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Unser Land - Unsere Energie 2010

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a k t u e l l<br />

Der lange Weg der<br />

Südtiroler Wasserkraft<br />

Auf keinen anderen Bereich der<br />

Südtiroler Volkswirtschaft trifft<br />

die Aussage „Nichts ist mehr wie<br />

früher“ so präzise zu wie auf die<br />

Südtiroler Wasserkraft.<br />

Im Verlauf von wenigen Jahren haben<br />

sich die Besitzverhältnisse tiefgreifend<br />

geändert. Aus einem Monopoleigentum<br />

in den Händen der zwei<br />

italienischen Großkonzerne Edison<br />

und Enel ist ein Mehrheitseigentum<br />

in den Händen Südtirols geworden.<br />

Das lässt sich am besten mit Zahlen<br />

belegen. Vor dem 11. April 2008 befand<br />

sich die Produktion von <strong>Energie</strong><br />

aus Südtiroler Wasserkraft zu<br />

• 47 Prozent in Händen der Enel AG<br />

• 17 Prozent in Händen der Edison AG<br />

• 11 Prozent in Händen der SELE-<br />

DISON AG (davon 42 Prozent Beteiligung<br />

Edison)<br />

• 10 Prozent in Händen von Südtiroler<br />

Konzessionären mit Werken<br />

von 220 bis 3000 kW Leistung<br />

• 7 Prozent in Händen der<br />

Etschwerke AG<br />

• 5 Prozent in Händen von Südtiroler<br />

Konzessionären mit Werken<br />

von mehr als 3000 kW Leistung<br />

• 3 Prozent in Händen von Südtiroler<br />

Konzessionären mit Werken<br />

von weniger als 220 kW Leistung.<br />

Bevor im Jahr 2000 Südtiroler Institutionen<br />

(SEL, SELFIN, Vinschgauer Gemeinden,<br />

Etschwerke) 58 Prozent der<br />

Edison-Kraftwerke Glurns und Kastelbell<br />

als „SELEDISON“ übernahmen,<br />

besaßen Enel und Edison also rund<br />

75 Prozent der <strong>Energie</strong>produktion aus<br />

Südtiroler Wasserkraft.<br />

Neue Mehrheiten<br />

Heute, im Herbst <strong>2010</strong>, ist die Situation<br />

eine völlig andere: An den zwölf<br />

Großwasserkraftwerken des Enel<br />

(ausgenommen vorerst St. Florian/<br />

Neumarkt) und an den sieben Großwasserkraftwerken<br />

der Edison sowie<br />

an den sieben kleinen Enel-Kraftwerken<br />

besitzt die SEL über ihre Tochtergesellschaften<br />

Hydros GmbH und SE<br />

Hydropower GmbH 60 Prozent der<br />

Anteile, also die klare Mehrheit, weiters<br />

an den vormaligen zwei Großwasserkraftwerken<br />

der Edison von Glurns<br />

und Kastelbell 27 Prozent, während<br />

SELFIN 15, die Etschwerke acht und<br />

die Vinschgauer Gemeinden acht Prozent<br />

besitzen, Edison 42 Prozent.<br />

Das stellt unter dem Gesichtspunkt<br />

der Eigentumsverhältnisse, aber noch<br />

mehr unter jenem der Wertschöpfung<br />

eine tiefgreifende Änderung gegenüber<br />

dem Vorherigen dar. Solange Edison<br />

und Enel die Kraftwerke allein besaßen,<br />

flossen sämtliche Steuern und Erträge<br />

außerhalb unseres <strong>Land</strong>es, weil die<br />

beiden Unternehmen ihre Steuer- und<br />

Rechtssitze in Rom (Enel) bzw. in Mailand<br />

(Edison) haben. Milliarden Euro<br />

sind auf diese Weise in den vergangenen<br />

Jahrzehnten aus Südtirols Naturressourcen<br />

für Südtirols Volkswirtschaft<br />

