mittelständische Unternehmen sind für Cyberkriminelle<br />

ein attraktives Ziel. Sie nutzen nicht nur<br />

innovative Technologien, sondern auch raffinierte Tricks,<br />

um in Netzwerke einzudringen. Firmen benötigen daher<br />

eine ganzheitliche IT-Sicherheitsstrategie, um verteidigungsfähig<br />

zu bleiben. Ein wesentlicher Bestandteil dabei:<br />

Aufmerksame Mitarbeiter. Sie verhindern mit dem<br />

richtigen Verhalten Cyberattacken. Dieses lernen sie in<br />

zeitgemäßen Schulungen.<br />

IT-Sicherheit in Unternehmen sollte heute so selbstverständlich sein<br />

wie Brandschutz oder Erste Hilfe. Denn Cyberangriffe gehören für<br />

viele Unternehmen zum täglichen Geschäft. Laut einer Online-Umfrage<br />

von Google waren 22 Prozent der Schweizer schon einmal<br />

Opfer eines Viren- oder Malware-Angriffes ist. Damit liegen sie deutlich<br />

über dem EU-Durchschnitt (16 Prozent). Dabei sind zwei aktuelle<br />

Trends zu beobachten. Erstens: Cyberkriminelle arbeiten immer<br />

schneller. Alleine im ersten Halbjahr 2019 haben die IT-Sicherheitsexperten<br />

von G DATA mehr als 33.000 verschiedene Versionen des Ransomware-Schädlings<br />

Emotets entdeckt. Das waren insgesamt mehr<br />

Versionen als im gesamten Jahr 2018. Die Täter setzen sogenannte<br />

Packer ein, um den Schadcode vor Virenscannern zu verbergen. Ein<br />

zweiter Trend: Cyberkriminelle suchen sich ihre Opfer viel gezielter<br />

aus. Sie planen ihre Angriffe von langer Hand und sammeln im Informationstealer<br />

wichtige Informationen, indem sie etwa über Information-Stealer<br />

erste Daten aus dem Netzwerk abgreifen. Anschließend<br />

passen sie Phishingmails so an, dass diese kaum von legitimen Mails<br />

zu unterscheiden sind. Die Schadenssummen stimmen die Hacker<br />

dabei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Opfers ab. Lösegeldforderungen<br />

von mehreren hunderttausend Euro bis hin zu siebenstelligen<br />

Summen sind nicht unüblich.<br />

Der Mensch im Fadenkreuz<br />

Aktuelle Zahlen zeigen, dass Firmenangestellte bei der IT-Sicherheit<br />

eine entscheidende Rolle spielen. Laut einer Studie des Think-Tanks<br />

ESI ThoughtLab sehen 87 Prozent der befragten Unternehmen ungeschulte<br />

Mitarbeiter als die größte Schwachstelle für Cyberattacken.<br />

Schon ein falscher Klick auf eine Bewerbung oder eine Rechnung<br />

mit Schadcode im Mailanhang reicht aus, um IT-Systeme zu infizieren<br />

– mit möglicherweise existenz-bedrohenden Folgen. Das zeigt:<br />

Technologische Schutzmaßnahmen reichen alleine nicht mehr aus,<br />

um Cyberangriffe abzuwehren. Aufmerksame Mitarbeiter leisten einen<br />

wesentlichen Beitrag, um Angriffe zu verhindern. Die Schulung<br />

der Angestellten hinsichtlich Cybergefahren und dem sicheren Umgang<br />

mit den IT-Systemen sollte daher eine zentrale Rolle in jeder IT-<br />

Sicherheitsstrategie einnehmen.<br />

Schwachstelle Mensch<br />

Leider ist die Sichtweise «IT-Sicherheit generiert keinen Profit» nach<br />

wie vor sehr weit verbreitet. Vielen Verantwortlichen fehlt offensichtlich<br />

die Einsicht, dass funktionierende IT-Sicherheitsmaßnahmen Verluste<br />

verhindern. Diese sind nicht nur schmerzhaft, sondern können<br />

bis zum wirtschaftlichen Totalschaden reichen. Anders ist es nicht zu<br />

erklären, dass immer noch das Prinzip «Lernen durch Schmerz» gilt:<br />

Opfer von Cyberattacken zeigen eine signifikant höhere Bereitschaft,<br />

in IT-Sicherheitsmaßnahmen zu investieren. Der Return-on-Invest wird<br />

dann zu Nebensache, wenn die Existenz der Firma bedroht ist.<br />

Auch auf der Mitarbeiterseite besteht Nachholbedarf. Denn diese<br />

nehmen das Thema offensichtlich nicht ernst. Sie ergreifen zahlreiche<br />

Gelegenheiten, um sich die Arbeit zu erleichtern. So führt der<br />

durch eine Policy vorgeschriebene monatliche Wechsel des Passwortes<br />

dazu, dass sie bei ihrem Standardpasswort lediglich die Ziffer<br />

zu informieren, sondern sie gleichzeitig in die Lage zu versetzen, Angriffsmuster<br />

frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren.<br />

Ein Schulungskonzept greift aber zu kurz, Angestellte nur über die<br />

drei größten Gefahren für Cyberattacken – Mails mit infizierten Datei-Anhängen,<br />

