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Hänicher Bote | Januar-Ausgabe 2020

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18 AUS DER REGION

Hänicher Bote

Der Biber am Eisenhammerteich

Der ewige Streit der Menschen wegen einer Tierart

Bote

22. Januar 2020

Diese Aufnahmen vom Überlauf stammen vom 8. August (l.) bzw. 20. September (r.). Die Biberdämme wurden am 8. August entnommen, hielten offensichtlich das

Wasser zurück. Das runde Foto zeigt Spuren des Bibers direkt neben einer Gartenanlage.

Fotos: (HäBo) Bebber

(Eisenhammer/HäBo/db). Wer mit

dem Biber flüstern will, der kommt

zum Eisenhammerteich! So zumindest

sehen das die Vertreter der Stiftung

Köhlerei Eisenhammer. Seit

nunmehr drei Jahren hält der Streit

um das Wappentier der Dübener Heide

nun schon an. Die Fronten haben

sich mittlerweile verhärtet und viele

Aspekte scheinen unklar.

Im Mai 2017 stellten die Eigentümer

und Betreiber der Köhlerei Eisenhammer

an den Landkreis Wittenberg den

ersten Antrag auf Unterstützung. Aufgrund

des durch den Elbebiber verursachten

enormen Wasserrückhalts direkt

neben dem Gelände der Köhlerei

kam es zu schwersten Vernässungen

des gesamten Areals und damit verbundenen

immensen Beschädigungen

an der historischen Industrieanlage.

Zwischenzeitlich sei sogar eine Produktion

nicht mehr möglich gewesen,

was zum Teil durchaus existenzielle

Folgen nach sich zog.

Nachdem das wirtschaftlich angeschlagene

Unternehmen den folgenden

Winter überstanden hatte,

verursachten biberbedingte Rückvernässungen

immer wieder erhebliche

Schäden und damit verbunden natürlich

Produktionseinschränkungen.

Damit war schnell klar, dass das Ausmaß

des Einflusses jenes durchaus

possierlichen Tiers deutlich unterschätzt

wurde. Der Landkreis Wittenberg

genehmigte daraufhin weitere

Maßnahmen, um Abstand zwischen

beiden Betroffenen zu gewinnen.

Während die Untere Naturschutzbehörde

den Zusammenhang zwischen

der Vernässung und den Biberaktivitäten

direkt an und um das Köhlereigelände

in mehreren Schreiben

bestätigte, scheinen derweil andere

Kräfte den Landkreis auszubremsen.

Boden- und hydrologische Gutachten

sowie die Stellungnahmen des Landesbetriebs

für Hochwasserschutz

und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt

(LHW) sowie weitere seien zahlreich

angefordert und nach Erhalt in

die Fallakte abgelegt worden.

Die Stiftung stellte sich nun die Frage,

was hinter diesem Verhalten

steckt? Wer und warum bremst die

ausführende und damit zuständige

Institution aus? Diese Frage möchte

die Stiftung nun im Rahmen ihres in

der Satzung festgeschriebenen Punkts

„Heimatpflege- und kunde“ auf den

Grund gehen.

Der Elbebiber steht trotz der in der

1986 erschienenen Publikation von

Dr. Dietrich Heidecke vermerkten

Streichung aus der Liste der vom

Aussterben bedrohten Arten auch

heute noch auf besagter Liste und lebt

an großen und mittleren Flussauen,

wo er die Artenvielfalt mehrt und die

Landschaft zugunsten der Natur mitgestaltet.

Sicher schmückt er zurecht

das Wappen der Dübener Heide

und findet großen Zuspruch

bei Naturschutzvereinen

und engagierten Umweltfreunden.

Man

habe es vor allem

den Pionieren wie

Dr. Heidecke oder

Werner Sykora zu

verdanken, dass der

Elbebiber in den 70ern

und 80ern wieder in seine

ursprüngliche Heimat zurückkehrte.

Daraus ergibt sich aber wiederum die

Frage, was denn nun die natürliche

Heimat des Elbebibers ist. Sykora,

erster Biberbeauftragter der Dübener

Heide, fasste seine Erkenntnisse 2003

in einer Schrift zusammen. Demnach

sei aufgrund der Nutzung der hier vorliegenden

Kulturlandschaft und der

ursprünglichen Vegetation der Biber

bereits seit 700 Jahren in den zentralen

Waldgebieten der Dübener Heide

nicht mehr ansässig gewesen. Die

Menschen hätten sich damals zudem

für die Bewahrung der kleinen Fließgewässer,

der Tieflandbäche und des

Waldbestands entschieden. Hingegen

setzten erste Schutzmaßnahmen an

Elbe und Mulde bereits 1924 ein, sodass

ein ganzjähriges Jagdverbot den

Restbestand für unsere heutige Generation

bewahrt hat und die Grundlage

des Prestigeobjekts Elbebiber schon

in der DDR darstellte.

