21.12.2012 Aufrufe

Download: CSpiegel_1_2012.pdf - Kompetenznetz Mittelstand

Download: CSpiegel_1_2012.pdf - Kompetenznetz Mittelstand

Download: CSpiegel_1_2012.pdf - Kompetenznetz Mittelstand

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

22<br />

Diese offene Herangehensweise ermöglicht ein angstfreies Lernen<br />

und bietet ausreichend Flexibilität um Gelerntes auf sich<br />

ständig ändernde Bedingungen im Internet anzupassen. Eine restriktive<br />

Medienerziehung und ein (vermeintlicher) Schutz von Kindern<br />

und Jugendliche durch unspezifische Nutzungsverbote und<br />

-einschränkungen sind dagegen kontraproduktive Vorgehensweisen,<br />

die dazu führen, dass viele Cyber-Opfer von Cybermobbing<br />

aus Angst vor einem Internet bzw. Handyverbot ihre negativen<br />

Erfahrungen vor Erwachsenen verheimlichen (Staude‐Müller, Bliesener<br />

& Nowak, 2009). Dies wiederum kann Cyber-Opfer weiter<br />

isolieren und die Folgen von Cybermobbing verstärken, sowie das<br />

Wahrnehmen von Cybermobbing, und somit auch die Unterstützung<br />

der Opfer unmöglich machen.<br />

Probleme ernst nehmen:<br />

Wenn es trotz Prävention doch einmal zu Cybermobbing kommt,<br />

brauchen die Cyber-Opfer Unterstützung durch Personen in ihrem<br />

Umfeld, denen sie vertrauen. Kinder und Jugendliche müssen mit<br />

ihren Problemen ernst genommen werden und mit Erwachsenen<br />

über diese reden können, ohne dass sie selbst dabei Konsequenzen<br />

zu fürchten haben. Nur in dieser Atmosphäre des Vertrauens<br />

wird Hilfe wiederholt in Anspruch genommen und auch wirksam<br />

sein. In akuten Fällen von Cybermobbing gibt keine einfache oder<br />

ideale Lösung! Daher sollten die nachfolgend vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen der jeweiligen Situation angepasst und deren Wirkungen<br />

auf die Schulklasse und auf die Situation des Cyber-Opfers<br />

einbezogen werden. Das Vorgehen sollte nicht nur mit den<br />

Betroffenen selbst, sondern auch – je nach Bedarf – mit Eltern,<br />

Lehrern, Schulleitung und gegebenenfalls professionellen Hilfsangeboten<br />

wie Schulpsychologischen Beratungsstellen abgestimmt<br />

werden. Bei leichteren Fällen von Cybermobbing sollte man unbedingt<br />

selbst aktiv werden. Wenn das Cybermobbing jedoch nicht<br />

aufhört, sollten auch Anwälte und Strafverfolgungsbehörden einbezogen<br />

werden. Es kann sich zum Beispiel um ernst zu nehmende<br />

Gewaltandrohungen, Nötigungen oder gar Erpressungen<br />

handeln, wie auch um Situationen, bei denen die Beseitigung<br />

von Spuren des Cybermobbings (z. B. Fotos) Probleme bereitet.<br />

Ein gutes Vorgehen ist folgende Vier-Stufen-Strategie (Porsch,<br />

Pieschl & Hohage 2011):<br />

Beruhigen – Sichern – Melden - Hilfe holen<br />

Als erstes gilt es sich und die Cybermobbing Situation zu beruhigen.<br />

In der Situation innehalten und nachdenken. Jedoch nie<br />

auf Schikane oder andere Attacken im Netz mit ähnlichem Verhalten<br />

antworten, da aggressives Verhalten in der Regel die Situation<br />

verschlimmert. Cybermobbing sollte immer dokumentiert<br />

werden. E-Mails oder SMS<br />

sollten nicht gelöscht,<br />

Screenshots von Beiträgen<br />

/ Bildern auf den Internetseiten<br />

angefertigt werden.<br />

Die gesicherten Informationen<br />

können eventuell<br />

genutzt werden um mit Tätern<br />

und ggf. deren Eltern<br />

sachbezogen zu sprechen<br />

oder auch als konkrete Beweise<br />

herangezogen werden.<br />

Dem Betreiber des<br />

Internetangebotes sollten<br />

Cybermobbing Inhalte, sowie<br />

gegebenenfalls der/die<br />

Täter (Profil, Nickname),<br />

zur Löschung gemeldet<br />

werden. Cyber-Opfer sollten<br />

darüber hinaus Freunden,<br />

Eltern oder anderen<br />

Vertrauenspersonen über<br />

ihre Erfahrungen berichten<br />

und sich bei ihnen Hilfe<br />

holen. Einerseits können<br />

Gleichaltrige emotionale<br />

Unterstützungen leisten<br />

und haben vielleicht Tipps<br />

für technische Lösungen wie beispielsweise Cybermobbing beim<br />

Anbieter gemeldet werden kann. Andererseits sollten in jedem<br />

Fall Erwachsene hinzugezogen werden, da diese besser beurteilen<br />

können, in welchen Situationen weitere professionelle Hilfe nötig<br />

ist. Professionelle Hilfe gibt es an ganz unterschiedlichen Stellen,<br />

beispielsweise bei Schulpsychologischen Beratungsstellen, Erziehungsberatungsstellen,<br />