USB-Sticks mit Schadsoftware oder bösartige Downloads<br />

– aufzuklären. Das Themenspektrum ist viel umfangreicher.<br />

Mit der digitalen Transformation haben sich unsere Arbeitsweisen<br />

grundlegend verändert. Dieser Wandel macht auch vor der IT-Sicherheit<br />

nicht Halt. Wer unterwegs etwa in der Bahn oder im Home-Office<br />

arbeitet, muss seine Passwörter und die Informationen sowie<br />

Dokumente vor unerwünschten Blicken und Zugriffen schützen.<br />

Des Weiteren setzen Mitarbeiter nicht nur zusätzliche Arbeitsgeräte<br />

wie Smartphones oder Tablets ein, sondern arbeiten häufig außerhalb<br />

des firmeninternen Netzwerkes. Ihre Daten speichern sie dann<br />

entweder lokal oder nutzen Cloud-Ressourcen. Auch die rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit<br />

müssen Angestellte nicht nur kennen, sondern auch anwenden.<br />

Gleicher Wissensstand für alle Mitarbeiter<br />

Vor-Ort-Schulungen sind ab einer bestimmten Unternehmensgröße<br />

kaum noch zu realisieren. Mitarbeiter sind krank, im Urlaub oder<br />

dienstlich unterwegs. Die Terminfindung gerät so zum unmöglichen<br />

Unterfangen. Außerdem sind sie in der Regel einen oder mehrere<br />

Tage gebunden. Hinzu kommt: Wer die Awareness nachhaltig bei seinen<br />

Mitarbeitern steigern will, muss langfristig planen. Gleichzeitig<br />

müssen Unternehmen Lerninhalte zu aktuellen Bedrohungen kurzfristig<br />

für alle Angestellten bereitstellen. Denn Informationen zu neuen<br />

Angriffsmethoden wie beispielsweise als Bewerbungsunterlagen<br />

getarnte Trojaner, müssen schnellstmöglich die relevanten Mitarbeiter<br />

erreichen, damit sie entsprechend reagieren können. E-Learnings<br />

Zeitgemäße Materialien wie Videos, Texte oder interaktive<br />

Multiple-Choice-Tests sorgen für gute Lernfortschritte.<br />

Mit regelmäßigen, kurzen Trainingseinheiten<br />

können die Mitarbeiter die Inhalte kontinuierlich<br />

trainieren. Neu erlangtes Wissen bleibt durch regelmäßige<br />

Wiederholungen langfristig im Gedächtnis. Alle Lerninhalte<br />

sollten Situationen abbilden, die Mitarbeiter aus ihrem eigenen<br />

Arbeitsalltag kennen. Wenn sie verständlich formuliert sind, können<br />

auch Angestellte ohne technische Vorkenntnisse diese schnell und<br />

einfach nachvollziehen. Wichtig ist, dass der Lernzuwachs für den<br />

Mitarbeiter und für Personal- und IT-Verantwortliche messbar ist.<br />

Positive Verstärkung<br />

Nach jeder Frage erhalten Mitarbeiter eine kurze Auswertung zum<br />

Lernblock. Aber anstelle eines erhobenen Zeigefingers à la «Das war<br />

falsch!» folgt eine genaue Erklärung, was sie hätten besser machen<br />

können. Dieses positive Feedback sorgt für einen optimalen Lernerfolg.<br />

Gleichzeitig ist sichergestellt, dass die Mitarbeiter auch die<br />

nächste Lerneinheit absolvieren und das gesamte Training bis zum<br />

Ende mitmachen. Eine zusätzliche Motivation bieten Zertifizierungen.<br />

Mitarbeiter können sich nach bestandenen Themenblöcken<br />

eine Urkunde über die erfolgreiche Teilnahme ausstellen lassen. Hier<br />

lassen sich etwa Gamification-Ansätze integrieren, sodass beispielsweise<br />

Fachabteilungen gegeneinander antreten.<br />

Unternehmen handeln weitsichtig, wenn sie ihre Mitarbeiter in das<br />

IT-Sicherheitskonzept einbeziehen und IT-Sicherheitsbewusstsein<br />

schaffen. Gleichzeitig können Unternehmen die Awareness-Trainings<br />

nutzen, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Denn sie signalisieren<br />

ihren Kunden, dass nicht nur auf technologische Schutzmaßnahmen<br />

vertrauen, sondern sich ganzheitlich mit dem Thema beschäftigen.<br />

Eine Investition in das IT-Sicherheitswissen der Mitarbeiter ist gleichzeitig<br />

auch eine Investition in die Zukunft des Unternehmens. Die<br />

beliebte Phrase im Falle eines Sicherheitsvorfalls «Die Sicherheit und<br />

Privatsphäre unserer Nutzer hat für uns oberste Priorität» wird so mit<br />

einem wirksamen Engagement unterfüttert.<br />

36 37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!