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EGTA-Journal 12-2019

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Stefan Hackl

Einige der Ländlerausgaben haben eine

obligate, andere eine optionale („willkürliche“)

Begleitung einer zweiten Gitarre.

Die frühen Duette (op. 16a, op. 55 und

die Auswahl aus dem Apollo-Saal) sind

für zwei Gitarren in Standardstimmung

geschrieben, die späteren verlangen für

die erste Stimme eine Terzgitarre.

Während die Nationalländer op. 16a zumindest

teilweise Arrangements von

Volksweisen sind, scheinen die anderen

Sätze vorwiegend Giulianis eigene Kompositionen

zu sein.

Giulianis erste Ländlerveröffentlichung

im Detail betrachtet:

16 Oesterreichische Nazionalländer Für

zwei Gitarren Componirt und dem Herrn

Heinrich Gründler Zugeeignet von Seinem

Lehrer Mauro Giuliani 16tes Werk erschienen

bei Artaria & Comp. im Jahr 1811.

Diese Ländler spiegeln mehr als alle anderen

die Sprache der österreichischen

Volksmusik wider. Einige von ihnen sind

offensichtlich traditionelle Melodien, die

noch im 20. Jahrhundert gespielt wurden

- z.B. die Nr. 1 ist unter dem Namen

„Schmalzer“ bekannt und wurde von

Alfred Quellmalz in Bozen 1942 auf Tonband

dokumentiert, eine Konkordanz zu

Nr. 11 findet sich in einem Manuskript

Steyerische Tänze (Kobenz, 1851). 7

Die Ländler op. 16a zeigen eine Vielzahl

verschiedener lokaler Stile. Die meisten

von ihnen haben eine einfache Metrik

(achttaktige Perioden) und harmonische

Struktur (Tonika und Dominante), nur Nr.

9 und 10 haben an Schubert erinnernde

harmonische Erweiterungen. Nr. 13

und 15 sind dem minimalistischen Innviertler

Ländlertyp (Oberösterreich) sehr

ähnlich. Nur Nr. 16 ist für Volksmusik eher

ungewöhnlich, es klingt wie ein konzer-

tantes Finale.

In Nr. 12 verwendet Giuliani ein Symbol

(ondeggiamento) für das typische „laterale“

Vibrato, wie es auf der Zither gespielt

wird. In modernen Ausgaben und Aufführungen

wird es manchmal mit dem

Symbol für einen Triller verwechselt,

aber das richtige Symbol für den Triller

(tr) erscheint eindeutig in Nr. 15. Wir finden

das ondeggiamento auch in anderen

Ländlern Giulianis (op. 80) und anderer

Komponisten (z.B. Franz Seegner, Zitter-Ländler

op. 2, Wien 1821).

Einige Noten werfen Fragen auf: In Nr.

7 sind offensichtlich einige Vorzeichen

falsch oder fehlen. Im zweiten Teil von

Nr. 15 würde der Basston A die Subdominante

suggerieren, aber

die Melodie erfordert die

Dominante (dasselbe gilt

für Nr. 12, T. 3). Als Septime

von H-Dur klingt das A seltsam,

aber vielleicht hat Giuliani

hier eine leere Saite bevorzugt

(der Basston H wäre

möglich, aber schwierig zu

greifen).

Ländler Arrangement von Sepp Eibl (1979). © Musikverlag Zimmermann

Im Allgemeinen trifft Giulianis

Satz sehr gut den

Stil der österreichischen

Volksmusik: Die Melodien haben einen

großen Ambitus mit den typischen Registerwechseln

zwischen der Bruststimme

und dem Falsett, die in weiten

Dreiklangsprüngen unverkennbar

das Jodeln darstellen. Der rhythmische

Fluss von Achtelnoten wird gelegentlich

durch Hemiolen und synkopierte Rhythmen

unterbrochen (diese sind eigentlich

typisch für den Walzer). In Bezug auf die

Spieltechnik könnte die ausgiebige Verwendung

von Verzierungen darauf hindeuten,

dass Amateure mit Bindungen

jeglicher Art vertraut waren. Nr. 14 von

op. 16a erscheint - in einem 4/4 Takt - als

Studie in op. 1 (Teil 3, Nr. 10).

Ländler von Mauro Giuliani aus op. 80 in der Erstausgabe

(1817), © Bayerische Staatsbibliothek München

7 Dank an Walter Deutsch und Rudolf Pietsch für die Hilfe bei der Suche nach den Quellen.

Ausgabe 7 • 12/2019

7

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