Jugendämtern und Polizeidienststellen<br />

mit kompetenten Ansprechpartnern. Falls Betroffene im Elternhaus<br />

und in der Schule keine Ansprechpartner finden, können sie<br />

sich auch anonym und kostenfrei von Handy und Festnetz an eine<br />

bundesweite „Nummer gegen Kummer“ (0800 111 0333) wenden<br />

oder sich von Gleichaltrigen im Internet beraten lassen (www.<br />

juuuport.de). ■<br />

Literatur:<br />

Dooley, J. J./Pyzalski, J./Cross, D. (2009): Cyberbullying versus face-to-face bullying. A<br />

theoretical and conceptual review. In: Journal of Psychology 217, H. 4, S. 182–188.<br />

Fawzi, N. (2009): Cyber-Mobbing: Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet.<br />

Baden-Baden: Nomos.<br />

Finkelhor, D./Mitchell, K. J./Wolak, J. (2000): Online Victimization: A Report on the<br />

Nation’s Youth. National center for missing & exploited children. http://www.missingkids.com/en_US/publications/NC62.pdf<br />

(Abruf am 30.4.2011).<br />

Gradinger, P./Strohmeier, D./Spiel, C. (2009): Traditional bullying and cyberbullying:<br />

Identifi cation of risk groups for adjustment problems. In: Journal of Psychology 217,<br />

H. 4, S. 205–213.<br />

Hinduja, S./Patchin, J. W. (2010): Bullying, cyberbullying, and suicide. In: Archives of<br />

Suicide Research 14, S. 206–221.<br />

Klomek, A./Sourander, A./Gould, M. (2010): Th e association of suicide and bullying in<br />

childhood to young adulthood: A review of cross-sectional and longitudinal research<br />

findings. In: Th e Canadian Journal of Psychiatry 55, H. 5, S. 282–288.<br />

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2011): JIM-Studie 2011. Jugend,<br />

Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in<br />

Deutschland. Stuttgart.<br />

Pieschl, S./Porsch, T. (im Druck): Schluss mit Cybermobbing! Das Trainings- und Präventionsprogramm<br />

„Surf-Fair“. Weinheim: Beltz.<br />

Porsch, T./Pieschl, S./ Hohage, C. (2011): Cybermobbing. In: Techniker Krankenkasse,<br />

Landesvertretung NRW (Hrsg.). Gewalt gegen Kinder. Ein Leitfaden für Früherkennung,<br />

Handlungsmöglichkeiten und Kooperation. Düsseldorf. http://www.gewalt-gegenkinder.de.<br />

(Abruf am 06.12.2011)<br />

Schultze-Krumbholz, A./Scheithauer, H. (2009): Social-behavioral correlates of cyberbullying<br />

in a German student sample. In: Journal of Psychology 217, H. 4, S. 224–226.<br />

Staude-Müller, F./Bliesener, T./Nowak, N. (2009): Cyberbullying und Opfererfahrungen<br />

von Kindern und Jugendlichen im Web 2.0. In: Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft<br />

und Praxis 2, S. 42–47.<br />

Techniker Krankenkasse (2011): Meinungspuls Gesundheit. Forsa-Kurzerhebung „Cyberbullying“.<br />

Tokunaga, R. S. (2010): Following you home from school: A critical review and synthesis<br />

of research on cyberbullying victimization. In: Computers in Human Behavior 26,<br />

S. 277–287.<br />

Ybarra, M. L. (2004): Linkages between depressive symptomatology and internet<br />

harassment among young regular internet users. Cyberpsychology & Behavior 7, H. 2,<br />

S. 247– 257.<br />

Ybarra, M./Mitchell, K. (2004): Online aggressor/ targets, aggressors, and target: A<br />

comparison of associated youth characteristics. In: The Journal of Child Psychology<br />

and Psychiatry 45, H. 7, S. 1308–1316.<br />

campus Spiegel · Redaktion Berlin · Telefon: 030 / 24 63 98 95 · www.campusnaturalis.de · Berlin · Frankfurt am Main · Hamburg · München

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!