30.03.2020 Aufrufe

SPORTaktiv April 2020

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Die Kletterszene ist in Aufruhr. Hurra,<br />

endlich olympisch, schreien einige<br />

wenige. Aber zu welchem Preis, fragt<br />

die Mehrheit und lässt keinen Zweifel,<br />

den gefundenen Kompromiss als maximal<br />

faul zu empfinden. „Also in meinem<br />

Umfeld kenne ich niemanden, der die Regelung<br />

positiv sieht“, sagt auch Jessica Pilz, Österreichs<br />

mit Abstand beste Kletterin. Genauer<br />

gesagt Österreichs beste Athletin in<br />

den Disziplinen Vorstieg und Bouldern, für<br />

das Speed-Klettern konnte sich die 23-Jährige<br />

bis vor Kurzem nicht wirklich erwärmen.<br />

„Seit zwei Jahren absolviere ich mit Blick auf<br />

die Spiele zehn Prozent meines Trainings an<br />

der Speed-Wand, um dort zumindest halbwegs<br />

konkurrenzfähig zu sein.“<br />

Denn: Bei Olympia, das um ein Jahr auf<br />

2021 verschoben wurde, wird es nur einen<br />

Medaillensatz für diejenigen geben, die in<br />

der Kombination aller drei Disziplinen am<br />

besten abschneiden. Das sei so, sagen Kritiker,<br />

als gäbe es im alpinen Skisport nur eine<br />

Medaille für denjenigen, der bei der Kombination<br />

aus Abfahrt, Super-G und Slalom am<br />

besten abschneidet. Undenkbar. <strong>SPORTaktiv</strong><br />

wollte es genau wissen und hat sich mit Jessica<br />

Pilz in der Innsbrucker Kletterhalle getroffen<br />

und sich von ihr in die Geheimnisse der<br />

drei Stile einweihen lassen.<br />

„Am besten wir legen mit dem Vorstieg<br />

los, dann sehen wir gleich, was du drauf<br />

hast“, baut Jessica gleich mal ordentlich<br />

Druck auf. Schließlich werden beim sogenannten<br />

Lead alle Faktoren, die das Klettern<br />

ausmachen, vereint. Man benötigt Technik,<br />

Ausdauer, Kraft und die Fähigkeit, eine Route<br />

lesen zu können. „Beim Wettkampf hat<br />

man sechs Minuten Zeit, die Route zu besichtigen,<br />

viele haben sogar ein Fernglas mit<br />

dabei.“ Hat Sinn, geht so eine Wand doch<br />

bis zu 15 Meter in die Höhe, was von unten<br />

betrachtet wesentlich unspektakulärer wirkt<br />

als von oben, wie sich bald herausstellt.<br />

Deswegen ist man beim Vorstieg – im Gegensatz<br />

zum Bouldern – auch immer mit<br />

Gurt und Seil gesichert, was bei latent vorhandener<br />

Höhenangst allerdings nur ein<br />

kleiner Trost ist. Am Anfang mache ich zudem<br />

den typischen Anfängerfehler, mich in<br />

erster Linie auf die Kraft meiner Arme zu<br />

verlassen, von der ich wiederum relativ<br />

schnell verlassen werde. „Lass die Arme zwischendurch<br />

gestreckt und schau, dass du<br />

mehr mit den Beinen machst. Und versuch<br />

so nah wie möglich an der Wand zu bleiben“,<br />

sagt Jessica, die plötzlich in gefühlt zehn<br />

Metern Höhe neben mir auftaucht. War sie<br />

vor ein paar Sekunden nicht noch unten?<br />

Egal. Aus dieser Position heraus manövriert<br />

sie mich durch die Route mit teils riesigen,<br />

teils winzig kleinen Griffen wie ein erfahrener<br />

Kapitän seinen Dampfer. „Linker<br />

Fuß hoch, rechts übergreifen, beim nächsten<br />

Griff kannst du schön hineingreifen und<br />

kurz durchschnaufen.“ Was meine Finger<br />

WER HOCH<br />

HINAUS WILL ...<br />

… KANN TIEF FALLEN, WIE EINE KLETTER-CHALLENGE GEGEN OLYMPIA-<br />

STARTERIN JESSICA PILZ ZEIGT. WIR TESTEN MIT ÖSTERREICHS VORZEIGE-<br />

KRAXLERIN, WIE SINNVOLL ES IST, BOULDERN, VORSTIEG UND SPEED<br />

ZU EINEM BEWERB ZU VERMENGEN. UND KOMMEN<br />

ZU EINEM EINDEUTIGEN ERGEBNIS.<br />

TEXT: MARKUS GEISLER FOTOS: THOMAS POLZER<br />

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