klarheitfindenmit deminnerennaviINNERE ANBINDUNGUND AUSRICHTUNGDURCH DIEFÜNF DISZIPLINENDES DENKENS——VIVIAN DITTMAR40
Ich denke, also bin ich formulierteeinst Descartes und erhob damit das Denkenzur Grundlage unseres Seins. Doch was ist dasDenken eigentlich? In unserer Kultur dominiertseit der Aufklärung die Vernunft, also der rationaleVerstand. Auch unser Bildungssystem konzentriertsich ausschließlich darauf, diese Fähigkeitzu schulen und auszubilden. Bei genaueremHinsehen zeigt sich jedoch, dass diesenur eine von mehreren Disziplinen des Denkensist. Die anderen Disziplinen, zu denen beispielsweisedie Intuition zählt, sind dadurch in denHintergrund gerückt und in vielen Menschenregelrecht verkümmert.Jeder, der einmal versucht hat, rein rational eineEntscheidung zu treffen, hat am eigenen Leibeerfahren, wie problematisch es ist, wenn wir dieDisziplinen miteinander verwechseln. Aufgabeder Ratio ist es, Informationen zu sortieren, logischzu verknüpfen und auszuwerten. Damit liefertsie eine gute Entscheidungsgrundlage. Dochder Versuch, allein über die Ratio zu entscheiden,führt meistens zu nicht enden wollenden Argumentationsschleifenin die eine oder andere Richtung.Erst im Zusammenspiel mit der Intuitionkönnen die vielen Daten zu einer fruchtbarenEntscheidung führen.Dieses einfache Beispiel zeigt, wie die anderenDisziplinen genauso ein essenzieller Teil unserermenschlichen Fähigkeiten sind, wie die Ratioes ist. Erst durch sie wird die Ratio wirklich fruchtbarund erfährt auch sinnvolle Grenzen. Erstwenn wir lernen, die einzelnen Disziplinen desDenkens in uns zu unterscheiden, können wirsie gezielt ausbilden und jede für den ihr eigenenBereich einsetzen. Ich ordne die fünf Disziplinendes Denkens in einem Kompass an, deminneren Navi. Hierbei ergänzen transrationaleDenkweisen wie die Intuition, die Inspirationund die Herzintelligenz das klassisch analytischeDenken. Erst in diesem Zusammenspielwird ganzheitliches Denken möglich.ratioDie Ratio hat zwei Funktionsweisen, den Taschenrechnerund den Fantasten. Als Taschenrechnerbezeichne ich jene Funktion der Ratio,die wohl am meisten mit ihr assoziiert wird: dieAnalyse. Richtig ein gesetzt, ist sie ein ausgezeichnetesWerkzeug, um Daten auszu werten,abzugleichen und logische Schlussfolgerungendaraus zu ziehen. Neben der streng logischenSeite der Ratio gibt es noch eine weitere, wesentlichverspieltere: den Fantasten. Er hilft uns beispielsweise,verschiedene Möglichkei ten gedanklichdurchzuspielen und dadurch miteinander zuver gleichen. Er ist ein fantastisches Werkzeug,wenn es darum geht, uns in Szenarien einzudenken,die es (noch) nicht gibt. Wir kön nen sie vorunserem geistigen Auge entstehen lassen, können,ohne auch nur einen Finger zu rühren, ganzeWelten erschaffen. Und genauso schnell könnenwir sie wieder verschwinden lassen.intuitionWie bei anderen, nicht streng rationalen Phänomenen,wird auch mit dem Ausdruck Intuitionunpräzise umgegangen. Oft wird der Begriff fürjede nicht rationale Art des Wissens verwen det,ohne ihn von Instinkt, Herzintelligenz oder Eingebungabzu grenzen. Ich bezeichne als Intuitionnur das, was auch Bauchgefühl oder Bauchintelligenzgenannt wird. Diese zeigt sich im Solarplexusbereich, oberhalb des Bauchnabels.Im Gegensatz zur Ratio ist die Intuition sehrgut darin, Entschei dungen zu treffen. Man könntesagen, dass das ihre einzige Funk tion ist. Intuitionkennt streng ge nommen nur zwei Modi:Ja und Nein. Doch wie kommen die Entscheidungender Intuition zustande? Einen Teil derWahrheit hat inzwischen die Intuitionsforschungans Licht gebracht. Sie geht davon aus, dass Intuitiondas Ergebnis sehr komplexer Rechenvorgängeist. Wenn die analytische Funk tion der Ratiomit einem Taschenrechner vergleichbar ist, dannist die Bauchintelligenz eher wie ein Computer.41