unwiederbringlich verloren gegangen.<br />

Zehn Jahre Verhandlungen<br />

Zehn Jahre lang hat die SEL AG sich<br />

bemüht, die Südtiroler Wasserkraft<br />

für unser <strong>Land</strong> zurückzugewinnen.<br />

Ein erster erfolgreicher Schritt wurde<br />

2000 mit der Gründung der SELEDI-<br />

SON AG gesetzt, wodurch letztlich 58<br />

Prozent der beiden Vinschgauer Edison-Kraftwerke<br />

Glurns und Kastelbell<br />

mehrheitlich in Südtiroler Führung<br />

übergegangen sind.<br />

Dann folgten Jahre der langen Verhandlungen<br />

mit Edison. Verhandelt<br />

wurde in Bozen, in Mailand, in Rom, in<br />

Paris (mit dem Edison-Miteigentümer<br />

EDF (Electricitè de France). In unzähligen<br />

Sitzungen mit den Fachleuten<br />

und Beratern beider Seiten wurden<br />

Verträge von größter finanzieller und<br />

wirtschaftlicher Tragweite ausgearbeitet.<br />

So der Vertrag mit den Teilhabern<br />

der Edison, um über die Gesellschaft<br />

DELMI einen Anteil an diesem Konzern<br />

(rund drei Prozent) zu erwerben<br />

und sich auf diese Weise auch Zugang<br />

zu den höchsten Entscheidungsgremien<br />

und den innersten Kreisen der<br />

Edison zu verschaffen. Das war eine<br />

der wichtigsten Voraussetzungen, um<br />

überhaupt mit Edison ins Gespräch<br />

kommen zu können und die konkrete<br />

Übernahme der Kraftwerke in Südtirol<br />

zu erreichen. Der entsprechende<br />

Vertrag wurde am 11. April 2008 geschlossen.<br />

Damit sicherte sich die SEL<br />

AG 60 Prozent des zukünftigen Eigentums<br />

an den Edison-Kraftwerken, die<br />

inzwischen in die Hydros GmbH eingebracht<br />

wurden.<br />

Eine ähnliche Entwicklung nahmen<br />

die mehrjährigen Verhandlungen mit<br />

dem <strong>Energie</strong>riesen Enel. Dabei wurde<br />

für die Zeit nach Erteilung der<br />

Konzessionen seitens der <strong>Land</strong>esregierung<br />

mit diesem Konzern eine<br />

Zusammenarbeit in Aussicht gestellt.<br />

Die SEL hat effektiv zehn der zwölf<br />

Enel-Konzessionen sowie jene für das<br />

Hydros-Kraftwerk von Laas-Martell<br />

gewonnen. Eine Konzession ging an<br />

einen privaten Bewerber; die Konzession<br />

für das große Kraftwerk St. Florian/Neumarkt<br />

ist noch zu vergeben,<br />

aber es ist anzunehmen, dass auch sie<br />

in Südtirol bleiben wird.<br />

Steuern und Gewinne im <strong>Land</strong><br />

Nach der Umsetzung dieser Vereinbarung<br />

ergibt sich für Südtirol eine<br />

deutliche Anteilsmehrheit an der im<br />

<strong>Land</strong> erzeugten <strong>Energie</strong> aus einheimischer<br />

Wasserkraft. Eine zusätzliche<br />

Folge dieser Operation ist, dass<br />

die Steuern im <strong>Land</strong> bleiben, denn<br />

die beiden großen Gesellschaften<br />

Hydros GmbH und SE Hydropower<br />

GmbH, die zu 60 Prozent der SEL<br />

gehören, haben ihren Steuersitz in<br />

Südtirol (Bozen). Auch die Erträge,<br />

die von diesen beiden Unternehmen<br />

erwirtschaftet werden, bleiben zu<br />

(mindestens) 60 Prozent in Südtirol.<br />

Das ist eine Entwicklung, die sich noch<br />

vor zehn Jahren niemand auch nur im<br />

Traum vorzustellen gewagt hatte. Es<br />

