Waffenmarkt-Intern Ausgabe August 2008
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<strong>Waffenmarkt</strong>-<strong>Intern</strong> 8/<strong>2008</strong> • 3<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
ganz in der Nähe unseres<br />
Verlages hat die<br />
berühmte Musikhochschule<br />
Köln<br />
ihre Heimat. Rund<br />
um diesen Musenhort<br />
haben sich<br />
eine Reihe von Geschäften<br />
niedergelassen<br />
– viele Kioske,<br />
um die hungrigen Mäuler<br />
der Studenten zu füttern, ein Geigenbauer, ein<br />
Verfertiger von Instrumentenkästen und ein<br />
Musikalienhändler. Letzterer ist ungemein<br />
stolz darauf, daß sein Geschäft schon vor dem<br />
Bau der Hochschule existiert habe und sagt<br />
schon mal scherzhaft, daß die Uni zu ihm gezogen<br />
sei und nicht umgekehrt – so stolz ist<br />
er auf seine Traditionen. Wie jedes Jahr<br />
macht der Musikalienhändler im <strong>August</strong> seinen<br />
Laden dicht, um nach Italien zu fahren.<br />
Und tut was? Man glaubt es nicht, aber er<br />
räumt tatsächlich sein Schaufenster leer!<br />
Dort, wo sonst Partituren und einige Bücher<br />
zur Musikgeschichte liegen, sieht der Passant<br />
nur braunen Teppichboden, auf dem ein kleines<br />
Zettelchen mit dem Hinweis auf die Betriebsferien<br />
steht. Lächerlich, nicht wahr?<br />
Komplexe Systeme neigen zu<br />
komplexen Fehlern.<br />
Schließlich werden seine Waren ja nicht<br />
schlecht – so wie bei einem Obsthändler<br />
etwa. Es gibt für einen Musikalienhändler<br />
also überhaupt keinen Grund, das Schaufenster<br />
leerzuräumen, im Gegenteil könnte<br />
er es besonders liebevoll ausgestalten und<br />
besonders interessante Produkte reinlegen,<br />
damit nach den Ferien das Geschäft wieder<br />
volle Kanne angekurbelt wird.<br />
Ich spreche den Mann vorsichtig darauf an.<br />
Er blickt völlig verschreckt<br />
auf mich und<br />
sprudelt hervor: "Das hat<br />
mein Vater schon so gemacht!"<br />
Ich schätze den<br />
Mann auf Anfang 60<br />
und bin ganz verwirrt<br />
darüber,<br />
daß er über Jahrzehnte eine Tradition gepflegt<br />
hat, die ihm mehr schadet als nützt<br />
und bin ganz traurig darüber, daß er offenbar<br />
nie darüber nachgedacht hat und gerade<br />
ich jetzt ihm einen solchen Schrecken<br />
einjagen mußte mit meiner harmlosen Frage.<br />
Und so unterhalte ich mich mit Händlern<br />
unserer Branche darüber. In der Mehrheit<br />
stimmen mir alle zu: "Ja, man muß ab<br />
und an hinterfragen, was man tut." – geben<br />
aber auch freimütig zu, nichts zu unternehmen,<br />
um das auch zu tun. Zum Beispiel<br />
könnte man ja einen Tag im Jahr festlegen,<br />
an dem man nichts anderes tut als darüber<br />
nachzudenken, ob man nicht was verbessern<br />
könnte.<br />
Reich sein heißt:<br />
Mehr zu besitzen als man braucht.<br />
Aber ich habe auch einige wenige gefunden,<br />
die durch aktive Maßnahmen versuchen,<br />
nicht in langweilige Routinen zu verfallen,<br />
sondern aufregende Rituale installiert haben.<br />
Einer geht sonntags mit seiner Frau zu<br />
seinem Laden, und sie spielen Kunde. Stellen<br />
bei der Gelegenheit fest, welche "Schmuddelecken"<br />
sich im Geschäft eingenistet haben<br />
oder daß tote Fliegen in den Lampen<br />
hängen. Ein anderer spricht hin und wieder<br />
Menschen an, die er aus anderen Zusammenhängen<br />
– zum Beispiel seinen Lionsclub<br />
– kennt und bittet sie, sozusagen anonym<br />
Testkäufe zu machen und ihm hernach<br />
zu berichten. Ein Schweizer hat sich ein<br />
Vorbild an großen Konzernen genommen<br />
und ein systematisches<br />
Vorschlagswesen<br />
für seine drei Mitarbeiter<br />
einge-<br />
führt: Wer einen Verbesserungsvorschlag für<br />
das Geschäft macht, der nachher auch umgesetzt<br />
wird, erhält einige Hunderter auf die<br />
Hand. "Gut angelegtes Geld." meint der<br />
Händler dazu.<br />
Auch die psychologische Wirkung solcher<br />
Aktivitäten ist nicht zu unterschätzen,<br />
schließlich überkommt einen das gute Gefühl,<br />
sein Unternehmensschicksal aktiv in<br />
die Hände zu nehmen und es beeinflussen<br />
zu können. Und dieses gute Gefühl ist<br />
tatsächlich mit Geld kaum aufzuwiegen.<br />
Ich wünsche Ihnen, daß Sie Ihre guten Geschäftstraditionen<br />
aktiv bewahren und die<br />
schlechten Gewohnheiten ohne Reue über<br />
Bord werfen können. Dann wird das nächste<br />
Quartal auf jeden Fall besser als das vorhergehende!<br />
Dessen sicher grüßt<br />
Ihre<br />
P.S. Auch <strong>Waffenmarkt</strong>-<strong>Intern</strong> / Messermarkt-<br />
<strong>Intern</strong> hat mal Leser gespielt – und so werden<br />
Sie diese Zeitschrift ab der nächsten <strong>Ausgabe</strong><br />
in neuem Gewand und mit einem<br />
sehr wertvollen Papier bekommen,<br />
damit Ihnen das Lesen<br />
noch mehr Vergnügen<br />
macht.