Angsthunde und der Umgang mit diesen
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Angsthunde und der Umgang mit diesen
Ute Contius
„Schwerwiegend“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass ein solches Trauma
notwendigerweise mit physischen Schäden, überhaupt tatsächlich bedrohlichen
Situationen, in Zusammenhang stehen muss, es ist vielmehr abhängig von der
individuellen Bewertung und Folge eines übersteigerten Stresslevels, das dazu führt, dass
die erlebte Situation nicht richtig verarbeitet werden kann. Möglich ist daher auch z.B. eine
Angststörung als Folge eines als traumatisch erlebten „Knallens“ o.Ä.
Furcht/Angst oder Angststörung als Folge mangelnder Sozialisierung:
Ein weiterer Grund für Furcht, Angst wie auch Angststörungen, der viel zu oft unterschätzt
wird, ist das Treffen auf Unbekanntes/Ungewohntes und somit die mangelnde
Sozialisierung.
Die Entwicklungsphase von Welpen gliedert sich, wie im Übrigen auch die von Menschen,
in verschiedene Teilbereiche/Lernphasen. Man geht davon aus, dass Welpen im Alter von
rd. 4 bis rd. 12 Wochen am einfachsten Eindrücke ihres Umfeldes aufnehmen, am
einfachsten in Kontakt treten und damit am einfachsten diesbezüglich positive, leider auch
negative, Verknüpfungen herstellen. In dieser Phase bilden sich vornehmlich die
diesbezüglichen Hirnstrukturen aus, die den Hund in seinem zukünftigen Leben dazu
befähigen, Reize wahrzunehmen, zu speichern, zu verarbeiten und damit auch
einzuschätzen. Man geht bei Hunden wie auch bei u.a. Menschen zu jetzigem Zeitpunkt
(noch) davon aus, dass sich Hirnstrukturen, die in der entsprechenden Entwicklungsphase,
in der deren Anlage vorgesehen ist, nicht ausgebildet werden, im Nachhinein nicht
mehr ausbilden lassen/nicht mehr ausgebildet werden („use it or loose it“).
Ab dem Alter von rd. 12 Wochen wird es für den Hund immer schwerer, mit bisher
Unbekanntem/Ungewohntem neutral in Kontakt zu treten. Dieser Umstand hat zur Folge,
dass ein erwachsener Hund, der mit Unbekanntem/Ungewohntem konfrontiert ist,
durchaus auch Furcht/Angst empfinden kann, da es wie zuvor erwähnt ein natürlicher
Schutzinstinkt des Körpers ist, vor eben Unbekanntem/Ungewohntem durch Stresshormonausschüttung
u.Ä. zu „warnen“.
Bsp.: Bei einem Hund, der unter Stimulation sämtlicher Sinnesbereiche aufgewachsen ist,
der jedoch z.B. noch nie einen fahrenden Zug gesehen hat, konnten sich die
Hirnstrukturen in gebotenem Maße entwickeln. Steht er nun aber das erste Mal vor einem
Bahnübergang und ein Zug rast ungebremst direkt vor ihm entlang, schlägt ihm dabei z.B.
noch der plötzliche Fahrtwind entgegen usw., wird er sich ggf. dennoch spontan fürchten.
Da sein Hirn aber in der Lage ist, die Situation/den Reiz schnell zu verarbeiten und folglich
auch die Bedrohlichkeit einzuschätzen, es zudem der einzige ihm im Moment bedrohlich
erscheinende Reiz ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass seine Stresshormonausschüttung
recht schnell wieder nachlässt und er sich wieder entspannen wird.
Je weniger ein Hund jedoch mit den Reizen des täglichen Lebens vertraut ist, desto mehr
unbekannte Reize wirken z.B. bei Veränderung seiner Lebenssituation auf ihn ein – Züge,
Autos, Fahrradfahrer, schreiende Kinder, lärmende Menschen usw. Er trifft, trotz normaler
Hirnentwicklung, auf eine Vielzahl neuer Reize, wodurch sein Körper stetig Stresshormone
ausschüttet. Er hat keine Möglichkeit, die Reize einzeln zu bewerten und seine Furcht
abzubauen, vielmehr steigt sein Stresshormonspiegel stetig, bis zu schlimmstenfalls dem
Maß „da das Hirn versagt“.
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