Dies sah das Umweltministerium und

die oberen Behörden unseres Landes

anfänglich wohl ähnlich. Schon

1992 habe das Umweltministerium

mit aufgearbeiteten Zahlen und Statistiken

per öffentlicher Publikation

bestätigt, dass der Bestand des Elbebibers

gesichert und bereits für Entnahmen

geeignet sei. 1998 habe das

Ministerium zudem in der Beschreibung

des Landschaftsschutzgebiets

35 (hierzu zählen Fließgewässer,

wie der Hammerbach, Flieth, Halber

Mond usw.) klargestellt, dass der

Biber in diesen Bereichen wohl eher

aus der Hälteranlage bei Oppin stamme

und als untypisch einzustufen sei.

Besagte Anlage wäre zu DDR-Zeiten

rein zum Zwecke des Schadbiberfangs

(Heideheft 1991) im Herzen

der Dübener Heide eröffnet

worden und sollte

schnell sogenannte unerklärliche

Verluste

verzeichnet haben.

Es heißt, die ersten

Tiere wären aus ungeeigneten

Käfigen

bzw. Umzäunungen

entwichen. Auch solle

der Biber gezielt in die

hier vorhandenen Teiche und

Gewässer eingebracht und damit der

Versuch gestartet worden sein, die

Biodiversität (Artenvielfalt) der Region

zu erhöhen.

Inzwischen wird dies jedoch – im

Ergebnis einer Kleinen Anfrage an

die Landesregierung (KA 7/1959)

nachzulesen – genauso verneint wie

von einigen ehemaligen Mitarbeitern

besagter Hälteranlage. Vielmehr werden

anderslautende Behauptungen

wohl als unwahr eingestuft. Dennoch

finde man Auswirkungen der damaligen

Praktiken zum Beispiel auch heute

noch am Eisenhammerteich.

Diesen Eindruck haben zumindest die

Mitglieder der Köhlerei-Stiftung. Am

besagten Teich hätten sie nämlich beobachtet,

wie die possierlichen Tierchen

angefüttert werden, vermutlich

um eine feste Ansiedlung zu fördern.

Die Tiere kämen sogar allabendlich

auf der Suche nach leckerem Futter

angeschwommen und nehmen gar die

Verfolgung des Menschen auf. Gelegentlich

würden sie auch mit Lauten

eine mögliche Fütterung einfordern.

Erreicht man zufällig den Futterplatz

nach dem Auslegen der Futtermittel,

erwartet einem ein ganz besonderes

Schauspiel. Da der Biber kaum

Scheu zeigt, sobald er den Menschen

erkennt, kann man ihn hautnah erleben

und ihn auch ansprechen. So registriere

er dann zwar die Ansprache,

lugt aber nur kurz zum Störenfried

herüber, um dann sein Mahl in aller

Ruhe weiter zu genießen. Dass dies

für ein wildlebendes Tier – wenn so

geschehen – nicht natürlich ist, kann

unbestritten behauptet werden.

Diese beschriebene Entwicklung

scheint schon aufgrund der vorliegenden

Schutzbestimmungen und

harten Gesetzmäßigkeiten äußerst

abstrus. Die Stiftung indes stimme es

nachdenklich, dass mehrfache Vorsprachen

ihrerseits bezüglich aktuell

nachweisbarer menschlicher Eingriffe

(Verstoß gegen § 44 BNatSchG)

keinerlei aufklärende Reaktionen gezeigt

hätten. Daher habe sich die Stiftung

dazu entschlossen, im Rahmen

ihres eigenen Satzungspunkts „Heimatpflege

und -kunde“ weiter zu hinterfragen

und aufzuklären. Ziel sei es

zudem, ein ausgeglichenes Verhältnis

zwischen Menschen, Natur und auch

dem Elbebiber wiederherzustellen

und dabei das Fortbestehen desselbigen

sinnvoll zu sichern. Damit verbunden

soll auch die Erhaltung der

durch den Biber bedrohten natürlichen

Lebensräume sein.

Deshalb bittet die „Stiftung Köhlerei

Eisenhammer“ um Unterstützung

aus der Bevölkerung. Dazu können

auch mögliche Zeitzeugen ihre Beobachtungen

und Erkenntnisse zum

Sachverhalt mitteilen. Ebenso werden

Personen aufgerufen, welche

über Foto- oder Videomaterial zum

beschriebenen Thema aus dem Zeitraum

ab 1970 verfügen, dieses zur

Verfügung zu stellen. Dies alles kann

auch anonym an die Stiftung mit Sitz

auf der Köhlerei Eisenhammer getan

werden.

Kontakt: „Stiftung Köhlerei Eisenhammer“,

OT Tornau, Köhlerei Eisenhammer

1, 06772 Gräfenhainichen

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