Schachtner Magazin Frühjahr 2020
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Gelobt sei,<br />
was zart macht<br />
Sie ist eine der stillsten, aber einfühlsamsten Dichterinnen des Landes.<br />
Mit der Familien- und Dorfchronik „Die Bagage“ glückte Monika Helfer<br />
ein rares, wunderbares Meisterwerk.<br />
Über „die Meinigen“ wolle sie<br />
berichten, sagt die von Monika<br />
Helfer vorgeschobene Erzählerin<br />
ist Maria erneut schwanger, im<br />
Dorf, deren Bewohner die „Bagage“<br />
genannten Moosbruggers meist<br />
So der Beginn der ereignisreichen<br />
Ahnenforschung, die nur knappe<br />
160 Seiten umfasst und bis in die<br />
in ihrem neuen Roman „Die Baga-<br />
durch Missachtung strafen, brodeln<br />
Gegenwart reicht. Trotzdem ist es<br />
ge“. Und das tut sie auch, freimütig,<br />
die Gerüchte. Völlig aus der Luft ge-<br />
ein in genial schlichter Sprache ge-<br />
offen, in knappen, einfachen Sätzen,<br />
griffen sind sie nicht. Denn Maria<br />
schriebenes Meisterwerk über die<br />
gerade heraus, ohne Rücksicht auf<br />
ist nicht nur unfassbar schön, sie ist<br />
Liebe in Zeiten des Krieges, über<br />
sprachlichen Feinschliff. Ein kluger<br />
auch lebenslustig und sie weiß ihre<br />
familiären Zusammenhalt, über<br />
Kunstgriff, der dieser Familienge-<br />
Reize einzusetzen.<br />
Hungersnöte, über das Leben und<br />
schichte der Vorarlberger Autorin<br />
Überleben angeblich einfacher<br />
aber speziellen Glanz in finsteren<br />
Menschen, die weitaus mehr Tiefe<br />
Zeiten verleiht.<br />
besitzen als die meisten ignoranten<br />
Denn die Geschichte beginnt im<br />
Flachwurzler ringsum.<br />
September 1914, kurz nach Aus-<br />
Es gehört zu den großartigen Ga-<br />
bruch des Ersten Weltkrieges. Ma-<br />
ben von Monika Helfer, all ihren<br />
ria und Josef Moosbrugger leben<br />
Figuren reale Präsenz zu verleihen,<br />
mit ihren vier Kindern in einer<br />
in einem Spiel der Erinnerungen,<br />
Keusche im allerletzten Winkel ei-<br />
das langen Nachhall besitzt. Ob<br />
nes Bergdorfes; in ihrer Bleibe gibt<br />
nun wirklich alles authentisch ist,<br />
es weder Wasser noch Strom. Der<br />
besitzt keine Relevanz. Was zählt,<br />
Boden ist fast unfruchtbar, zwei<br />
ist die Empathie dieser stillen, gro-<br />
Ziegen und eine Kuh stehen im<br />
Stall. Auch Josef muss bald in den<br />
Krieg ziehen, im festen Glauben,<br />
das große Massaker würde nur wenige<br />
Wochen dauern. Bald danach<br />
Monika Helfer<br />
Die Bagage<br />
Hanser, 160 Seiten<br />
Euro 19,60<br />
ISBN 978-3-446-26562-2<br />
E-Book 978-3-446-26732-9<br />
ßen Dichterin für Außenseiter, was<br />
Belang hat, sind ihr oft zarter, sensibler<br />
Erzählton und ihre Fähigkeit,<br />
kontrastreiche Wortgemälde in die<br />
Welt zu setzen.<br />
Foto: Isolde Ohlbaum<br />
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