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Waffenmarkt-Intern Ausgabe August 2008

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20 • <strong>Waffenmarkt</strong>-<strong>Intern</strong> 8/<strong>2008</strong><br />

Ansichten eines Insiders<br />

Käufer oder Nur-Gucken-Kunde?<br />

Klauen ist nicht immer strafbar,<br />

manchmal ist es einfach nur clever.<br />

Dies ist immer dann der Fall, wenn<br />

man sich Informationen beim Fachmann<br />

beschafft, hinterher aber bei<br />

Discountern und im <strong>Intern</strong>et kauft.<br />

Wie kann man als Fachhändler damit<br />

umgehen?<br />

Bereits 2004 erörterten wir das Thema und<br />

kamen zu keinem rechten Ergebnis, das sich<br />

in der Praxis umsetzen ließ. Die Erhebung einer<br />

Gebühr für ausführliche Beratungsgespräche<br />

mit Verrechnung beim Kaufabschluß<br />

halte ich persönlich bis heute für einen guten<br />

Ansatz. Es setzt jedoch Solidarität voraus.<br />

Besonders bedrückend wird die Unsitte der<br />

Beratungsklauerei, wenn man an sinkende<br />

Handelsspannen und viele Stunden unbezahlte<br />

Beratungen, die zu keinen Kaufabschlüssen<br />

führen, denkt.<br />

Nachhilfe statt Verkaufsgespräch?<br />

Gut sortierte Fachgeschäfte müssen immer<br />

häufiger den Ausputzer für Lehrgangsträger<br />

machen, die schlecht ausgebildete Jäger,<br />

Schützen und Wiederlader produzieren.<br />

Grundsätzlich ist diese "Produktion von Erlaubnisinhabern"<br />

zu begrüßen, kann man<br />

doch auf den einen oder anderen neuen<br />

Kunden hoffen.<br />

Jedem Fachmann ist klar, daß Anfänger einen<br />

größeren Beratungsbedarf als die "alten<br />

Hasen" haben. Diese Zeit nimmt sich jeder<br />

Fachhändler gern, wenn er die ernsthaften<br />

Kaufabsichten des Neukunden erkennen<br />

kann, und Beratungsgespräch mit Verkaufsgespräch<br />

eine Einheit bildet. Was jedoch<br />

nicht sein kann – in den letzten Jahren jedoch<br />

zunimmt – das ist die Tatsache, daß<br />

das Wissensniveau der Anfänger teilweise<br />

Hans J. Heigel, Jahrgang 1954, begleitet die Waffenbranche<br />

seit über 30 Jahren als unabhängiger Fachautor. Seine Bücher<br />

und Aufsätze zum Thema Waffen, Munition und Wiederladen<br />

sind Legion und Legende und sicher auch den meisten <strong>Waffenmarkt</strong>-<strong>Intern</strong>-Lesern<br />