ist eine phänomenale Verhandlungsleistung<br />

und ein wirtschaftspolitischer<br />

Riesenerfolg.<br />

Was dieser Erfolg in Zahlen wert ist,<br />

hat eine „due diligence“, also eine<br />

Schätzung des Marktwertes der SEL<br />

AG, ergeben. Der Wert des gesamten<br />

SEL-Vermögens im Bereich der Wasserkraft,<br />

des Handels und der Verteilung<br />

von Gas, des Stromhandels, der<br />

Erzeugung von Fernwärme in den eigenen<br />

fünf Werken ist auf etwa 1,3 bis<br />

1,5 Milliarden Euro geschätzt worden.<br />

Das ist, gemessen am Gesellschaftskapital<br />

von 286 Millionen Euro, ungefähr<br />

eine Verfünffachung.<br />

Noch nicht gänzlich abgeschlossen<br />

sind die Verhandlungen über das<br />

Enel-Verteilernetz, welches mit Beginn<br />

2011 zur Gänze von der SEL<br />

übernommen wird.<br />

Vier große Verträge<br />

Es sind also vier große Verträge, welche<br />

die SEL in den letzten Jahren<br />

ausgehandelt und zum positiven Abschluss<br />

gebracht hat:<br />

• der Vertrag DELMI (die SEL erwirbt<br />

zehn Prozent Anteil an<br />

diesem Unternehmen, das zusammen<br />

mit der französischen<br />

EdF die Mehrheit der gesamten<br />

Edison besitzt)<br />

• der Vertrag mit Edison zwecks<br />

mehrheitlicher Übernahme der<br />

sieben großen Wasserkraftwerke<br />

der Edison<br />

• die Abrede mit Enel zwecks<br />

gemeinsamer Führung der zukünftigen<br />

Konzessionen für die<br />

Enel-Kraftwerke in Südtirol mit<br />

SEL-Mehrheit<br />

• der noch zu perfektionierende Vertragsabschluss<br />

mit Enel Distribuzione<br />

zwecks Übernahme des gesamten<br />

Verteilernetzes in Südtirol.<br />

Korrekt und transparent<br />

Hier muss, der Korrektheit halber und<br />

um hintergründigen Polemiken den<br />

Wind aus den Segeln zu nehmen, auch<br />

gesagt werden, dass der Abschluss dieser<br />

Verträge, welche für Südtirol von<br />

enormer wirtschaftlicher und weittragender<br />

energiepolitischer Bedeutung<br />

sind, korrekt und transparent erfolgt<br />

ist. Die Verträge wurden mit der Hilfe,<br />

dem Rat und der ständigen Mitarbeit<br />

von ausgewiesenen Fachleuten in diesem<br />

Bereich und im Vertragswesen<br />

unter Gewährleistung aller Sicherheitsgarantien<br />

abgeschlossen. Auch<br />

was die Beraterkosten anbelangt, sind<br />

alle Vorgaben gemäß Tarifordnung<br />

eingehalten worden. Daher sind Anspielungen<br />

und Vermutungen in diese<br />

Richtung strikt und absolut zurückzuweisen;<br />

sie stellen einen Angriff auf<br />

die berufliche, politische und menschliche<br />

Integrität all jener dar, die sich<br />

seit Jahren dafür einsetzen, dass Südtirol<br />

jene Ressourcen zurückgewinnt,<br />

die ihm moralisch immer gehörten<br />

und die für seine wirtschaftliche Zukunft<br />

strategisch und ökonomisch unentbehrlich<br />

sind: die <strong>Energie</strong> aus der<br />

einheimischen Wasserkraft.<br />

INFO<br />

SEL AG<br />

Kanonikus-Michael-Gamper-Str. 9<br />

39100 Bozen<br />

Tel. 0471 060 700 - Fax 0471 060 703<br />

info@sel.bz.it - www.sel.bz.it<br />

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