ein Begriff. Seine mitunter ganz persönlichen<br />

Gedanken und Erkenntnisse sollen gleichermaßen<br />

über Hintergründe informieren, Anlaß zum Nachdenken und<br />

optimalerweise zur regen Diskussion geben.<br />

einen solchen Tiefststand erreicht hat, daß<br />

man vor die Beratung noch eine Ausbildung<br />

setzen muß. Bleiben wir als Beispiel bei einem<br />

an drei Wochenenden im Schnelldurchlauf<br />

entstandenen Jungjäger. Da tauchen<br />

dann Leute im Laden auf, die kann man<br />

nicht beraten, ob wohl die 8x57 IS oder die<br />

9,3x62 für den angestrebten Einsatz passend<br />

ist, sondern denen muß man zuerst einmal<br />

die beiden Patronen vorstellen.<br />

Live aus der Praxis: Ein frischgebackener<br />

"Experte" betritt den Laden, greift in die Tasche<br />

und präsentiert eine Hülse: "Solche<br />

Kugeln brauche ich." Ein Blick auf den Hülsenboden<br />

zeigt: eine .30-06-Hülse von Norma.<br />

"Welche Laborierung hatten Sie denn –<br />

PPC-Vulkan, Oryx oder Plastikspitze?" Antwort:<br />

"Wenn ich die Patrone sehe, kann ich<br />

es vielleicht sagen". Wir gehen zum Munitionsschrank,<br />

alle Norma-Laborierungen in<br />

.30-06 sind vorrätig. Alle Alternativen werden<br />

vorgeführt. Ergebnis: "So haben die<br />

nicht ausgesehen". Ratlosigkeit seitens des<br />

Verkäufers. Nach einigem Gedankenaustausch<br />

und Mutmaßungen, bittet man den<br />

Kunden vielleicht zu Hause nachzusehen,<br />

was auf der Verpackung steht und dann anzurufen.<br />

Etwa eine halbe Stunde später<br />

kommt der Anruf mit der erhellenden Erkenntnis:<br />

"Die Schachtel ist grün, es steht<br />

Geco drauf." Innehalten, Luft holen und höflich<br />

nachfragen: "Das sind dann aber keine<br />

Norma-Patronen. Die Geco habe ich natürlich<br />

auch da". Antwort: "Die Norma-Hülse<br />

habe ich dann wohl im Wald gefunden und<br />

eingesteckt." Auf den Kauf der Geco-Patronen<br />

warte ich bis heute…<br />

Soviel zur teilweisen Ausbildungsqualität bei<br />

der reichlich entstehenden Jungjägerschar.<br />

Will man dieser Klientel Putzzeug verkaufen,<br />

so reicht es nicht, die Wirkung der einzelnen<br />

Produkte und deren Handhabung zu erklären,<br />

sondern man darf bei Adam und Eva<br />

anfangen und einen Grundkurs im Waffenreinigen<br />

halten.<br />

Was ich damit sagen will? Dem Fachhandel<br />

wird vermehrt zugemutet, die durch die Lehrgangsveranstalter<br />

hinterlassenen Lücken in<br />

unverzichtbarem Grundwissen zu schließen.<br />

Auch das ist für mich Beratungsklau! Nicht<br />

durch die "armen Schweine", die für einen<br />

Haufen Geld nichts gelernt haben, sondern<br />

durch die abkassierenden Lehrgangsträger.<br />

Das Ganze läuft scheinbar unter dem Motto:<br />

Wer Kunden haben will, der soll sie auch<br />

selbst ausbilden! In einer Zeit, in der das Waffengesetz<br />

permanent restriktiver wird, kann<br />

man in manchen Bundesländern Jagdschulen<br />

gründen, ohne professionelle Referenten zu<br />

beschäftigen.<br />

Beratung bleibt ein Sturmgeschütz<br />

Bei Neubesuchern hat sich die Frage nach den<br />

vorhandenen Erwerbserlaubnissen bewährt.<br />

Um es klarzustellen: Wir reden hier nicht<br />

vom fachkundigen Verkaufs- und Beratungsgespräch,<br />

das uns als Fachhändler<br />

ausweist und uns von <strong>Intern</strong>et-Portalen und<br />

Discountern abhebt. Dies ist eine unserer<br />

"stärksten Waffen" im Buhlen um die Käufergunst.<br />

Nur gibt es immer mehr Egoisten,<br />

die auf der Schnäppchenjagd jede Fairness<br />

vergessen und von dem Grundsatz "leben<br />

und leben lassen" noch nie etwas gehört haben.<br />

Diese vorgetäuschten Kunden kommen,<br />

heucheln Kaufinteresse vor, und lassen<br />

sich vom gut sortierten Fachhändler<br />

über die technischen Details informieren<br />

und notieren fleißig Preise. Unser Waffengesetz<br />

gibt ihnen geradezu ein Alibi, warum<br />

sie nicht gleich kaufen können, denn die Erwerbserlaubnis<br />

kann man ja erst beantragen,<br />

wenn man sich informiert hat. Schließlich<br />

braucht man die Freizeit für Spaß und<br />

nicht zum Studium von Fachliteratur.<br />

Über die Jahrzehnte ging die einst von Vertrauen<br />

geprägte Partnerschaft zwischen<br />

Fachhändler und Kunde in die Brüche. Jeder<br />

gönnte dem anderen seinen Vorteil beim<br />

Abschluß eines Kaufvertrags. Sicherlich gibt

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